Frankfurter Fürstentag war Schlag ins Wasser
Preußens König Wilhelm I. blieb 1863 dem Treffen fern und brüskierte Österreich Kaiser Franz Joseph





Aus der Frühzeit der Frankfurter Münzgeschichte stammt die mit einem Kreuz und dem einköpfigen Stadtadler geschmückte Turnose aus Silber im Wert von etwa einem Groschen. Münzen und Medaillen anlässlich der Kaiserwahlen und Krönungen in Frankfurt am Main sind ein eigenes, sehr reizvolles Sammelgebiet.





Der Taler von 1863 zeigt den Frankfurter Römer als Tagungsort des Fürstentags. Nach der Kriegszerstörung wurde das Wahrzeichen, das zugleich Sitz des Stadtoberhaupts ist, außen originalgetreu wieder aufgebaut. Die dahinter befindlichen Gebäudeteile entsprechen modernen Standards.



Die einhundertsten Geburtstage von Johann Wolfgang von Goethe und von Friedrich Schiller waren 1849 und 1859 für Frankfurt die Herausgabe eines Doppelgulden beziehungsweise eines Gedenktalers wert.



Der in voraus eilendem Gehorsam geprägte Doppelgulden von 1849 nennt König Friedrich Wilhelm IV. Kaiser der Deutschen, doch da dieses Würde brüsk ablehnte, weil er sie nur von den deutschen Fürsten annehmen wollte, war die Emission obsolet. Die wenigen Originale werden gesucht und sehr gut bezahlt.



Zur Dreihundertjahrfeier des Augsburgischen Religionsfriedens wurde 1855 ein Doppelgulden geprägt.



Auf ihre Münzen und Medaillen zeigte sich Frankfurt von seiner schönsten Seite. Vor dem Panorama und der aufgehenden Sonne schaukeln Schiffe auf dem Main. Die undatierte Zwittermünze im Wert von einem Doppeltaler erzielt wegen ihrer Seltenheit Liebhaberpreise.







Der legendenumwobene Love-Dollar von 1860 und weitere Geldstücke wurden in der 1840 eröffneten Münzstätte von Frankfurt am Main in großen Stückzahlen geprägt. (Fotos: Caspar)

Die Münzen der Freien und Reichsstadt Frankfurt am Main gehören zu den am besten erforschten numismatischen Gebieten innerhalb der deutschen Münz- und Geldgeschichte. Das Buch von Paul Joseph und Eduard Fellner "Die Münzen von Frankfurt am Main nebst einer münzgeschichtlichen Einleitung und mehreren Anhängen" erschien 1896 und wurde später nachgedruckt. Bis heute ist es Sammlern und Forschern als Referenz- und Zitierwerk bestens bekannt. Wenn wird die auch im Katalog von Helmut Kahnt (siehe Seite 209) aufgeführten Frankfurter Münzen betrachten, so finden wir bei ihnen manche Abweichungen von der Regel wie Abschläge aus Gold, Kupfer, Messing und Zinn sowie Probemünzen, die aus unterschiedlichsten Gründen nicht zur Ausgabe gelangten.

Vom späten 12. Jahrhundert bis zur Einverleibung der Stadt in den preußischen Staat nach dem Deutsch-österreichischen Krieg von 1866 wurden in der Mainmetropole unzählige Geldstücke geprägt - Groschen und Goldgulden, Taler und Dukaten, Pfennige, Kreuzer und viele andere Werte geprägt, gut erkennbar am gekrönten Adler mit einem Kopf. Zu den Frühjahrs- und Herbstmessen kamen zahlreiche Händler und Kaufleute in die Stadt am Main, die mit der Zeit zu einem bedeutenden Banken- und Wechselplatz und Kulturstandort avancierte und heute als Sitz großer Geldhäuser das monetäre Zentrum unseres Landes darstellt. Von hier aus steuert die Europäische Zentralbank die Währungspolitik im Euroland.

