Start mit der Adlerfibel Mit einer Auflage von 200 000 Exemplaren begann vor 70 Jahren das deutsche Gedenkmünzenprogramm, aber kaum jemand wollte die ersten Silberstücke haben



Die goldene Adlerfibel diente als Vorbild für die Gedenkmünze von 1952 zur Hundertjahrfeier des Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Das Motiv mit der Adlerfibel wurde realisiert, Entwürfe wie das Säulenkapitell mit dem Nürnberger Wappen blieben auf der Strecke.





Außer dem 1951 ausgegebenen Fünf-Mark-Stück aus Silber mit dem dünnen Bundesadler und der großen Wertzahl – hier die seltene Ausgabe 1958 J – wurden ab 1950 eine Ein-Mark-Münze und nur 1951 ein Zwei-Mark-Stück geprägt. Da es mit der Ausgabe zu einer Mark verwechselt wurde, blieb es bei diesem einzigen Jahrgang 1951.





Da die Auflagen der Schillermünze und mit dem Bildnis des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden mit 200 000 Stück vergleichsweise gering waren, muss für sie einiges Geld hingeblättert werden.



Nach der in 200 000 Exemplaren geprägten Eichendorff-Münze von 1957 dauerte es noch sieben Jahre, bis 1964 eine neue, dem Philosophen Johann Gottfried Fichte gewidmete Gedenkmünze zu fünf Mark heraus kam. Die Auflage betrug 500 000 Stück, die bei den folgenden Ausgaben kontinuierlich anstieg. diese Stücke heute viel bezahlt werden. (Repros: Caspar)

Fünf-Mark-Münzen sind eine Errungenschaft der deutschen Kaiserzeit. Die Silberstücke wurden ab 1874 in unterschiedlicher Intensität und Auflagezahlen geprägt. Eine der letzten Ausgaben dieser Art stammt aus dem Jahr 1915, dem zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs, und würdigte das hundertjährige Bestehen des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. Die Weimarer Republik gab ab 1925 Drei- und Fünfmarkstücke zunächst zu Gedenkzwecken aus und ließ ab 1927 in den damaligen sechs Münzstätten die bekannte Kursmünze zu fünf Mark mit dem Eichenbaum herstellen. Lange geplant, doch erst 1933, im ersten Jahr der NS-Diktatur, wurden die von der Bevölkerung als zu schwer und unhandlich abgelehnten Fünf- und Drei-Mark-Stücke mit kleinerem Durchmesser und besserer Legierung neu ausgegeben, bis auch sie wie die Münzen der Weimarer Zeit wegen Hitlers Kriegsvorbereitungen von der Bildfläche verschwanden. 1951 brachte die Bundesrepublik Deutschland ein silbernes Fünf-Mark-Stück als Kursmünze und 1952, vor nunmehr 70 Jahren, ihre erste Gedenkmünze mit der Adlerfibel heraus. Die Normalausgabe zu fünf Deutsche Mark wurde von 1951 bis 2001 in zwei unterschiedlichen Metallen hergestellt wurde, ergänzt durch Gedenkprägungen, die bis heute ein beliebtes und zumeist preiswertes Sammelgebiet bilden.

Wahrzeichen eines Museums

Sieben Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg sah die Bundesregierung die Zeit gekommen, den westdeutschen Staat auch auf Gedenkmünzen als Land der Dichter und Denker zu präsentieren, und als eines, in dem Menschenwürde, Demokratie, Kunst und Wissenschaft nach den schrecklichen Jahren des Nationalsozialismus zu neuem Recht gelangen. Es passte gut in die politische und kulturelle Landschaft, mit der Gedenkmünze von 1952 ein berühmtes Museum in der schwer von Bomben getroffenen Stadt Nürnberg zu würdigen – das Germanische Nationalmuseum. Nürnberg besaß seit der NS-Zeit den zweifelhaften Ruf als Stadt der Reichsparteitage der NSDAP und als Ort, an dem 1935 die Nürnberger Rassegesetze verkündet wurden und das antijüdische Hetzblatt „Der Stürmer“ heraus kam. Außerdem saß hier 1945/46 das Internationale Militärtribunal über die deutschen Hauptkriegsverbrecher zu Gericht.

