Münzprägung früher und heute
Jahrbuch der Kölner Münzfreunde 2022 bietet interessanten Lesestoff und schildert historische Prägeverfahren





Das Glasfenster von 1624 zeigt, wie in der Münze zu Konstanz Geldstücke auf Spindelpressen hergestellt wurden. Die Geräte mit langen Kugelarmen wurden im frühen 19. Jahrhundert durch Kniehebelpressen abgelöst.





Welcher Geräte sich Stempelschneider bis heute bedienen, zeigt eine aus Madrid stammende Medaille von 1986, die gemeinsam mit den sächsischen Silbermedaillen von 1719 mit einem Cupido am Amboss und zwei weiteren Cupidi an der Spindelpresse zeigen. Die Medaillen passen gut in das Sammel und Forschungsgebiet „Numismatica in nummis“.





Tapfer hält der um 1166 in Bronze gegossene Löwe als Sinnbild Herzog Heinrichs des Löwen auf dem Burgplatz in Braunschweig Wache. Auf hohem Sockel steht ein Nachguss, das kostbare Original befindet sich im Museum Burg Dankwarderode. Georg Wilhelm Vestner kombinierte 1714 das Bildnis des aus Braunschweig-Lüneburg stammenden Königs Georg I., der nicht nur englischer König war, sondern sich auch noch mit dem Titel eines Königs von Frankreich schmückte, mit dem Sternbild des Löwen.





Preußens König Friedrich II. hatte ein Faible für Tabaksdosen aus Gold, die er bis oben mit Goldstücken gefüllt an Verwandte, auswärtige Potentaten und Günstlinge verschenkte, um sie an sich zu binden. Er achtete streng darauf, dass seine Rekruten Woche für Woche ihren Sold in Höhe von acht Groschen erhielten.



Diese 65 Mark waren in der Kaiserzeit der Wochenlohn von Handwerkern oder kleinen Beamten. Von Blauen Hundertern und Braunen Tausendern in den Geldbörsen von „denen da oben“ konnten sie nur träumen.



Wenn einer ganz wenigen probeweise in Zagreb geprägten Kreuzer von 1849 angeboten wird, ist ihm ein stolzer Preis sicher. Im Kölner Münzjahrbuch wird erläutert, was es mit der bescheidenen, historisch aber wichtigen Kupfermünze auf sich hat. (Fotos/Repros Caspar und aus dem besprochenen Jahrbuch)

Beim Anblick alter und neuer Münzen wird nicht selten die Frage gestellt, wie diese entstanden sind, welcher Geräte man sich bedient hat und wie die Geldproduktion heute vonstatten geht. Wir kennen Bilder aus alten Geldschmieden, wo sogenannten Münzohme in bunten Trachten am Amboss sitzen und mit dem Hammer auf den Oberstempel schlagen, den sie in der Hand halten. So entstehen zwischen Unter- und Oberstempel entstehen Taler, Gulden, Groschen und was sonst noch in den Geldbörsen unserer Vorfahren klapperte. Das Verfahren war langsam teuer und oft genug auch ungenau. Zudem konnte es passieren, dass sich die Münzarbeiter beim Schlagen mit dem Hammer oder Zuschneiden des Metalls mit Scheren verletzen konnten.

Es versteht sich, das versucht wurde, die Geldproduktion zu beschleunigen und sicher zu machen. Wie das ermöglicht wurde, schildert Henner M. Meding in der neuesten Ausgabe des Jahrbuchs der Kölner Münzfreunde, das von der Numismatischen Gesellschaft Kölner Münzfreunde von 1957 e. V. herausgegeben wurde. Es enthält 13 Aufsätzen auf 191 Seiten und behandelt Themen von der Antike bis zur Gegenwart und spiegelt die Breite und Vielfalt der Interessen in der in dem Kölner Münzverein versammelten Berufs- und Laienforscher wider (15 Euro, ISSN 2747-7541, Bezug: vorstand@muenzfreunde-koeln). Man kann dem Verein zu dieser gelungenen Ausgabe und den beiden davor nur gratulieren und Glück für weitere Folgen wünschen.

Heidnische Antike und frühes Christentums

Rainer Pudill beginnt die Aufsatzfolge mit der Darstellung des olympischen, für die Weissagung, die Heilkunde und die Künste „zuständigen“ Gottes Apollon auf antiken Münzen (Rainer Pudill), führt zu ihm gewidmeten Heiligtümern und zeigt Verbindungen des frühen Christentums zur „heidnischen Antike“ und speziell zu Apoll und anderen Göttern. In einem zweiten Beitrag stellt Pudill silberne Cistophoren des Kaisers Hadrian in seine Sammlung vor. Er sieht in ihnen ein interessantes und faszinierendes Sammelgebiet, und sie böten aufgrund neuer Funde und Erkenntnisse ausreichend Stoff für die numismatische und historische Forschung. Weiter geht es mit einer Betrachtung von Patrick Breternitz darüber, was mehr oder weniger zufällig erhaltene schriftliche Quellen und ebensolche Münzfunde uns zu sagen haben, wie sie in ihrer Bruchstückhaftigkeit zu werten sind und ob zufällig entdeckte Funde wirklich repräsentativ für das Bild sind, das wir uns von vergangenen Zeiten, Kulturen und Gesellschaften malen. Henner M. Meding befasst sich mit der Stempelherstellung durch Gravur, aber auch durch maschinelle Übertragung der Konturen eines größeren Modells auf einen Stahlstempel und erläutert die Methoden zur Härtung der Werkzeuge. In einem zweiten Beitrag geht der Autor, der uns durch eine Reihe von Publikationen zu diesem Thema bekannt ist, auf technologische Vorgängen in alten und neuen Münzanstalten ein und zeigt dort benutzte Geräte und Maschinen. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis macht mit wichtigen Veröffentlichungen zu diesem Thema bekannt und regt damit auch an, sich mit diesem Thema auseinander zu setzen.