Bismarck hatte "harte Zusammenstöße"

Für Otto von Bismarck, den preußischen Ministerpräsidenten und an 1871 deutschen Reichskanzler, gab es manche Gründe, Frankfurt am Main, neben Berlin und Wien quasi die dritte Hauptstadt des Deutschen Bundes, zu grollen. Hier als preußischer Gesandter beim Deutschen Bund tätig, hatte er wenig erfreuliche Begegnungen mit Abgeordneten der 1848/49 in der Paulskirche tagenden Nationalversammlung sowie mit Personen, die Preußen feindlich gesonnen waren. Er erinnerte sich ungern auch an österreichische Diplomaten, mit denen er "harte Zusammenstöße" hatte. Als 1863 in Frankfurt am Main ein Fürstentag abgehalten wurde, in dem es um die Reformierung des Deutschen Bundes, die Folgen der Revolution von 1848/9, den Umgang mit Parlamentarismus und Liberalismus und die Frage ging, ob in dem losen Verband deutscher Fürsten und Freier Städte Österreich oder Preußen den Ton angeben sollen, veranlasste Bismarck nur mit Mühe und der Drohung, seinen Posten aufgeben zu wollen, den preußischen König Wilhelm I., dieser proösterreichischen und damit antipreußischen Versammlung fernzubleiben. Die von König Johann von Sachsen überbrachte Einladung in die Stadt am Main wurde abschlägig beschieden.

Unbeeindruckt von den Querelen ließ die Stadt Frankfurt einen Gedenktaler prägen, auf dem der österreichische Kaiser Franz Joseph in einer Kalesche vor dem Römer vorfährt, in dem bis zum Ende des Römisch-deutschen Reiches 1806 die Kaiserwahlen stattgefunden hatten. Auch diesen Affront mag Bismarck im Sinn gehabt haben, als es 1866 im Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich und ihren jeweiligen Verbündeten auch für Frankfurt am Main um Sein oder Nichtsein ging. Ungeachtet vieler schöner Reden und Bilder war der Fürstentag von 1863 ein Schlag ins Wasser und verschärfte die Spannungen im Deutschen Bund, dem Zusammenschluss zahlreicher Fürstentümer und Freier Städte.

Freche Forderungen der Besatzer

Drei Jahre später war Krieg. Wie Hannover, Kurhessen, Nassau, Sachsen, Bayern, Baden und Württemberg hatte sich die Frankfurt am Main im so genannten Deutschen Krieg von 1866 auf die falsche, die österreichische Seite geschlagen. Zwar verhielt sich die Mainmetropole in dem Waffengang neutral, doch das wurde in Berlin als antipreußischer Akt ausgelegt. Während Bismarck nach dem von Preußen gewonnenen Krieg gegenüber Sachsen, Bayern, Baden und Württemberg Vorsicht walten ließ, weil er sie als künftige Verbündete in einem möglichen Kampf gegen Österreich beziehungsweise Frankreich oder gegen beide Länder zusammen brauchte, rechneten er und König Wilhelm I. mit Hannover, Kurhessen und Nassau sowie Frankfurt gnadenlos ab und annektierten diese Territorien.

Am 18. Juni 1866 besetzt, sollte Frankfurt innerhalb eines Tages 25 Millionen Gulden Kriegskontributionen an Preußen zahlen. Die Stadt war dazu nicht bereit und in der Lage. Bürgermeister Carl Constanz Victor Fellner, der lange für die Finanzen der Stadt und daher auch für die Münzprägung zuständig war, war kein grundsätzlicher Gegner eines friedlichen Anschlusses an Preußen. Seine Vermittlungsversuche zwischen der Stadt und den als Eroberer dreist auftretenden Preußen scheiterten. Unerbittlich verlangten sie die Entschädigungen, die Fellner bereit war zu zahlen, um der Stadt eine Beschießung zu ersparen. Doch ersuchte er die Besatzern um Fristverlängerung und Gewährung von Raten.

