Militärgeld für den Ernstfall
Geheimes Militärgeld und Blücherorden sind Kuriositäten aus vierzigjähriger DDR-Geschichte mit fragwürdigem Hintergrund



Bei den blau gestempelten Militärgeld-Scheinen von 1955 ist Vorsicht geboten, denn sie könnten gefälscht sein.



Geheim blieb bis zum Ende des zweiten deutschen Staates auch die Stiftung des Blücherordens mit seiner für DDR-Verhältnisse ungewöhnlichen Kreuzform. Die für Tapferkeit bei Kampfhandlungen im Westen vorgesehene Auszeichnung wurde nicht verliehen, weil die Invasion der Bundesrepublik Deutschland nicht stattfand.



Die Medaille mit dem Brandenburger Tor feiert die Waffenbrüderschaft der der SED direkt unterstehenden Kampfgruppen mit der Nationalen Volksarmee und der anderen bewaffneten Organe.





Der Stern für Helden der Arbeit, der Karl-Marx-Orden und der Kampforden für Verdienste um Volk und Vaterland erzielen im Handel stolze Preise. Während vom Stern für den „Marschall der DDR“nur Entwürfe existieren, gelangten die Schulterstücke in wenige Museen und vielleicht auch in Sammlerhände.



Paraden und andere Militärspektakel waren so ganz nach dem Geschmack der SED-Führer. Die hoch bewaffnete Staatsmacht allerdings konnte 1989 nichts gegen die friedliche Revolution in der DDR zu unternehmen, und schon bald war das Honecker-Regime sang- und klanglos verschwunden, und kaum jemand weinte ihm eine Träne nach.





Die vor und nach dem Ende der DDR geprägten Medaillen sowie Münzen, Orden und Auszeichnungen bilden ein interessantes Sammelgebiet, für das der Handel immer wieder interessante Stücke im Angebot bereit hält. (Fotos/Repros: Caspar)

Ungeachtet zahlreicher Bekundungen der DDR, sie sei ein Friedensstaat durch und durch und ihr sei nichts wichtiger als die Freundschaft und Gewaltlosigkeit im Zusammenleben der Völker, gab es im zweiten deutschen Staat geheime Vorbereitungen für den Ernstfall. Die blitzkriegsartige Einvernahme des „Klassenfeinds“, der nach der DDR-Militärdoktrin auf seinem eigenen Territorium wurde verdeckt vorbereitet. Einen Anlass hätte man ganz bestimmt gefunden, da war man in der Vergangenheit immer sehr kreativ. Für den zu unser aller Glück nicht begonnenen Angriff gab es gemeinsam mit der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten Staaten des Warschauer Vertrags Planspiele und Manöver, aber auch verdeckte Vorkehrungen, zu denen in der DDR die Herstellung von Militär- und Besatzungsgeld gehörte. Einzelheiten über Attentate auf westliche Politiker, die Unterwanderung von Parteien und Organisationen, Angriffe auf die Wirtschaft und Infrastruktur, die Paralysierung der Wissenschaft und Kultur sowie Manipulation der Medien und andere Machenschaften wurden erst nach dem Ende der DDR bekannt.

Blauer Stempel mit Hammer und Zirkel

Vorsorglich wurde in der DDR so genanntes Militärgeld hergestellt, von dessen Existenz bis dahin nur wenige Auserwählte etwas wussten. Dazu wurden druckfrischen Banknoten von 1955 verwendet, die bei der Umtauschaktion von 1964 nicht benötigt wurden. Übrig gebliebene Banknoten bekamen einen runden blauen Stempel mit dem aus Hammer und Zirkel im Ährenkranz bestehenden DDR-Wappen und der Aufschrift MILITÄRGELD auf der linken freien Partie der Vorderseite aufgedrückt.

Nach 1990 tauchten einige von den unter strenger Geheimhaltung manuell gestempelten Banknoten auf und wurden zunächst skeptisch betrachtet, denn es man hat vermutet, sie könnten Fälschungen sein.Dann aber wurden Dokumente bekannt, die belegen, dass es dieses Geld tatsächlich gegeben hat. In einem als Geheime Verschlusssache deklarierten und von Erich Honecker in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrats der DDR gegengezeichneten Bericht vom 23. Juni 1980 wird erklärt, „dass die Ausstattung der Nationalen Volksarmee mit Militärgeld vorbereitet ist. [...] Militärgeld soll bei Handlungen auf gegnerischem Territorium zur finanziellen Sicherung von Versorgungsaufgaben und Wehrsoldzahlungen der Nationalen Volksarmee eingeführt werden.“ Der Bedarf ergebe sich aus der Notwenigkeit, dass die Stabilität der DDR-Währung gewährleistet werden soll und „der Charakter unserer Währung als Binnenwährung auch unter Kriegsbedingungen aufrecht erhalten bleibt.“ Außerdem sollte mit der Maßnahme die Kontrolle des sozialistischen Staates über das Geldvolumen gesichert und der Geldumlauf vor schädlichen Einflüssen von außen abgeschirmt werden.

