"Der König rief, es sank die Emballage"
Nach langer Vorbereitungszeit wurde 1851 Unter den Linden in Berlin das Reiterdenkmal Friedrichs des Großen enthüllt



Das Reiterdenkmal Friedrichs des Großen Unter den Linden in Berlin gehört zu den bedeutendsten Werken dieser Art in Deutschland. Auf der Rückseite in Richtung Brandenburger Tor ist das "zivile Preußen" versammelt.



Zwischen der Grundsteinlegung im Jahr 1840 und der feierlichen Enthüllung 1851 wurde der Entwurf von Christian Daniel Rauch immer wieder verändert und durch neue Assistenzfiguren, Schrifttafeln und Reliefs erweitert.



Eine blaue Bild-Text-Tafel informiert unweit des Reiterdenkmals über dessen Entstehungsgeschichte und Schicksal.





Die Enthüllung des Monuments war 1851 die Prägung einer für Ehrengäste und Friedrich-Verehrer bestimmten Medaille wert.


Aus riesigen Ehrenhallen und griechischen Monumenten - hier ein Entwurf von Karl Friedrich Schinkel für den Lustgarten - zu Ehren des 1786 verstorbenen Königs Friedrich II. wurde nichts.


Sechs hohe Militärs reiten auf dem Entwurf von Christian Daniel Rauch mit dem Großen König, doch auch dieser Entwurf verschwand in der Schublade.



Zur Diskussion stand auch eine Grabkammer mit symbolischen Figuren im Stil des Klassizismus. Dass der König in einer ganz anderen Zeit lebte, haben diese und andere Entwürfe ignoriert.



Im Bode-Museum, im Friedrichshain und vor dem Schloss Charlottenburg hält Friedrich der Große, den oblgatorischen Dreispitz auf dem Kopf, Wache.



Nur als Torso erhalten ist die Marmorfigur des preußischen Königs von der Berliner Siegesallee, zu sehen mit weiteren von Straßen und Plätzen entfernten Standbildern aus dem 19. und 20. Jahrhundert im Lapidarium auf der Spandauer Zitadelle. (Fotos/Repros: Caspar)

Eines der berühmtesten Reiterdenkmäler des 19. Jahrhunderts feiert den preußischen König Friedrich II., den Großen, Unter den Linden in Berlin. Am 31. Mai 1851 ertönten Kommandos, die Herren legten die Hand an den Helm, die Militärkapelle spielte einen Marsch. Als lange Tücher gefallen waren, gab es Jubel für das Monument, das nach einer quälend-langen Vorgeschichte nun endlich fertig gestellt war. Glaubt man dem Satireblatt "Kladderadatsch", dann waren der königliche Hof und die Spitzen der Berliner Gesellschaft bei der Enthüllung des von Christian Daniel Rauch unter Zuhilfenahme weiterer Künstler geschaffenen Denkmals ganz unter sich. Das Journal veröffentlichte folgendes Spottgedicht: "Der König rief! - es sank die Emballage, / Und frei von jeder Hülle strahlte die Visage / Des Mannes, der durch Geist wie durch Courage / In der Geschichte wohnen wird stets Bel-Etage! / Doch leider, ach! Gesperrt war die Passage / Für uns, die wir gehören zur ,Bagage'! / Und da wir meiden gern Carambolage / So blieben wir -o schreckliche Blamage! - / Ruhig zu Haus' in unserer Menage / In einer Sprache, wie bekanntlich sie Usage / Beim ,größten König' und beim Kladderadage." Auch bei folgenden Grundsteinlegungen, Denkmalsenthüllungen und der Weihe großer öffentlicher Gebäude blieb die "Bagage" draußen in demütiger Erwartung dessen, was die Obrigkeit und die Künstlerschaft da geschaffen haben.

Pferd besser gelungen als der Reiter

Als das Reiterdenkmal am 31. Mai 1851 im Beisein Friedrich Wilhelms IV. und des gesamten Hofes enthüllt wurde, gab es viele lobende Worte von offizieller Seite, aber auch manche Kritik an gestalterischen Einzelheiten. August Varnhagen von Ense meinte: "Im Übrigen ist mein Urteil nicht geändert; das Pferd ist besser gelungen als der Reiter, dessen Hermelinmantel eine Geschmacklosigkeit ist und in der Hauptansicht - von der Universität her - einen Wulst macht, der den König pucklig aussehen lässt". Bettina von Arnim, die geistreiche und sozial engagierte Zeitgenossin, die selbst mit einem Friedrich-Entwurf und einem Goethe-Denkmal gescheitert war, wetterte gegen Friedrich Wilhelm IV., "der die elendsten Denkmäler errichtet, so ein Friedrichdenkmal, wo Friedrich auf dem Pferde sitzt wie ein besoffener Schauspieler, der eben herunterfallen will.

