Ehrengedächtnisse für Martin Luther
Kaum eine bürgerliche Person wurde so oft auf Münzen und Medaillen gefeiert wie der Wittenberger Reformator







Mit den Talern von 1661 und 1617 setzten Eisleben und Magdeburg Martin Luther ein ungewöhnliches numismatisches Denkmal.Diese und viele andere Belegstücke sind in der Wittenberger Lutherhalle ausgestelt.





Auf dem sächsische Gedenktaler von 1617 zur Hundertjahrfeier der Reformation und dem Zehndukatenstück von 1630 zur Augsburgischen Konfession wurde Martin Luther nicht dargestellt, denn das wäre wohl zu viel der Ehre gewesen, sondern sein Beschützer Friedrich den Weisen und der amtierende Kurfürst Johann Georg I.



Stralsund ehrte den Theologen auf der Medaille 1717 in Begleitung eines Schwans als Sinnbild von Reinheit und Treue.



Kurfürst Friedrich der Weise schmückt eine sächsische Medaille von 1717, die Allegorie auf der Rückseite ist einem Holzschnitt von 1617 nachempfunden, auf dem Luther mit seiner langen Schreibfeder kirchliche und weltliche Mächte und Gewissheiten wanken lässt.



Das hochseltene Dreimarkstück von 1917 verzichtet Luthers Porträt, sondern bildet Luthers Beschützer ab. Ein alternativ vorgeschlagenes Denkmal auf der Vorderseite kam nicht zur Ausführung.





In den auch militärisch geführten Auseinandersetzungen des 16. Jahrhunderts um Glaubensfragen gingen die verfeindeten Parteien ausgesprochen ruppig miteinander um. Der Magdeburger Interimstaler von 1549 scheut sich nicht, den Antichrist als Hydra darzustellen, der sich Jesus Christus entgegenstellt. Eine Serie gegossener Vexiermedaillen aus dieser Zeit setzt den Papst und den Teufel sowie den Kardinal und einen Narren gleich.





Die Bundesrepublik Deutschland und die DDR gaben 1983 Gedenkmünze mit dem Bildnis von Martin Luther heraus.



Die Staatliche Münze Berlin brachte 2017 eine Medaille zur Fünfhundertjahrfeier der Reformation heraus, sie liegt auf einer Reproduktion der 95 Thesen, mit denen Luther dieses Weltereignis am 31. Oktober 1517 auslöste. Diese und weitere Ausgaben könnten am Beginn einer Sammlung zum Thema Martin Luther und die Folgen sein. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Mit- und Nachwelt hat Luther für seinen Einsatz für die Erneuerung der Kirche, aber auch für seine Mühen um die Vereinheitlichung der deutschen Sprache auf vielfältige Weisen gedankt (siehe Eintrag auf dieser Internetseite (Geschichte) vom 30. Mai 2022). Man widmete ihm Denkmäler, Gemälde und Grafiken sowie Münzen und Medaillen, die man damals Ehrengedächtnisse nannte. Kaum eine bürgerliche Person der deutschen Geschichte ist, von Kaisern, Königen und Fürsten abgesehen, so durch geprägtes Metall gewürdigt worden wie er. Schon zu Lebzeiten hat man sein Bildnis auf Medaillen verbreitet. Zu sehen ist eine Auswahl in der Lutherhalle, dem weltweit bedeutendsten Reformationsmuseum im ehemaligen Augustinerkloster und Universitätsgebäude an der Wittenberger Collegienstraße.

Darunter sind sächsische Prägungen von 1617, die daran erinnern, dass der Augustinermönch einhundert Jahre zuvor mit seinen 95 Thesen wider den Ablasshandel und andere Auswüchse in der Papstkirche an die Öffentlichkeit trat. Die Augsburger Konfession von 1530, die den protestantischen Fürsten Glaubensfreiheit "bis zum nächsten Konzil" zusicherte, wurde 1630 ebenfalls durch zahlreiche Gedenkmünzen und Medaillen gefeiert. Sie und viele andere in das große Thema "Martin Luther und die Reformation" gehörende Ausgaben sind in der Literatur gut aufgelistet. Erwähnt seien das informative Buch von Hugo Schnell "Martin Luther und die Reformation auf Münzen und Medaillen" (München 1983) sowie Inge Freese und Joachim Datow "Martin Luther und seine Zeit auf Münzen und Medaillen" (Schwetzingen 1983) und weitere Publikationen. Wichtig ist der 2019 von der Wartburg-Stiftung herausgegebene Katalog "Reformatio in Nummis. Geschichte der Reformation und des Protestantismus" der Sammlung Rainer Opitz. Bearbeitet von Detlev Hölscher, Elisabeth Doerk, M. A. Klaus-Peter Brozatus, kamen die sechs Bände mit 3.577 Seiten 2018 und 2019 im Numismatischen Verlag Fritz Rudolf Künker heraus. Erfasst sind rund 6.000 numismatische Zeugnisse aus der Zeit von 1519 bis 2017. Sammler kennen auch die barock weitschweifigen Kataloge wie das Buch von Christian Juncker über das "Guldene und Silberne Ehren-Gedächtniß des Theuren Gottes-Lehrers D. Martini Lutheri" (Schleusingen 1706).