Ein Beitrag von Andreas Henseler befasst sich sich mit der für Jülich-Kleve-Berg tätigen Münzstätte Rodenkirchen und speziell mit den ab 1572 geprägten Talern Wilhelms des Reichen und weiterer Herzöge. Helmut Wieting würdigt anschließend das in Köln florierende Handwerk der Waagen- und Gewichtemacher im 18. Jahrhundert, in dem nach damaligem Brauch Frauen nichts zu suchen hatten und dessen Existenzberechtigung durch den Siegeszug maschinell hergestellter Münzen mit stets gleichem Gewicht nach und nach verloren ging. Wie der braunschweig-lüneburgische Herzog Georg Ludwig 1714 englischer König Georg I. wurde, ist eine komplizierte Geschichte, in der dynastische Befindlichkeiten und schwierige Religionsprobleme eine wichtige Rolle spielten. Heinz Reutersberg schildert in seinem Beitrag das Ringen im ausgehenden 17. Jahrhundert um die englische Krone und was es mit dem Sternbild des Löwen auf einer von Georg Wilhelm Vestner anlässlich der Thronbesteigung Georgs I. geschaffenen Medaille auf sich hat. Es spielt auf die Herkunft des Monarchen aus dem welfischen Herrscherhaus und seinen bedeutendsten Vertreter, Heinrich der Löwen, an. Wir erfahren auch, dass Vestner in Anlehnung an einen Himmelsatlas den Planeten Uranus abbildet, der allerdings erst 1780 von dem aus Hannover stammenden Astronomen Wilhelm Herschel entdeckt wurde.

Löhne und Preise in Preußen

Weiter geht es mit einer Betrachtung zum Thema Löhne und Preise in Preußen im 18. und 19. Jahrhundert. Helmut Caspar zeigt darin, wie riesig die Schere zwischen „denen da oben“ und „denen da unten“ war und was von der Legende zu halten ist, nach der König Friedrich II., genannt der Große, ein sparsamer Landesvater war, dessen größte Sorge dem Wohl seiner Untertanen galt. Dass dieser Monarch das von seinen Untertanen sauer erarbeitete Geld mit vollen Händen ausgab, wenn Kriege zu führen und Schlösser zu bauen waren oder es um die Befriedigung privater Luxusgelüste ging, war in der borussischen Geschichtsschreibung lange tabu. Der Beitrag enthält einige Angaben über das Einkommen hoher Militärs und Staatsbeamter sowie die Hungerlöhne, mit denen Männer und Frauen auf der untersten Stufe der feudalen Gesellschaftspyramide abgespeist wurden.

Armin Müller befasst sich im Anschluss mit den Münzen, die 1848/49 in Ungarn und Kroatien geprägt wurden und zeigt, wie die damaligen Protagonisten auf Gedenkmünzen der ungarischen Republik gefeiert wurden. Der Beitrag macht auf fassliche Weise mit der jüngeren Geschichte beider Länder bekannt und hilft, deren spezifische Probleme besser zu verstehen. Interessant zu wissen ist, dass in beiden Ländern damals geprägte Münzen von den Siegern unter Führung von Kaiser Franz Joseph vernichtet wurden, um Erinnerungen an die blutigen Macht- und Freiheitskämpfe zu tilgen, ein Vorgang, den man auch in anderen Ländern und zu anderen Zeiten beobachten kann. Sicherheitshalber hat man die Prägestempel der Sammlung des Wiener Hauptmünzamtes überwiesen, so dass der Verfasser einige abbilden kann. In die Welt der sogenannten Pflegephaleristik führt Ferdinand Dahl. Er stellt Broschen und Anstecker mit Wickelkindern vor, die von Schwestern im Kinderkliniken getragen wurden und wohl auch werden. Zu sehen sind darauf in Tücher gewickelte Kinder, von denen man einige auch als Jesuskind deuten kann. Der Verfasser stellt einige Dienstbroschen vor und öffnet damit den Blick in ein wenig bekanntes, aber kulturgeschichtlich bedeutsames Sammelgebiet . Vielleicht regt er Beitrag Leser an, bei sich nach weiteren Exemplaren zu suchen und dem Verfasser darüber Mitteilung zu machen.

Kriminalfall mit gutem Ausgang

Das Jahrbuch schließt mit einem Kriminalfall mit gutem Ausgang. Hermann Twiehaus schildert, wie von ihm 1984 für eine Ausstellung in Duisburg entliehene Münzen aus Syrakus auf geheimnisvolle Weise aus einer unbeschädigten Vitrine verschwanden und wie diese ihm viele Jahre später mit der Frage vorgelegt wurden, ob sie echt sind. Der Verfasser erkannte sie an bestimmten Merkmalen als sein Eigentum und nahm sie gegen einen Finderlohn erfreut wieder in Empfang. Das Jahrbuch klingt mit einer Betrachtung von Alexander Rothkopf und Heinz Reutersberg über Münzen der vor wenigen Wochen mit verstorbenen Queen Elizabeth II., die speziell für die Britischen Inseln geprägt wurden und die helfen, deren Haushalt zu finanzieren. Da es sich um ein abgeschlossenes Sammelgebiet handelt, können wir uns auf weitere Beiträge dieser Art freuen.

5. Dezember 2022

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