Um der guten Eintracht willen
Seit es Münzen gibt, haben sich die Völker um einheitliche Systeme bemüht und waren dabei durchaus erfolgreich (2)



Meisterwerke mittelalterlicher Stempelschneide- und Münzkunst sind die leichtgewichtigen, einseitig geprägten Brakteaten, die man vor 300 Jahren Blechmünzen nannte. Hier Gepräge des thüringischen Landgrafen Hermann sowie der Abteien Fulda und Hersfeld aus dem 12. Jahrhundert.



Der geistliche Kurfürsten von Mainz und seine Kollegen haben im 15. Jahrhundert ihre Goldgulden mit ähnlichem Design nach dem Regeln des Rheinischen Münzvereins prägen lassen.



Die vom Wendischen Münzverein geprägte Mark avancierte zum Vorbild der ab 1871 geprägten deutschen Reichswährung. Die Mitglieder des Wendischen Münzvereins gestalteten ihre Münzen - hier eine Lübecker Zweidrittelmark von 1502 - ähnlich, aber wer genau hinschaut sieht unterschiedliche Herkunftsangaben.



An einer Straße in Dossow (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) wurde bei der Verlegung eines Elektrokabels ein sensationeller Schatz entdeckt. Der Fund besteht aus einem Doppeldukaten, 15 Dukaten, 198 ganzen Talern, 19 halben Talern und einem lübischen Halbstück. Die Straße führt nach Mecklenburg und zur Ostseeküste.Ausgestelt ist der Fund im Archäologischen Museum Paulikloster in Brandenburg an der Havel.





Die Grafiken schildern, wie Münzen auf dem Klippwerk und der Spindelpresse geschlagen beziehungsweise wie die Ronden aus den auf der Walze hergestellten Zaine mit Hilfe einer Spindelpresse erzeugt werden.



Der Aufschwung des Münz- und Geldwesens in der frühen Neuzeit erforderte das beherzte Eingreifen der Obrigkeit. Sie ging mit Edikten und Münzordnungen gegen Wildwuchs und Betrug vor, manchmal auch mit der grausamen Exekution von Todesstrafen an Personen, die sich nicht an die Regeln hielten und durch betrügerische Verminderung von Schrot und Korn, also des Gesichts und Feingehalts der Münzen, Profit zu machen. Die von Kurbrandenburg, Kursachsen und den braunschweigischen Herzogtümern nach dem Zinnaer (1667) und dem Leipziger Münzfuß (1690) geprägten Gulden haben das gleiche Gewicht, sind aber unterschiedlich gestaltet. (Fotos/Repros: Caspar)

Absprachen und Münzverträge zwischen Fürsten und Städten konnten im Mittelalter nicht verhindern, dass die Geldproduktion als Einnahmequelle missbraucht wurde. Ungeachtet harter Strafandrohungen griffen leichte Münzen aus schlechtem Silber immer wieder um sich. Im täglichen Geldverkehr fielen die Mängel nicht sofort auf. Schlechtes Geld schadete auf Dauer der Wirtschaft und floss in Form von Steuern und Einnahmen in die Staatskassen zurück. Daher mühten sich einsichtige Leute um vertragliche Abmachungen, um dem Unheil zu begegnen. Solche Verträge sind aus den Niederlanden und Luxemburg, dem Bodenseegebiet, vom Oberrhein, aus der Gegend um Salzburg sowie aus Norddeutschland bekannt und umfassten das ganze Spektrum damals geprägter Gold- und Silbermünzen von bescheidenen Pfennigen über die Groschen bis zu den stolzen Goldgulden. In einem dieser Verträge beschlossen Johann von Luxemburg, zugleich König von Böhmen, und Graf Heinrich IV. von Bahr anno 1343, "Münzen gemeinsam zu fertigen". Zum gemeinsamen Wappen setzten sie den ausdrücklichen Zusatz, dass es sich um eine solche Vereinsmünze handelt.

