Albrecht der Bär ans Licht geholt
Lutz Partenheimer würdigt den aus dem Haus Askanien stammenden ersten Markgrafen von Brandenburg



> In Lutz Partensteiners Buch und in der Skulpturenausstellung auf der Spandauer Zitadelle kommt man auf unterschiedliche Weise Albrecht dem Bären ganz nahe.





Schloss Ballenstedt im Landkreis Quedlinburg war Residenz der Fürsten und ab 1806 Herzöge von Anhalt. Der Stich zeigt den Zustand um 1836. Heute ist das Schloss ein gut besuchtes Kulturzentrum mit Galerie- und Veranstaltungsräumen.



Die Brakteaten (Hohlpfennige aus dünnem Silberblech) wurden im 12. Jahrhundert unter Heinrich dem Löwen, Albrecht dem Bären und Jacza von Köpenick geprägt. Porträtähnlichkeit haben die Stempelschneider damals nicht angestrebt.



Das Siegel Albrechts des Bären gab bei der Gestaltung des Denkmals auf der Berliner Siegesallee nicht viel her. Ein Bär auf schräger Mauer schmückt den 1836 von den anhaltischen Herzögen Heinrich, Leopold Friedrich und Alexander Carl gestifteten Hausorden Albrecht des Bären mit dem Motto FUERCHTE GOTT UND BEFOLGE SEINE BEFEHLE.





Die Ausbeutetaler von 1711 und 1862 und weitere Münzen und Medaillen der Fürsten und Herzöge von Anhalt sind an Bären gut zu erkennen. (Fotos/Repros: Caspar)

Wer die Spandauer Zitadelle besucht, wird in dem 2016 eröffneten Skulpturenmuseum neben vielen anderen Figuren aus Marmor, Bronze oder Sandstein auch Albrecht den Bären (um 1120-1170) in die Augen schauen. Auf hohem Sockel stehend, erhebt der aus dem Haus Askanien stammende Graf von Ballenstedt und Orlamünde, Markgraf der Lausitz und der Nordmark, Herzog von Sachsen und ab etwa 1157 erste Markgraf von Brandenburg das christliche Kreuz in die Höhe, angetan mit einem Kettenhemd und Herrschermantel und geschützt durch Helm und Schwert. Die von Walter Schott geschaffene Figur aus dem Jahr 1898 stammt von der Berliner Siegesallee, die Kaiser Wilhelm II. 1895 der Stadt Berlin gestiftet hatte, um dauerhaft und in Stein gemeißelt den Ruhm der Markgrafen, Kurfürsten und Könige auf dem brandenburgischen und preußischen Thron zu verkünden und ihre herausragende Stellung in der deutschen Geschichte zu unterstreichen. Die Ende 1901 fertig gestellte "Puppenallee", wie die Berliner despektierlich die ihnen aufgedrängte Siegesallee nannten, wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Was von ihr übrig blieb, schmückt nach einer Zwischenstation in einem Depot mit anderen von Berliner Straßen und Plätzen entfernten Denkmälern ein ehemaliges, in ein Lapidarium umgestaltetes Proviantmagazin der Spandauer Zitadelle.

Bronzedenkmal im Hof des Schlosses Ballenstedt

Während der "Zitadellen-Albrecht" ehrfurchtgebietend vom hohen Sockel grüßt, hält im Hof des Schlosses Ballenstedt seit 2019 ein anderer, von dem Quedlinburger Bildhauer Jochen Müller geschaffener Albrecht aus Bronze im Hof des Schlosses Ballenstedt Wache. Ein wenig verschmitzt schaut der Askanier unter seinem Helm hervor, Schild und Schwert zur Seite und einen kleinen Bären, seinen Namensgeber, zu den Füßen. Der Begründer des bis 1918 regierenden, durch etliche Landesteilungen geschwächten askanischen Herrscherhauses und erste brandenburgische Markgraf, der zeitweilig auch Herzog von Sachsen war, steht nicht wie üblich auf einem Sockel, sondern nebenan auf dem gepflasterten Hof. So kann jeder dem gebürtigen Grafen von Ballenstedt und Aschersleben in die Augen schauen und die Bronze berühren, worauf blank geputzte Stellen weisen.

Überall, wo Denkmäler Albrechts des Bären stehen oder auch Gemälde, Siegel und Münzen ihn zeigen, handelt es sich um fantasievolle Darstellungen, denn authentische Bildnisse ist nicht überliefert. Der Bildhauer Walter Schott gestand ein, da von Albrecht nur ein Siegel existiere, "das ebenso gut ein Pfund Wurst wie ein Gesicht darstellen konnte, habe ich bei Albrecht dem Bären ein ganz klein bisschen in den Spiegel geguckt und meinen Kopf verwandt." Wer für das lebensgroße Denkmal in Ballenstedt als Vorbild diente, ist nicht bekannt.

