Herrscher zwischen Atlantik und Elbe
Kaiser Karl der Große hob Ende des achten Jahrhunderts den silbernen Pfennig aus der Taufe





Karl der Große ließ sich auf seinen Denaren in der Manier der römischen Kaiser darstellen. Das seltene Silberstück wird in der Ausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel gezeigt. Die Einbuße an künstlerischer Qualität kann man auf weiteren unter seiner Herrschaft geprägten Silbermünzen und denen seines Nachfolgers Ludwig des Frommen und weiterer Herrscher beobachten. Wie man sich Karl den Großen und andere Herrscher vorstellte, zeigen die fantasievoll ausgeschmückten Stiche aus der Barockzeit.



Unübersehbar dominiert der Kaiserdom auf dem Kupferstich aus der Barockzeit das Panorama der Stadt Aachen, die zahlreiche Krönungen sah und darauf bis heute stolz ist.



Der 1165 heilig gesprochene Karl der Große erscheint auf dem Taler von 1570 und anderen Geldstücken der Stadt Aachen und auf einer Medaille von 1806 gemeinsam mit dem französischen Kaiser Napoleon I.



Im Sachsenspiegel des Eike von Repgow aus dem frühen 13. Jahrhundert schildert die farbige Miniatur, wie der König oder Fürst seinen Münzarbeitern auf die Finger schaut, um jeden Betrug und die illegale Aneignung von Edelmetall zu unterbinden. Dafür wurden schwere Strafen an Leib und Leben angedroht und vollstreckt.



Der 1165 heilig gesprochene Karl der Große erscheint auf dem Taler von 1570 und anderen Geldstücken der Stadt Aachen.



Ob die Reiterstatuette im Pariser Louvre Karl den Großen darstellt, ist in Fachkreisen umstritten. Die Bronzeskulptur lehnt sich an antike Denkmäler der römischen Kaiserzeit an. In Hamburg ehrt das Bronzedenkmal von Karl den Großen, der von manchen Gründer der späteren Hansestadt genannt wird und angeblich dort eine Taufkirche errichtet haben soll.



Die Medaille aus dem Jahr 1806 feiert den französischen Kaiser Napoleon I. als Nachfolger von Karl dem Großen und Vollender seines Werkes sowie seien neuen Verbündeten König Friedrich August I. von Sachsen in der Nachfolge des sagenhaften Sachsenherzogs Widukind, der sich nach blutigen Auseinandersetzungen Karl dem großen unterwarf und 785 zum Christentum übergetreten ist.





Als im Jahr 2000 der Kaiserkrönung Karls des Großen und des Baus des Doms zu Aachen gedachte, wurde eine Zehn-Mark-Münze nach einem Entwurf von Erich Ott heraus gebracht. Die vom gleichen Künstler gestaltete Hundert-Euro-Münze von 2012 aus Gold würdigt Aachen und seinen großartigen Dom als Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. (Fotos/Repros: Caspar) 11. November 2022

Der Frankenkönig und seit Weihnachten 800 römisch-deutsche Kaiser unterhielt in Aachen einen Hof, der zum Zentrum der Künste und Wissenschaften in Europa wurde und große Ausstrahlung auf die damalige Christenheit hatte. In der Politik, Verwaltung, Rechtsprechung, Kultur und anderen Bereichen griff Carolus Magnus , wie man ihn nannte, auf die Errungenschaften der Antike zurück und verschmolz sie mit dem Christentum und germanischen Traditionen. Um dem Wirrwarr im Münz-, Maß- und Gewichtswesen in seinem sich vom Atlantik bis zur Elbe, von der Nordsee bis nach Italien erstreckenden Reich ein Ende zu setzen, veranlasste Karl Ende des achten Jahrhunderts eine Reform von weitreichenden Folgen. Aus einem Karlspfund im Gewicht von 408,24 Gramm ließ der Herrscher zwischen Atlantik und Elbe 240 Denare schlagen, wobei jeder dieser pfennigartigen Silberstücke durchschnittlich 1,7 Gramm wog. Zwölf Denare ergaben einen Schilling, und zwanzig Schillinge hatten den Wert eines Pfundes. 2,5 karolingische Pfennige oder Denare entsprachen einem arabischen Dinar. Diese schweren Münzen waren überall verbreitet und wurden sogar in Schatzfunden des Ostseeraums entdeckt.

Um dem neuen Silberpfennig in seinem vom Atlantik bis zur Elbe, von der Nordsee bis nach Italien reichenden Herrschaftsgebiet Respekt zu verschaffen, bestimmte Karl anno 794, dass die neuen Denare an jedem Ort, in jedem Gemeinwesen und an jedem Handelsplatz kursieren und von jedermann akzeptiert werden sollen. „Tragen aber die Münzen Unseren Namen und sind sie von reinem Silber und von gutem Gewicht und verweigert irgendjemand irgendwo bei irgendeinem Kauf oder Verkauf ihre Annahme, dann soll er 15 Schilling Buße zahlen“, bestimmte der Frankenkönig, der Weihnachten 800 in Rom von Papst Leo III. zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt wurde.

