Nicht alles stimmt, was über Münzen erzählt wird (1)
Seltsame Namen und Bilder regten schon immer die Fantasie der Menschen an und führten zur Legendenbildung



Die Silbercrown mit der Büste von Oliver Cromwell wurde 1658 in London mit einer feinen Linie am Hals geprägt.



Der luxuriös in Saus und Braus lebende Preußenkönig Friedrich I. und seine korrupte Klientel versprachen sich von dem Goldmacher Cajetano Berge von Dukaten und Talern. Als der betrügerische Adept aufflog, endete er 1709 am Galgen. Die Inschrift auf der Rückseite der vom Gothaer Stempelschneider Christian Wermuth geschaffenen Medaille ergibt, wie seine Gaukeleien, keinen Sinn.



Was es mit dem Schmetterlingstaler mit dem Monogramm AR für König August auf sich hat, wird seit 300 Jahren diskutiert.



Die 1702 massenhaft geprägten „Roten Seufzer“ richteten viel Kummer und großen wirtschaftlichen Schaden an.



Von den Preußen im besetzten Sachsen geprägte 18 Gröscher dienten der Finanzierung des Siebenjährigen Krieges, als Ephraimiten gingen sie unrühmlich in die Geschichte ein.





In der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Museumsinsel kann man einen von Friedrich II. abgelehnten „Nachtopftaler“ betrachten. Da der Papageientaler von 1788 seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II. und seiner Regierung missfiel, wurde er nicht ausgegeben. Es existieren nur ganz wenige Exemplare, und eines wird ebenfalls im Bode-Museum mit weiteren Raritäten gezeigt.



Mit seinem 1781 ohne Genehmigung geprägten so genannten Hoym-Taler tat sich der Breslauer Münzdirektor Lessing keinen Gefallen.



Geradezu inflationär wurde die aus Kanonenmetall bestehende Centenarmedaille von 1897 zur Erinnerung an „Wilhelm den Großen“ unter das Volk geworfen. (Fotos/Repros: Caspar)

Um manche Münzen und Medaillen drehen sich Legenden, über die Sammler nicht immer Bescheid wissen. Unsere zweiteilige Folge erzählt, was es mit solchen Prägestücken auf sich hat und welche Geschichten mit ihnen verbunden sind. Unsere Auswahl ist recht subjektiv. Bei einigem Suchen lassen sich weitere Beispiele dafür finden, was alles geprägtem Metall angedichtet wurde und wird und welche Missgeschicke und Missverständnisse sowie verkaufsfördernde Interpretationen mit ihm verbunden sind.

In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts folgte in England eine Staatskrise auf die andere. König Karl I. machte sich auf vielfältige Weise bei seinen Untertanen verhasst. Nicht nur dass er die Katholiken im Land begünstigte und die Puritaner massiv unterdrückte. Er versuchte auch mit allen Mitteln, das Parlament auszuschalten und ein absolutistisches Regime nach französischem Vorbild aufzurichten. Dagegen wehrten sich seine Untertanen, viele wanderten in die englischen Kolonien im fernen Amerika aus, andere schlossen sich zum aktiven Widerstand zusammen. Zur Unzufriedenheit gab es allen Grund, denn der König regierte jahrelang ohne Parlament.