Auf der Silbermünze stellte Karl Roth ein berühmtes Schmuckstück dar – die goldene Adlerfibel, die 1893 in San Marino gefunden wurde und 1898 mit weiteren Fundstücken ins Germanische Nationalmuseum gelangte. Das kostbare Juwel war und ist „das“ Wahrzeichen des Museums. Die Legende GERMANISCHES MUSEUM EIGENTHUM DER DEUTSCHEN NATION NÜRNBERG erinnert an die Gründungsgeschichte. Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss interessierte sich als Mitglied des Verwaltungsrates der Museumsstiftung für die Prägung, das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus stimmte ein und berief sich auf „Anregungen in der Bevölkerung“ darauf, „dass der Bund nach bewährten Vorgängen in den Kulturstaaten der Welt aus Anlass dieses Jubiläums eine Gedächtnismünze herausgeben soll.“ Neben dem ideellen Effekt wurde in der Begründung auch die wirtschaftliche Seite der Emission betont, denn „Gedenkmünzen werden gesammelt, der Staat erzielt einen bleibenden Münzgewinn“.

Bundespräsident Heuss mischte sich ein

Im Vergleich zum Modell gab es bei der Ausführung eine Veränderung auf der Wertseite, denn ursprünglich hatte Roth den Bundesadler über der Angabe des Ausgabelandes und des Wertes 5 DEUTSCHE MARK platziert. Die in München hergestellte Prägung zeigt die umgekehrte Reihenfolge. Die wohl vom Bundespräsidenten Heuss verfügte Veränderung führte beim Künstler und den Preisrichtern zu Irritationen und Unmutsäußerungen. Erst im Spätsommer 1953 wurden die 200 000 Exemplare geprägt. Der ganze Genehmigungsvorgang hatte 14 Monate in Anspruch genommen. Mit ähnlichen Problemen und Zeitspannen hatten auch andere Münzprojekte zu kämpfen, und es kam vor, dass Münzen nicht im angegebenen Jahr erschienen, sondern später.

Schmuckfibeln wie die auf der Münze von 1952 dienten hochgestellten Personen als Zierde und zum Schließen von Kleidungsstücken und gehören zum Besten, was Goldschmiede der Völkerwanderungszeit geschaffen haben. Dass Roth, die Jury und der Bundespräsident die Adlerfibel, die aus einem um das Jahr 500 dem Boden anvertrauten, nach seiner Entdeckung leider von geldgierigen „Verwertern“ in alle Winde verstreuten Fund von geradezu fürstliche Pracht stammt, als Motiv für das Fünfmarkstück auswählten, lässt sich gut erklären. Denn das kostbare Schmuckstück war und ist „das“ Wahrzeichen des Germanischen Nationalmuseums.

Sein Entstehen geht auf Freiherrn Hans von und zu Aufseß zurück. Er hatte bereits 1833 in Nürnberg eine „Gesellschaft für die Erhaltung der Denkmäler deutscher Geschichte, Literatur und Kunst“ ins Leben gerufen. Am 18. August 1852 beschlossen Geschichts- und Altertumsforscher die Gründung des Germanischen Nationalmuseums, dem Aufseß seine Sammlung zur Verfügung stellte. Als das Museum 1977 sein 125jähriges Bestehen beging, kam eine Medaille mit der Gebäudeansicht heraus, wie sie sich bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg darbot. Die Grundsteinlegung für einen Erweiterungsbau war 1988 ein willkommener Grund, eine weitere Medaille zu prägen. Außer einer Sicht auf den Neubau in der Vogelperspektive zeigt die Medaille auch jene berühmte Adlerfibel, mit der 1952 das Gedenkmünzenprogramm der Bundesrepublik Deutschland begann.

