Marx und Engels blicken auf den Fernsehturm
Bronzedenkmal aus DDR-Zeiten wurde wegen Bauarbeiten an ihren Platz von 1986 zurück versetzt / Reliefs am Schlossportal



Heute hier, morgen dort - das Marx-Engels-Denkmal bekommt einen neuen Standort. Karl Marx und Friedrich Engels schauen in der provisorischen Aufstellung in Richtung Fernsehturm solange die Arbeiten an ihrem bisherigen Standort gegenüber dem Humboldt Forum andauern.





Oben erkennt man die im Stil des um 1900 beliebten Historismus gestaltete Gründungslegende des Schlosses und darunter Andreas Schlüter und Johann Friedrich Eosander, die ihrem Auftraggeber König Friedrich I. das Modell der von ihnen in einen barocken Palast umgewandelte Residenz präsentieren.



Verbindendes Element ist eine von Posaunenengeln flankierte Prunkinschrift in lateinischer Sprache mit einem preußischen Adler darunter. Die Widmung lautet in deutscher Übersetzung. "Dies ist das Bauwerk Friedrich, ein so großes Haus baute er mitten im Kriege, dem Sieger entspricht das Werk, nichts anderes durfte der preußische Kriegsherr in seiner Stadt wohnen."



Das Foto aus der Kaiserzeit zeigt die Reliefs und die Inschriften darüber. Die Gittertüren hatte Wilhelm II. einbauen lassen, um sich und seinen Hofstaat vor neugierigen Blicken zu schützen.



Zum prunkvollen Ambiente rund um das Schloss gehörte das 1897 eingeweihte Nationaldenkmal Kaiser Wilhelms I., auf dessen Fundamenten das Denkmal der deutschen Einheit und Freiheit entsteht. Aktuell sind schon erste Konturen der "Einheitswippe" zu sehen. Wann das Monument fertig gestellt sein wird, kann heute niemand sagen. Im Hintergrund erkennt man ein Stück der Schinkelschen Bauakademie und die Türme der Friedrichswerderschen Kirche. (Fotos/Repro: Caspar)

In der Mitte von Berlin kann man immer etwas Neues entdecken. So steht hinter einem Gitterzaun das auf seine alte Fläche aus DDR-Zeiten versetzte Marx-Engels-Denkmal. Es ist nicht mehr auf das Humboldt Forum ausgerichtet, sondern auf den Fernsehturm. Die Umsetzung auf eine große, von Bäumen umstandene Fläche, unter der die U-Bahnlinie 5 verläuft, war nötig, weil auf dem bisherigen Platz Bauarbeiten nötig sind. Der neue, aber eigentlich alte Standort ist nur provisorisch, denn irgendwann soll die von Ludwig Engelhardt geschaffene und 1986 eingeweihte Bronzegruppe samt figürlichem Beiwerk wieder auf den Platz gegenüber dem Humboldt Forum stehen.

Vor einigen Tagen wurden zwei Bronzereliefs in die Fassade des Eosanderportals (Portal 3) des Humboldt Forums eingefügt. Sie sind 4,15 Meter breit und 2,55 Meter hoch und gingen beim Abriss des Schlosses 1950 verloren. Finanziert wurde die Rekonstruktion der Platten aus dem 80-Millionen-Euro-Fonds, in den zahlreiche Spenden zur Wiederherstellung der barocken Schlossfassade geflossen waren. Neu geschaffen nach alten Vorlagen in der Skulpturengießerei Knaak im Berliner Ortsteil Oberschöneweide, wiegt jedes Relief etwa eine Tonne. Die ursprünglichen Bronzereliefs waren sie 1902 auf Weisung von Kaiser Wilhelm II. angebracht worden. Die Schrifttafeln über den Reliefs kommen aus Lauchhammer und messen jeweils 4,75 Meter mal 1,96 Meter.

