Sonnenkönig brach jeden Widerstand
Ludwig XIV. von Frankreich ließ Frondeure entweder ermorden oder holte sie mit gut bezahlten Posten an seinen Hof



> In Frankreich drehte sich vor und nach 1700 alles um Louis le Grand, der jegliche Macht in seiner Hand hielt und niemand daran teilhaben wollte. Der barocke Kupferstich zeigt den Sonnenkönig, von Engel und dem antiken Gott Merkur getragen, über einer zur Prägung von Münzen und Medaillen verwendeten Spindelpresse, daneben tritt der allmächtige Monarch, in seinen mit Lilien bestickten Hermelinmantel gehüllt, dem Betrachter selbstbewusst und keinen Widerspruch duldend entgegen.





Das Schloss von Versailles war unter Ludwig XIV. Frankreichs Mittelpunkt, und das Schlafzimmer des Sonnenkönigs sein Herz. Wer hier vorgelassen wurde, gehörte zu den ganz Großen des Landes.





Die rund um den Monarchen kreisenden oberen Tausend hatten ihre Amouren und schlugen ihre Zeit mit Intrigen, Glückspielen oder der Jagd tot. Im Unter- und Hintergrund aber sammelte sich politischer Sprengstoff an, dem er durch seine Politik der Umarmung und Korrumpierung möglicher Gegner entschärfte.





Was der König befahl, der die Sonne zu seinem Symbol machte und sie auch auf Medaillen darstellen ließ, war oberstes Gesetz und musste punktgenau ausgeführt werden. Seine "Histoire métallique" ist voll von Medaillen, die ihn als unbesiegbaren Kriegsherren feiern. Die Serie diente auch in anderen Ländern als Vorbild.



Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit sowie Frei leben oder sterben - verkündete die 1793 die kurzlebige Mainzer Republik auf dem Schild gegen die Standesherrschaft und schamlose Knechtung und Unterdrückung der Völker. (Fotos/Repros: Caspar)

Wladimir Putin, Russlands Diktator und nach dem Überfall auf die Ukraine am 24. Februar 2022 unerbittlicher, von der Wiederherstellung des Russischen Reichs mindestens in der Ausdehnung von 1990 besessene Kriegsherr, umgibt sich mit dubiosen Leuten, die er auf gut bezahlte Posten setzte und denen er große Reichtümer zuschanzte. Damit sichert sich der ehemalige Geheimdienstoffizier ihre unbedingte Loyalität. Wer gegen ihn aufzumucken wagt, den stellt Putin kalt, lässt ihn einkerkern oder schickt ihn ein Straflager. Es kommt auch vor, dass als "Volksfeinde" verunglimpfte Regimegegner ermordet werden. Schauen wir in die Geschichte, etwa in die von Frankreich, dann sehen wir, dass vor 350 Jahren autokratisch herrschende König Ludwig XIV. mit seinen Gegnern ähnlich umsprang.

Der abgeschieden von seinen Untertanen überaus prunkvoll in Versailles bei Paris residierende Sonnenkönig überzog sein Land mit einem Heer von Polizisten und Spitzeln, um die Opposition im Keim zu ersticken. Überall hatte er seine Leute, alles wollte er wissen. Zwar verfügte er nicht über die technischen Mittel heutiger Geheimdienste und Spionageapparate, aber wenn ihm und seinen Leuten so etwas wie Widerstand bekannt wurde, konnte die Staatsmacht, wie man heute sagen würde, grausam und unerbittlich zurück schlagen. Dabei schreckte der König auch nicht davor zurück, gegen so genannte Frondeure vorzugehen, die sich an den Allmachtsansprüchen des allerchristlichsten Königs stießen und diese begrenzen wollten.

Widerstand in hohen und höchsten Kreisen

Die aus hohen und höchsten Kreisen stammenden Frondeure versuchten, die Allmacht des französischen Königs zu beschneiden und die eigene Position zu verbessern. Sie waren nicht einverstanden, dass der nach Ludwig XIV. zweitmächtigste Mann im Lande, Kardinal Armand-Jean de Richelieu, versuchte, die Position der Krone auf Kosten des Hochadels zu stärken. Da ist es nicht verwunderlich, dass sich hochrangige Adelige und sogar Familienmitglieder die Spitze der Fronde setzten. Ein Zeitgenosse beschrieb die überragende Stellung des Monarchen so: "Der ganze Staat ist im König, der Wille des ganzen Volkes ist in dem seinen eingeschlossen. Wie in Gott alle Vollkommenheit und alle Tugend vereinigt ist, so ist alle Macht der einzelnen vereinigt in der Person des Königs".