Das Militärgeld im Wert von 4,9 Milliarden Mark wurde laut Bericht an den SED- und Staatschef Honecker in Berlin, Leipzig, Weimar, Stendal sowie Bergen auf der Insel Rügen eingelagert. „Die Standorte gewährleisten eine kurzfristige Bereitstellung an die Truppenteile und Verbände. Bei der Vorbereitung der Einführung von Militärgeld wurde davon ausgegangen, dieses mit dem geringsten Aufwand zu bewältigen. So wurde in Übereinstimmung mit dem Präsidenten der Staatsbank der DDR die 1970 zur Vernichtung vorgesehenen Geldzeichen der Emission 1955, die noch nicht im Umlauf waren, durch den Aufdruck ,Militärgeld’ zu diesem Zweck eingesetzt. Dadurch konnte auf einen Neudruck verzichtet werden, wodurch ein Kostenaufwand von ca. 13 Mio Mark sowie 285 t Wertpapier eingespart wurden“, heißt es in dem Dokument.

Imitationen zum Schaden der Sammler

Neben der Ersparnis von Geld, Farbe und Papier hat auch eine Rolle gespielt, dass nur ein kleiner Kreis von Geheimnisträgern von der Angelegenheit wissen durfte. Man wollte alles vermeiden, was auf die Existenz von DDR-Militärgeld und auf mögliche bewaffnete Einsätze der NVA und weiterer Einheiten im Westen gedeutet hätte. Es hätte dem Ansehen der DDR sehr geschadet, wenn man dort über ihre auf Okkupation gerichteten Planspiele und das ominöse Militärgeld diskutiert, sich vielleicht Händler und Sammler um den Erwerb bemüht hätten. Ob tatsächlich der Gesamtbestand in Höhe von 4,9 Milliarden Mark vollständig mit den Aufdruck bekam, ist zu bezweifeln. Es liegt nahe, dass von dem DDR-Militärgeld Imitationen zum Schaden der Sammler angefertigt werden, denn der runde Stempelaufdruck dürfte für Betrüger keine Hürde sein. Sammlern sei empfohlen, fragliche Stücke auf ihre Echtheit zu überprüfen und/oder einen Fachmann zu konsultieren.

Während Planungen für einen nach sowjetischem Vorbild zu verleihenden Stern zum Dienstgrad „Marschall der DDR“ über Entwurfszeichnungen nicht hinausgingen, wurden die entsprechenden Schulterstücke schon hergestellt und kommen als Nachbildungen vor. Der neue Dienstgrad wurde 1982 vom DDR-Staatsrat eingeführt. Danach sollte eine diesbezügliche Ernennung „im Verteidigungszustand oder für außergewöhnliche militärische Leistungen“ erfolgen. Dann wären die aus silber- und goldfarbenem Fäden hergestellten „Raupen“ mit einem fünfzackigen Stern darauf und einem Rubin darin vom DDR-Verteidigungsminister getragen worden. Möglich, dass auch der Innenminister und der Stasiminister im Kriegsfall nach sowjetischem Vorbild zu Marschällen der DDR ernannt worden wären. Im November 1989, schon bald nach dem Fall der Mauer, wurde dieser Dienstgrad abgeschafft, und nur noch Ordenskundler, Händler und Sammler verlieren ein Wort über diese Kuriositäten aus der Militärgeschichte des zweiten deutschen Staates.

Die DDR-Strategen und die hinter ihnen stehenden Sowjets, ohne die nichts Relevantes im Ostblock lief und schon gar keine Planungen für den Tag X, also den Einmarsch der Nationalen Volksarmee in die Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, dachten an alles, sogar an einen neuen Kriegsorden. Der nach dem berühmten preußischen Generalfeldmarschall der Befreiungskriege von 1813 bis 1815, Gebhard Leberecht von Blücher, benannte „Blücher-Orden für Tapferkeit“ wurde nicht verliehen, weil es glücklicherweise zu keinen Kampfhandlungen auf gegnerischem Territorium kam. Hergestellt wurde die Auszeichnung nicht im VEB Münze der DDR in Berlin, sondern unter konspirativen Umständen fern in der Provinz im VEB Präwema in Markneukirchen (Vogtlandkreis, Freistaat Sachsen), wo zahlreiche Medaillen von Städten, Betrieben und Institutionen und in geringem Maße auch Orden und Auszeichnungen entstanden.

