Medaillen hatten antike Vorläufer
Berliner Münzkabinett erinnert an ein Medium, das seit der Renaissance einen rasante Aufstieg erlebte



Die von Pisanello geschaffene Gussmedaille erinnert an das von dem Söldnerführer Domenico Malatesta 1444 in der&xnbsp;Schlacht&xnbsp;von Montolmo abgelegte Gelübde, im Falle des Sieges ein Hospital zum Heiligen Kreuz zu stiften.



Ebenfalls als Werk des Mannes aus Pisa ausgewiesen ist die Medaille von 1447 auf Cecilia Gonzaga. Die Allegorie mit dem Einhorn symbolisiert ihre Unschuld. Zu finden ist die Medaille im Interaktiven Katalog des Berliner Münzkabinetts unter der Nummer IKMK 18200161.





Kaiser Karl der Große ließ sich auf dem um 800 geschlagenen, äußerst seltenen Denar wie ein römischer Kaiser mit Lorbeerkranz und Herrschermantel darstellen. Sogar einfache Silbermünzen begann man im 15. Jahrhundert in Italien und bald auch in anderen Ländern mit lebenswahren Fürstenporträts zu schmücken. Dieser undatierte Testone mit dem Porträt des Ercole II. d’Este und der vielköpfigen Hydra stammt aus Ferrara.



Der byzantinische Kaiser Johannes VIII. Palaiologos blieb 1438/39 in Ferrara mit seinem Versuch erfolglos, die Ost- und die Westkirche zu vereinen. Dargestellt ist er auf einem Gemälde von Benozzo Gozzoli und einer von Pisanello signierten Medaille.



Der Künstler Constanzo da Ferrara hat 1481 dem Sultan Mehmet II. eine aufwändig gestaltet Medaille gewidmet und seinen Namen unter dem Porträt verewigt. Das das Berliner Münzkabinett zeigt sie in seiner Ausstellung und dokumentiert sie in seinem Interaktiven Katalog unter der Nummer IKMK 18210904.



Ein Meisterwerk der Medaillen- und Prägekunst ist die von Benvenuto Cellini geschaffene Medaille aus dem Jahr 1534 mit dem Bildnis von Papst Clemens VII. und der Allegorie des über den Krieg triumphierenden Friedens.



Die Grafik aus dem 19. Jahrhundert zeigt, wie man Münzen und Medaillen noch in mühsamer Handarbeit Stück für Stücke auf der Spindelpresse hergestellt hat.(Fotos/Repros: Caspar, Münzkabinett Berlin)

Die Staatlichen Museen zu Berlin und ihre Gemäldegalerie am Kulturforum erinnern bis Anfang 2023 mit einer großartigen Ausstellung an den italienischen Bildhauer Donatello und seine Zeit (siehe Eintrag auf dieser Internetseite (Rubrik Museen) vom 3. November 2022). Zahlreiche Meisterwerke zeugen von Donatellos außergewöhnlichen Produktivität und Vorstellungskraft und gelten als Hauptwerke der italienischen Renaissance. In der Renaissance wurde in Italien, zeitgleich mit den Aktivitäten des Donatellos und seiner Kollegen, ein neues Genre erfunden - die Medaille. Authentische Porträts kamen auf Münzen und Medaillen im Zeichen der Rückbesinnung auf die Antike in Mode.

Hatten sich antike Stempelschneider lange Zeit um wahrheitsgetreue Porträts römischer Kaiser und Kaiserinnen bemüht, so ging diese Fertigkeit in der Spätzeit des Weströmischen Reichs und im Oströmischen Reich verloren. Anstelle fein ausgearbeiteter Bildnisse verkamen Porträts und andere Motive immer mehr zu schemenhaften Andeutungen. Karl der Große war eine Ausnahme, denn er erscheint gut erkennbar um das Jahr 800 auf Denaren ganz der Tradition der römischen Kaiser. Danach hat man Köpfe von geistlichen und weltlichen Fürsten bis zur Renaissance ohne Mühe für realistische Wiedergabe abgebildet. Frühe Beispiele für glaubhafte Bildnisse auf Münzen des 15. Jahrhunderts finden wir auf edel gestalteten Testoni italienischer und anderer Fürstenhäuser und der Päpste. Abgeleitet vom Wort „testa“ für Kopf, waren diese silbernen Kopfstücke ein willkommener Anlass für münzprägende Potentaten, sich vorteilhaft für ewige Zeiten darzustellen, denn glaubhafte Bildnisse waren wichtig für die Kommunikation.

Die im frühen 15. Jahrhundert im Gussverfahren gefertigten Medaillen tauchten nicht wie aus dem Nichts auf, denn sie hatten Vorläufer. Wir kennen hervorragend gestaltete Gepräge antiker Herrscher, die als Geschenke an Verwandte, Freunde und Verbündete vergeben wurden. Aus der Spätzeit des Römischen Reichs sind Bronzemedaillons, die so genannten Kontorniaten, mit besonders sorgfältig ausgearbeiteten Bildnissen und Götterfiguren überliefert. Man hat sie bisweilen kostbar eingefasst und soll sie als Schmuck am Körper und an der Kleidung getragen haben.