Die Frondeure hatten nicht mit dem Beharrungswillen und der Rachsucht des Monarchen gerechnet. Durch keine Schranken gehemmt, schlug er alles nieder, was sich ihm entgegen stellte. Als junger Mann hatte Ludwig XIV. mit Aufständen gegen seine Steuer- und Kriegspolitik zu tun. Während das Volk bis hinein in begüterte Schichten von skrupellosen Eintreibern ausgesaugt wurden, behielten Adel und Kirche, die beiden ersten Stände, ihre Privilegien und mussten sich nicht an den enormen Staatsausgaben für Kriege, Prunkbauten und das kostspielige Leben am Hof beteiligen, sondern profitierten von ihrer Nähe zum Herrscher. Dieses zum Himmel schreiende Oben und Unten steigerte die Volkswut und spielte der gegen den König gerichteten Fronde in die Hände. Einhundert Jahre später brachen sich die Probleme in der Revolution von 1789 Bahn, weil sich seit Ludwig XIV. an den Verhältnissen prinzipiell nicht verändert hatte.

Da war es nicht verwunderlich, dass sich hochrangige Adelige und sogar Mitglieder der königlichen Familie an die Spitze der Fronde setzten. Sie hatten aber nicht mit dem Beharrungswillen und der Rachsucht des Monarchen gerechnet. Durch keine Schranken gehemmt, schlug er alles nieder, was sich ihm entgegen stellte. Er hatte damit einige Probleme, denn auch die eigene Verwandtschaft trachtete nach seiner Krone. Als junger Mann hatte Ludwig XIV. mit Aufständen gegen seine Steuer- und Kriegspolitik zu tun. Während das Volk bis hinein in begüterte Schichten von skrupellosen Steuereintreibern ausgesaugt wurden, behielten Adel und Kirche, die beiden ersten Stände, ihre Privilegien und mussten sich nicht an den enormen Staatsausgaben für Kriege, Prunkbauten und das kostspielige Leben am königlichen Hof beteiligen, sondern profitierten von ihrer Nähe zum Herrscher.

Zum Himmel schreiendes Unrecht

Dieses zum Himmel schreiende Oben und Unten steigerte die Volkswut und spielte der gegen den König gerichteten Fronde in die Hände. Einhundert Jahre später gipfelten die Probleme auf blutige Weise in der Revolution von 1789, weil sich seit Ludwig XIV. an den Verhältnissen prinzipiell nicht verändert hatte. Einhundert Jahre vor dieser allumwälzenden Ereignis lehnte sich Louis II. de Bourbon Prince de Condé, gegen die königlichen Allmachtsallüre seines Verwandten auf. An seiner Seite kämpften auch sein Bruder Armand de Bourbon Prince de Conti und sein Schwager Herzog von Longueville. Das Trio wurde Anfang 1650 auf Befehl des auch im berühmten Abenteuerroman "Die drei Musketiere" von Alexandre Dumas agierenden Mazarin verhaftet. Wieder auf freiem Fuß, führten sie drei Männer ihren Kampf fort und brachten für kurze Zeit sogar den noch jungen König in ihre Gewalt.

Doch wendete sich das Blatt am 2. Juli 1652 durch den Sieg der königlichen Truppen in der Schlacht von Faubourg Saint-Antoine unter dem Kommando des Feldherrn Henri de Turenne. Der Adelsaufstand war niedergeschlagen. Nachdem der König im Oktober 1652 in Paris eingezogen war, dauerte es nicht lange, bis das aus hochrangigen Vertretern der ersten beiden Stände des Landes - Geistlichkeit und Adel - bestehende, auch mit Gerichtsverfahren befasste Parlement von Paris weitgehend entmachtet war.

Als Prinz von Geblüt dem König ganz nahestehend, gelang es Condé nicht, den Absolutismus des ganz und gar von sich selbst überzeugten Monarchen einzuschränken. Condé gelang die Flucht nach Spanien, das mit Frankreich im Krieg lag. Nach einem Friedensschluss 1659 wurde er begnadigt und begann als "Le Grand Condé" eine steile Karriere im Dienst des Sonnenkönigs. Preußens König Friedrich II., der Große, nannte eines seiner Lieblingspferde Condé. Lous le Grand, wie die Franzosen den Großen Ludwig XIV. auch heute nennen, zog aus der Opposition der Fronde die Lehre, dass er ihm gefährliche Personen entweder ermorden oder einkerkern ließ, und wenn das nicht opportun war, zu sich an den Hof von Versailles zog.

Geheimpolizei schnüffelte überall

Misstrauisch, wie er war, ließ er alle und jeden von einer Geheimpolizei beobachten und ausspionieren. Briefe wurden geöffnet und wieder geschlossen und Listen von Landesverrätern angelegt, die Gefängnisse füllten sich, die Henker hatten alle Hände voll zu tun. Wer sich im Reich des Sonnenkönigs nicht zur katholischen Kirche bekannte, und das waren nicht wenige in Opposition zu ihm stehende Reformierte, wurde terrorisiert und des Landes verwiesen. Kurbrandenburg und andere protestantische Länder haben diese Hugenotten mit Kusshand aufgenommen. Der Exodus hatte für Frankreich erhebliche wirtschaftliche und kulturelle Folgen, hingegen war er für die Aufnahmeländer ein Segen.