Blücherorden für Tapferkeit

Die Verordnung über die Stiftung des Blücher-Ordens und einer Blücher-Medaille für Tapferkeit vom 18. September 1968 wurde aus guten Gründen nicht veröffentlicht. Das sollte an einem vom Ministerrat der DDR noch festzulegenden Zeitpunkt erfolgen, und zwar bei der Erklärung des Verteidigungszustands. Die Ausführungen in den Klassen Gold, Silber und Bronze waren für tapferen und heldenhaften Einsatz in Kampfhandlungen, für mutige sowie initiativreiche und erfolgreiche Truppenführung sowie für andere hohe Leistungen zur Verteidigung der DDR gedacht, so die interne Begründung. Bemerkenswert ist, dass der mit Blüchers Porträt geschmückte und in zwei Versionen hergestellte Orden nicht die übliche Sternenform nach sowjetischem Vorbild besitzt, sondern die eines Kreuzes. Warum diese Form gewählt wurde und von wem die Entwürfe stammen, müsste noch untersucht werden.

Wie um diese niemals verliehene Auszeichnung, so ranken sich auch um das DDR-Militärgeld und die dahinter stehenden Planungen manche Legenden, die sich hoffentlich in den kommenden Jahren aufgrund weiterer Aktenstudien aufklären lassen. In ihrem Buch über die Auszeichnungen der Nationalen Volksarmee von 1954 bis 1990 aus dem Jahr 1994 weisen Klaus H. Feder und Uta Feder Vermutungen zurück, der Blücher-Orden sei an Angehörige der Nationalen Volksarmee in Angola und Mocambique sowie an Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit verliehen worden. Die Auszeichnungen hätten bis zuletzt wohlverpackt in den Depots des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung gelegen, also in jenem Ministerium, das 1990 im Kabinett de Maizière von dem Theologen und DDR-Bürgerrechtler Rainer Eppelmann geleitet wurde. Ein Teil der Auflage gelangte aus diesem Ministerium in das Militärhistorische Museum Dresden, und natürlich besitzt auch das Deutsche Historische Museum Berlin solche Relikte aus der Zeit des Kalten Kriegs. Gelegentlich taucht das eine oder andere Stück im Handel und bei Sammlern auf. Zu prüfen ist bei dieser und weiteren Raritäten, ob es sich um echte oder nachgemachte Stücke handelt.

Marschall mit Rubinen auf der Schulter

Während Planungen für einen nach sowjetischem Vorbild zu verleihenden Stern zum Dienstgrad „Marschall der DDR“ über Entwurfszeichnungen nicht hinausgingen, wurden schon mal Schulterstücke hergestellt und kommen auch als Nachbildungen vor. Der neue Dienstgrad wurde 1982 vom DDR-Staatsrat eingeführt. Danach sollte eine diesbezügliche Ernennung im Verteidigungszustand oder für außergewöhnliche militärische Leistungen erfolgen. Dann wären die aus silber- und goldfarbenem Fäden hergestellten „Raupen“ mit einem fünfzackigen Stern darauf und einem Rubin darin vom DDR-Verteidigungsminister getragen worden. Möglich, dass auch der Innenminister und der Stasi-Minister im Verteidigungs-, also Kriegsfall, zu Marschällen der DDR ernannt worden wären.

Im November 1989, schon bald nach dem Fall der Mauer, wurde dieser Dienstgrad wieder abgeschafft, wie auch alles andere rund um die Festigung der SED-Diktatur im Orkus der Geschichte verschwand und heute nur noch Historiker und Menschen interessiert, die zu deren Opfer wurden und bis heute unter Traumata leiden. Dass der Dienstgrad irgendwie an Reichsmarschall Göring und die Feldmarschälle im Hitlers Wehrmacht erinnert, scheint 1982, als Honecker und Genossen noch fest im Sattel saßen und sich wachsender Anerkennung durch die Staatengemeinschaft erfreute, niemand gestört zu haben.

3. Oktober 2022, am Tag der deutschen Einheit

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