Schloss Pfaueninsel in Restauratorenhand
Preußisches Refugium hat Außensanierung dringend nötig, im Inneren bleibt alles wie vor über 200 Jahren



Die Pfaueninsel auf einer Grafik des frühen 19. Jahrhunderts mit der Ansicht der Meierei und der Schlosses noch mit einer einfachen Brücke zwischen den Türmen. Sie wurde 1807 durch eine filigrane Verbindung aus Gusseisen der 1804 gegründeten Königlichen Eisengießerei Berlin ersetzt.



Die farbige Grafik aus dem frühen 19. Jahrhundert und die Prunkvase der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin (KPM) bilden das wie eine verfallende Burg gestaltete Lustschloss auf der Pfaueninsel korrekt ab. Dass das Schloss ein ständiger Pflegefall ist, muss man sich beim Anblick der Idylle hinzu denken.



König Friedrich Wilhelm III., seine Frau Luise und die Kinder verleben heitere Sommertage abseits höfischer Zwänge auf der Pfaueninsel. Die farbige Grafik stammt aus der Zeit um 1900.



Auf einer Prunkvase der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin ist das Schloss Pfaueninsel präzise abgebildet.





In zwei Jahren wird das Schloss aussehen wie vor der Sanierung aussehen. Die Pfauen aber lässt das kalt.



Preußens König Friedrich Wilhelm II. gab ein Jahrhundert nach Kunckel der Pfaueninsel eine neue Chance, als er hier ein Sommerschloss erbauen ließ. In Berliner Museen ziehen die durch Zusatz von Goldstaub erzeugten Rubingläser neugierige Blicke auf sich. Sie waren so erfolgreich, dass man sie auch in andere Länder exportieren konnte. Auf der Pfaueninsel erinnert ein Gedenkstein an den Chemiker und Glasmacher Johann Kunckel. Die Inschrift erwähnt, dass er hier Phosphor und Rubinglas hergestellt hat. Archäologen haben an der Stelle, wo einst Kunkels Glashütte stand, Schlacken- und Glasreste gefunden.





Das Danziger Haus mit vorgeblendeter gotischer Fassade und das von exotischen Tieren bewohnte Lamahaus stammen aus dem frühen 19. Jahrhundert. (Fotos/Repros: Caspar)

Brandenburgische Kurfürsten und preußische Könige besaßen rund um ihre Haupt- und Residenzstadt große und kleine Lustschlösser, wie man damals sagte. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm zog sich im 17. Jahrhundert nach Caputh und Potsdam zurück, sein 1701 zum König gekrönter Sohn Friedrich I. ließ es sich in Oranienburg und seine Frau in Lietzenburg/Charlottenburg gut gehen. Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. unterhielt in Wusterhausen (Königs Wusterhausen) und Kossenblatt Nebenresidenzen und ließ in Potsdam seine Rekruten paradieren. Friedrich II., der Große, war als Kronprinz in Rheinsberg zuhause und beherrschte vom Schloss Sanssouci aus sein Königreich. Nachfolgende Generationen im Hause Hohenzollern nutzten die Prunkbauten ihrer Vorgänger oder ließen sich wie Friedrich Wilhelm III. mit ihren Familien in Paretz oder dessen Söhne Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm I. im Park Sanssouci und im Babelsberger Park bei Potsdam neue Schlösser errichten.

Aus dem Rahmen fällt das kleine Schloss auf der Pfaueninsel. Erbaut 1794 nach Plänen von Johann Gottlob David Bredel für Friedrich Wilhelm II., diente der wie eine mittelalterliche Burg anmutende Bau mit einer gusseisernen Brücke zwischen den Türmen als privates Refugium der königlichen Familie und war zur Zeit seines Erbauers auch als abgeschiedenes Liebesnest. In Preußen waren es Friedrich Wilhelm II. und seine Geliebte Gräfin Lichtenau, die sich nach dem Motto "Zurück zur Natur" auf der ursprünglich Kaninchenwerder genanten Insel eine Art bäuerliches Plaisir fernab der höfischen Etikette und abseits von Beobachtungen und Tuscheleien der Hofschranzen und Lakaien schufen. Die von Pfauen und anderen mehr oder weniger exotischen Tieren bevölkerte Insel konnte und kann auch heute nur mit einem Boot erreichen. Die Innenräume waren nach dem auf die römische Klassik ausgerichteten Kunstgeschmack der Gräfin Lichtenau mit Reliefs und Stichen sowie klassizistischen Möbeln ausgestattet. Die Hauptmätresse des Monarchen unterstrich mit dieser edel-einfachen und doch eleganten Ausstattung ihren hervorragenden Kunstgeschmack, ein wenig vergleichbar mit dem Möbel-, Skulpturen- und Tapetenschmuck im Marmorpalais am Heiligen See in Potsdam, der Sommerresidenz ihres königlichen Geliebten und Vaters mehrerer gemeinsamer Kinder.

