Gewaltsame Landnahme
Bei Eroberungskriegen und Friedensschlüssen wurden die Völker nie um Zustimmung gefragt, sondern durch patriotische Sprüche und Medaillen getröstet
König Friedrich II. von Preußen und Kaiserin Maria Theresia waren in den Schlesischen Kriegen erbitterte Gegner, die einander übel beschimpften. Das 1851 enthüllte Reiterdenkmal Unter den Linden in Berlin und das Monument von 1888 auf dem Maria-Theresia-Platz vor dem Kunsthistorischen Museum in Wien ehren die bekanntesten Vertreter der Hohenzollern- und der Habsburgerdynastie.
Daniel Ulitsch und andere Medailleure hatten alle Hände voll zu tun, die Siege des preußischen Königs im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zu verherrlichen. Verlorene Schlachten hingegen und das endlose Leid der Völker waren uninteressant.
1986 und 2012 feierte die Bundesrepublik Deutschland Friedrichs 200. Todestag und 300. Geburtstag. Beide Jahrestage boten eine gut Gelegenheit, sein Leben und Leistungen kritisch zu hinterfragen.
Nach der Einvernahme der schlesischen Herzogtümer 1742 durfte sich Friedrich II. auf seinen Münzen Oberster Herzog von Schlesien nennen, hier zu sehen auf einer Goldmünze, die 1748 in Breslau geprägt wurde.
Die Medaille von Jacob Abraham auf die Huldigung in Marienburg 1772 nach der ersten Polnischen Teilung zeigt, wie eine Frau vor Friedrich II. eine Landkarte entrollt.
Die Huldigungsmünze genannte Medaille von 1802 behauptet, dass Friedrich Wilhelm III. den mit dem preußischen Staat "vereinigten" Gebieten in Mitteldeutschland Schutz und Wohlfahrt beschert.
Wer dem machtgierigen Kaiser der Franzosen widersprach, wurde kalt gestellt oder umgebracht. Wer ihm aber zum Munde redete und die Füße küsste, bekam Orden, Titel und Ländereien. Doch da er den Bogen überspannte und ihm das Kriegsglück nicht hold war, fiel er aus seiner Höhe mit seinem bloßen Hintern in die Nessel und musste nach den Befrei-ungskriegen seine letzten Jahre auf der fernen Insel Sankt Helena verbringen.
Nach der Reichseinigung von 1871 ergoss sich eine Flut mehr oder minder gut gestalteter Medaillen mit dem Bildnis von Kaiser Wilhelm I. und seinen fürstlichen Standesgenossen sowie verdienstvollen Militärs auf die Deutschen. Sie bilden ein eigenes, hochinteressantes Sammelgebiet, das noch lange nicht erforscht und katalogisiert ist. (Fotos/Repros: Caspar)
Um das Jahr 1800 wurde die europäische Landkarte neu geordnet. Königreiche und Fürstentümer verschwanden im Orkus der Geschichte, neue wurden geschaffen. Im Ergebnis der Koalitionskriege nach 1789 gegen das revolutionäre Frankreich konnten die Großmächte mit ihren Kriegen und Friedensschlüssen die Machtverhältnisse verschieben, bei denen hier Land und Untertanen gewonnen und dort verloren gingen. Selbstverständlich hat man nicht gefragt, ob die betroffenen Völker dem König von Preußen, dem russischen Zaren, dem Kaiser von Österreich, dem König von England und anderen Monarchen untertan sein wollen. Um ihnen den Übergang von einem Herrscher zum anderen schmackhaft zu machen, gab die damalige Propaganda patriotische Parolen aus, die die Eroberer als Friedensfürsten und Heilsbringer feiern. Medaillen haben die gewaltsame Landnahme, wie man die Okkupationen umschrieb, verherrlicht, wie Beispiele aus Preußen zeigen.