König verlor seinen Kopf

Radikale Kräfte unter den Abgeordneten ließen sich das nicht gefallen, und so tobte von 1642 bis 1646 in England der Bürgerkrieg. In ihm stand sich die Mehrheit des Adels mit dem König an der Spitze der von den Handelsstädten, allen voran London, unterstützten Parlamentspartei gegenüber. Aus dem handfesten Machtkampf gingen der König und seine Anhänger als Verlierer hervor. Ein Prozess gegen Karl I. endete mit dem Schuldspruch und seiner Hinrichtung Anfang 1649. Neuer starker Mann im nunmehr republikanischen England war der 1599 geborene Landedelmann Oliver Cromwell. Der überzeugte Puritaner und Parlamentarier war der Organisator des militärischen Widerstandes gegen die Königsherrschaft und Führer bei der Niederschlagung royalistischer Aufstände. 1653 legte er sich den Titel Lordprotektor von England, Schottland und Irland zu. Bis zu seinem Tod im Jahre 1658 setzte er wichtige Reformen zur Reorganisation der Innen- und Außenwirtschaft durch und führte mit den Niederlanden einen Seekrieg um die Vormachtstellung auf den Meeren. In dieser Zeit entwickelt sich England zur führenden protestantischen Macht in Europa.

Nach dem Sturz der Monarchie legte sich das republikanische Regime neue heraldische Zeichen zu, die Krone und die Insignien des Hosenbandordens hatten ausgedient. Statt der lateinischen Inschrift liest man auf den Unite genannten Goldstücken Inschriften in der Landessprache. THE COMMONWEALTH OF ENGLAND gibt sich als Herausgeber der schmucklos gestalteten Münze zu erkennen. Lorbeerzweige sind um den mit einem Kreuz geschmückten Schild des Heiligen Georg gelegt. Das gleiche Zeichen des Landespatrons, kombiniert mit der irischen Harfe, ist auf der Rückseite abgebildet. Neben dieser Goldmünze wurden kleinere Werte in ähnlich puritanischer Gestaltung geprägt. Doch gab es auch Ausnahmen, etwa die talerförmigen Silbercrowns mit Cromwells Bildnis aus dem Jahre 1658. Sie präsentieren den Lordprotektor wie einen König mit dem damals obligatorischen Lorbeerkranz als Zeichen des Sieges über seine Feinde im Haar. Bei einigen Stücken erkennt man feine Linien an Cromwells Hals. Sie stammen von Rissen im Münzstempel, wurden von Zeitgenossen aber als Hinweis für die 1660 erfolgte posthume Hinrichtung des Politikers gedeutet. Die 1658 geprägten „Cromwelltaler“ und andere Münzen aus republikanischer Zeit wurden eingesammelt und vernichtet. Was erhalten blieb, avancierte wegen des spektakulären Hintergrunds zu begehrten Sammlerstücken. Ähnlich erging es Münzen des kaiserlichen Feldherrn Albrecht von Wallenstein, der einige Jahre in Mecklenburg als Herzog regierte und nach seiner Entmachtung und Ermordung im Jahr 1634 der schon in der Antike ausgesprochenen „Damnatio memoriae“ verfiel, der Auslöschung seines Gedächtnisses.

Nicht wenige Goldmacher endeten, nachdem sie als Betrüger entlarvt waren, am Galgen. Dieses schmähliche Schicksal erlitt 1685 ein Alchemist, der sich als Baron Christian Wilhelm von Krohnemann ausgegeben und in das Vertrauen des Markgrafen Christian Ernst von Bayreuth eingeschlichen hatte. Der mit den Hohenzollern in Brandenburg-Preußen verwandte Gebieter über das winzige Fürstentum war ebenso wundergläubig wie geldgierig wie viele seiner hochadligen Standesgenossen. Er fiel auf die Masche des Barons herein, der sich vor seiner steilen Karriere am Hof zu Bayreuth bereits in Wien als eine Art Wunderdoktor betätigt hatte, wo der Kaiser den Jüngern vom „Stein der Weisen“ gern sein Ohr lieh.

