Heilkunde im Spiegel von Medaillen
Für das Thema „Medicina in nummis“ hält der Münzhandel interessante Angebote bereit



Als Amulette und Mutmacher waren im 16. Jahrhundert geprägte Pesttaler mit Szenen von der Kreuzigung und Auferstehung Christi beliebt.





Den mansfeldischen Spruchtalern mit de Aufschrift „Bei Gott ist Rat und Tat“ und den Medaillen aus Kremnitz, die den Drachentöter mit einem Schiff im aufgewühlten Meer kombinieren, in dem Christus beruhigend auf seine Jünger einwirkt und „Sicherheit im Sturm“ verheißt, wurden wundersame Kräfte nachgesagt.



Preußens König Friedrich Wilhelm III. belohnte um 1800 mit dieser Medaille Menschen, die sich für die Kuhpockenimpfung einsetzen und damit der Seuche Einhalt geboten.



Münzen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland von 1975 zu Ehren von Albert Schweitzer, Robert Koch und Max von Pettenkofer könnten am Anfang einer Sammlung zum Thema „Medicina in nummis“ stehen.



Krankenhäuser und Kliniken auf Münzen und Medaillen wie hier die 1710 gegründete Charité in Berlin auf eine Zehnmarkstücke der DDR von 1986, gehören in ein Gebiet, das sich mit Medizin und Gesundheitsvorsorge befasst.



In das Sammelgebiet gehört auch alles, was mit Lebensrettung zu tun hat, so auch diese ovale DDR-Medaille aus Silber, die laut den Buchstaben MB auf der Rückseite unten im VEB Münze Berlin hergestellt wurde. (Foto/Repros: Caspar)

Seit uralten Zeiten erfreuen sich Mediziner großer Wertschätzung, einige werden sogar als christliche Heilige oder als „Götter in Weiß“ verehrt. Wer sich Münzen und Medaillen zu medizinischen Themen verschrieben hat, beackert ein „weites Feld“, um mit Theodor Fontane zu sprechen, der von Hause aus Apotheker war. Bereits im 18. Jahrhundert waren die Heilkunde und Vertreter dieses Faches Thema von Münzen und Medaillen. Doch erst im 19. Jahrhundert avancierte dieses Sujet zu einem beliebten Sammel- und Forschungsgegenstand. Zahlreiche Publikationen beschäftigen sich mit dem umfangreichen Gebiet „Medicina in nummis“.

Sammlern dürfte der Katalog der Sammlung des Triester Augenarztes Josef Brettauer (1835-1905) bekannt sein, den 1937 der Wiener Numismatiker Eduard Holzmair unter dem Titel „Medicina in nummis“ veröffentlicht hat. Wer das illustrierte Buch und weitere Grundlagenwerke dieser Art besitzt, kann sich glücklich schätzen. In großen Bibliotheken und Münzkabinetten dürften sie zum Studium bereit liegen. Das Thema umfasst Münzen und Medaillen, die anlässlich von Geburtstagen, Jubiläen und zum Tod von bedeutenden Ärzten und Pharmakologen geschaffen wurden. Eingeschlossen sind Prägungen, die mit Porträts, Gebäudesichten und Allegorien in Erinnerung halten, was mit Medizin, Krankenpflege, Gesundheitspolitik, Rettungswesen, bedeutenden Entdeckungen auf medizinischem Gebiet, Heilpflanzen und dem Kampf gegen Hunger und Seuchen zu tun hat, um die Bandbreite anzudeuten.

