Mit deutschem Fleiße und deutscher Kraft
Berliner Eisenbahnkönige August und August Borsig und andere Unternehmer zeichneten Arbeiter mit Medaillen und Uhren aus



Die Medaille diente auf der Berliner Gewerbeausstellung von 1844 im Berliner Zeughaus als eine Art Trostpreis für diejenigen, die bei einer Tombola leer ausgegangen waren. Die rückseitig abgebildete Lokomotive BEUTH, benannt nach dem Direktor des Berliner Gewerbeinstituts Christian Peter Beuth, wurde von Borsig gezeigt und fand großen Beifall.



Auf den frühen Tod von August Borsig im Jahr 1850 wurde eine von Friedrich Wilhelm Kullrich geschaffene Medaille mit seinem Kopf und der Symbolfigur des Gewerbefleißes mit einer Lokomotive in der Hand.



Albert Borsig widmete seinem 1854 verstorbenen Vater eine von Friedrich Wilhelm Kullrich geschaffene Medaille. Sie kombiniert den eindrucksvollen Kopf des Fabrikbesitzers mit einer Allegorie der Industrie und des Gewerbefleißes. Die Frau hält das Modell einer Borsig'schen Lokomotive in der einen Hand und in der anderen einen Lorbeerkranz. Im Hintergrund erkennt man rauchende Schlote und Gebäude der Borsig'schen Fabrik. Die Büste ist im Deutschen Technikmuseum an der Trebbinerstraße in Berlin-Kreuzberg ausgestellt.



Die Medaille von 1858 zur Fertigstellung der eintausendsten Lokomotive kommt mit und ohne Öse vor.



Anlässlich von Firmenjubiläen und zu anderen Gelegenheiten herausgegebene Medaillen und Plaketten waren und sind bestens geeignet, auf das jeweilige Unternehmen aufmerksam zu machen und für seine Erzeugnisse zu werben. Das tun die Jugendstil-Plakette von 1914 des Wiener Graveurs und Medailleurs Johann Schwerdtner von 1914 und die Neujahrsmedaille von 1905 der Württembergische Metallwarenfabrik (WMF) in Pforzheim, die eine Auswahl ihrer Erzeugnisse und im Hintergrund eine Friktionspresse zeigt, die dabei im Einsatz war.



Auf der Medaille für 25 Jahre treue Dienste sind Nicolas Villeroy und Pierre-Joseph Boch, der Chef des Familienunternehmens Jean-François Boch et Frères, im Kostüm des frühen 19. Jahrhunderts abgebildet. Der äußere Schriftrand nennt Standorte des bis heute erfolgreich tätigen Unternehmens.



Die von Albert Scharff geschaffene Medaille von 1892 mit den Porträts von Alfred und Friedrich Alfred Krupp bildet das von der Familie und den Werksgenossen gestiftete Denkmal mit einem Schmied und einer Mutter mit Kind auf dem Sockel präzise ab.



Die Wiener Kunst-, Präge- und Reduzieranstalt Gebr. Schneider setzte sich mit der Neujahrsmedaille von 1912 ein numismatisches, ganz dem Jugendstil verpflichteten Denkmal der besonderen Art.



Die im frühen 20. Jahrhundert von Paul Sturm und Reinhard Kullrich geschaffene Jugendstilplakette aus vergoldetem Messing mit Männern neben der Spindelpresse und der Gebäudeansicht der ehemaligen Königlichen Münze zu Berlin wurde 1939 zum vierzigjährigen Betriebsjubiläum von Wilhelm Regelin vergeben.



