Sächsisches Berggeschrei
Sensationelle Silberfunde lockten schon im 13. Jahrhundert Bergleute und Glücksritter ins Erzgebirge





Was Goldsucher mühsam aus dem Sand gewachsen haben, haben die Vereinigten Staaten von Amerika schon bald in klingende Münze verwandelt.



Die gedruckte Rechnung von 1678 gibt Auskunft über die Ausbeute des „alten löblichen Bergwercks der Churfl. Sächs. Bergk-Stadt Freybergk“, daneben der Titelkupferstich der „Saxonia numismatica“, in der zahlreiche sächsische Münzen und Medaillen beschrieben und abgebildet sind.



Szenen aus dem Leben der Bergleute und Münzpräger im Erzgebirge sind auf dem 1522 geweihten Bergknappschaftsaltar der Annenkirche in Annaberg dargestellt. Hier ist alles noch Hand- und Muskelarbeit. Bei der Geldproduktion wurden erst in der Barockzeit Maschinen eingesetzt, Wasserkraft gab es schon früher im Bergbau bei der Förderung der Bodenschätze, bei der Belüftung der Stollen und im Kampf gegen das untertage eindringende Wasser.



Wie es im Bergbau des 16. Jahrhunderts aussah, zeigt der Holzschnitt „Von der Findung der Goldgrube“ des namentlich nicht bekannten Petrarcameisters.



Die von Martin Heinrich Omeis geschaffene Prunkmedaille aus Jahr 1690 zeigt unter dem Schriftzug „Was Menschenhand durch Gott thun kan – das sieht man hier mit Wunder an“ eine Ansicht der Grube Sankt Anna in der Draufsicht und als Schnitt durch den Berg mit Blick auf das Geschehen untertage.



Bevor ab 1500 die sächsischen Klappmützentaler – hier ein Exponat in der Ausstellung des Dresdner Münzkabinetts - geprägt wurden, hat man in erzgebirgischen Schmieden massenhaft Groschen und andere Werte geschlagen. (Fotos/Repros: Caspar)

Wo immer Edelmetalle in den Tiefen eines Bergwerks oder auf der Bodenoberfläche entdeckt wurden und werden, sind Abenteurer und Geschäftemacher nicht weit. Legendär und spektakulär waren die Funde Mitte des 19. Jahrhunderts in Kalifornien und die daraus resultierende Goldgräberstimmung mit ihren guten und ihren bösen Seiten. Hunderttausende machten sich, vom „Ruf des Goldes angelockt, auf den gefährlichen Weg in den „wilden Westen“. Die wenigsten wurden wirklich reich, viele Menschen stürzten sich ins Unglück. Es lässt sich gut vorstellen, welche Verbrechen und menschliche Tragödien sich im Kampf um die besten Claims und die günstigste Vermarktung der Nuggets abspielten, aber auch wie das mühsam gewonnene Gold mit vollen Händen ausgegeben wurde und was Scharlatane und Betrüger anstellten, sich billig in seinen Besitz zu bringen. Was sich in den Barackenstädten in Kalifornien sowie nach weiteren Funden bald in Alaska und anderen Regionen zutrug, war und ist ein beliebtes Thema in der Literatur und im Kino. Filmgeschichte machte Charly Chaplin 1925 mit seiner in Alaska spielenden Komödie „Goldrausch“.