Krohnemann bat sich vom Markgrafen Tiegel und Tinkturen aus und ließ sich in Frauenaurach bei Erlangen ein Labor einrichten. Der neue Vertraute des Markgrafen wurde mit einträglichen Ämtern und wohlklingenden Titeln begnadet, wie man damals sagte, und lebte als Münz- und Bergwerksdirektor, Geheimrat, Oberpräsident und Generalkommandant auf großem Fuß, bis der Schwindel aufflog. Die blanken Taler und blitzenden Dukaten, die er mit vollen Händen ausgab, entstammten natürlich nicht seiner Zauberküche, sondern der markgräflichen Schatulle. Wie hätte das begehrte Edelmetall denn auch auf künstlichem Wege hergestellt werden sollen, wo dies heute nur mit immensem technischem Aufwand in Atomreaktoren durch Umwandlung eines Elements in ein anderes auf überaus kompliziertem Wege möglich ist und immense Kosten verursacht.

Hochstapler endete am Galgen

Am Beginn des 18. Jahrhunderts ging der erste preußische König Friedrich I. dem Goldmacher Domenico Manuel Cajetano auf den Leim. Nachdem der Hochstapler dem Monarchen viel Geld als Vorschuss aus der Tasche gezogen, aber kein Gramm künstliches Gold erzeugt hatte, wurde er 1709 nach kurzem Prozess in Küstrin aufgeknüpft. Der Fall erregte großes Aufsehen, es wurde sogar eine Medaille geprägt, über die die „Berlinischen Merck- und Denckwürdigkeiten IXte Sammlung“ berichteten. Cajetano habe sich als Graf aus einem berühmten italienischen Geschlecht ausgegeben, dabei sei er nur „eines gemeinen Bürgers Sohn“ aus Neapel gewesen, heißt es da. Nachdem er sich an den kaiserlichen sowie bayerischen, pfälzischen und anderen Höfen mit seiner betrügerischen Wissenschaft „berüchtigt“ gemacht habe, sei er nach Berlin gegangen. Der von hohen Schulden gedrückte, aber auf großem Fuß lebende Preußenkönig setzt alle seine Hoffnungen auf den Adepten und glaubte seinen Versprechungen. Er habe dem königlichen Hof „ein gut Stück Gold angelockt“, heißt es in der Zeitung von 1709 weiter, von welchem er solange herrlich lebte, bis sich die Gelegenheit zur heimlichen Flucht ergab. Man habe ihn aber in Frankfurt am Main verhaftet und „gefänglich“ nach Küstrin gebracht und vor Gericht gestellt. „Da gieng über ihn das gerechte Urtheil, daß er an einem mit güldenen Lahn oder Zündel beschlagenen Balcken, und einem gleichmäßigen Romanischen Habit, ihm zur wohl verdienten Strafe, andern zum Abscheu und Exempel öffentlich sollte aufgehangen werden, wie denn auch solches geschehen, ob er gleich versprochen, daß er Gold machen wolte und zwar in Berlin oder Spandow“, womit die Festung Spandau gemeint war, deren Zitadelle auch als Staatsgefängnis genutzt wurde. Der Bericht endet mit einer Warnung in lateinischer Sprache und deutscher Übersetzung: „Armuht, Kranckheit und Gestanck, Rauch und Kält zuletzt der Strick, / Zehlet in der Alchymie der Betrüger List und Tück.“ König Friedrich I. ließ auf Flugblättern die Nachrichten über die Hinrichtung des Betrügers an einem mit Flittergold behangenen Galgen zur allgemeinen Abschreckung und Warnung überall im Römisch-deutschen Reich verbreiten.

Coselgulden und Schmetterlingstaler

Ende des 17. Jahrhunderts und im frühen 18. Jahrhundert gelangen deutsche Fürsten spektakuläre „Standeserhöhungen“. Drei Kurfürsten erreichten königliche Würden, und auch andere Potentaten schmückten sich mit neuen Titeln. Der erst 26jährige Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, den man wegen seiner Kraft und Körpergröße „August den Starken“ nannte, ließ sich 1697 von polnischen Magnaten zum König von Polen wählen. Zwischen Sachsen und Polen bestanden enge Beziehungen, doch eines trennte sie total: Polen war katholisch, Kursachsen protestantisch. Für den Sachsen war der Glaubenswechsel kein Problem, mochten sich seine „Landeskinder“ noch so sehr über den Verrat echauffieren.