Zum zweihundertjährigen Firmenjubiläum gab das Carl Poellath Münz- und Prägewerk in Schrobenhausen 1978 eine Medaille mit einem am Amboss prägenden Merkur und dem Fabrikgelände in der Vogelperspektive heraus. (Fotos: Caspar)

Im Laufe des 19. Jahrhundert wurde es Usus, dass erfolgreiche Unternehmer sich und ihre Erzeugnisse auf Medaillen präsentierten und auch ihre Arbeiter mit ihnen für langjährige treue Dienste auszeichneten. Diese Treuedienstmedaillen wurden in den Familien hoch in Ehren gehalten. Manche tragen noch den Namen desjenigen, der mit ihr ausgezeichnet wurde. Die Auflagen dürften nicht groß gewesen. Als betriebsinterne Prägungen waren sie nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Zu Welt- und Gewerbeausstellungen kamen oft aufwändig gestaltete Medaillen heraus und wurden auch als Preise verliehen. Der Münzhandel bietet regelmäßig attraktive Stücke aus edlem und unedlem Metall an, und wenn man sich auf dieses Gebiet konzentriert, kann man eine interessante, unsere Sicht auf die Wirtschafts- und Kulturgeschichte erweiternde Sammlung anlegen. Sofern auf ihnen oft Dampfmaschinen sowie Eisenbahnen und andere Verkehrsmittel abgebildet sind, passen diese Medaillen gut in eine Spezialsammlung zu Themen wie Industrielle Revolution, Wissenschaft und Technik, Verkehrswesen sowie Ausstellungen und allgemein Preismedaillen.

Dampflok fährt in die Zukunft

Der am 23. Juni 1804 in Breslau geborene Eisenbahnkönig August Borsig und sein Sohn Albert setzten sich und ihrer Berliner Maschinenbauanstalt durch Medaillen und Marken mit Porträts- und Eisenbahndarstellungen ein numismatisches Denkmal. Der Berliner Münzforscher Klaus Priese ist der Frage nachgegangen, um welche Medaillen es sich handelt und ob später weitere Prägungen dieser Art herausgekommen sind. Prieses Recherche erschien 2016 im 24. Heft der vom Numismatischen Arbeitskreis Brandenburg-Preußen herausgegebenen Schriftenreihe "Beiträge zur

Als 1844 im Berliner Zeughaus die "Ausstellung deutscher Gewerbserzeugnisse" veranstaltet wurde, hat man eine prachtvolle Medaille mit hohem Relief geprägt, auf deren Vorderseite eine sitzende Germania mit Schwert und Siegeskranz zu erkennen ist. Auf der Rückseite ist die bei Borsig gebaute Dampflok BEUTH, benannt nach Peter Beuth, dem Direktor der Technischen Deputation für das Gewerbe, dargestellt. Sie fährt gerade über eine Brücke und ist damit im übertragenen Sinne auf dem Weg in die Zukunft. Symbolische Darstellungen von modernen Industrieprodukten und Gewerbeerzeugnissen auf einem Früchte- und Ährenkranz auf der und die Widmung MIT DEUTSCHEM FLEISSE UND DEUTSCHER KRAFT umschließen die Lokomotive. Eine kleine Bronzemedaille von 1858 mit der Darstellung einer Lok war eine frühe Betriebsauszeichnung, diente aber auch, mit einer Zahl versehen, den Borsigianern als Kontroll- und Passiermarke. Solche Prägestücke sind auch aus der Königlichen Münze zu Berlin bekannt, die sich um 1900 dem Trend anschloss, langjährige Mitarbeiter für treue Dienste durch Plaketten mit eingraviertem Namen zu ehren.

Betrieblicher Orden mit Öse

Als das Unternehmen 1858 die eintausendste Lok hergestellt hatte, gab Albert Borsig ein großes Fest, von dem ganz Berlin noch lange sprach. Der Anlass wurde als so bedeutsam angesehen, dass Borsig für langjährige verdienstvolle Mitarbeiter eine von Wilhelm Kullrich geschaffene Bronzemedaille mit Öse prägen ließ, die man wie einen Orden am Revers tragen konnte. Versionen ohne Öse wurden an Ehrengäste der Jubiläumsfeier vergeben. Mit der Ausgabe der Medaille ZUR ERINNERUNG AN DIE VOLLENDUNG DER 1000STEN LOKOMOTIVE DEN 21. AUGUST 1858, so die Inschrift auf der Rückseite, setzte Albert Borsig nicht nur seinem Vater als dem Firmengründer ein eindrucksvolles Denkmal. Zugleich sollte die Medaille als eine Art betrieblicher Orden auch die Bindung der Arbeiter und Angestellten an ihr Unternehmen fördern und sie zur Hingabe an das Unternehmen auffordern.