Reichsadler als gemeinsames Zeichen

Große Bedeutung erlangte der nach einer kleinen Silbermünze benannte Rappenmünzenbund, in dem sich 1403 die Städte Basel, Breisach, Colmar, Freiburg und Thann zusammenschlossen, um dem "gemeinen Mann" solides Silbergeld für den täglichen Verkehr zur Verfügung zu stellen. Auch andere münzprägende "Stände" erkannten die Vorteile solcher Übereinkünfte. So einigten sich schwäbische Städte und die Grafen von Württemberg im frühen 15. Jahrhundert auf die Herstellung von Münzen nach gemeinschaftlich beschlossenem Standard in gemeinsam unterhaltenen Prägestätten. Um zu erkennen zu geben, dass es sich um eine "Vertragsmünze" handelt, legte ein rheinisches Bündnis fest, den Adler als des "Rychs Zeichen" auf die Rückseite der gemeinschaftlichen Geldstücke zu setzen. In den folgenden Jahrhunderten hat man unzählige Münzen mit dem meist doppelköpfigen Reichsadler, verbunden mit dem Namen und Titel des jeweiligen Kaisers, geschlagen und damit zu Zugehörigkeit zum Römisch-deutschen Reich bekundet.

Ziel aller Verträge war es, gemeinsames Geld für größere Wirtschaftsräume zu schaffen und damit schlechte Münze zu verdrängen. Eine der wichtigsten Münzvereinigungen war der Kurrheinische Münzverein, dessen Basis der von den geistlichen Kurfürsten von Trier, Mainz und Köln sowie dem weltlichen Kurfürsten von der Pfalz geprägte Goldgulden mit einem Gewicht von 3,54 Gramm war. Dass es sich um eine Gemeinschaftsmünze handelt, geht aus den Wappen hervor. Die Vorderseite zeigt Johannes den Täufer mit dem Schild eines Kurfürsten, die Rückseite hingegen die Wappen der drei anderen Partner. Der rheinische Goldgulden war so erfolgreich, dass man ihn ab 1438 überall umlaufen ließ, was zur Freude heutiger Sammler eine rege Münzprägung im Reich auslöste.

Ansehnliche, aber zerbrechliche Blechmünzen

Um die Ware-Geld-Beziehungen zu gewährleisten und auszubauen, entstanden in mittelalterlicher Zeit überall im Römisch-deutschen Reich Münzstätten, die nicht nur dem Kaiser und den Territorialfürsten, sondern auch Bistümern, Klöstern sowie Burgherren und Städten dienstbar waren, sofern sie das Münzrecht besaßen. Forscher haben etwa 400 solcher Schmieden gezählt. Die dort im 12. und 13. Jahrhundert geprägten Brakteaten aus Silber gehören zu den Meisterwerken der mittelalterlichen Stempelschneidekunst und Geldgeschichte. Bei den dünnen, leichtgewichtigen und zerbrechlichen Hohlpfennigen erscheint das erhabene Bild der Vorderseite vertieft auf der Rückseite. Der Name wurde vom Berufsstand der Goldschläger abgeleitet sein, die man lateinisch "Brakteator" oder "Bractearius" nannte.

Als sich in der Barockzeit die Numismatik als historische Wissenschaft etablierte und sich Forscher und Sammler für das frühe Geld ihrer Heimat zu interessieren begannen, nannte man die Geldstücke mit ihren prächtigen Porträt-, Reiter-, Tier- und Architekturdarstellungen, die manchmal so groß wie Taler oder Silbergulden waren, schlicht Blechmünzen. Brakteaten sind übrigens keine Erfindung des Mittelalters. Jahrhunderte davor waren so genannte Schmuckbrakteaten beliebt. Die dünnen Goldbleche, die entfernt an Münzen erinnern, wurden gern als Verzierung von Kleidungsstücken oder als Hals- und Armschmuck verwendet.

Mit dem Wendischen Münzverein und anderen Verträgen haben die norddeutschen Hansestädte über einen recht langen Zeitraum ihr Geldwesen geordnet. Bis ins 16. Jahrhundert war der gemeinsam geprägte Witten im Wert von vier Pfennigen die Leitwährung dieses Bundes, der sich 1506 darauf einigte, einen "Markpfennig" in der Art des Talers zu prägen. "Umme guder endracht willen", also um guter Eintracht willen, und zum Nutzen der Kaufmannschaft und der Handelsleute haben die Mitglieder des Münzvereins den silbernen Witten mit einheitlichem Feingehalt hergestellt. 176 dieser Münzen sollten aus der Lübischen Mark im Gewicht von 234 Gramm ausgebracht werden. Ein Witten sollte 1,394 Gramm und ein Pfennig, auch Viertelwitten genannt, 0,4532 Gramm wiegen.