Fachwerkbau mit weißer Fassade

Das Schloss ist ein einfacher, weiß gefasster Fachwerkbau, wie Denkmalpfleger sagen, der nur von Weitem aussieht, als habe man ihn aus Ziegeln gemauert und dann verputzt. Da aber Holz vergänglich ist, auch wenn es einen schützenden farbigen Überzug hat, ist das Schloss recht fragil und bedarf der ständigen Pflege durch Restauratoren und Baufachleute. Da größere Maßnahmen nicht bei laufendem Publikumsverkehr bewerkstelligen lassen, hat die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg den Bau im Herbst 2018 geschlossen. Während der so genannten Hüllensanierung, bei der schadhafte Hölzer gegen neue ausgetauscht und Löcher in der Fassade geschlossen werden müssen, werden ausgewählte Exponate im Schloss Paretz gezeigt. Sonst aber wird das königliche Innenleben nicht weiter tangiert. Teile aus dem KPM-Service mit Vogelmalerei, das von der damaligen Kronprinzessin und ab 1797 Königin vermutlich für Paretz bestellt wurde, wird dort, von der Pfaueninsel kommend, auf einer festlichen Tafel präsentiert. Fünf Hüte aus Span, Stroh und Seide in einem Schrank sind charakteristisch für die Mode von damals. Getragen wurden sie möglicherweise schon von Königin Luise oder ihren Töchtern.

Die Pfaueninsel und Paretz waren für Friedrich Wilhelm III. und Luise Sehnsuchtsorte. Weitab der Residenzen Berlin und Potsdam verlebten sie hier mit ihren Kindern und wenigen Bediensteten heitere Sommertage, während der Herbst mit dem Erntedankfest als Höhepunkt in Paretz verbracht wurde. Beide Landsitze dienten Luises frühem Tod 1810 mit nur 34 Jahren zu Erinnerungsstätten. Auf der Pfaueninsel gibt es eine Meierei, die 1794 zeitgleich mit dem Schloss in der Art einen verfallenen Klosterruine gebaut wurde. Die im Stall stehenden Milchkühe sollen von den Majestäten persönlich gemolken worden sein. Danach begab man sich in die Molkenstube, wo noch heute das Butterfass zu sehen ist, in dem möglicherweise schon die Gräfin Lichtenau den Milchrahm zu Butter schlug. Auch die hölzernen Butterformen in Pfauengestalt sind erhalten geblieben. Diese Objekte sind Teil einer Dauerausstellung zur Inselgeschichte. Zu sehen sind in der Meierei Erinnerungsstücke an den Alchemisten und Glasmacher Johann Kunckel, der von 1685 bis 1688 auf der Insel tätig war. Sein Name ist untrennbar mit der Herstellung von dunkelrotem Rubinglas verbunden, das durch Vermischung der Glasmasse mit Goldstaub entstand.