Prägung erst in Silber, dann mit Zinn

Vater und Sohn sind auf einer ebenfalls von Kullrich geschaffenen Medaille ohne Jahreszahl dargestellt. Die ab 1862 jeweils am 22. Juli, dem Datum der Betriebsgründung, vergebene Medaille zeigt auf der Rückseite die Borsigsche Fabrik an der Chausseestraße, die zu ihrer Zeit eine touristische Attraktion war. Mit der undatierten Medaille wurden Mitarbeiter für 25jährige Betriebszugehörigkeit ausgezeichnet. Ihre Namen hat man mit einem Datum auf der Rückseite verewigt. Die Jubiläumsmedaille wurde zunächst in Silber und, als das dann doch zu teuer wurde, in Zinn ausgeprägt und in Verbindung mit Geld- und Sachgeschenken vergeben. Im Märkischen Museum Berlin blieb eine Version in einem Bilderrahmen erhalten. Vorder- und Rückseite können hier gleichzeitig in Form einseitiger Zinnabschläge betrachtet werden. Eine kleine Version mit einem Durchmesser von nur 21 Millimetern, bestehend aus dem Doppelporträt von August und Albert Borsig und der Allegorie des Gewerbefleißes wie auf der Sterbemedaille von 1850, wurde nach 1869 in Verbindung mit der "Borsig-Uhr" für 25jährige Betriebszugehörigkeit vergeben. Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert schließlich hat die Betriebsleitung kleine Medaillen mit den Bildnissen von August und Albert Borsig sowie denen der drei Enkel des Firmengründers - Arnold, Ernst und Konrad Borsig - für treue Dienste hergestellt und zusammen mit einer Uhr jeweils am Gründungsfest der Firma verteilt.

Neben den qualitätvollen Medaillen mit Porträts, Allegorien und Gebäudedarstellungen gibt es auch schmucklose Borsigmarken, die von den Arbeitern zum Bezahlen von Speisen und Getränken in der betriebseigenen Kantine verwendet wurden. Einige Wert- und Speisemarken mit Ziffern, den Initialen A. B. und der Ortsangabe TEGEL bilden Borsigs frühe Eisenbahnen ab. Durch den Rückgriff auf die Tradition wurde bei der Verwendung der Marken an die Ursprünge des Unternehmens und die Erfolge seines Gründers als Lokomotivenkönig erinnert. Bekannt sind Werte zwischen fünf und 100 Pfennigen. Einige Exemplare wurden in der Inflation nach dem Ersten Weltkrieg auch als Notgeld verwendet.

Alfred Krupp und die Kruppianer

August und Albert Borsig waren nicht die einzigen Unternehmer, die mit Medaillen auf sich und ihr Unternehmen aufmerksam machten oder durch solche geehrt wurden. Im Falle einer dem Großindustriellen und Rüstungsfabrikanten Alfred Krupp gewidmeten Medaille von 1889 musste das die Firma nicht selbst tun, denn das übernahm die Stadt Essen mit einem überlebensgroßen Standbild d. Die gleich nach seinem Tod ergangene Ausschreibung forderte "ein der Bedeutung des Verstorbenen und seinem bescheidenen Sinn angemessenes und den beschränkten Verhältnissen der Stadt entsprechendes Denkmal", das auf dem Marktplatz der Stadt aufgestellt werden und nicht mehr als 60 000 Mark kosten sollte.

