"Gestern noch auf hohen Rossen..."
Reiterdarstellungen auf alten und neuen Münzen und Medaillen bilden ein reizvolles Sammelgebiet





Ein Vierergespann schmückt die silberne Tetradrachme aus Syrakus, auf der Vorderseite umkreisen Delphine die Quellennymphe Arethusa. Kaiser Nero und ein Begleiter galoppieren auf dem Sesterzen, die Inschrift DECVRSIO feiert den Auftritt des blutrünstigen Christenverfolgers als Parade.



Die Wappenschilder auf dem doppelten Reitertaler von 1509 zeigen, welche Länder Kaiser Maximilian I. beherrschte oder auf die er Anspruch erhob. In der Umschrift ist das Wort EUROPA zu lesen.



Die Turnierszene zeigt, dass Reiter nicht nur mit dem Abschlachten ihrer Gegner befasst warem, sondern sich auch bei Turnieren verlustierten.



Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst von Brandenburg, triumphiert auf dem Fehrbelliner Siegestaler von 1675 über seine schwedischen Feinde.



Der dreifache Lösertaler des Herzogs Christian Ludwig von Braunschweig-Lüneburg von 1664 zeigt das springende Welfenross über einer Bergbaulandschaft.





Die Medaille von 1619 und der Taler von 1711 feiern mit repräsentativen Reiterdarstellungen die Übernahme des Reichsvikariats durch die sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. und Friedrich August I. Da dieser als August II. auch König von Polen war, hat er seine beiden Würden auf der Rückseite kundgetan.



Der in England verehrte Landesheilige Georg sticht auf der Goldmünze von 1985 mit dem Bildnis von Queen Elizabeth II. einen gräulichen Drachen ab. (Fotos/Repros: Caspar)

Seit es Münzen gibt, hat man auf ihnen Menschen, Tiere und Pflanzen dargestellt, um die wichtigsten Motive zu nennen. Da Pferde wichtig waren, um schnell von einem Ort zum anderen zu kommen und Lasten zu transportieren, aber auch weil man mit ihnen auch Kriege führte und sie bei Sportkämpfen eine im wahrsten Sinne des Wortes eine tragende Rolle spielten, ist es nicht verwunderlich, dass man sie auch auf geprägtem Metall verewigte. Wer Kataloge griechischer und römischer Münzen sowie solche aus dem Mittelalter und der Neuzeit systematisch durchforstet, wird auf interessante, manchmal hochkünstlerisch ausgeführte Darstellungen von Reitern und ihren Rossen, aber auch Pferde ganz allein finden, die im Wappenwesen eine Rolle spielen und vor allem in Niedersachsen überall präsent sind.

Angesichts der herausragenden Rolle, die Pferde im Militär- und Wirtschaftswesen spielten, ist es nicht verwunderlich, dass man sie hegte und pflegte. Man hat für sie edle Ställe und Trainingsplätze eingerichtet, in Berlin wurde um 1790 eine Hochschule für Tiermediziner und speziell für "Pferdeärzte" eingerichtet, wie man damals sagte. Nur die besten und teuersten, oft von weither geholten Pferde durften die teuren Kutschen ziehen. Auf mittelalterlichen Miniaturen sieht man farbig kostümierte Rittersleuten hoch zu Ross bei Turnieren aufeinander stürmen, große und kleine Fürstlichkeiten ließen sich auf ihnen sitzend im Glanz ihrer kostbaren Eisenrüstungen porträtieren. Der alte Spruch "Gestern noch auf hohen Rossen, heute in die Brust geschossen" bringt auf den Punkt, dass selbst ganz oben auf der gesellschaftlichen Stufenleiter angesiedelte Fürstlichkeiten und Adelsleute sich ihres Lebens nie sicher sein durften, denn sie konnten, wenn es schlimm kam, mit und ohne Pferd ganz tief fallen.