Brustbild nach römischem Vorbild

Die neuen Münzen sollten wie die Denare aus der Römerzeit im gesamten Reichsgebiet und darüber hinaus umlaufen. Deutlich wird Karls Bestreben, durch Ausgabe einheitlicher Geldstücke Handel und Verkehr zu fördern, aber auch Missbrauch durch Verminderung ihres Gewichts und Herabsetzung Silberlegierung unterbinden. Nach seiner Kaiserkrönung ließ Karl nach römischem Vorbild Silberpfennige in der Art römischer Kaisermünzen mit seinem Brustbild prägen, während auf der Rückseite ein antiker Tempel mit dem christlichen Kreuz darin zu erkennen ist. Das Bild bedeutet, dass die christliche Religion das Heidentum überwunden hat.

Die Porträtmünzen Karls des Großen sind große numismatische Raritäten. Von ihnen sind nur etwa 30 verschiedene Exemplare überliefert, und von diesen werden zwölf im Berliner Münzkabinett aufbewahrt. Darunter befindet sich der am besten erhaltene Kaiserdenar mit einem „F“ unter dem Porträt. Die wohl bekannteste Münze des Mittelalters kam 1911 mit der Sammlung Ernest Gariel in Berliner Kabinett. Ein weiteres Stück mit einem „M“ liegt in Paris. Die Kaiserdenare zeigen einen etwas rundlichen Kopf mit kräftiger Nase und leichtem Doppelkinn des Herrschers, von dem ein Chronist schreibt, er sei sieben Fuß, etwa 1,90 Meter, groß gewesen. Das für die damalige Zeit ungewöhnliche Münzbildnis hat Ähnlichkeit mit einer Reiterstatuette im Pariser Louvre, die Karl den Großen darstellen soll. Ob die aus dem späten 9. Jahrhundert stammende Bronzefigur wirklich Karl den Großen&xnbsp;in Anlehnung an die Reiterstandbilder römischer Kaiser darstellt, ist umstritten. Es könnte sich auch um Karl den Kahlen handeln, einen Enkel von Karl dem Großen. Übereinstimmung mit diesem gibt es im Profil des Kopfes mit dem charakteristischen „Frankenbart“, der seitlich vom Mund herunter hängt. Während Karl als Reiter eine Krone trägt, wird er auf seinen Münzen in der Manier römischer Kaiserporträts mit einem Lorbeerkranz dargestellt. Verschiedene Münzen mit seinem Porträt hat man vergoldet und auch gefasst, gelocht oder mit Ösen versehen und so zu Schmuck gemacht. Das deutet darauf, dass sie sich bereits im Mittelalter großer Wertschätzung erfreuten.

Starke Zersplitterung des Münzwesens

Obwohl Karl der Große bestimmte, dass nur in königlichen Pfalzen Münzen geprägt werden dürfen, gab es schon bald an unterschiedlichsten Orten Nachahmungen der karolingischen Pfennige. Der Bedarf an solchen Geldstücken, die den Handel erheblich erleichterten, war einfach zu groß. Da unter Karls Nachfolgern zahlreiche geistliche und weltliche Herrschaften das Münzrecht erhielten, kam es zu einer starken Zersplitterung im Münzwesen. Geistliche und weltliche Fürsten beziehungsweise Feudalherren und später auch von reichsfreien Städten bildeten Münzvereine, die sich auf bestimmte Normen einigten und die Annahme des Geldes der jeweils anderen Vertragspartner garantierten. Außerdem einigte man sich auf die Nutzung gemeinsamer Münzstätten, deren Zahl mit der Zeit mächtig anschwoll.

Anno 799 kam es in Paderborn zu einem Gipfeltreffen der besonderen Art. Erstmals sahen sich ein Papst und ein Frankenkönig tief in die Augen. Bei der Begegnung ging es hoch her, man genoss manche Leckereien, und auf den Tischen „bauchten“ sich nach den Worten eines Chronisten die goldenen Krüge. Dass der Frankenkönig Karl Papst Leo III. außerhalb Italiens so herzlich empfing, war mehr als eine höfliche Geste. Das Kirchenoberhaupt war zuvor bei einer Prozession überfallen und von seinen Gegnern festgesetzt worden. Der Pontifex erhielt in Paderborn Zuflucht, und nachdem sich die Zeiten beruhigt hatten und er nach Rom zurückgekehrt war, wurde der hilfsbereite Karl zu Weihnachten des Jahres 800 vom dankbaren Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt.