Das alles kommt uns bekannt vor, denn wenn wir auf den am 24. Februar 2022 vom Zaun gebrochenen Krieg des Wladimir Putin gegen die Ukraine schauen, ist unübersehbar, dass der Aggressor ein Großrussisches Reich in den Grenzen der früheren Sowjetunion wiederherstellen will, koste es was es wolle. Wenn sich der Allmachtfantasien erlegene russische Präsident mit der alten, schon 1917 ausrangierten Zarenfahne im Hintergrund zeigt, gegen den als "faschistisch" verunglimpften Nachbarstaat hetzt und seine Panzer und Flugzeuge losschickt, dann tut er das nur mit dem einen Ziel, die in Richtung westliche Demokratie tendierende Ukraine sturmreif zu schießen und ein moskauhöriges Marionettenregime zu installieren und sich die ganze Ukraine als so genannte Volksrepublik wie schon die abtrünnigen Provinzen Donezk und Lugansk untertan zu machen.
Uralte Erbansprüche auf Schlesien
Preußens König Friedrich II. kam aus einer Familie, an deren Spitze gelehrte Männer und Kunstfreunde, aber auch mehr oder weniger erfolgreiche Kriegsherren und manche finstere Despoten standen. Von seinem ganz aufs "Sparen und Plusmachen" versessenen Vater Friedrich Wilhelm I. übernahm er einen gut gefüllten Staatsschatz, eine im Großen und Ganzen funktionierende Beamtenschaft, ein reformierungsbedürftiges Justizwesen und eine gedrillte Armee, die er nach seiner Thronbesteigung am 31. Mai 1740 durch Anwerbungen und Zwangsrekrutierungen aufstocken ließ. Schon bald begann er einen Krieg um die zur österreichischen Krone gehörende Provinz Schlesien. Für den Überfall machte er uralte Erbansprüche auf die schlesischen Herzogtümer geltend, doch war es auch die Sucht des Achtundzwanzigjährigen, sich durch militärische Erfolge einen Namen zu machen und seinen Staat zu vergrößern, was ihm auch mehr Ansehen in der europäischen Fürstenfamilie verschafft hätte. "Der Stier muss Furchen ziehen, die Nachtigall singen, der Delphin schwimmen und ich - muss Krieg führen", gestand der König seinem Brieffreund Voltaire. "Ich fasste den Entschluss, die Fürstentümer Schlesiens in Anspruch zu nehmen, auf welche mein Haus sehr begründete Rechte hatte, und ich ergriff Maßregeln, um meine Ansprüche auf dem Wege der Waffen zu verfolgen. Das war ein unfehlbares Mittel, die Macht meines Hauses zu vermehren und Ruhm zu erwerben", schrieb der große König, wie man ihn auch nannte, 1775 in seinem Buch "Geschichte meiner Zeit". Bei der Kriegserklärung Ende 1740 an Österreich sei es auch darum gegangen, eines Tages als großer Feldherr in den Geschichtsbüchern erwähnt zu werden. "Rechnet man zu all diesen Beweggründen noch den Reiz eines zahlreichen und mobilen Heeres, die gute Ordnung der Finanzen, die großen Reichtümer, die den Schatz der Krone füllten und vielleicht die Begierde, mir einen Namen zu machen, so kennt man alle Gründe, die ich hatte, Maria Theresia, der Königin von Ungarn und Böhmen, den Krieg zu erklären". Da der 1740 verstorbene römisch-deutsche Kaiser Karl VI. keinen männlichen Erben hinterließ, gingen Böhmen und Ungarn und weitere Länder an seine Tochter Maria Theresia. Sie wurde 1745 durch Heirat mit Herzog Franz Stephan von Lothringen und dessen Wahl zum Kaiser Franz I. selber Kaiserin.