August der Starke war ein Barockherrscher, wie er im Buche stand. Viel Freude hatte er an seiner polnischen Königskrone nicht, die ihm mehrmals streitig gemacht wurde. Sein Traum scheiterte, durch die Verheiratung seines Sohnes Friedrich August (II.) 1719 mit der Kaisertochter Josepha eines Tages die römisch-deutsche Kaiserkrone erwerben zu können. Erfolgreicher war August als Liebhaber schöner Frauen, Kunstsammler, Bauherr und Mäzen. Zahlreiche Medaillen erzählen von den Taten des „Hercules saxonicus“, manche wurden von ihm selbst entworfen. Die so genannten Coseldukaten und Coselgulden waren nicht darunter. Nach der Legende sollen sie sich auf die erotischen Beziehungen des Herrschers zu seiner Mätresse Anna Constantia Reichsgräfin von Cosel, geborene von Brockdorff, beziehen. In Wahrheit sind die Coseldukaten keine wirklichen Goldmünzen, sondern Spielmarken aus Gold oder Silber. Sie nehmen satirisch aufs Korn, dass ein Mann, der, wenn ihn der Pfeil des Liebesgottes Amor trifft, jede Vorsicht und Vernunft fahren lässt und eines Tages als Geschlagener und Verlierer vom Feld ziehen könnte.

Die schöne Gräfin verscherzte es sich mit dem Kurfürsten und König, als sie von ihm ein schriftliches Heiratsversprechen verlangte, wenn eines Tages seine Gemahlin Christiane Eberhardine stirbt. Da aber die Verwirklichung einer solchen Zusage in der europäischen Fürstenriege ein Ding der Unmöglichkeit war, ließ August der Starke seine Finger von der macht- und standesbewussten Dame und schickte sie nach einem misslungenen Fluchtversuch nach Berlin auf die Burg Stolpen ins Gefängnis, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahre 1765 unter Hausarrest stand. Nachdem ihr früherer Liebhaber 1733 gestorben war, lehnte sie es ab, die Burg zu verlassen, in der sie ein recht komfortables Leben führte. Die einzige Genugtuung für sie war, dass August der Starke für das standesgemäße Fortkommen der drei gemeinsamen Kinder sorgte.

Auch die sächsisch-polnischen Schmetterlingsmünzen geben manche Rätsel auf. Ob sie wirkliches Geld waren oder nur Spielmünzen in unterschiedlichen Größen bleibt dahin gestellt. Neben ganzen Talern zu 32 Groschen mit der Darstellung eines Schmetterlings sowie dem königlichen Monogramm AR (Augustus Rex) gibt es Ausgaben zu 16, acht, vier und einem Groschen. Der Schmetterling wird als Roter Apollo gedeutet, der eine Flügelspannweite bis acht Zentimeter besitzt. Warum ein solches Insekt auf Münzen dargestellt wurde, ist nicht ganz klar. Angeblich soll mit ihm August der Starke gemeint gewesen sein, den man mit dem antiken Gott Apoll verglich. Da Schmetterlinge als Symbole des ewigen Lebens galten, mögen die Münzen den Wunsch ausgedrückt haben, dass der zu ihrer Entstehungszeit zwischen 1707 und 1709 in militärische und politische Bedrängnis geratene Herrscher Unsterblichkeit erlangt, was dann tatsächlich eintrat. Denn während man von seinen Vorgängern und Nachfolgern kaum etwas weiß, ist August der Starke bis heute unvergessen.

