Farbtupfer auf blankem Silber
Prägeanstalten folgen neuem Trend und kolorieren Münzen und Medaillen mit neuartigem Tampon-Druck-Verfahren



Die Staatliche Münze an der Ollenhauerstraße 97 im Berliner Bezirk Reinickendorf spielte eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung eins Verfahrens zur Farbgestaltung von Münzen und Medaillen.







Die erste in Berlin produzierte Farbmünze widmete sich 2019 der einhundert Jahre zuvor in Weimar beschlossenen Reichsverfassung. Um die Farben schwarz, rot und gold ist der erste Satz in der Verfassung „Das Deutsche Reich ist eine Republik. Die Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ gelegt. Die gleichen Farben schmücken die in der Staatlichen Münze Berlin geprägte Medaille von 2018, deren Vorderseite die 1948 in beiden Ländern Staaten geschaffene Deutsche Mark kombiniert, getrennt durch einen schwarz-rot-goldenen Streifen. Andere Farben auf die Curry-Wurst-Medaille und weitere Pragungen zu applizuieren war gewiss nicht einfach.i öäwedaerrt





Bunt geht es auf den deutschen Ausgaben von 2020 und 2022 zu, die an die haarsträubenden Lügengeschichten des Barons von Münchhausen erinnern beziehungsweise die Serie „Wunderwelt der Insekten“ eröffnen.





Frankreich hat vor zwanzig Jahren damit begonnen, seine Märchenmünzen – hier Dornröschen und Alice im Wunderland – zu kolorieren, manche sagen aber auch zu verschandeln.





Auch Österreich folgte schon früh dem Trend und erfreute die Sammler unter anderem mit einer farbig gestalteten Zehn-Euro-Münze von 2017 mit dem Heiligen Michael als Drachentöter und 2019 mit einer Würdigung ritterlicher Tugenden. (Fotos/Repros: Caspar)

Seit einigen Jahren werden in Deutschland und im Ausland farbig gestaltete Münzen geprägt. Sie sind nicht jedermanns Sache, aber es gibt sie nun einmal, und deshalb sei hier der Herstellungsprozess nach einem Besuch der Staatlichen Münze Berlin vorgestellt, in der die ersten deutschen Farbmünzen geprägt wurden. Die Geldfabrik an der Ollenhauer Straße im Bezirk Reinickendorf, die auf diesem Gebiet führend ist, begann vor etwa zehn Jahren, Münzen und Medaillen farbig zu gestalten oder, wie man auch sagt, zu kolorieren.

Die Erfahrungen mit den Gedenkmünzen Reichsverfassung von 1919 (2019), Münchhausen (2020), Sendung mit der Maus (2021) und 50 Jahre Kinderhilfswerk (2022) werden genutzt, um auch Medaillen aller Art etwa für Hochzeiten, Geburten, Schulanfang, Jubiläen und zu anderen Anlässen herzustellen. Dazu hält die Berliner Münze, die auf eine bald 800jährige Geschichte zurück blickt, eine reichhaltige Palette bereit und bietet auch individuelle Gravuren an. Die 2022 begonnene&xnbsp;Serie „Wunderwelt Insekten“zu fünf Euro &xnbsp;wird 2023 mit vier teilkolorierten Münzen fortgesetzt, und zwar mit den Themen „Siebenpunkt-Marienkäfer“, „Schwalbenschwanz“, „Rostrote Mauerbiene“ und „Gebänderte Prachtlibelle“. Bis 2024 sind neun teilkolorierte Münzen geplant, und sie werden nicht die einzigen sein, die mit Farbaufträgen versehen sind.

Die Markierung bestimmter Stellen auf den Geprägen mit unterschiedlichen Farben ist eine diffizile Arbeit. Alles muss passen, nichts darf ineinander verlaufen. Viele Experimente und Probeprägungen waren nötig, bis dieses Ziel erreicht war. Wichtig ist stets, die Stellen auszuwählen, die eingefärbt werden sollen. Alles musste vermieden werden, dass das Gepräge kitschig und überladen wirkt. Wer sich ein wenig auf dem aktuellen Münzenmarkt umschaut sieht, dass dieses Gebot leider oft missachte wird.

UV-Licht hilft beim Aushärten

Die Produktion geschieht durch ein digitales UV-Druckverfahren und das sogenannte Tampondruckverfahren. Für die mit kleinen Farbtupfern versehen Ausgaben gelten besondere Qualitätsstandards. Beim Digitaldruck wird das Druckbild vom Computer in die Druckmaschine eingegeben. Die Farben werden pur oder gemischt aufgetragen und härten anschließend aus, indem die bedruckte Fläche mit UV-Licht bestrahlt wird. Das ist wichtig, weil Münzen auch Kratzern und anderen mechanischen Beschädigungen ausgesetzt sind. Beim Tampondruck wird die Farbe mit einem elastischen Tampon aus Silikonkautschuk auf die Münzoberfläche aufgetragen.

Die Methode gewährleistet eine hohe Festigkeit und Haltbarkeit der aufgetragenen Farbe und ist so gestaltet, dass es keinen Abrieb gibt. Mit anderen Worten besitzt der Farbdruck, wie die Spezialisten von der Staatlichen Münze Berlin versichern, eine große Haltbarkeit in Bezug auf Feuchtigkeit und mechanischen Abrieb. So kann die auf diese Weise veredelte, Kritiker sagen verschandelte Münze oder Medaille in die Hand genommen und betrachtet werden. Nach dem Farbdruck kommen die Münzen in ein halbautomatische Heißtrocknungsanlage beziehungsweise werden mit UV-Licht bestrahlt, so dass der Farbauftrag auf dem Metall haltbar befestigt ist. Wenn alles geschafft ist werden je 25 Münzen gerollt und verpackt. Das geschieht vollautomatisch auf einer speziellen Rolliermaschine. Sie ist so eingerichtet, dass der Farbaufdruck nicht beschädigt wird.

Neuartiges Sammelgebiet

Die Münze Berlin und andere Prägeanstalten, die ebenfalls farblich gestaltete Geldstücke und Medaillen herstellen, sind mit Maschinenherstellern bestrebt, das technisch anspruchsvolle Digitaldruckverfahren zu optimieren. Je besser das gelingt, um so mehr ist zu erwarten, dass wir noch viele weitere Farbmünzen in die Hände bekommen. Es versteht sich, dass die massenhaft geprägten Kursmünzen die technisch aufwändige Vorzugsbehandlung nicht erfahren.

Deutschland- und weltweit nimmt die Zahl der Farbmünzen und -medaillen beträchtlich zu, so dass sich hier ein neues Sammelgebiet auftut. Wir brauchen nur in die Fachzeitschriften und Kataloge zu schauen, um zu sehen, dass sich hier ein weites Feld auftut, für das Anbieter bisweilen großen Reklameaufwand betreiben. Man muss die Novitäten nicht mögen, es werden sich aber immer mehr Liebhaber finden. Und wenn die Gestaltung dezent erfolgt, kann man auch nicht viel gegen den Farbauftrag sagen und wird sich an ihn gewöhnen. Dass Münzen schon immer verändert wurden, indem man sie vergoldete, mit Ösen und Henkeln versah oder aussägte, zeigt ihre Beliebtheit vor allem als Schmuck früher und auch heute.

4. Dezember 2022

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