Tricksen, täuschen und "goldene Pillen"
Friedrich II. ergriff die Gelegenheit zum Losschlagen und befahl seinem Außenminister Heinrich Graf von Podewils, in alten Dokumenten Gründe für den Krieg gegen das Haus Habsburg um den Besitz der schlesischen Fürstentümer aufzuspüren und zu propagieren. Die Ansprüche waren an den Haaren herbeigezogen. Es ging um die Liegnitzer Erbverbrüderung von 1537, nach der die Fürstentümer Liegnitz, Wohlau und Brieg im Falle des Aussterbens des schlesischen Herzoghauses der Piasten an Brandenburg fallen sollten. Seine nach dem Tod des letzten Herzogs aus dieser Dynastie 1675 erhobenen Ansprüche konnte der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm nicht durchsetzen, erst sein Urenkel Friedrich II. machte sich an die Arbeit. "Die Rechtsfrage ist Sache der Minister, also die Ihrige; es ist Zeit, im Geheimen daran zu arbeiten, denn die Befehle an die Truppen sind gegeben", schrieb der König an seinen Außenminister Heinrich Graf von Podewils und forderte ihn auf, gutes Geld zur Vergoldung der "Pillen", das heißt zur Rechtfertigung des Einmarsches der preußischen Truppen, zu verwenden. "Wir müssen alle möglichen Mittel anwenden, um die Leute ungewiss und ihre sämtlichen Vermutungen haltlos zu machen. Ich hoffe, dass mein Mittel wesentlich dazu beitragen wird. Unterdessen arbeiten wir hier eifrig, und ist uns der Himmel nicht absolut feindlich, so haben wir das schönste Spiel von der Welt. [...] Ich gedenke meinen Schlag am 8. Dezember auszuführen und damit die kühnste, schnellste und größte Unternehmung zu beginnen, die jemals ein Fürst meines Hauses unternommen hat."
Die Aussicht, seinen Staat durch Erwerb der schlesischen Herzogtümer zu erweitern, war für Friedrich II. auch deshalb reizvoll, weil sie über eine gut entwickelte Wirtschaft und Landwirtschaft sowie reiche Bodenschätze verfügten. Dass die Bevölkerung fast nur aus Katholiken bestand, war für ihn kein Problem, denn er vertrat die Meinung, dass jeder nach seiner Fasson selig werden soll. Wir kennen den Lauf der Geschichte und wir wissen, dass Schlesien zwischen 1740 und 1763 verwüstet wurde, es gab bedeutende Menschenverluste. Am Ende stand der König von Preußen als ein von anderen Herrschern umworbener "Großer" dar. Die borussische Geschichtsschreibung sowie Dichter, Maler und Medailleure haben an seinem Mythos gearbeitet. Erst in unseren Tagen wird der Schleier vom Bild dieses Königs gezogen, und dabei kommen auch wenig anziehende Züge zum Vorschein.
Friedrich sieht sich als Glückskind
Seit uralten Zeiten war es üblich, die Übernahme neue Landesteile durch Erbschaft, Eroberung, Heirat und auf anderem Wege auf Münzen und Medaillen zu dokumentieren. Wer sie sammelt und systematisch analysiert, findet interessante Hinweise für solche Besitzveränderungen. Wir sehen auch, wie längst verlorene Ansprüche auf geprägtem Metall, aber auch in amtlichen Verlautbarungen kund getan wurden. Im Friedensvertrag von Breslau mit Österreich nach dem Ersten Schlesischen Krieg (1742) wurden Preußens schlesische Eroberungen bestätigt. So konnte Friedrich II. sein Territorium um ein Drittel vergrößern. Die Kriegskosten bezifferte er mit sieben bis acht Millionen Talern, und das sei billig gewesen. "Wäre die große Unternehmung misslungen, so hätte man den König einen leichtsinnigen Fürsten gescholten, der Dinge unternimmt, die seine Kräfte übersteigen. Da sie gelang, sah man ihn als Glückskind an", schrieb der Monarch, dem die schlesischen Stände nolens volens huldigten und sich damit ihre Privilegien sicherten.
Im Ergebnis der drei Schlesischen Kriege von 1740 bis 1742, 1744 und 1745 sowie 1757 bis 1763 ließ der König von Preußen in seiner Titulatur wichtige Ergänzungen vornehmen. Für die neue Provinz Schlesien wurden in den frühen 1740-er Jahren in Breslau Münzen geprägt, die nicht nur den brandenburgischen Kurfürstentitel erwähnen, sondern den König als S SIL D, das heißt SUPREMUS DUX SILESIAE oder obersten Herzog von Schlesien, bezeichnen. Die Angaben kommen auf den Provinzialprägungen aus Gold und Silber in verschiedenen Versionen mit unterschiedlichen Abkürzungen vor. Mit ihnen unterstrich der König, dass er der neue Herr über die dem Haus Habsburg mit Waffengewalt entrissenen Territorien ist. Er dokumentierte den Landzuwachs nicht nur auf Münzen, sondern tat das auch auf Medaillen, wohl wissend, dass diese für die Ewigkeit gemacht sind und seinen Ruhm in alle Welt tragen.