Unbarmherzig zuschlagender Feldherr

Dem Erneuerer des römischen Kaisertums und der römischen Antike blieben nicht viele Lebensjahre vergönnt. Doch er nutzte die Zeit, um in seinem Riesenreich Reformen durchzusetzen beziehungsweise auf den Weg zu bringen, an die bis dahin niemand zu denken wagte. Vor allem das Kultur- und Bildungswesen lag dem großen Europäer Karl, wie man heute sagt, am Herzen. Er verschickte in alle Gegenden seines Riesenreiches Befehle und Verfügungen, die in lateinischer Sprache und einer lesbaren Schrift abgefasst waren, und zwang seine Untergebenen, sich eine gediegene Bildung anzueignen. An seinem Hof versammelten sich Geistliche, Gelehrte und Künstler, um ihm zu huldigen. Freilich ging es in seinem Reich auch unfriedlich, ja blutig zu. Vor allem in den Sachsenkriegen und im Kampf gegen die Mauren erwies sich der Franke als siegreicher, unbarmherzig zuschlagender Feldherr. Nach seinem Tod am 28. Januar 814 vermochten seine Nachfolger nicht, das ihnen anvertraute Erbe zu bewahren. Durch Teilungen büßte das Reich an Macht und Ansehen spürbar ein und wurde später zum Spielball fremder Mächte.

Im Rheinland besaßen nur die Städte Aachen, Köln und Neuss das Recht, eigene Münzen zu schlagen. Hingegen prägten die geistlichen Kurfürsten von Köln in Bonn und Deutz beziehungsweise die von Trier in Koblenz und Trier sowie die Herzöge von Jülich und Berg in Düsseldorf. Bereits im Mittelalter wurden in der alten Kaiser-, Königs- und Krönungsstadt Aachen Pfennige und Groschen geprägt, zu denen in der Neuzeit Taler und kleinere Werte kamen. Mit Vorliebe hat man sie mit dem Bildnis Karls des Großen geschmückt, der der Stadt zu Weltruhm verhalf und sie zu seiner Residenz und damit zum Mittelpunkt des karolingischen Reiches machte. Aachen wurde anno 1166 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zur Stadt erhoben, doch existierte hier zunächst bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts eine königliche und kaiserliche Münzstätte. Erst 1357 erhielt die Stadt vom Jülicher Herzog das Recht, eigene Münzen zu prägen. Davon hat sie bis zum Verlust der Reichsfreiheit 1798 im Zusammenhang mit den französischen Revolutionskriegen lebhaften Gebrauch gemacht. Wie in anderen Reichsstädten hat auch Aachen auf seinen Münzen den Namen und Titel des jeweils amtierenden römisch-deutschen Kaisers vermerkt, verbunden mit dem Bildnis des thronenden oder das Stadtwappen mit dem einköpfigen Adler darin beschützenden Kaisers Karls des Großen. Im frühen 15. Jahrhundert wurden Aachener Turnosegroschen mit römischen Zahlenbuchstaben datiert, die 1402 und weitere Jahre ergeben und die Silberstücke als Münzen der Stadt Aachen ausweisen. Hergestellt wurden Groschen, Halbgroschen sowie halbe Goldgulden mit der Gottesmutter beziehungsweise dem stehenden Kaiser Karl, der in Aachen bis heute verehrt wird.

Aachen auf der Liste des Weltkulturerbes

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging Aachen während der Herrschaft von Kaiser Maximilian II. zur Prägung von Talern mit dem thronenden Kaiser Karl über, gefolgt von Halb- und Vierteltalern sowie Goldgulden, deren Prägung 1572 aufgenommen wurde. Unter der Herrschaft weiterer römisch-deutscher Kaiser kamen Taler, Halbtaler, Zwei-Mark-Stücke, Sechs-Heller-Münzen sowie Goldgulden hinzu. Die großartige Münzgeschichte der Freien und Reichsstadt endete 1798 mit bescheidenen Kupferstücken im Wert von zwölf und vier Heller.

Im Jahr 2000 kam ein Zehn-Mark-Stück zum 1200. Jahrestag der Kaiserkrönung von Karl dem Großen in Rom und den Bau des Aachener Doms heraus. Die Silbermünze zeigt den vor der Muttergottes und dem Jesuskind knienden Herrscher. Die Szene spielt sich auf der Münze in einem Achteck ab, das den achteckigen Grundriss Aachener Doms andeutet. In den Händen hält der Kaiser das Modell des Aachener Doms, der 1978 in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes eingetragen wurde. Die Verehrung für den legendären Franken machte das Gotteshaus zu einer der wichtigsten Wallfahrtsstätten der Christenheit. Von 936 bis 1531 war der Dom Krönungsstätte von mehr als 30 deutschen Königen. Bis heute beeindruckt der karolingische Kernbau durch seine kühne Architektur und kostbare Ausstattung. Vor einigen Jahren wurde der Aachener Dom saniert und restauriert. Erlöse aus dem Verkauf der Münze von 2000 wurden für die Finanzierung dieser komplizierten Aufgabe verwendet.

11. November 2022

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