Zwei Reformatoren auf einem Taler

Jan Hus, der eine Rechtschreibreform ausgearbeitet hatte, die in ihren Grundzügen bis heute gilt, war der geistige Wortführer einer Bewegung gegen die geistliche und weltliche Feudalobrigkeit. Indem er tiefgreifende Reformen in der Kirche und Gesellschaft verlangte und dabei Ideen des englischen Reformators John Wiclif aufgriff, geriet er in unlösbare Konflikte mit der weltlichen und geistlichen Obrigkeit seiner Zeit. Die stark abgekürzte zweizeilige Inschrift in lateinischer Sprache auf dem Magdeburger Taler lautet übersetzt: "Nachdem einhundert Jahre vergangen sind, werdet ihr Gott und mir, dem 1415 verbrannten Jan Hus, recht geben. Nach Ablauf dieser Zeit wurde Doktor Martin Luther zur Wiederherstellung der himmlischen Lehre von Gott im Jahre 1517 berufen". Fast genau wurde der Zeitplan eingehalten.

Bevor Kurfürst Friedrich August I., bekannt als August der Starke, im Jahre 1697 die polnische Königskrone bekam, trat er zur katholischen Kirche über, was im Ursprungsland des Protestantismus zu Unmut und Bestürzung führte. "Augustus Rex" tolerierte allerdings Luthers Lehre, um innenpolitische Unruhen zu vermeiden, baute aber in Dresden die prächtige katholische Hofkirche. Es sind zwar sächsische Gedenkprägungen von 1717 und 1730 zur Erinnerung an Luther und die Reformation bekannt, doch haben sie keinen offiziellen Charakter wie die Prägungen aus dem frühen 17. Jahrhundert mit den kurfürstlichen Bildnissen. Mit Eifer nahmen sich jedoch die in den kleinen sächsisch-thüringischen Herzogtümern und anderen protestantischen Herrschaften regierenden Herzöge des Themas an, so dass Sachsen-Sammler hier reiches Material finden. Darüber hinaus taten sich jeweils zu den Säkularfeiern andere protestantische Stände durch Erinnerungsprägungen hervor. Nachdem die Kurfürsten und - ab 1806 - Könige von Sachsen als Verteidiger der lutherischen Lehre ausfielen, übernahmen die Hohenzollern in Preußen die Führung in der protestantischen Bewegung und unterstrichen das auch durch aufwendige Prägungen.

Kurfürst statt Reformator

Erwähnt sei, dass 1917 die Idee verworfen wurde, Martin Luther anläßlich der Vierhundertjahrfeier der Reformation durch ein Dreimarkstück zu ehren. Da damals im Deutschen Reich nur Personen fürstlichen Geblüts beziehungsweise städtische Wappen auf Kurs- und Gedenkmünzen erscheinen durften, schnitt der Stempelschneider Friedrich Wilhelm Hörnlein einen Vorderseitenstempel mit dem Bildnis Friedrichs des Weisen, angelehnt an Medaillen des frühen 16. Jahrhunderts. Wie der Kenner der sächsischen Münzkunde, Walther Haupt, in seinem Buch "Sächsische Münzkunde" (Berlin 1978) berichtet, sei der als Motiv naheliegende Lutherkopf verworfen worden, weil damals nur Köpfe von Monarchen auf Reichsmünzen erscheinen durften. Vielleicht habe man auch dem katholischen Königshaus in Sachsen nicht zuviel zumuten wollen. Die Not des Krieges habe nur eine Auflage von einhundert Stück erlaubt. Davon habe Nagel dreißig Exemplare mit seinem Gehalt ausbezahlt bekommen. Die übrigen seien zurückgehalten worden. Infolge der Revolution von 1918 seien sie mit Ausnahme von ein paar wenigen Stücken, die "unrechtmäßig auf die Seite gebracht wurden" versehentlich wieder eingeschmolzen worden. Vielleicht werden Recherchen in alten Akten Licht in diese merkwürdige Geschichte bringen. Unbekannt ist, wieviel echte "Friedrich der Weise" noch existieren.

Die mit Bildnissen des Reformators versehenen Luthermünzen von 1933 sowie 1983 (Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise DDR) haben eine weniger geheimnisvolle Entstehungsgeschichte und sind preiswerter zu haben. Bei dem Drei- und Fünfmarkstück von 1933 mit dem Kopf von Martin Luther gab es Proteste, denn viele Leute verlangten ein "langes" S in der Frakturschrift. Der Gestalter Hans Wissel lehnte unter Hinweis auf künstlerische Freiheit den langen Strich beim "s" ab. Andere Münzen der NS-Zeit zeigen sowohl ein langes als auch ein rundes "s" - und das auf ein und demselben Münzbild.