Polnische Teilungen und ihre Folgen
Bei der Eroberung der schlesischen Territorien ist es nicht geblieben, denn nach dem Tod des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Friedrich August II./August III. 1763 ging es nach und nach den Polen an den Kragen. Viermal wurde das Land zerstückelt - 1772, 1793, 1795 und 1939. Von den ersten drei Polnischen Teilungen profitierten Russland, Österreich und Preußen durch erheblichen Landgewinn, verbunden mit dem Zuwachs der Einwohnerzahl. Warschau wurde wenige Jahre preußisch und in eine Provinzstadt zurückgestuft. Die russische Zarin Katharina II., genannt die Große, setzte 1764 die Wahl ihres früheren Liebhabers, des polnischen Adligen Stanislaw August Poniatowski, zum neuen König von Polen durch. Sein vom Geist der Aufklärung geprägter Versuch, die Macht des polnischen Adels zugunsten der Krone einzuschränken, erregte das Misstrauen der Nachbarn, die einen aufgeklärten und selbstbewussten Monarchen in Warschau nicht dulden wollten. Russland, Österreich und Preußen setzten 1772 die erste Polnische Teilung durch, bei der dem Land etwa ein Drittel seines Territoriums geraubt wurde. Der Schock saß tief, konnte König Stanislaw August aber nicht abhalten, seine Reformpolitik fortzuführen, ein Kulturministerium einzusetzen, das erste in Europa, dem Land eine progressive Verfassung zu geben und Toleranz gegenüber Nicht-Katholiken zu verkünden.
Nach 1789 beobachteten Russland, Österreich und Preußen mit wachsender Unruhe, dass sich in Polen Reformer Gehör verschafften, die sich von Ideen aus dem revolutionären Frankreich inspirieren ließen. Des Jakobinertums verdächtigt, wurde König Stanislaw August 1793 erneut Land geraubt. Der Sejm schwieg dazu, was von den drei Mächten als Zustimmung gewertet wurde. Ein Aufstand unter Führung des Generals Tadeusz Kosciuszko 1794 gegen die Fremdherrschaft wurde von russischen und preußischen Truppen niedergeschlagen. Jetzt stand der dritten Teilung und damit der Auflösung der polnischen Monarchie nichts mehr im Weg. Stanislaw August musste 1795 abdanken, ging nach Sankt Petersburg ins Exil, wo er 1798 starb, und von Polen war nichts mehr zu sehen.
Hier Landgewinn und dort Landverlust
Wenig später gab es erneut bedeutende Veränderungen auf der europäischen Landkarte, und wie im Falle Schlesiens und Polens wurden auch hier die Völker nicht gefragt, ob sie sich dem einen oder anderen Regime unterstellen wollen. Sie mussten es nolens volens tun. Durch den Frieden von Campo Formio (1797) trat Österreich Belgien an Frankreich ab und erhielt Venedig, und es stimmte die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich zu, in dem ab 1799 der General und Erste Consul Napoleon Bonaparte, ab 1804 Kaiser Napoleon I., den Ton angab. Der Frieden von Lunéville (1801) bestätigte die in Campo Formio getroffenen Vereinbarungen und machte den Weg frei für die Abschaffung geistlicher und weltlicher Fürstentümer im obsolet gewordenen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Von der Karte verschwanden die geistlichen Territorien als souveräne Staaten, ausgenommen Mainz sowie die beiden geistlichen Ritterorden. Die nur dem Kaiser in Wien verpflichteten Reichsstädte verloren, von Hamburg, Lübeck, Bremen, Frankfurt am Main, Nürnberg und Augsburg abgesehen, ihre Selbständigkeit und wurden anderen Ländern eingegliedert.
