Hammer und Sichel unterm Sowjetstern
Vor 100 Jahren wurden in Sowjetrussland neuartige Münzen geprägt



Zar Nikolaus II. feierte 1913 noch prunkvoll das dreihundertjährige Jubiläum der Dynastie Romanow mit einer Gedenkmünze und zahlreichen Medaillen. 1917 später hatte er seine Krone und 1918 mit seiner Familie auch sein Leben verloren.





Sowjetrussland brachte Münzen mit neuartigen Bildern heraus, hier ein Rubel von 1921. Nach ihrer Etablierung trat die Sowjetunion 1924 mit neuartigem Münzdesign in Erscheinung.



Selten sind Auszeichnungsmedaillen der frühen Sowjetunion wie diese mit dem bewaffneten Schmied am Amboss.



In der Münzstätte Sankt Petersburg beziehungsweise Leningrad und jetzt wider Sankt Petersburg wurden und werden unzählige Münzen und Medaillen geprägt sowie Orden und Auszeichnungen hergestellt.



Mit goldenen Zehnrubelstücken von 1923 bezahlte der sowjetische Staat seine Kunden im Ausland. In der späten Sowjetunion wurden sie mit neuen Jahreszahlen nachgeprägt.



Münzen der ehemaligen Sowjetunion sind, von Ausgaben aus Platin und Gold und anderen Raritäten abgesehen, auch heute relativ preiswert erhältlich. Manche findet man auch auf Münzbörsen und Trödelmärkten. (Fotos: Caspar)

Dass sich vor über hundert Jahren im zaristischen Russland etwas ändern muss, war schon lange erwartet worden. Doch Zar Nikolaus II. und seine Kamarilla waren für durchgreifende Reformen nicht bereit. Vor und nach 1900 gärte es überall im Land. Streiks und lokale Aufstände brachen aus und wurden blutig niedergeschlagen. Hinrichtungen und Massenerschießungen verschafften dem Herrscher aller Reußen den Beinamen "der Blutige", und es füllten sich die Zwangsarbeits- und Verbannungslager im fernen Sibirien.

Während des Ersten Weltkriegs (1914-1918) musste Nikolaus II. eine Niederlage nach der anderen hinnehmen. Er ignorierte die Zeichen der Zeit und schlug alle Warnungen vor dem Zusammenbruch seiner autokratischen Herrschaft in den Wind. So begann in der Hauptstadt Petrograd, dem ehemaligen Sankt Petersburg, am 3. März 1917 (18. Februar nach julianischem Kalender) ein Streik der Arbeiter des Putilow-Werkes, das zu den größten Industriebetrieben des Landes gehörte. Ihnen schlossen sich im ganzen Land Menschen an, um gegen Hunger und für einen schnellen Friedensschluss zu demonstrieren. Wie immer antwortete Nikolaus II. mit Gewalt. Doch jetzt gingen unzufriedener Truppenteile zu den Arbeitern über und weigerten sich, auf sie zu schießen.

Zar wurde von den Bolschewiki erschossen

Da das Ansehen des Zaren von Tag zu Tag schwand, musste er im Verlauf Februarrevolution abdanken. Über ihn und seine Familie wurde zunächst Hausarrest in Zarskoje Selo verhängt, doch dann wurden er und seine Angehörigen nach Jekaterinenburg im Ural deportiert und in der Nacht vom 16. zum 17. Juli 1918 von den Bolschewiki erschossen. Damit waren alle Versuche zarenfreundlicher Kreise zunichte, die Monarchie in Russland wiederherzustellen und Rache an ihren Feinden zu nehmen. In der Oktoberrevolution am 25. Oktober 1917 (7. November 1917) errichteten die Bolschewiki ihre Macht und schlossen mit den Kriegsgegnern erst einen Waffenstillstand und am 3. März 1918 den Frieden von Brest-Litowsk.

Wie im Deutschen Reich und im ehemaligen Vielvölkerstaat Österreich-Ungarn, so wurden auch in Sowjetrussland nach dem Ende der Monarchie neue Bilder und Symbole auf Münzen gesucht. Köpfe, Wappen und Symbole der überwundenen Zeit hatten ausgedient. Die Darstellungen auf den ab 1921 geprägten Werten zwischen einem Rubel und zehn Kopeken unterschieden sich fundamental von denen, die man bisher in der Hand hatte. Das neue, aus Hammer und Sichel bestehende Sowjetwappen symbolisierte die Einheit von Arbeiterklasse und Bauernschaft, wie man damals sagte. Die Zahlen im fünfzackigen Stern auf den Rubel- und Fünfzig-Kopeken-Stücken geben den jeweiligen Wert an. Die ins Deutsche übersetzte Umschrift "Proletarier aller Länder, vereinigt euch" ist ein Zitat aus dem Kommunistischen Manifest von Marx und Engels aus dem Jahr 1848.

Goldmünzen später nachgeprägt

Das 1924 veränderte Münzdesign berücksichtigte die Tatsache, dass sich Sowjetrussland zur Union der sozialistischen Sowjetrepubliken gewandelt hatte. Das geschah nicht auf friedlichem Weg, sondern durch Okkupation benachbarter Länder und gegen den Willen ihrer Bewohner. Auf Rubeln sieht man einen Bauern und einen Arbeiter vor der aufgehenden Sonne, und auf den Halbrubelstücken ist ein Schmied bei der Arbeit. Kombiniert sind diese symbolträchtigen Bilder mit dem neuen Sowjetwappen. Es besteht aus einem Hammer und einer Sichel auf dem Globus, über dem der fünfzackige Sowjetstern schwebt. Das von einem Ährenkranz umgebene Bild will sagen, dass eines Tages über der ganzen Welt die Sonne des Sozialismus und Kommunismus aufgehen wird. Ab 1924 kamen zu den Rubel- und Halbrubelstücken Kupfermünzen in Werten von fünf, drei, zwei und einer Kopeke. Sammler werden einige Mühe haben, diese und die anderen Münzen aus Sowjetzeiten zu bekommen. Vor allem die Kursmünzen kommen meist abgegriffen vor, weshalb exzellente Erhaltungen gut bezahlt werden. Der Münzhandel bietet regelmäßig auch Münzen dieser Periode sowie die der Nachfolgestaaten der 1991 im Orkus der Geschichte verschwundenen Sowjetunion an.

Zu den silbernen Rubel- und Kopekenwerten traten 1923 Goldmünzen im Wert von zehn Rubeln. Die so genannten Tscherwonzen mit dem symbolträchtigen Bild eines säenden Bauern mit einer Fabriklandschaft im Hintergrund wurden nur kurze Zeit vor allem zur Bezahlung von Rechnungen im Ausland hergestellt. In späten Sowjetzeiten hat man die seltenen Goldstücke mit neuen Jahreszahlen nachgeprägt.

14. Januar 2022

Zurück zur Themenübersicht "Münzen und Medaillen"