Um seine Position als erster Mann im Lande abzusichern, holte er Personen von Rang und Stand samt Familien an seinen Hof, stattete sie mit einträglichen, freilich vielfach unnützen Posten sowie militärischen Kommandostellen aus. Mit einem ausgeklügelten System von Gnade und Ungnade hielt er seine vor allem mit Intrigen und Liebesaffären, aber auch kostspieligen Glücks- und Kartenspielen sowie höfischen Lustbarkeiten und der Jagd beschäftigten Höflinge bei der Stange und machte sie von sich abhängig. Wer sich im Reich des Sonnenkönigs nicht zur katholischen Kirche bekannte, wurde terrorisiert und des Landes verwiesen. Kurbrandenburg und andere protestantische Länder haben diese Hugenotten mit Kusshand aufgenommen. Der Exodus hatte für Frankreich erhebliche wirtschaftliche und kulturelle Folgen. Als Ludwig XIV. 1715 starb, war das Land bankrott. Die wirtschaftliche Not zu lindern, wurde massenhaft Papiergeld ausgegeben, das aber von den Bewohnern abgelehnt wurde.

Im goldenen Käfig von Versailles

Selbstverständlich mussten die Bewohner des Schlosses von Versailles und der anderen Paläste nicht wie der große Rest des Landes hungern. Aber ihr Leben im Schatten des Sonnenkönigs und immer auf der Hut vor seinen Häschern, Spitzeln und gedungenen Mördern dürfte alles andere als friedlich und freudvoll gewesen sein. Wie es im goldenen Käfig zu Versailles und in anderen Schlössern zuging, hat die Schwägerin des Königs, Elisabeth Charlotte (Liselotte) von der Pfalz, in über 3000 Briefen scharf beobachtend, humorvoll und zum Teil drastisch und mit spitzer Feder beschrieben. Der Historiker Leopold von Ranke, einer der frühen Herausgeber ihrer Briefe, urteilte über sie, sei seien zuweilen flüchtig hingeworfen worden, "unter ihnen sind aber auch viele, die, durch den Gegenstand geadelt, drastisch und treffend, auch im Ausdruck zu den besten gehören, die in deutscher Sprache geschrieben sind. Subjektiv ist Elisabeth Charlotte immer wahrhaft, denn in ihr ist kein Falsch."

Da Ludwig XIV. die ihm gehörenden Territorien und Titel nicht ausreichten, blickte er sich in Europa und Übersee nach weiteren Gebieten um. Fragwürdige Erbansprüche vorschützend, überzog er deutsche Nachbarstaaten mit Krieg und eignete sich alles an, was ihm in die Hand fiel. Die Folge waren zahlreiche Kriege, die von schrecklichen Mordbrennereien und Verwüstungen begleitet wurden. Dabei riss der König von Frankreich, die Zerstrittenheit seiner Gegner, aber auch deren militärisches Engagement etwa bei den Türkenkriegen nutzend, ausgedehnte Territorien an sich, wobei er auf fadenscheinige Rechts- und Erbansprüche verwies. Obwohl der Sonnenkönig wegen seiner Gewaltpolitik gegenüber dem eigenen Volk und benachbarten Ländern quer durch Europa gefürchtet und gehasst war, haben fürstliche Zeitgenossen seinen luxuriösen Lebensstil nachgeahmt und eigene weitläufige Schloss- und Parkanlagen errichtet. Selbst kleine Potentaten trumpften mit ihnen auf und scheuten keine Kosten, um mit ihnen die Mit- und Nachwelt zu beeindrucken. Geld spielte keine Rolle, denn das Volk wurde ausgepresst wie eine Zitrone.

Zusammenbruch wie ein Kartenhaus

Bis zum Ende des Königtums in der Revolution von 1789 ging von der durch Vergünstigungen aller Art und einträgliche Ämter klein gehaltenen Opposition keine wirkliche Gefahr aus. Als Ludwig XIV. in Versailles am 1. September 1715 starb, hatte Frankreich seinen Höhepunkt überschritten. Krisen, Kriege und Katastrophen und ein durch Misswirtschaft und höfischen Luxus herbeigeführter Staatsbankrott überschatteten die folgenden Jahrzehnte und führten nach der Revolution von 1789 zum gewaltsamen Ende der Monarchie. Das vom Sonnenkönig geschaffene absolutistische System hatte selber für seinen Untergang gesorgt, denn es war zur Selbsterneuerung und zu durchgreifenden Reformen nicht fähig und brach nach ebenso hastigen wie untauglichen Versuchen König Ludwigs XVI. in dieser Richtung wie ein Kartenhaus in sich zusammen. In Deutschland haben wir diesen Prozess im Wendejahr 1989/90 erlebt, als in der DDR das hochgerüstete und von der Stasi überwachte SED-Regime binnen weniger Tage auf dem Müllhaufen der Geschichte landete.

7. März 2022

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