Biographie des askanischen Stammvaters

Wer war Albrecht der Bär, welche Rolle spielte er im 12. Jahrhundert als Landesfürst und Eroberer, und wo hat er geschichtlich relevante Spuren hinterlassen? Die einen nannten ihn "Slawenschlächter" und "Wegbereiter ins deutsche Ostland", wie es auf einer aus der Nazizeit stammenden, erst jetzt entfernten Grabtafel in der Klosterkirche zu Ballenstedt heißt. Andere sehen in ihm einen verdienstvollen, klugen und weitsichtigen Menschen, der sein Land mit Umsicht regierte. Fragen dieser Art geht der an der Potsdamer Universität tätige Historiker Dr. Lutz Partenheimer auf den Grund, ein ausgewiesener Kenner der ältesten Geschichte der Mark Brandenburg und damit auch der Biographie des Stammvaters der bis 1918 im Herzogtum Anhalt regierenden Askanier. Sein Buch "Albrecht der Bär und die Entstehung der Mark Brandenburg" erschien im Berliner Verlag für Regional- und Zeitgeschichte, hat 159 Seiten, zahlreiche Abbildungen und kostet 16,80 Euro. Das mit einem umfangreichen Literarturanhang und einer Ahnentafel sowie zahlreichen Schwarz-Weiß-Bildern ausgestattete Buch erschien zum 850. Todestag des Askaniers, mit dem die Serie der Siegesallee-Figuren eröffnet wurde, obwohl Friedrich I. von Hohenzollern die Herrschaft erst 1415 auf dem Konzil zu Konstanz von Kaiser Sigismund zum Markgrafen und Kurfürsten von Brandenburg "erhoben" wurde, wie man damals sagte.

Heinrich der Löwe als Konkurrent

Indem der Verfasser die bewegte Lebensgeschichte Albrechts des Bären schildert und zeigt, mit wem er es damals beim Ausbau und Erhalt seiner Position in der Riege der deutschen Fürsten zu tun hatte, wie und wo er lebte und wer seine Familie war, holt er ihn aus dem Dunkel von Mythen und Legenden ans Licht und stellt ihn auf den Boden der Tatsachen, soweit man diese angesichts der Quellenlage aufklären kann. Wir lesen, wie Albrecht, seine Leute und in seinem Gefolge die Geistlichen das dünn besiedelte Land der slawischen Heveller "christianisierten", es urbar machten, mit christlichen Neusiedlern bevölkerten, die die Landwirtschaft durch Anbaumethoden produktiver machten und überall Burgen, Bistümer, Klöster und Städte gründeten. Dass man Albrecht schon zu seiner Zeit den Name "der Bär" beigelegt hat, sollte seine Ebenbürtigkeit gegenüber seinem Widersacher Heinrich dem Löwen betonen. Seine eigenen Möglichkeiten überschätzend, machte sich der Herzog von Braunschweig und von Bayern seine fürstlichen Zeitgenossen zu Feinden. Der Traum des umtriebigen Herzogs, einen starken norddeutschen Zentralstaat aufzurichten, wie es Jahrhunderte später die Hohenzollern in der Mark Brandenburg taten, blieb nur ein Traum.

Der Verfasser schildert, aus welcher Familie Albrecht kam, wie er Land und fürstliche Titel erwarb und verlor, welche Rolle er gemeinsam mit seinem Rivalen, dem braunschweigischen Herzog Heinrich dem Löwen, im so genannten Wendenkreuzzug anno 1147 spielte. In dessen Ergebnis hat Albrecht den Raum um Havelberg in seine Gewalt brachte und mit dem Bau des hoch über der Stadt gelegenen Dom begonnen. Die ortsansässige Bevölkerung wurde nicht ausgerottet, wie mitunter heißt, wohl aber mussten sie Einbußen an guten, für die Landwirtschaft so wichtigen Böden hinnehmen und waren zur Aufgabe ihrer von den eingewanderten Christen als "heidnisch" bezeichneten Kulte gezwungen.

Verhängnisvolle Landesteilungen

Sein Hauptziel, endgültig und unangreifbar Herzog von Sachsen zu werden, hat Albrecht nicht erreicht. Dessen ungeachtet leistete er Gewaltiges, wie der Verfasser schreibt. "Unter seinem Schutz und von ihm unterstützt begann der Wiederaufbau der Bistümer Havelberg und Brandenburg. Vor allem schuf Albrecht der Bär die Grundlagen für die Entstehung der Mark Brandenburg, die später als Kern des Königreichs Preußen galt und über mehrere Umbrüche zum heutigen Land Brandenburg wurde, sowie für die Bildung des Fürstentums Anhalt."

Eine Urkunde vom 3. Oktober 1157 nennt Albrecht "marchio", also Markgraf. Das in Werben an der Elbe ausgestellt Dokument ist im Original nicht erhalten, eine Abschrift aber enthält bei diesem Titel noch den Zusatz "in Brandenborch". Sich selber nannte sich Abrecht "marchio Brandenburgensis", ein Siegel trägt die ins Deutsche übersetzte "Adalbert von Gottes Gnaden Markgraf von Brandenburg", und ähnlich liest man es auch auf Münzen des Askaniers. Am Ende des Buches legt Partenheimer dar, wie sich Anhalt und die Askanier weiter entwickelt haben, woher ihr Name kommt und welche Auswirkungen die verhängnisvollen, auch in anderen Fürstenhäusern nicht unbekannten Landesteilungen hatten. Doch diese Entwicklungen fasslich darzustellen, wäre eine neue Publikation wert.

7. Februar 2022

Zurück zur Themenübersicht "Geschichte, Zeitgeschichte, Ausstellungen"