Beliebtes Sammelgebiet

Münzen und Medaillen mit Pferdedarstellungen sind ein beliebtes Sammelgebiet, für das der Handel ein breites Angebot bereit hält. Da gibt es die Mansfelder Segenstaler, auf denen man den Heiligen Georg sieht, wie er vom Pferd einen gräulichen Lindwurm ersticht. 1915, im zweiten Jahr des Ersten Weltkriegs hat man anlässlich der hundertjährigen Zugehörigkeit der Grafschaft Mansfeld zu Preußen ein Dreimarkstück mit diesem Motiv geprägt und damit die wohl schönste Münze der deutschen Kaiserzeit produziert. Der in England als Landesheiliger verehrte Heilige Georg findet sich auch heute, allerdings eleganter gestaltet, auf Goldmünzen mit dem Bildnis von Queen Elizabeth II., die gerade ihr siebzigjähriges Thronjubiläum gefeiert hat und ein inniges Verhältnis zu Pferden pflegt.

Große und kleine Fürsten ließen sich auf ihren Geprägen als stolze, unnahbare Reiter abbilden. Sie hatten das Privileg, von Bildhauer auf hohen Sockeln dargestellt zu werden. Zu nennen sind hier vor allem die großen, schwergewichtigen und teuren Löser braunschweigischer Herzöge im Wert von mehreren Talern aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Beliebte Motive auf diesen silbernen Riesen waren der Herzog mal nach links, mal nach rechts reitend, mal mit Hut und mal ohne, in spanischer Hoftracht oder voller Rüstung. In größerer Zahl sind Löser mit Darstellungen von Pferden über Bergbaulandschaften überliefert. Wer sich nicht auf dem Pferd sitzend darstellen wollte, beließ es mit einer stehenden Figur oder einem Brustbild. In das Thema "Pferde auf Münzen und Medaillen" passen auch Prägungen, die anlässlich von Pferderennen und anderen sportlichen Ereignisse zur Auszeichnung der Siegel, aber auch zu Erinnerungszwecken an Teilnehmer vergeben wurden und werden. Hier systematisch nach Beispielen zu suchen, ist eine ebenso interessante wie reizvolle Aufgabe.

In Vertretung des Kaisers

Da das Römisch-deutsche Reich eine Wahlmonarchie war, sah sich derjenige, der die Kaiserkrone erwerben wollte, genötigt, die in der Goldenen Bulle von 1356 weitschweifig beschriebenen Rechte und Privilegien der Kurfürsten immer wieder von Neuem zu bestätigen. Darunter befanden sich auch Bestimmungen über das stets sehr einträgliche Münz- und Bergrecht. Die Electoren (Wahlmänner) konnten dem Kandidaten für das Kaiseramt Bedingungen hinsichtlich ihrer Souveränitätsrechte stellen, und der tat gut, sie zu erfüllen. Übrigens gab es Fälle, wo durch Zahlung von hohen Summen kurfürstliche Stimmen gekauft wurden, womit das auch in der Goldenen Bulle festgelegte Prinzip unterhöhlt wurde, dass nur der Beste aus der Fürstenriege die Reichskrone erhalten soll.

In Kursachsen und der Pfalzgrafschaft bei Rhein wurden anlässlich der Vakanz des Kaiserthrons nach dem Tod eines Kaisers so genannte Vikariatsmünzen und -medaillen geprägt. Laut Goldener Bulle nahm übernahmen die jeweiligen Kurfürsten hoheitliche Aufgaben in Ländern sächsischen Rechts beziehungsweise in Franken, Schwaben und der Rheinregion bis zur Wahl eines neuen Reichsoberhaupt wahr. Die Ausübung der prestigeträchtigen Ehrenämter hat man mit Reiterbildern sowie Darstellungen des doppelköpfigen Reichsadlers mit dem jeweiligen Kurfürstenwappen auf der Brust gefeiert. Da nicht nur einfache und mehrfache Taler, sondern auch kleinere Werte sowie einfache und mehrfache Dukaten die Übernahme des Reichsvikariats feierten, bilden diese Stücke ein exquisites Sammel- und Forschungsgebiet, zu dem noch verschiedene Medaillen gehören. Für Sammler von sächsischen Münzen, aber auch solchen der Pfalz und Bayern tut sich hier ein interessantes Betätigungsfeld auf.

19. Februar 2022

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