Mit dem in Regensburg am 25. Februar 1802 unterzeichneten Reichsdeputationshauptschluss wurde diese Entwicklung ausdrücklich bestätigt, die eine wichtige Station auf dem beschwerlichen Weg zur Reichseinigung 70 Jahre später darstellt. Einer der Profiteure der Umschichtungen, wie man sagte, war Preußen, das sich für Verluste links des Rheins entschädigen ließ und rein flächenmäßig mehr gewann, als es eingebüßt hatte. König Friedrich Wilhelm III. konnte sich über den mit Frankreich vereinbarten Erwerb der Bistümer Hildesheim, Münster und Paderborn, der Abteien Elten, Essen, Herford, Quedlinburg und Werden, der ehemaligen Reichsstädte Goslar, Mühlhausen und Nordhausen, aber auch über das Eichsfeld und die bis dato zu Mainz gehörende Stadt Erfurt freuen. Der Gebietszuwachs kam ihm gelegen, wuchsen der preußischen Monarchie doch viele neue Untertanen und gut entwickelte, ressourcenreiche Territorien zu, die sogleich zur Bestreitung neuer Kriegskosten ausgebeutet wurden.
"Auch ihnen Schutz und Wohlfahrt"
Vor Ort dürfte der Besitzerwechsel wenig willkommen gewesen sein, musste man sich doch auf ungewohnte und wenig beliebte "preußische Tugenden" einstellen und sich in das Joch des friderizianischen Beamtentums begeben. Die Männer bekamen den Drill in der Armee zu spüren, und es blieben auch Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten nicht aus. Den neuen "Landeskindern" wurde lediglich per Dekret mitgeteilt, wer der neue Herr ist, und Medailleure hatten alle Hände voll zu tun, den Landerwerb in haltbarem Metall zu verewigen. So entstand eine Serie von Huldigungsmedaillen von 1802 und 1803 in unterschiedlicher Größe. Sie kombinieren das Brustbild Friedrich Wilhelms III. mit einer sitzenden oder stehenden Borussia, die entweder die Waage der Gerechtigkeit in der Hand hält oder an dem mit Insignien des Handels, Kriegs und der Landwirtschaft geschmückten Altar des Vaterlandes opfert. Die Inschrift "Auch ihnen Schutz und Wohlfahrt" verspricht mehr, als gehalten wurde, denn schon bald wurden die neuerworbenen Territorien wider Willen in militärische Auseinandersetzungen und wirtschaftliche Krisen gezogen. Eine von Abraham Abramson geschaffene Medaille verkündet "Erfurth mit dem Staate vereinigt 1803". Weitere Varianten nennen das Eichsfeld sowie die Städte Goslar, Hildesheim, Mühlhausen, Münster und Nordhausen als Neuzugänge.
Bestimmt für das Gefolge des Königs und örtliche Würdenträger, gaukeln die Huldigungsmedaillen Sicherheit und Prosperität des erheblich angewachsenen preußischen Staates vor. Dem war aber nicht so, denn am Horizont zogen dunkle Wolken auf. Am Hof in Berlin und Potsdam träumte man von einer "bestimmenden" Rolle Preußens im Konzert der europäischen Mächte. Die Nachfahren Friedrichs des Großen hofften, dass Preußen "Herzstück" einer kontinentalen Dreierallianz mit Russland und Frankreich wird. Friedrich Wilhelm III., ein eher friedlich gesonnener Mann, sah sich zunehmend in der Zwickmühle. Indem er sich auf die Seite des mit ihm und seiner Gemahlin Luise befreundeten Zaren Alexander I. schlug, blieben schwere Konflikte mit Frankreich, dessen Kaiser der erste Mann in Europa sein wollte und sich mit England, seinem Hauptfeind anlegte, nicht aus. Da er sich, wie heute Wladimir Putin, nur mit Jasagern und Profiteuren seines Regimes umgab, gab es auch keine Kräfte, die ihn auf diesem Weg ganz nach oben hätten stoppen können.
Reformen nach den Befreiungskriegen
Die weitere Entwicklung ist bekannt: Im Oktober 1806 erlebte Preußen eine schwere Niederlage bei Jena und Auerstedt und den Einzug Napoleons I. in Berlin, wo auch die gegen England gerichtete Kontinentalsperre dekretiert wurde. Friedrich Wilhelm III. flohen nach Memel, an die preußisch-russische Grenze. 1807 wurden in Tilsit Preußen von Napoleon erdrückende Friedensbedingungen diktiert. Der König verlor die Hälfte seiner Untertanen und seines Territoriums, rang sich aber auf Betreiben weitsichtiger Politiker und Militärs zu Reformen durch, aus denen der Hohenzollernstaat nach den Siegen in den Befreiungskriegen 1813 bis 1815 gestärkt als europäische Großmacht hervor ging, was natürlich zur Prägung weiterer Medaillen führte. Allerdings kehrte in Preußen und anderen Ländern nicht der Geist der Freiheit und Toleranz ein, denn die Mächtigen taten alles, um demokratische Regungen im Keim zu unterdrücken. Das nun anbrechende Industriezeitalter schuf neue, ungekannte Möglichkeiten für die Wirtschaft, hatte aber auch schwere soziale Verwerfungen zur Folge, die in den Revolutionen von 1830 und 1848/49 nicht zur Zufriedenheit der unterdrückten und ausgebeuteten Volksmassen gelöst wurden.