Sicherheit im Sturm

Zur Abwehr von Pest und Cholera hat man vor Jahrhunderten spezielle Amulette am Körper getragen oder an der Kleidung befestigt. Sie haben wenig geholfen, denn Viren und Bakterien rafften ihnen zum Trotz unzählige Menschen dahin. Im Umlauf waren Prägestücke, die die Gläubigen zu gottesfürchtiger Lebensweise mahnen und damit gegen todbringende Krankheiten „fest“ machen. Die oft mit Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament geschmückten Stücke kommen gelegentlich vergoldet und mit einem Henkel oder einem Schmuckrand versehen vor. Die große Zahl der Stempelvarianten deutet darauf hin, dass die Pestmedaillen oder Pesttaler beliebt und weit verbreitet waren. Sie sind in dem Werk von Ludwig Pfeiffer und Carl Ruland „Pestilentia in nummis“ (Tübingen 1882) und in anderen Büchern publiziert. Man findet manche Stücke in Auktionskatalogen und Verkaufslisten des Münzhandels.

In zahlreichen Abwandlungen und sogar Ausführungen aus Gold überliefert sind die Kremnitzer Georgs- und Schiffsmedaillen mit dem Motto „Sicherheit im Sturm“. Ihr Motiv bezieht sich auf ein Gleichnis im Markusevangelium 4,38-41, das in der Lutherbibel von 2017 so formuliert ist: „Und am Abend desselben Tages sprach er zu ihnen: Lasst uns ans andre Ufer fahren. Und sie ließen das Volk gehen und nahmen ihn mit, wie er im Boot war, und es waren noch andere Boote bei ihm. Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass das Boot schon voll wurde. Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen. Und sie weckten ihn auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir umkommen? Und er stand auf und bedrohte den Wind und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und der Wind legte sich und es ward eine große Stille. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so furchtsam? Habt ihr noch keinen Glauben? Und sie fürchteten sich sehr und sprachen untereinander: Wer ist der, dass ihm Wind und Meer gehorsam sind!“

Hygiene und Abstand angemahnt

Die seit der Erfindung der Buchdruckerkunst Mitte des 15. Jahrhunderts überall in Umlauf gesetzte Pestliteratur riet, sich vor Totengräbern, Leichenwäschern, Abdeckern, Henkern, Krüppeln, Zigeunern, Hexen und Juden fernzuhalten und alles Saufen, Ehebrechen und andere Todsünden zu unterlassen. Als bestes Mittel, der nach Hunger und Krieg zu den großen Plagen der Menschheit zählenden Pest zu entkommen, wurden Gottesfurcht, Reinlichkeit und Enthaltsamkeit sowie Flucht in entlegene Gebiete gepriesen. Der Ratschlag hatte zur Folge hatte, dass die Pest auch dort um sich griff. Erst im Laufe des 16. Jahrhunderts schwante einigen besonders hellsichtigen Medizinern, dass nicht giftige Winde und sündiges Leben Auslöser der Pest sind, sondern gewisse „Körperchen“, die die Seuche von Mensch zu Mensch übertragen.

In der Literatur werden Pestmünzen und -medaillen aus Berlin, Braunschweig, Breslau, Erfurt, Hamburg, Magdeburg, Regensburg und Wien erwähnt, doch müssen weitere Ausgaben hinzu gerechnet werden, denn Seuchen und mit ihnen verbundene Abwehrmaßnahmen einschließlich von Impfkampagnen waren ein großes Thema. Die Herstellung der Pesttaler mit Kreuzigungs- und Auferstehungsszenen war ein lukratives Geschäft, und eines der Zentren war die böhmische Bergstadt Sankt Joachimsthal, die wir als Geburtsort und Namensgeber des Joachimsthalers oder Talers kennen. Die kunstvoll gestalteten Prägungen zum Thema Pest zu bekommen, bedarf großer Mühe und Geduld, aber hier hilft der Münzhandel, der solche Stücke immer wieder im Angebot hat. Einfacher und preiswerter ist es, wenn man nach Münzen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland zu Ehren bedeutender Mediziner sowie nach Medaillen Ausschau hält, die an sie erinnern. Nach ihnen systematisch zu suchen, bringt auch medizinischen Laien viel Freude und neue Erkenntnisse.

6. Oktober 2022

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