Weißes Gold statt Taler und Dukaten

Hinter manchen Münzen verbergen sich interessante Geschichten. Im Falle des unter der Regentschaft Augusts des Starken geprägten Beichlingenschen Ordenstalers von 1702 kam es sogar zu Verdächtigungen im Zusammenhang mit den so genannten Roten Seufzern und Anklagen gegen einen engen Vertrauten des Herrschers wegen Amtsanmaßung. Benannt nach Wolf Dietrich Graf von Beichlingen, dem zeitweilig allmächtigen Großkanzler, gibt es diese Münzen in drei Versionen. Die erste zeigt auf der Vorderseite den gekrönten Monarchen, während auf der Rückseite das sächsisch-polnische Wappen auf einem Andreaskreuz liegt. Unter dem gekrönten Wappen erkennt man einen kleinen Elefanten als Zeichen des 1462 gestifteten und 1693 erneuerten dänischen Elefantenordens, zu dessen Rittern August der Starke gehörte. Der zweite Ordenstaler verzichtet auf das königliche Bildnis, denn hier umschlingt das Ordensband mit anhängendem Elefanten das Andreaskreuz, während das Doppelwappen Augusts des Starken von der Ordenskette mit einem Elefanten ganz unten umschlungen wird. Die dritte Version wurde Gegenstand einer politischen Affäre. Während die Rückseite das sächsisch-polnische Wappen unter der Königskrone präsentiert, sind auf der Vorderseite die gekrönten Initialen des Herrschers „A II“ (Augustus II.) um ein Kreuz gelegt, aus dessen Ecken Strahlen hervorgehen.

Dieser Stern trug dem Grafen von Beichlingen den Vorwurf ein, er habe nicht den Stern des Elefantenordens abbilden lassen, sondern den des Danebrogordens, dessen Ritter Beichlingen war. Der Beschuldigte wies alle Vorwürfe zurück, doch August hatte einen Sündenbock gefunden und ließ ihn von 1703 bis 1709 Jahre auf der Festung Königstein schmoren. Hier saß auch der aus Preußen nach Sachsen geflohene Apotheker und Goldmacher Johann Friedrich Böttger ein, der August dem Starken zwar kein Edelmetall einbrachte, ihm aber durch das „weißes Gold“ genannte und in Meißen produzierte Porzellan viele tausend Taler und Dukaten in die Kasse spülte.

Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) betrieb der preußische König Friedrich II., der Große, im besetzten Sachsen Falschmünzerei großen Ausmaßes durch Prägung minderwertiger Geldstücke mit dem Bildnis seines Kriegsgegners, Friedrich August II., Kurfürst von Sachsen und König von Polen. Mit dem Gewinn wurden die preußischen Feldzüge finanziert. Für die Herstellung der Münzen wurden erbeutete beziehungsweise nachgeschnittene Stempel verwendet. Zurückdatierte Jahreszahlen spiegelten vor, als würden die Geldstücke aus der Vorkriegszeit stammen, seien also guthaltige Friedensmünzen. Nach dem Münzpächter, dem Berliner Unternehmer Veitel Heine Ephraim, hat man die Machwerke Ephraimiten genannt. Nach ihm ist das als Museum genutzte Ephraimpalais an der Poststraße im Berliner Zentrum benannt.

Von außen schön, von innen schlimm

Schon vor dem Beginn des Siebenjährigen Krieges hatte der preußische König polnische Achtzehngröscher, so genannte Tympfe, nachprägen lassen. Durch Verpachtung der Münze zu Königsberg im Jahr 1751 an die Berliner Juden Moses und Abraham Fränkel versprach sich der König hohe Gewinne. Doch als sie ausblieben, überließ er 1755 sämtliche preußischen Münzstätten einem anderem jüdischen Konsortium, dem auch Ephraim angehörte. Da der König einen sehr hohen Münzgewinn, auch Schlagschatz genannt, forderte und die Pächter der Geldfabriken auch etwas verdienen wollten, hat man den inneren Gehalt der Münzen durch Streckung der Silberlegierung verschlechtert. Ausgangsmaterial für die Ephraimiten waren englische Silberlieferungen, aber auch die in den königlich-preußischen Schlössern angesammelten Edelmetallschätze.