Die Vorgeschichte des Monuments reicht ins späte 18. Jahrhundert zurück, als man in Preußen, und nicht nur dort, dem "Alten Fritzen" große Verehrung entgegenbrachte. Dieser verbat sich, dass man ihm zu Lebzeiten Denkmäler unter freiem Himmel errichtet, denn nur ein toter Monarch oder Feldherr sei dieser Ehre würdig. Dessen ungeachtet reimte zu seinen Lebzeiten der Dichter Karl Wilhelm Ramler in einer Ode an die Stadt Berlin: "Eilt, ihn in Erz den Enkeln aufzustellen. / Eilt, einen Tempel ihm zu weihn", als gelte es, einen Gott zu ehren. Und so planten Architekten und Bildhauer gigantische Totentempel, überkuppelte Särge und Gedächtnishallen. Alle diese Monumente einschließlich einer Trajanischen Säule, wie sie in Rom steht, mit dem Standbild des Königs obenauf, wurden nicht verwirklicht.

Toga und Sandalen oder Uniform mit Dreispitz?

Es dauerte elf Jahre zwischen der Grundsteinlegung 1840 und der Einweihung 1851, bis das aufwändig gestaltete Berliner Reiterdenkmal endlich stand. Was haben sich Architekten, Bildhauer und andere Personen nicht alles vorgeschlagen? Ein Projekt sah vor, Schlüters Reiterdenkmal des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von der Schlossbrücke zu nehmen und es zusammen mit einem Reiterdenkmal Friedrichs II. auf den Berliner Opernplatz zu stellen. Karl Friedrich Schinkel stellte sich einen Friedrich II. gewidmeten gotischen Dom auf dem Leipziger Platz vor, hätte aber auch auf dem Lustgarten, damals noch ohne dem Alten Museum, einen griechischen Tempel errichte, vor dem der in ein antikes Gewand gehüllten König steht und ein Viergespann lenkt, vergleichbar mit der Quadriga auf dem Brandenburger Tor. Nichts dergleichen wurde verwirklicht, am Ende entstand das Reiterdenkmal, bei dem zunächst noch unklar war, wie der reitende König kostümiert werden soll - antik mit Toga und Sandalen oder zeitgenössisch in Uniform und mit seinem Dreispitz auf dem Kopf. Als Aufstellungsort wurde die Straße Unter den Linden bestimmt, und dort sollte der Alte Fritz stadteinwärts reiten, den Blick zum Schloss gerichtet.

Das Reiterdenkmal sollte eigentlich etwas bescheidener ausfallen, doch wurde ihm zahlreiche Figuren, Reliefs und Schrifttafeln hinzugefügt. So besetzen statt stehender Militärs vier reitende Feldherren, darunter Prinz Heinrich von Preußen, ein jüngerer Bruder Friedrichs II., die Ecken des Sockels. Auf ihm sind Generale und Offiziere der friderizianischen Armee versammelt, aber auch Minister, Künstler und Gelehrte und huldigen dem König. In einer Zeit, da die Revolution von 1848/49 noch lebhaft in Erinnerung war, machte bei den Berlinern ein auf Friedrich Wilhelm IV. und übrigens auch auf andere Herrscher gemünzter Vierzeiler die Runde. Er suggerierte, dass beim Alten Fritzen alles besser war als jetzt. "Alter Fritz, steig du hernieder, / und regier die Preußen wieder. / Lass in diesen schlechten Zeiten / Friedrich Wilhelm weiter reiten."

Abgeschoben in den Park von Sanssouci

Bei dem Friedrichdenkmal dominiert eindeutig das militärische Preußen mit seinen vielen auf dem Sockel stehenden Generals- und Offiziersfiguren. Wer die zum Brandenburger Tor zugekehrte Seite betrachtet, sieht prominente Vertreter des, wenn man so sagen will, geistigen Preußen. Dazu gehören die Minister von Carmer, von Finckenstein und von Schlabrendorff, aber auch der Kapellmeister Carl Heinrich Graun sowie im trauten Gespräch der Dichter Gotthold Ephraim Lessing und der Philosoph Immanuel Kant. Von der Kant-Figur wurde 1992 eine vergrößerte Nachbildung des Bildhauers Harald Haake in Kaliningrad, dem früheren Königsberg, als Schenkung der Publizistin Marion Gräfin Dönhoff aufgestellt und ehrt den großen Sohn der seit 1945 zu Russland gehörenden Stadt.