Exotische Zwei- und Vierbeiner

Die Pfaueninsel und der Zoologische Garten in Berlin, das sind eine wirkliche Liebesgeschichte. Angefangen hatte es im 18. Jahrhundert mit Menagerien, die von Residenz zu Residenz zogen und dem staunenden Publikum exotische Vierbeiner wie Giraffen, Elefanten, Affen, Löwen sowie allerlei seltenes Federvieh vorführten. Kein Wunder, dass sich die preußische Haupt- und Residenzstadt im 19. Jahrhundert einen eigenen Zoologischen Garten zulegte und ihn auf das Prächtigste ausstattete. Vorläufer des von Anfangs war dem berühmten Gartenkünstler Peter Joseph Lenné gestalteten Zoologischen Gartens war eine von Friedrich Wilhelm III. auf der Pfaueninsel angelegte Menagerie, in der Hirsche, Büffel und zunehmend auch allerlei exotische Tiere lebten, die der Monarchen als Staatsgeschenke bekommen hatte oder bei Wandermenagerien und Tierhändlern gekauft worden waren. Der König betrachtete das Gehege nicht als Privatzoo, sondern gab dreimal in der Woche dem interessierten Publikum Gelegenheit, noch nie gesehene Vier- und Zweibeiner zu betrachten.

Irgendwann platzte die Menagerie auf der Pfaueninsel aus den Nähten, und so war der Bau eines auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Zoologischen Gartens nötig, der 1844 in Charlottenburg, damals noch am Rande Berlins gelegen, von König Friedrich Wilhelm IV. nach einer Konzeption des schon auf der Pfaueninsel tätigen Zoologen Martin Hinrich Lichtenstein und auf Empfehlung des Weltreisenden und Kammerherrn Alexander von Humboldt eröffnet wurde. Recht mühsam war es anfangs, Berlins neueste Attraktion zu erreichen, denn Droschken konnten sich nur Begüterte leisten, während der große Rest per pedes unterwegs war, vorbei an Gastwirtschaften, in denen auch Milch ausgeschenkt wurde, weshalb man den sandigen Weg auch Milchstraße nannte. Schon bald gehörte der Besuch des Zoologischen Gartens schon bald zum "Muss" eines jeden Berlin-Besuchers. Dies wohl auch deshalb, weil Tierkarawanen für Kinder im Angebot waren und sonntags ermäßigter Eintritt gezahlt wurde. Auf dem Zoogelände veranstalteten Militärkapellen Konzerte, und es wurden in edlem Ambiente auch Pressebälle gegeben, ja es kam in der Kaiserzeit sogar zu einem Treffen befreundeter Monarchen, das in einem Beistandspakt mündete. Wer mochte, konnte in den Restaurants beim Geschrei und Gebrüll der Tiere stimmungsvoll speisen. In einem der Häuser, dem prächtig ausgestatteten Kaisersaal, sollen bis zu 10 000 Personen zu Theateraufführungen und Konzerten Platz gefunden haben.

Gotische Fassade am Danziger Haus

Da ein Teil der Pfaueninsel in königlicher Zeit landwirtschaftlich genutzt wurde, war der Bau eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes nötig. Die Pläne für diesen Bau stammen von Oberhofbaurat Friedrich Ludwig Carl Krüger aus Potsdam. Das Haus wurde 1803/04 errichtet und war ein vierseitiger Wirtschaftshof, dessen eingeschossiges Wohngebäude an den Seiten von zwei Türmen flankiert wurde. 1822 erfuhr Friedrich Wilhelm III., dass in der Danziger Brotbänkengasse ein altes Patrizierhaus mit gotischer Fassade aus dem Jahre 1520 abgerissen werden soll. Der König erwarb die Fassade für 300 Taler und ließ sie unter Schinkels Aufsicht abtragen und per Schiff nach Berlin zur Pfaueninsel transportieren. Die zu dieser Zeit sehr hoch geschätzte Gotik hielt mit dieser Maßnahme Einzug auf der Insel Einzug halten.

Karl Friedrich Schinkel, der als Vater der Denkmalpflege in Preußen einging, schlug vor, das Kavalierhaus entsprechend umzubauen und die Fassade dem südlichen Turm vorzublenden. Der König stimmte zu, da durch die Aufstockung des Wohngebäudes ein zweites Kavaliergebäudes überflüssig war. Der Umbau erfolgte 1824 bis 1826 nach Schinkels Plänen. Beim Wiederaufbau von Danzig nach dem Zweiten Weltkrieg orientierte man sich am Patrizierhaus von 1520. Daher wurde das Kavalierhaus auf der Pfaueninsel bei der Wiedererrichtung des Hauses in Danzig als Vorlage benutzt. So kommt es, dass das Original auf der Pfaueninsel und die Kopie als so genanntes Potsdamer Haus am Originalstandort stehen.

3. Januar 2022

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