In den von preußischen Truppen besetzten Münzstätten Dresden und Leipzig wurden Millionen minderwertige Geldstücke geschlagen. Bei ihnen war die Schere zwischen dem Nominalwert und dem inneren Gehalt enorm. Bereits nach vier Monaten Ephraimscher Prägetätigkeit in Leipzig konnte an die Kriegskasse in Berlin ein Gewinn von 200 000 Reichstalern abgeliefert werden. Da die Prägung in Leipzig und in Dresden längere Zeit stattfand, kamen bedeutende Summen zustande. Das Volk erkannte den Schwindel an der rötlichen Färbung der minderwertigen Silberstücke und reimte: „Von außen schön / von innen schlimm. / Von außen Friedrich, / von innen Ephraim“. Wobei mit Friedrich nicht der preußische König gemeint war, sondern der ihm besonders verhasste Friedrich August II. von Sachsen, als König von Polen August III. genannt.

Experten haben errechnet, dass allein in Dresden minderwertige Münzen im Wert von über acht Millionen Talern hergestellt wurden. Davon kamen 2,4 Millionen Taler an die preußische Kriegskasse. Vergleichsweise üppig floss auch der Schlagschatz aus der Leipziger Münzanstalt nach Berlin. Seinem „Münzjuden“ Ephraim, der ja wesentlich zu Preußens erfolgreicher Kriegsführung beigetragen hatte, dankte Friedrich der Große übrigens wenig. Nach einer Anekdote soll er angesichts der Pracht des Ephraimpalais, nur wenige hundert Meter vom Schloss entfernt, gesagt haben, „dass es für den Besitzer in diesem Gebäude nichts zu wünschen übrig lasse, als einen Galgen, denn Ephraim habe ihn (den König) ganz abscheulich betrogen“. Der aufgebrachte Monarch soll Ephraim wegen des angeblich zu „kostbar“ geratenen Palais bestraft haben, indem er ihm eine Hypothek von 40 000 Talern zugunsten des Potsdamer Militärwaisenhauses auferlegte.

Ärger mit unschicklicher Geburtstagsmünze

Aus der preußischen Münzgeschichte ist überliefert, König Friedrich II., der Große, habe beim Anblick eines Berliner Talers aus dem Jahr 1755 bemängelt, die Krone auf seinem Kopf sehe aus wie ein „Pot de chambre“, also wie ein Nachttopf, das gekrönte Brustbild komme ihm „zu steif“ vor. Deshalb wurde diese Silbermünze bis auf drei Stück eingeschmolzen und avancierte damit zu einer der seltensten und teuersten preußischen Gepräge des 18. Jahrhunderts. Nach Friedrichs Tod wurden 1787 für Sammler noch einmal 16 Exemplare von den Originalstempeln nachgeprägt. Im Unterschied zu den Originalen mit einem Laubrand besitzen sie einen Kerbrand. Sollten die Nachprägungen von damals im Handel angeboten werden, ist ihnen ein hoher Preis sicher.

Ärger bekamen 1781 der Breslauer Münzdirektor Lessing sowie die Münzunternehmer Daniel Itzig und Hirsch Simon, als sie ihrem Gönner, dem schlesischen Provinzialminister Graf Karl Georg Heinrich von Hoym, ein numismatisches Geburtstagsgeschenk machten. Sie ließen in Rückseitenstempel für goldene Friedrichs’ dor, silberne Reichstaler und Dreikreuzerstücke D. 20. AUGUST als Datum des Geburtstags ihres Vorgesetzten eingravieren. Als die Eigenmächtigkeit der Generalmünzdirektion in Berlin bekannt wurde, setzte es einen amtlichen Rüffel. Den Initiatoren des numismatischen Unfugs wurde befohlen, die auf Vorrat geprägten Stücke mit dem Münzzeichen B für Breslau sofort zu vernichten. Lessing entschuldigte sich und behauptete, gutgläubig gehandelt zu haben, denn er sei der Meinung gewesen, alles gehe seinen geordneten Gang. In der Hoffnung, dass der Vorfall nichts Nachteiliges für ihn bewirkt, versprach der Münzdirektor Besserung. Mühsam wurden die „unschicklichen Prägungen“ eingesammelt, dennoch gelangten einige Exemplare in Sammlerhände. Bei Auktionen erzielen sie, wenn sie echt sind, hohe Preise.