Mark des Wendischen Münzvereins als Vorbild

Die vom Wendischen Münzverein geprägten Nominale sind von gleichem Standard und ähnlichem Aussehen. Gemeinsames Zeichen der Witten war ein sechsstrahliger Stern in der Mitte eines Kreuzes. Da die Silberstücke erfolgreich waren und überall kursierten und angenommen wurden, wurden sie von norddeutschen Städten nachgeahmt, die nicht dem Wendischen Münzverein angehörten. Die Vertragspartner hatten das Recht, die Münzen der jeweils anderen Vertragsteilnehmer zu prüfen. Die Ergebnisse wurden auf regelmäßig stattfindenden Probationstagen in Lübeck vorgelegt und bewertet. Wer bei Münzfälschung und Aufwechselei erwischt wurde, war des Todes. Hinrichtungen wegen Münzfälscherei sind in der Geschichte des Wendischen Münzvereins und darüber hinaus immer wieder nachzuweisen. Dessen ungeachtet ließen sich Münzmeister und ihre Knechte gelegentlich zu Unregelmäßigkeiten verleiten. Wenn sie nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden oder ihren Kopf verloren, büßten sie ihr Vermögen ein und wurden des Landes verwiesen. Nach und nach wurde der ehemals gute Standard der Witten herabgesetzt, und so sank dieses Silberstück im 16. Jahrhundert zu einer billigen Scheidemünze von geringem Ansehen herab.

Neben den Witten brachte der Wendische Münzverein die schweren Ein- und Zwei-Mark-Stücke heraus, dazu kam der Goldgulden, der nach gemeinsamem Standard mit dem Namen und Zeichen der jeweiligen Stadt geprägt wurde. Mit der Prägung von Doppelschillingen ab 1492 und Markstücken ab 1502 legten sich Hamburg, Lübeck, Lüneburg und Wismar ein einheitliches Münzdesign zu. Es zeigt auf der Vorderseite das Wappen einer dieser Städte und auf der anderen Seite die heraldischen Zeichen der drei anderen Städte. Ähnlich gestaltet sind die Markstücke, die ab 1502 von den vier Städten geprägt wurden. Als 1566 die Augsburger Reichsmünzordnung beschlossen wurde, gingen die im Wendischen Münzverein zusammengeschlossenen Städte zur Talerwährung über. Nachdem sich die Vereinigung überlebt hatte, löste sie sich 1569 auf. Als nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 über den Namen der neuen deutschen Reichswährung nachgedacht wurde, einigte man sich auf die Bezeichnung Mark in Anlehnung an die hohe Qualität des vom Wendischen Münzverein geprägten Markstücke.

Esslinger Münzordnung und die Folgen

Die von Kaiser Karl dem Großen im frühen 9. Jahrhundert initiierte Münzreform und spätere Mühen in dieser Richtung hatten nicht lange Bestand, schon bald brachten sich große und kleine geistliche und weltliche Fürsten in den Besitz des Münzrechts. Ab dem 13. Jahrhundert kamen Freie und Reichsstädte hinzu, die mit diesem einträglichen Privileg ausgestattet wurden. Das Durch- und Gegeneinander im Münz- und Geldwesen des Römisch-deutschen Reiches rief nach einer Reform. Nach manchen vergeblichen Anläufen einigte sich 1524 eine Kommission in Esslingen auf Verbesserungen, die als Esslinger Münzordnung in die Geschichte eingingen. Sie schrieb die Gleichwertigkeit des 1486 in Tirol kreierten Guldengroschen aus Silber mit dem Goldgulden fest. Die Münze erhielt später den Namen Taler nach den massenhaft im böhmischen Sankt Joachimsthal geprägten Joachimsthalern.

Die Steigerung der Ausbeute der Silberbergwerke etwa im Erzgebirge, im Harz und in anderen Regionen erlaubte die massenhafte Ausgabe von Talern und seinen Teilstücken. Nach und nach hat man diese Münzen auch als Mittel fürstlicher Propaganda und im Kampf um die Deutungshoheit auf religiösem Gebiet eingesetzt. In der Barockzeit hat man diese Münzen zur Freude der Sammler in dickleibigen "Talerkabinetten" erfasst und in numismatischen Zeitschriften gewürdigt.