Dieses Ansinnen aber wurde ihm von den Besatzern als Insubordination ausgelegt. Zwischen der eigenen Bevölkerung und der preußischen Übermacht stehend, hielt Fellner offenbar dem Druck nicht stand und erhängte sich am 24. Juli 1866, seinem 59. Geburtstag. Obwohl die Preußen den Selbstmord geheim zu halten versuchten, ging die Nachricht wie ein Lauffeuer durch die Stadt und steigerte noch die Empörung der Einwohner. Als Fellner zwei Tage später auf preußische Weisung in aller Herrgottsfrühe auf dem Frankfurter Hauptfriedhof bestattet wurde, gaben ihm über sechstausend Bürger das letzte Geleit. Bei der Trauerfeier überreichte Fellners Schwager, Apellationsgerichtsrat Kugler, dem neuen preußischen Landrat demonstrativ den Strick, mit dem sich Fellner erhängt hatte, und statt der geforderten Namensliste ein leeres Blatt.

Ehrung für zwei große Dichter

Frankfurt am Main nutzte bis zur Annektion 1866 durch Preußen sein aus dem Mittelalter stammendes Münzrecht, um seine Sonderstellung im Deutschen Bund und Tagungsort der Nationalversammlung durch silberne Gedenkmünzen und Kursmünzen zu betonen. Dass die Stadt 1849 und 1859 die Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller mit Gedenkdoppelgulden ehrte, war ungewöhnlich und verdient besonders hervor gehoben zu werden, denn die anderen Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes konnten sich zu dieser Geste nicht aufraffen. Die vielen Medaillen, die zum einhundertsten Geburtstag beider Künstler geprägt wurden, erreichten nicht so viele Menschen, wie es nur Münzen vermochten. Dass Frankfurt 1849, unter den schwierigen Verhältnissen der Revolution und des demokratischen Aufbruchs, seinem großen Sohn Goethe einen Doppelgulden widmete, ist nicht verwunderlich, denn man war am Main sehr stolz auf ihn und widmete ihm ein prächtiges Denkmal. Zehn Jahre später hatten sich die Verhältnisse konsolidiert, und da mochte man in der Handelsmetropole und Buchstadt auf eine Ehrung des in Marbach geborenen Schwaben Friedrich von Schiller nicht verzichten.

Hervorzuheben ist ein Frankfurter Gedenkdoppelgulden von 1855 auf die Dreihundertjahrfeier des Augsburgischen Religionsfriedens. Dieser war am 25. September 1555 auf dem Reichstag in Augsburg zwischen Ferdinand I. in Vertretung des nach Spanien in eine Art inneres Exil gegangenen Kaisers Karl V. und den Reichsständen geschlossen worden. Das Dokument enthielt außer der Verkündung de allgemeinen, leider wenig haltbaren Landfriedens auch eine religionspolitische Kompromissformel, mit der Streitigkeiten zwischen den Katholiken und Protestanten beendet wurden. Nach ihr bestimmte der Regent eines Landes, welche Glaubensgrundsätze und Riten, die katholischen oder protestantischen, bei ihnen vorherrschen sollen. Die Formel "Cuius regio, eius religio" wurde im Westfälischen Frieden von 1648, mit dem der Dreißigjährige Krieg beendet wurde, ausdrücklich bestätigt.

Legenden um den Love-Dollar Um manche Frankfurter Münzen ranken sich merkwürdige Geschichten, so die Legende um den so genannten Love Dollar. Damit sind jene Doppeltaler gemeint, die die Freie Stadt Mitte des 19. Jahrhundert mit ihrer Symbolfigur, der Francofurtia, prägen ließ. Münzfreunde in den USA sahen in der schönen Frau eine Geliebte des Bankiers Rothschild und wollten die mit einer angeblichen Liebesgeschichte verbundenen Münzen unbedingt haben. Zu begehrten Sammelstücken avanciert, haben Geschäftemacher die Silberstücke aufgekauft und profitabel vertrieben. Das auch von dem damals bekannten und wegen seiner antisemitischen Äußerungen berüchtigten Historiker Heinrich von Treitschke kolportierte Gerücht, die Dame auf der Münze habe eine Liebesbeziehung mit einem Vertreter des Frankfurter Bankhauses Rothschild gehabt, war zwar falsch, entfaltete aber wundersame Werbewirkungen. In der Mainmetropole konnte man über die Spekulationen nur den Kopf schütteln, denn hier war man überzeugt, dass sich der Stempelschneider August von Nordheim die seinerzeit gefeierte Frankfurter Schauspielerin Fanny Janauschek zum Vorbild genommen hatte.

20. Juni 2022

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