Da Münzstempelschneider auch nur Menschen sind, ist ihnen nicht jede Gravur gelungen. Ein unter Friedrich Wilhelm II., dem Neffen und Nachfolger des Großen Friedrich, geprägter Taler von 1788 wurde kritisiert, weil der preußische Adler in einem Oval wie ein Papagei auf der Stange dargestellt ist. Flugs erhielt die Münze den Spottnamen Papageientaler. Auch er ist eine Rarität der Extraklasse und kommt kaum im Handel vor. Bei der Versteigerung der Sammlung Killisch von Horn im Jahre 1904 erzielte die Rarität die damalige Riesensumme von 1725 Mark. Mit 1775 Mark lag der Preis, der bei der gleichen Auktion für einen Hoym-Taler gezahlt werden musste, noch etwas höher. Zum Vergleich kosteten Fehrbelliner Siegestaler des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm durchschnittlich unter 100 Mark und Dukaten des ersten Preußenkönigs Friedrich I. zwischen 20 und 30 Mark. Mit 1025 Mark rangierten die sehr seltenen brandenburgischen Taler von 1521 an der Spitze der Skala.

Von Sammlern wird preußischer Taler mit dem Greisenantlitz Friedrichs des Großen von 1786 als Sterbemünze bezeichnet. Das mit dem Münzzeichen A versehene Silberstück trägt die Jahreszahl 1786, dazwischen steht der Münzbuchstabe A, links und rechts kommen Punkte dazu. Da der König von Preußen am 17. August 1786 starb, wurde die Angabe 17. A. 86 fälschlicherweise als „versteckte“ Angabe seines Todestages interpretiert, weshalb diese Ausgabe begehrter ist als gewöhnliche Münzen. Während es keinen „offiziellen“ Sterbetaler mit dem Bildnis des Alten Fritzen gibt, haben Stempelschneider unzählige Medaillen herausgebracht, die dem König von Preußen bescheinigen, als einer der ganz Großen der Menschheitsgeschichte in den Olymp einzuziehen.

Als König Friedrich Wilhelm IV. 1840 den preußischen Thron bestieg, hatte das Land eine umfassende Neuformierung seines Geld- und Münzwesens hinter sich. Angesichts enorm gestiegenen Geldbedarfs wurde die Münzproduktion nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 stark vorangetrieben. Dass der auch „Romantiker auf dem Thron“ genannte Hohenzoller gegen Ende seines Lebens aufgrund der Folgen eines Schlaganfalls die Regentschaft nicht mehr ausüben konnte und sein Bruder Wilhelm (I.) als „Prinz von Preußen“ die Geschicke des Landes bestimmte, lässt sich allerdings weder auf Münzen noch auf Medaillen ablesen. Nachdem der kinderlos gebliebene Friedrich Wilhelm IV. am 2. Januar 1861 in Potsdam gestorben und in der Friedenskirche bestattet worden war, ließ sein Bruder und Nachfolger Taler mit seinem Kopf und der Jahreszahl 1861 prägen.