Im Ergebnis der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 und des Wiener Kongresses 1814 und 1815 musste König Friedrich August I. von Sachsen, der als treuer Vasall bis zur Niederlage in der Völkerschlacht bei Leipzig vom 16. bis 18. Oktober 1813 an der Seite des französischen Kaisers Napoleon I. kämpfe und mit ihm verlor, bedeutende Landesteile an Preußen abtreten. Preußen, der schwarzweiße Storch, hätte am liebsten den grünen Elbfrosch geschluckt, beschrieb der Dresdner Maler Wilhelm von Kügelgen das Begehren Friedrich Wilhelms III., sich Sachsen ganz und gar einzuverleiben. Doch wurde er von seinen eigenen Verbündeten an der Einverleibung des ungeliebten Nachbarn gehindert, denn sie befürchteten ein allzu großes Erstarken Preußens. Der von den Preußen gefangen genommene und im Schloss Friedrichsfelde zeitweilig internierte Sachsenkönig sah sich genötigt, die Verschleppung ins russische Zwangsexil vor Augen, beträchtlichen Abtretungen an Preußen zuzustimmen. So fügten sich die neuen Untertanen Friedrich Wilhelms III. als so genannte Beutepreußen zähneknirschend in ihr unvermeidliches Schicksal.
Preußen annektierte 1866 kurzerhand im Ergebnis des Deutschen Krieges von 1866 Königreich Hannover sowie Kurhessen, das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt am Main. Verschont von Gebietsabtretungen blieben hingegen Sachsen, Bayern und einige andere Kriegsverlierer, die allerdings Kontributionen an den Sieger zahlen mussten. Den Plan König Wilhelms I., von Böhmen aus weiter nach Wien zu marschieren und Kaiser Franz Joseph zu demütigen, wusste Otto von Bismarck, damals noch preußischer Ministerpräsident, zu verhindern, weil er voraussah, dass eines Tages österreichische Hilfe irgendwann in einem Krieg gegen Frankreich gebraucht wird. Der preußische König Wilhelm I. ließ sich am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles nur widerwillig und auf Bismarcks Drängen zum Deutschen Kaiser ausrufen. Damit war formal die elende Zersplitterung in Deutschland beendet, aber sie war nicht verschwunden, denn die Fürsten hatten in ihren Territorien weiterhin das Sagen, wurden aber von den Parlamenten daran gehindert, ihre Macht wie hundert Jahre zuvor "absolut" und ohne irgendwelche Einschränkungen auszuüben.
Die Okkupation von Hannover war für Wilhelm I. und Bismarck wichtig, weil damit eine feste und militärisch abgesicherte Landverbindung zum preußisch verwalteten Rheinland hergestellt wurde. Wilhelm I. habe auf der Vergrößerung Preußens bestanden, schrieb Bismarck später in seinem berühmten Buch "Gedanken und Erinnerungen", "um die Kluft zwischen den Ost- und Westprovinzen auszufüllen und Preußen ein haltbar abgerundetes Gebiet auch für den Fall des frühern oder spätern Misslingens der nationalen Neubildung zu schaffen." Hannovers König Georg V. ging ins österreichische Exil und starb dort 1878. Sein Vermögen in Höhe von umgerechnet 48 Millionen Mark wurde beschlagnahmt und in den so genannten Reptilienfonds umgewandelt, aus dessen Erträgen Bismarck "welfische Umtriebe" gegen Preußen bekämpfte, denn natürlich wehrten sich viele Hannoveraner, sich ähnlich wie andere Beutepreußen, sich der in Berlin angeordneten Zucht und Ordnung auszuliefern.
27. Februar 2022
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