Etwa zeitgleich mit einem Denkmal der Stadt Essen für Alfred Krupp begannen auch die Planungen von Betriebsangehörigen, ihren Chef ebenfalls durch ein Standbild zu ehren. Finanziert aus Spenden der "Kruppianer" sowie von Familienangehörigen des Industriellen und Kanonenkönigs, stellt das von Alois Mayer und Josef Wilhelm Mengs geschaffene Denkmal nicht weit von der Krupp'schen Fabrik in Essen entfernt den 1887 verstorbenen Firmengründer als Spaziergänger mit dem Hut in der Hand dar. Im Unterschied zu Fritz Schapers ähnlich gestalteter Figur auf dem Marktplatz von Essen steht dieses Denkmal auf einem treppenförmigen Unterbau, auf dem sich der Sockel mit Alfred Krupps Wahlspruch "Der Zweck Der Arbeit / Soll Das Gemeinwohl Sein" erhebt. Statt des Ambosses erkennt man als Attribut eine Gießform, über die ein Mantel geworfen ist. Zwei allegorische Figuren stellen einen Schmied sowie eine Frau mit Kind dar. Die Gruppe soll daran erinnern, dass sich der Industrielle intensiv um seine Arbeiter und ihre Angehörigen gekümmert und sie vor Not und Elend geschützt hat, wie bei der Enthüllungsfeier 1892 ausdrücklich hervorgehoben wurde.

Ehrung für treue Dienste

Die bekannte Keramikfirma Villeroy & Boch im saarländischen Mettlach blickt auf eine lange Geschichte zurück. Der Eisengießer François Boch begann 1748 mit seinen drei Söhnen in Lothringen die Produktion von Geschirr nicht aus Porzellan, sondern aus farbiger Keramik und war damit sehr erfolgreich. Das Unternehmen erwarb sich außerhalb von Lothringen großes Ansehen und stand in Konkurrenz mit der Steingutfabrik von Nicolas Villeroy. Indem er seine Ware mit Kupferstichen bedruckte, konnte er auf Maler mit Pinsel und Farbe verzichten und seine Erzeugnisse preiswert auf den Markt bringen. Nach dem Kauf der ehemaligen Benediktinerabtei im saarländischen 1809 richtete hier eine moderne Geschirrfabrik, in der neuartige Maschinen die Massenproduktion von Geschirren, Fliesen, Kacheln und anderen Erzeugnissen ermöglichte. Bis heute ist die Abtei in Mettlach Konzernzentrale von Villeroy & Boch. Um auf dem europäischen Markt gegen die englische Steingut-Industrie konkurrieren zu können, schlossen 1836 Jean-François Boch in Mettlach und Nicolas Villeroy in Wallerfangen bei Saarlouis ihre Werke unter dem Namen Villeroy & Boch zusammen und konnten unter besseren Bedingungen expandieren und auch ähnliche Unternehmen wie das eigene aufkaufen.

Wer systematisch sucht, findet da und dort Beispiele dafür, dass Arbeiter angestellte von ihren Chefs mit Medaillen ausgezeichnet wurden. Wenn dazu noch eine Uhr überreicht wurde, war das Glück groß. Sollte man als Sammler eine Medaille und die passende "Arbeiteruhr" besitzen, wäre das Glück komplett. Aber wie schon Heinrich Zille unter eine seiner Zeichnungen aus dem proletarischen Berlin schrieb, wäre ordentliche Bezahlung und größere Fürsorge besser ein kleines Geschenk nach so langer Zeit gewesen. Bei der Übergabe der Uhr sagt der dicke Fabrikherr dem ehrerbietig vor ihm stehenden Mann, er möge doch mal überlegen, wieviel Geld er von ihm seinen Chef, all die Jahre bekommen hat.

Über August Borsig und seine Nachkommen siehe auch Einträge auf dieser Internetseite (Berlin-Brandenburg) vom 13. und 13. Juli 2022

15. Juli 2022

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