Die Präge- und Gussstücke mit Luthers Bildnis und Themen zur Reformation bilden ein umfangreiches und hochinteressantes Sammelgebiet, in dem kaum bezahlbare Raritäten vor allem aus dem 16. und 17. Jahrhundert, aber auch preisweite Ausgaben neueren Datums vorkommen. Der Münzhandel bietet Taler, Gulden, Dukaten und weitere Geldstücke sowie Medaillen mit Bildnissen des Reformators an. Hinzu kommen Prägungen mit Bezug auf die Religionskriege seit dem 16. Jahrhundert einschließlich von Stücken satirischen und propagandistischen Inhalts. Jeweils zu den Hundertjahrfeiern 1617, 1630, 1717, 1730, 1817 und 1830 taten sich protestantische Fürsten und Kommunen durch Silber- und Goldmünzen sowie durch Medaillen hervor. Neben diesen Prägestücken gibt es auch solche, die sich kritisch und feindlich mit dem "Treiben" des Wittenberger Professors auseinandersetzten und seine Lehre unerbittlich bekämpften. Schaut man die Publikationen und Prägungen aus der Zeit der Reformation und der Gegenreformation an, so sieht man, dass beide Lager wenig sanft miteinander umgegangen sind. Auch diese numismatischen Dokumente gehören in eine Luther- und Reformationssammlung.

Kritik an Geizwänsten und Wucherern

Als Martin Luther im Jahr 1546 starb, hinterließ er ein beträchtliches Vermögen. Obwohl der Wittenberger Professor als Mönch Besitzlosigkeit gelobt und Zeit seines Lebens Zurückhaltung gegenüber materiellen Gütern gelehrt hatte, hatte sein aus Immobilien sowie Kunstwerken, kostbaren Silberbechern, Juwelen und Büchern bestehender Nachlass den Wert von neuntausend Gulden, was einem heutigen Vermögen von einer etwa Million Euro entspricht. Bargeld existierte in der Familie kaum, auch im Testament wird es nicht erwähnt. Die meiste Habe war dem Reformator von Fürsten und Freunden geschenkt worden, er selber bezog zwischen 200 und 300 Gulden Jahresgehalt, das ihm die sächsischen Kurfürsten gewährten. Er nahm kein Honorar für Predigten und Schriften, sondern spendete den Armen und zur Aufrüstung der deutschen Fürsten gegen die Türkengefahr. Da er erhebliche Ausgaben für seinen großen Haushalt hatte und wohl auch von Leuten hintergangen wurde, die er bei sich aufgenommen hatte, wusste er oft nicht, wie er seine Schulden begleichen sollte. Dann wurden eben auch die so geliebten Silberbecher verkauft, die Freunde ihm geschenkt hatten. Letztlich lag dem in einer noch sehr agrarisch geprägten Welt lebenden Theologen an all den "Güter dieser Welt" nicht viel. Lieber wolle er alles aufgeben, seine Familie und sein eigenes Leben, ehe er "dem Wort Gottes etwas abbreche". In den Wirren des Schmalkaldischen Krieges zwei Jahre nach Luthers Tod schmolz die Hinterlassenschaft des Reformators dahin. Seine recht geschäftstüchtige, ganz im Leben stehende Witwe Katharina, genannt "Herr Käthe", war eine Art Finanzministerin der Familie legte Geld in Grundstücken und Häusern an, musste sich aber von silbernen Bechern und Schmuck trennen, und so ist von diesem stattlichen Besitz nur noch wenig erhalten. Es ist daher nur auf indirektem Wege möglich zu zeigen, was in einem bürgerlichen Haushalt wie dem von Luther existierte und was man in besseren Kreisen an Hand und Hals trug. Dass man im Hause Luther gut zu speisen und zu trinken pflegte, zeigen archäologische Funde von Tierknochen und Scherben von kostbaren Gläsern.

Immer wieder sah sich Martin Luther genötigt, wortgewaltig gegen Geizwänste und Wucherer anzugehen, die an den Galgen gehören, weil sie wollen, "dass alle Welt in Hunger, Durst, Not und Jammer verderben muss." Für ihn war es kein Widerspruch, gegen solche Menschheitsverderber zu polemisieren und gelegentlich Geschenke aus Erträgen "angelegter" Kapitalien anzunehmen. Nur wenig scheint den Wittenberger die rasante Entwicklung der Geldwirtschaft interessiert zu haben, seine Rechnungen zeigen Rechenfehler. Dass Luther auch Medaillen aus Gold und Silber geschenkt bekam, steht fest, was aber aus diesen "Schaupfennigen" wurde, ist unklar. Wie sehr er solche Bildnisse schätzte, zeigt ein Brief an den Nürnberger Patrizier und begeisterten Lutheraner Friedrich Pistorius, in dem er sich für eine Medaille mit folgenden Worten bedankt: "Ich freue mich, ehrwürdiger Herr, über die Silbermedaille mit deinem Bild, womit ich dich als einem Abwesenden doch bei mir behalten kann: deine Seele nämlich sehe ich aus deinen Briefen, deinen Körper aber aus der Silbermedaille."

Siehe zu Martin Luther Einträge auf dieser Internetseite (Münzen und Medaillen) vom 12. 2. 2022 (Luther und der Schwan), 21. 2. 2922 (Friedrich der Weise) und 21. 2. 202 (Wartburg)

30. Mai 2022

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