Serienbeginn mit Hindernissen

Wurde die „Adlerfibel“ auf Anhieb ausgeführt, so geriet das Auswahlsystem schon bei der nächsten Emission von 1955 durcheinander. Denn nicht der mit dem ersten Preis bedachte Entwurf von Fritz Nuss mit einem expressionistisch anmutenden sowie dem Dichterlorbeer geschmückten Kopf von Friedrich Schiller wurde in Stuttgart geprägt, sondern das drittplatzierte Modell von Alfons Feuerle, das ein ganz der Zeit um 1800 verpflichtetes Bildnis des Dichters zeigt. Ein Blick in die numismatische Literatur zeigt, dass die Kür eines Modells durch das Preisgericht nicht automatisch die Realisierung bedeutete. Es kam vor, dass auf Wunsch der Bundesregierung, die in dieser Frage immer das letzte Wort hatte und hat, selbst viertplatzierte Entwürfe zur Ausführung kamen.

Die dritte, von Karl Föll gestaltete Gedenkmünze der frühen Serie mit der Jahreszahl 1955 wurde nicht etwa zum zehnten Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und damit auf die Befreiung des deutschen Volkes von der NS-Diktatur geprägt, sondern zur Erinnerung an einen wohl nur noch Spezialisten für die Barockzeit und Militärhistorikern bekannten deutschen Fürsten. Die damals von „badischen Kreisen“ angeregte und in Karlsruhe geprägte Silbermünze anlässlich des 350. Geburtstages des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden erinnert an einen berühmten, in kaiserlichen Diensten stehenden Feldherrn, der im späten 17. Jahrhundert gegen die bedrohlich auf das Römisch-deutsche Reich vorrückenden Osmanen kämpfte und auch an der Abwehr französischer Invasoren teilnahm. Da der Markgraf auch Bauherr des Schlosses zu Rastatt war, nimmt es nicht Wunder, dass der Bundesadler auf der Rückseite die Ansicht dieses Schlosses bedeckt. Es war 1714 Schauplatz eines Friedensschlusses, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete.

Die die ersten drei silbernen Fünf-Mark-Münzen, so war auch die Ausgabe eines erneut in nur 200 000 Exemplaren geprägten Fünf-Mark-Stücks von 1957 nach einem Entwurf von Karl Roth auf den 100. Todestag von Joseph von Eichendorff Ergebnis von persönlicher Einflussnahme und politischer Lobbyarbeit. Der Nominierung des Dichters kam entgegen, dass es sich bei ihm um eine „Persönlichkeit jenseits der Oder-Neiße-Linie“ handelt, wie man damals sagte, also eines Gebietes, auf das die damalige Bundesregierung und große Teile der westdeutschen Öffentlichkeit ungeachtet der Bestimmungen des Potsdamer Abkommens von 1945 Ansprüche erhoben. So war die Eichendorff-Münze nicht nur eine Hommage an einen großen Künstler des 19. Jahrhunderts, sondern hatte auch eine politische Zielrichtung.

Die in den folgenden Jahren und Jahrzehnten geprägten Gedenkmünzen erreichten höhere Auflagezahlen als die Stücke aus den Jahren 1952 bis 1957 und sind daher auch preiswerter zu haben. Für uns kaum zu verstehen ist, dass die Münze von 1952 und ihre Nachfolgerinnen anfangs wie Blei an den Kassen liegen blieben. Es war in den frühen fünfziger Jahren offenbar für viele Sammler ein ausgesprochener Luxus, solche zeitgenössischen Gedenkmünzen, die ja eine hohe Kaufkraft besaßen, beiseite zu legen. Dafür bekam man alte Münzen oder Medaillen.

Wirtschaftswunder und Wohlstand für alle

Die 1951 begonnene Ausgabe von Silbergeld im Wert von fünf DM wurde von den Bundesbürgern als ein Stück Normalisierung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse nach den schrecklichen Verwüstungen durch die Nazidiktatur und den Zweiten Weltkrieg begrüßt und stand im Zeichen des Wirtschaftswunders nach dem vom Wirtschaftsminister Ludwig Erhard ausgegebenen Motto „Wohlstand für alle“. Die Silberprägung mit dem „dünnen Adler“ erfolgte aufgrund einer am 1. Dezember 1950 veröffentlichten und von Bundeskanzler Konrad Adenauer und seinem Finanzminister Fritz Schäffer unterzeichneten Bekanntmachung, die sich auf das Gesetz zur Ausprägung von Scheidemünzen vom 8. Juli 1950 berief. Danach bestand das neue Geldstück aus einer Legierung von 625 Tausendteilen Feinsilber und 375 Tausendteilen Kupfer. Der Durchmesser wurde mit 29 Millimetern und das Gewicht mit 11,2 Gramm angegeben.