Der silberne Reichsguldiner oder Taler sollte 29,93 Gramm wiegen, einen Feingehalt im Gewicht von 27,41 Gramm enthalten und 24 Groschen wert sein, womit die hochwertigen Meißner Groschen gemein waren. Festgelegt wurde die Prägung von ganzen und halben Talern sowie Vierteltalern (Ortstalern), Zehnern (1/10 Taler), Groschen, Halbgroschen und Gröschlein sowie von Pfennigen und Hellern. Grundlage aller Berechnungen war die Kölnische Mark. Es dauerte nicht lange, bis süddeutsche und weitere Länder analog zum Tiroler Guldengroschen eigene Münzen dieser Art prägten und damit die Ausbeute eigener Silbergruben in klingende Münze verwandelten. Die von den Grafen Schlick in der erzgebirgischen Bergstadt Sankt Joachimsthal (heute Jáchymov) in gewaltigen Stückzahlen hergestellten Joachimsthaler wurden Namensgeber des Talers und des Dollars.

Qualitätskontrolle auf Probationstagen

Wichtig war die Festlegung von 1524, dass die in zahllosen Münzstätten hergestellten Sorten auf Probationstagen auf ihre Qualität überprüft werden sollen. Die Münzmeister waren gehalten, Belegstücke in so genannte Fahrbüchsen zu legen und über sie Buch zu führen. Der Inhalt dieser versiegelten Behälter wurde vom Kreiswardein gesichtet und bewertet. Dabei hat man manchmal festgestellt, dass die Probestücke nicht den Vorschriften entsprachen, weshalb die ganze Partie verboten wurde. In extremen Fällen wurden die Münzschmieden geschlossen und die verantwortlichen Mitarbeiter vom Münzmeister abwärts zur Verantwortung gezogen. Sie wurden mit Geldbuße und Landesverweis belegt und/oder an Leib und Leben bestraft.

So gut alles ausgedacht war, so wenig haben sich viele Fürsten und Städte nach der Esslinger Münzordnung gerichtet. Da die auf süddeutschen Vorschlägen beruhenden Vorschriften zu wenig die Belange der norddeutschen Münzstände berücksichtigten, war ihr kein Erfolg beschieden, weshalb 1551 und 1559 in Augsburg zwei weitere Reichsmünzordnungen verhandelt und beschlossen wurden. Zwischen dem Esslinger Regelwerken und den neuen Beschlüssen lagen turbulente Jahrzehnte. Sie waren von der Lutherschen Reformation und den Religionskriegen, von blutigen Bauernunruhen und die Abwehr der nach Europa vordringenden Türken, aber auch durch einen Aufschwung von Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst geprägt. Die Augsburger Reichsmünzordnung von 1551 berücksichtigte, dass inzwischen unzählige verschiedenartige Kleinmünzen wie Kreuzer und Batzen im Umlauf waren, und bestimmte deren Wertverhältnisse. Jetzt sollte der Guldiner beziehungsweise Reichstaler 72 Kreuzer oder 18 Batzen gelten, und acht Stück sollten von dieser hochwertigen Silbermünze auf die kölnische Mark gehen, unterteilt in Halb- und Viertelstücke und weitere Werte.

Die Augsburger Münzordnung von 1551 fand keinen Anklang, weshalb an einer neuen gearbeitet wurde. Neu eingeführt wurde durch die Reichsmünzordnung von 1559 der Guldiner oder Guldentaler 60 Kreuzern, doch wurden weiterhin die höherwertigen Reichstaler und ihre Teilstücke im täglichen Geldverkehr verwendet. Im Bereich des Münzgoldes hat man den alten Goldgulden durch den Dukaten ersetzt. Während verschieden bewertete Großsilbermünzen hergestellt wurden, gab es bei den Kleinmünzen ein heilloses Durcheinander, denn bei ihnen ließ sich am meisten Profit machen. Da sich aber der gute alte Taler nicht so ohne weiteres durch eine leichtere und billigere Version, den Guldentaler, verdrängen ließ, wurde er 1566 durch einen Zusatz zur Augsburger Münzordnung 1551 wieder zugelassen. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit gab es hier wie auch anderswo eine tiefe Kluft, und so wurden die Bestimmungen dieses und anderer Bestimmungen missachtet und verwässert, so dass immer wieder neue Regelungen nötig wurden.

3. Februar 2022

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"