Große Silbermengen in Münzen verwandelt

Blicken wir ins mittelalterliche Sachsen. Das bis nach Thüringen reichende Herrschaftsgebiet der Markgrafen und Kurfürsten hatte gegenüber anderen Regionen im Römisch-deutschen Reich den großen Vorteil, dass es im Erzgebirge mit bedeutenden Lagerstätten gesegnet war, deren Ausbeute sich profitabel in klingende Münze verwandeln ließ. Das machte die Landesherren zu reichen und einflussreichen Leuten, die mit anderen weltlichen beziehungsweise geistlichen Kurfürsten das Privileg hatten, den Kaiser wählen zu können. Die Mitglieder des Hauses Wettin konnten es sich erlauben, prächtige Burgen, Schlösser und Festungen zu bauen, exquisite Juwelen-, Gemälde- und Skulpturensammlungen anzulegen und ein Heer von Höflingen und Mätressen zu unterhalten, aber auch kostspielige Kriege zu führen. Ihre Soldaten mussten auf deutschen und europäischen Schlachtfeldern zu ihrem Ruhm kämpfen, und viele ließen dabei ihr Leben. Ein regelrechtes „Berggeschrei“ gab es im 13. Jahrhundert im Erzgebirge. Bergleute, Glücksritter und Händler kamen in das damals noch recht unwirtliche Gebiet mit reichem Baumbestand. Die Siedler erhielten von den Markgrafen und später den Kurfürsten von Sachsen Bergnutzungsrechte und wurden mit Privilegien bedacht. Dafür mussten sie ihnen den zehnten Teil ihrer Ausbeute entrichten. Historiker haben für die Jahre 1361 und 1363 für das Freiberger Zentralrevier eine durchschnittliche Silbermenge von 3,6 beziehungsweise 2,45 Tonnen errechnet, von der ein großer Teil in klingende Münze verwandelt wurde. Die meisten Geldstücke existieren nicht mehr, aber zur Freude der Händler und Sammler blieben manche erhalten.

Klappmützentaler in 300 Varianten

Ziemlich bald nach der „Erfindung“ des Guldengroschen durch den Tiroler Erzherzog Sigmund den Münzreichen begann Kurfürst Friedrich III. von Sachsen, genannt der Weise, die Prägung von Großsilbermünzen, die man später nach der böhmischen Bergstadt Sankt Joachimsthal Thaler oder Taler nannte.

Bei Sammlern sind die nach der Kopfbedeckung der beiden Wettiner auf der Rückseite als Klappmützentaler benannten Geldstücke sehr beliebt. Kaum einem Sammler wird es möglich sein, die undatierten Silberstücke mit Bildern des Kurfürsten und seiner Brüder zusammen zu bekommen. Mehr als 300 zwischen 1500 und 1525 geprägte Varianten wurden bisher gezählt und in dem Buch von Christian A. Kohl und Udo Becker „Sächsische Guldengroschen 1500–1525. Variantenkatalog der Klappmützentaler“, herausgegeben von Freiberger Münzfreunde e. V. (Freiberg 2020, 360 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 49,90 Euro) publiziert. Dass es von einem und demselben Münztyp so viele Versionen gibt, ist ein Beleg für den hohen Stempelverbrauch, denn die Werkzeuge nutzten sich ziemlich schnell ab und mussten immerzu neu geschnitten werden.

Dem ersten Berggeschrei folgten weitere spektakuläre Ereignisse dieser Art. Mit dem Anschwellen der Funde ging eine umfangreiche Bautätigkeit, aber auch eine sich stark entwickelnde Münzprägung einher. Die Silberfunde und die Herstellung von Geld machten die Kurfürsten und Könige von Sachsen groß und mächtig, so dass ihre Hofhaltung zu den glänzendsten im Römisch-deutschen Reich gezählt wurde. Neben Bergleuten lockten das Berggeschrei auch kapitalkräftige Kaufleute und Händler an, die durch den Silberbergbau reich wurden. Das kann man an großartigen Kirchen, Rathäusern und Bürgerbauten gut ablesen. Wer wissen möchte, was aus dem „Segen des Bergbaus“ gemacht wurde, ist in der Ausstellung des Dresdner Münzkabinetts im Hausmannsturm des Residenzschlosses an der richtigen Adresse. Dort sind neben hochkarätigen Objekten von der Antike bis zur Gegenwart auch zahlreiche aus erzgebirgischem Silber gefertigte Groschen und Taler sowie Medaillen ausgestellt.

28. September 2022

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