Ungewöhnlich war es, dass sich die Bundesregierung entschloss, Silbermünzen auszugeben, wo doch solche in anderen Staaten gerade eingezogen und durch Geld aus Neusilber, also einer Kupfer-Nickel-Legierung, ersetzt wurden. Vor allem psychologische Gründe spielten eine Rolle, die höchste deutsche Münze wie in der Vorkriegszeit in Silber zu prägen, und sie verschaffte der neuen Deutschen Mark zusätzlichen Glanz. Interesse verdient die Entstehungsgeschichte des silbernen Fünf-Mark-Stücks von 1951. Der im Vorfeld ausgeschriebene künstlerische Wettbewerb fand ein ungewöhnlich großes Echo. Nicht weniger als 685 Einsendungen wurden registriert, doch nur ein Vorschlag schaffte es bis in die Prägeanstalten – das Modell des in Schwäbisch-Gmünd lebenden Bildhauers, Grafikers und Medailleurs Albert Holl. Unter den Einsendern befanden sich bekannte Münzgestalter wie Karl Roth, der das Fünf-Mark-Stück 100 Jahre Germanisches Nationalmuseum Nürnberg von 1952 schuf, sowie Josef Bernhart, auf den die Entwürfe für die bundesdeutschen Ein- und Zwei-Mark-Stücke zurückgehen.

Albert Holl entwarf einen irgendwie dünn und damit wohl auch passend zu den Aufbaujahren nach dem Krieg wirkenden Bundesadler, der bei geöffnetem Schnabel nach links schaut und dessen sieben Schwingen leicht nach außen gebogen sind. In der Bevölkerung stieß der Bundesadler gelegentlich auf Kritik, weil er so mager ausgefallen war. Vergleicht man den Entwurf mit dem ausgeführten Silberstück, fallen kleine Veränderungen auf. Die wichtigste war, dass die Jahreszahl, die der Künstler auf seinem Modell beiderseits des Adlerhalses platziert hatte, auf der Wertseite unter der großen Fünf im inneren Schriftkreis angebracht wurde.

Silber kam aus Mexiko

Da das für die Startauflage von fast 80 Millionen Exemplaren, verteilt auf die damaligen vier bundesdeutschen Münzstätten Hamburg, München, Karlsruhe und Stuttgart, benötigte Silber nicht vorrätig war, weil die Bestände der Reichsbank nach Kriegsende von den Siegermächten konfisziert worden waren, musste das Edelmetall in Mexiko gekauft werden. Von dort wurden per Schiff die Silberbarren im Gewicht von 35 Tonnen in die Bundesrepublik geschafft und auf die Prägeanstalten verteilt. Im Unterschied zur heutigen Praxis, nach der diese Betriebe ihre Ronden von der metallverarbeitenden Industrie beziehen, wurden sie damals noch selber auf altbewährte Art durch Gießen, Strecken und Stanzen angefertigt, was zu winzigen Abweichungen von der Norm führte. Alles in allem wurden zwischen 1951 und 1974 von dem Fünf-Mark-Stück eine Viertelmilliarde Exemplare geprägt. Die meisten gingen nach der Umstellung auf einen neuen Fünfer aus Magnimat durch Einschmelzen wieder verloren. In dieser Riesenmenge kommen manche Raritäten und Ausgaben in Polierter Platte vor. So wurden 1958 in Hamburg nur 60 000 Fünf-Mark-Münzen mit dem Buchstaben J geprägt, was sie in der Gunst der Sammler und Händler ganz nach oben katapultierte.

15. November 2022

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