Das Bronzemonument überstand, von einem Steinmantel geschützt, den Zweiten Weltkrieg. Ihm blieb in den frühen 1950er Jahren erspart, wie andere Berliner Herrscher- und Generalsfiguren im Schmelztiegel zu landen. In einen entfernten Winkel des Parks von Sanssouci abgeschoben und dort aufgestellt, wurde es 1980 nach Ost-Berlin zurückgeholt und am nahezu originalen Standort aufgerichtet. Die Anordnung kam vom damaligen Staats- und Parteichef Honecker, der damit eine Art Preußen-Renaissance in der DDR einläutete und mit seinem Vorgehen bei seinen Genossen in Warschau wenig Beifall fand, die es dem preußischen König verübelten, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Land durch die Polnischen Teilungen zerschlagen und skrupellosen Landraub betrieben zu haben.

In den vergangenen Jahren wurde das von Umwelteinflüssen bereits ziemlich angegriffene Reiterstandbild mit allen seinen Reliefs, Figuren und Schrifttafeln umfassend restauriert und gegen weitere Schäden durch einen Wachsüberzug geschützt. Ähnliches geschah auch mit einem anderen königlichen Reiterdenkmal, das die Freitreppe der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel schmückt. Das Werk von Alexander Calandrelli aus dem Jahr 1886 stellt Friedrich Wilhelm IV. dar, der sich als Bauherr und Mäzen hervorgetan und damit begonnen hat, die Museumsinsel in eine "Freistätte für Kunst und Wissenschaft" zu verwandeln. Dass dieser auch "Romantiker auf dem Thron" genannte Herrscher ein übler Reaktionär war und den Standpunkt "Gegen Demokraten helfen nur Soldaten" vertrat, muss man sich beim Anblick des Monuments denken, das die Kommunisten beim Wiederaufbau der Museumsinsel stehen ließen.

Monumente bis auf Reste vernichtet

Neben diesem Monument gibt es in Berlin noch ein drittes Reiterdenkmal. Von Andreas Schlüter geschaffen, ehrt es im Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Ursprünglich stand es auf der Berliner Schlossbrücke und erhielt nach dem Zweiten Weltkrieg den heutigen Standort. Die drei anderen Reiterdenkmäler zur Erinnerung an König Friedrich Wilhelm III. auf dem Lustgarten (1871, von Albert Wolff), Kaiser Wilhelm I. auf der Schlossfreiheit (1897, von Reinhold Begas) und Kaiser Friedrich III. auf der Monbijoubrücke vor dem Bodemuseum (1904, von Rudolf Maison) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen. Erhalten blieben lediglich zwei allegorische Sockelfiguren vom Reiterdenkmal Friedrich Wilhelms III., die 1987 im Nikolaiviertel aufgestellt wurden, sowie brüllende Löwen vom Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal, die im Tierpark Friedrichsfelde Asyl erhalten haben.

Im Frühjahr 2000 kehrte ein anderes Friedrich-Denkmal in den Berliner Volkspark Friedrichshain zurück. Auch dieses war ein Opfer kommunistischer Bilderstürmerei. Die Fundamente des 1848 errichteten Monuments waren 1996 bei Erdarbeiten gefunden worden. Die auf einer Säule stehende Bronzebüste ist, da sie in der Nachkriegszeit verloren ging, ein Nachguss des mit einem Dreispitz bedeckten Königskopfes vom Reiterdenkmal Unter den Linden. Die ungewöhnlich lange Widmung "Friedrich dem Großen - Seinen Mitbürgern, die durch Gründung dieses Hains das Andenken an den großen König unsern Nachkommen bewahren wollen, errichtet dieses Denkmals als Zeichen des Dankes der Bürger J. G. Freitag" nennt als Stifter einen königlichen Hofschneidermeister.

Der Friedrichshain geht auf einen 1840 von Peter Joseph Lenné entwickelten Plan von "Schmuck- und Grenzzügen der Residenz Berlin" zurück, in dem auch die Aufstellung von Denkmälern und die Anlage von Brunnen vorgesehen waren. Ursprünglich gab es im Friedrichshain weitere borussische Monumente wie ein Denkmal zur Erinnerung an die so genannten Einigungskriege von 1864, 1866 und 1870/71 sowie ein Kriegerdenkmal, das die dort gefallene Soldaten ehrte, die in der damaligen Königsstadt und im Stalauer Viertel an der Peripherie Berlins gewohnt haben. Während diese Bildwerke nicht mehr existieren, hat der 1913 der Öffentlichkeit übergebene, von Ludwig Hofmann gestaltete Märchenbrunnen alle Zeiten überstanden und erfreut sich, vor einiger Zeit umfassend saniert und restauriert, großer Beliebtheit. Am Rand des Friedrichshains ehrt ein von Fritz Cremer geschaffenen Monument die Kämpfer im Spanischen Bürgerkrieg, und am Eingang zum Friedhof der Märzgefallenen hält ein von Hans Kiess geschaffener Roter Matrose die Erinnerung an die Opfer der Novemberrevolution von 1918 wach, in denen Verlauf die Hohenzollerndynastie und all die anderen deutschen Fürstlichkeiten im Orkus der Geschichte verschwanden.

29. März 2022

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