Gründungslegende und Baukunst

Das Relief mit der Gründungslegende zeigt Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg bei der Grundsteinlegung des ersten Schlosses im Jahre 1443. Die dazugehörige Inschrift lautet in der deutschen Übersetzung: "Es ist wohl jedermann bekannt, dass wir unser ganzes Leben lang niemals auf Hader oder Krieg bestanden haben und begehren noch heutigen Tages nichts anderes als meine Ehre und Recht." Die zweite Inschrift über der Szene mit Schlüter, Eosander und dem König sowie seiner Gemahlin Sophie Charlotte im Hintergrund lautet in heutiges Deutsch übersetzt: "Friedrich I. König der Preußen, Kurfürst von Brandenburg 1688-1713. Ich werde mein Königsamt so führen, dass ich weiß, dass es sich um die öffentliche Angelegenheit und nicht um meine Privatangelegenheit handelt." Die Reliefs und Inschriften sind nicht wörtlich zu nehmen. Sie sollten die Hohenzollernherrschaft verherrlichen und ihre Protagonisten als Diener des Gemeinwohls loben. Gemeint sind die klassischen "Herrschertugenden" wie Stärke, Mäßigung, Gerechtigkeit und Klugheit, die Wilhelm II. auch auf sich bezog und deretwegen er von seinen Untertanen Bewunderung erwartete.

Nachdem Kaiser Wilhelm II. 1888 den deutschen und preußischen Thron bestiegen hatte, verfügte er umfangreiche Umbauten am und im Berliner Schloss. Er ging dabei ziemlich rigoros und respektlos mit den Räumen seiner Vorfahren und ihren Ausstattungen um. Sein Ziel war es, seinen Palast noch prächtiger auszustaffieren als je zuvor. Sein Hofbaumeister Ernst von Ihne war ihm dabei behilflich. Er richtete die Wohnung des Monarchen überaus prächtig ein, wobei wertvolle Kunstwerke geopfert wurden. Innen und außen sollte der Palast von der neuen Größe des Deutschen Reiches künden, nichts war dem Kaiser prunkvoll und großprotzig genug. Im Weißen Saal wurden riesige Deckdeckenbilder gemalt, die, flankiert von den Wappen der brandenburgischen Markgrafen und Kurfürsten sowie der preußischen Könige und deutschen Kaiser, den Ruhm des aus kleinen Verhältnisse zur mächtigsten Dynastie aufgestiegenen Hohenzollern verkündeten.

Distanz zwischen Schloss und Untertanen

In diesem Zusammenhang wurden die Barockstatuen aus der Zeit des Großen Kurfürsten, die man heute im Humboldt Forum bewundern kann, wanderten an einen anderen Ort und statt ihrer ließ der Herrscher Skulpturen seiner Vorfahren im Stil der um 1900 errichteten Berliner Siegesallee aufstellen. Eine Nische blieb leer, denn dort sollte irgendwann das Standbild Wilhelms II. aufgestellt werden, was infolge der Novemberrevolution 1918 unterblieb, weil die Monarchie im Orkus der Geschichte verschwunden war. Um dem Schloss eine repräsentative Einfassung zu geben, ließ Wilhelm II. am Schlossplatz und an der Schlossfreiheit Terrassen anlegen, die mit ihren Balustraden Distanz zwischen Schloss und den Untertanen draußen auf der Straße herstellten. Zur Spree hin gab es eine neue Treppenanlage, auf der Seine Majestät einen dort erwartenden Dampfer besteigen konnte.

Neben den Arbeiten an Portal 3 sollen in diesem Jahr noch Ausbauarbeiten am Portal 4 beginnen. Dabei wird eine Tür aus der Kaiserzeit als "Spur der Geschichte" aufgestellt. Für das vierte Quartal 2022 ist geplant, eine Nachbildung des indischen Sanchi-Tors an der Nordseite des Schlosses aufzustellen. Eine ältere Kopie steht vor den Staatlichen Museen im Berliner Ortsteil Dahlem. Noch nicht entschieden ist, ob die ursprünglich geplanten Balustradenfiguren und Prophetenskulpturen auf der Schlosskuppel aufgestellt werden. Da im Inneren des Schlosses Rekonstruktionen historischer Situationen nicht geplant sind, werden die beim Abriss 1950 verloren gegangene Gigantentreppe und weitere Sehenswürdigkeiten nicht nachgebaut.

2. August 2022

Zurück zur Themenübersicht "Berlin, Potsdam, Land Brandenburg"