Fürstliche Auftraggeber und Sammler

Bei der „Erfindung“ der Medaille oder, wie man in Deutschland sagte, der Schaumünze tat sich der 1395 in Pisa geborene und um 1455 in Rom verstorbene Maler und Medailleur Antonio di Puccio Pisano, genannt Pisanello, hervor. Mit seinen Bildnismedaillen war der Zeitgenosse von Donatello einer der Wegbereiter der Renaissance. Zahlreiche Erinnungsmedaillen wurden in Anlehnung an antike Vorbilder, aber auch im Geiste der Wiedererweckung der Kunst, Kultur und Wissenschaft der griechischen und römischen Antike geschaffen. Wer es sich leisten konnte, verschenkte seine meist in Bronze gegossenen, später geprägten Porträts an Verwandte und Freunde. Aufbewahrt wurden die Stücke in Schlössern und Klöstern als wahrheitsgetreue historische Dokumente von überzeitlichem Wert. In dem Maße, wie sich Sammler für sie interessierten, nahm auch die Zahl der Medaillen zu.

In Italien nannte man die meist runden Gussarbeiten Medaillen, weil sie nicht als Geld in den Umlauf kamen, sondern dieses in Größe und Gewicht übertrafen und von besonderem historische und künstlerischen Interesse waren. Die mit lebensechten Porträts und allegorischen Bildern geschmückten Arbeiten befriedigten persönliche Machtgelüste und Eitelkeiten, und sie lassen nicht erkennen, dass die dargestellten Personen oft finstere Despoten, blutbesudelte Heerführer und skrupellose Mörder und Ehebrecher waren.

Pisanello beherrschte die Kunst des Medaillengusses bis zur Perfektion. Er modellierte die Porträts als Wachsreliefs, nahm davon Gussformen ab und stellte aus ihnen größere Serien her. Die Vervielfältigungstechnik sicherte ihnen weite Verbreitung und regte in und außerhalb Italiens Medaillenkünstler an, ihrerseits solche Objekte herzustellen.

Kaiser aus Byzanz mit Bart und spitzem Hut

Eine der frühesten auf diese Art und Weise gefertigten Medaille galt dem byzantinischen Kaiser Johannes III. Paläologus. Er war 1438 nach Italien gekommen, um auf dem Konzil von Ferrara zu versuchen, die Kirchen des Ostens und des Westens zu vereinen, hatte damit aber keinen Erfolg. Zum Porträt des Kaisers mit langem Bart und spitzem Hut kontrastiert auf der Rückseite der Herrscher hoch zu Ross reitend und vor dem Kruzifix betend. Diese Form der Verehrung einer hohen Persönlichkeit war neu und wurde in der folgenden Zeit auf verschiedenste Weise adaptiert. Wer sich mit dem Thema Ross und Reiter auf Münzen und Medaillen befasst und nach entsprechenden Exemplaren sucht, wird viele Beispiele finden. Pisanello war mit seinen Medaillen so erfolgreich, dass er von vielen Potentaten seiner Zeit mit ihrer Schaffung beauftragt wurde.

Wer es genauer wissen möchte und sich die Entwicklung der Medaille von der Renaissance bis in die Gegenwart näher anschauen möchte, ist in der Ausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel gut aufgehoben. Dort kann man sich in herrliche Porträts aus der Renaissance, dem Barock, dem Klassizismus, des Jugendstils und der Moderne vertiefen und dabei auch sehen wie große Meister mehr oder weniger realistische Bildnisse sowie Inschriften und Allegorien in Einklang gebracht haben. Im 16. und 17. Jahrhundert lernte man, große Münzen sowie Schaustücke mit hohem Relief zu prägen und mit ihnen fürstliche Propaganda zu betreiben. Einer, der dies besonders gut konnte und sich bei seiner Arbeit der Schraubenpresse, auch Balancier oder Anwurf genannt, bediente, war der in Rom tätige Goldschmied und Medailleur Benvenuto Cellini, der von 1500 bis 1571 lebte und bemerkenswerte, von keinem Geringeren als Johann Wolfgang von Goethe übersetzte Lebenserinnerungen hinterlassen hat.

Die Renaissance bescherte Europa unzählige Medaillen, die sehr gut erforscht und publiziert sind. Ab und zu bietet der Handel die teuren Originale an, aber auch preiswerte Nachgüsse und Kopien. Mit dem Aufschwung in Kunst, Kultur und Wirtschaft untrennbar verbunden, waren die Medaillen auch im Römisch-deutschen Reich als so genannte Verehrpfennige beliebt. Meist bestehen sie aus Bronze und Silber, doch sollten Ausgaben aus Gold versteigert werden, sind ihnen exorbitante Preise sicher.

5. November 2022

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