Diese Münzen sind als Sterbetaler jedoch nicht zu erkennen. Man findet keinen Hinweis auf das Todesdatum und auch keine rühmende Inschrift. Die Anregung für diese absichtsvoll in einer ganz normalen Jahreszahl versteckten Ehrung ging von König (ab 1871 Kaiser) Wilhelm I. aus, der seinen Bruder nur indirekt ehrte. Insgesamt wurden zehntausend Taler mit der von 1860 in 1861 veränderten Jahreszahl hergestellt. Dass es mit diesem „Sterbetaler“ eine besondere Bewandtnis hatte, fanden pfiffige Münzensammler bald heraus. Da sie einen stattlichen Aufpreis zahlten, wurden auch Fälscher aktiv. Durch Manipulationen an der Jahreszahl fabrizierten sie, sehr zum Ärger der Sammler, aus einer Münze von 1860 die Ausgabe 1861 und werteten damit normale Kursmünzen auf.

Jubiläumsmedaille für Hinz und Kunz

Gut gemeint ist nicht immer gut, das lehrt auch die Geschichte des so genannten Apfelsinenordens. Mit Staatsakten, Paraden, Denkmalweihen, Büchern, Bildern und Medaillen wurde am 22. März 1897 im Deutschen Reich der einhundertste Geburtstag des preußischen Königs und deutschen Kaisers Wilhelm I. gefeiert. Sein Enkel Wilhelm II. legte größten Wert auf ehrenvolles Gedenken an „Wilhelm den Großen“. Wilhelm II. ließ eine Erinnerungsmedaille aus erbeuteter Kanonenbronze mit dem nach rechts gewandten Brustbild des greisen Kaisers auf der Vorderseite sowie den Insignien seiner in Versailles am 18. Januar 1871 erworbenen neuen Würde prägen. Wilhelm II. hatte die Ehrung des 1888 verstorbenen Monarchen zur Chefsache gemacht. Die von ihm gestiftete sogenannte Centenar- oder Jahrhundertmedaille erhielt wegen der orangenen Farbe des Bandes, an dem sie hing, den Spitznamen Apfelsinenorden. Die Kaiser-Wilhelm-Erinnerungsmedaille, so ihr offizieller Name, wurde nach einem Modell des am Berliner Hof geschätzten Bildhauers Walter Schott in der gewaltigen Auflage von rund 1,23 Millionen Exemplaren von der Berliner Medaillenmünze Otto Oertel geprägt. Eine Rechnung von 1900 nennt Kosten von mehr als 561 000 Mark, von denen rund 550 000 Mark aus dem Allerhöchsten Dispositionsfonds des Kaisers bezahlt wurden.

Die inflationsartige Ausstreuung der auf der linken Brust zu tragenden Medaille quer durch das Land war nicht jedermanns Sache. Über die großzügige Verleihung an Hinz und Kunz, wie man auch sagte, gab es kritische Bemerkungen. So wurde gefragt, welchen Wert denn andere Auszeichnungen haben sollen, wenn neben ihnen die massenhaft verausgabte Auszeichnung aus billigem Material getragen wird. Für ihre Verleihung musste man keine besonderen Verdienste vorweisen, es reichte bereits die Teilnahme an den Jubiläumsfeierlichkeiten von 1897 oder auch deren polizeiliche Absicherung. Selbst Klavierlehrerinnen preußischer Prinzen oder Darstellerinnen in der dem kaiserlichen Jubilar gewidmeten „dramatischen Legende Willehalm“ bekamen das runde Metall. Otto Oertel hatte Probleme mit dem Kanonenmetall, das vom Kriegsministerium zur Verfügung gestellt wurde. Da die „Bronce von eroberten Geschützen“ nicht prägefähig sei, verlangte die Medaillenfabrik eine andere Zusammensetzung der Legierung. So konnten die Kosten von bisher 1 Mark und 6 2/5 Pfennigen pro Stück auf 50 bis 56 Pfennige gedrückt werden. Der Apfelsinenorden ist ein interessanter Belegt für monarchische Propaganda. Genau 21 Jahre später verschwand das deutsche Kaisertum und die Fürstenherrlichkeit im Orkus der Geschichte.

18. Dezember 2022

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