"Junges frivoles Frauenzimmer"
Schweizerische Gold-Vreneli zu 20 Franken kamen vor 125 Jahren in Umlauf und wurde bis 1947 geprägt





Als 1897 das klassisch-strenge Münzporträt wie hier auf dem goldenen Zwanzig-Franken-Stück von 1888 mit dem Landeswappen auf der Rückseite durch die jugendliche Vreneli genannt abgelöst wurde, waren nicht alle Eidgenossen begeistert.



Helvetia blickt auf dem Fünf-Franken-Stück von 1855 in die Berge und segnet sie. Das klassizistische Motiv genügte bald nicht mehr, und so wurden andere Münzbilder entworfen.





Die 1855 eröffnete und auf der Medaille abgebildete Geldfabrik in Bern reichte nur wenige Jahrzehnte aus und musste durch einen Neubau ersetzt werden, dessen Eröffnung 1902 mit dem lateinischen Motto LABOREMUS (Wir arbeiten) und einem Blick in den Prägesaal mit einer Kniehebelpresse im Vordergrund gefeiert wurde.



Bis heute prägt die Eidgenossenschaft Münzen mit einem Design wie vor über hundert Jahren, glänzt aber auch durch zeitgemäßen Ausgaben.



Die Schweiz hat den Nationalhelden Wilhelm Tell immer wieder auf Münzen abgebildet und damit ihren festen Willen bekundet, ihre Unabhängigkeit und Freiheit unter allen Umständen zu verteidigen.



Die seit 1855 mit Unterbrechungen geprägten so genannten Schützentaler - hier eine Berner Ausgabe von 1885 zu fünf Franken - beschwören die Wehrhaftigkeit der Schweizer Bevölkerung und ihren Willen, keine Einmischungsversuche von außen zuzulassen.



Die prachtvolle, von Hans Frei geschaffene Plakette von 1901 feiert den Beitritt von Basel zur Eidgenossenschaft 400 Jahre zuvor.



Stempelschneider schufen mit den Stadtansichten wie hier auf einem Zehndukatenstück aus Basel von 1741 wahre Meisterwerke. Sie zu sammeln, ist eine reizvolle Aufgabe, die tiefe Einsichten in längst vergangene Zeiten vermittelt. (Fotos/Repros: Caspar)

Münzen haben es auf dem Weg von der Idee zur fertigen Prägung manchmal schwer. Wir kennen das auch in Deutschland, wo die eine oder andere Sonderprägung als misslungen und unverständlich abgelehnt und trotzdem geprägt und gesammelt wird. Bei der 1897, vor nunmehr 125 Jahren, erstmals in der Schweiz ausgegebenen Zwanzig-Franken-Münze mit dem Spitznamen Gold-Vreneli gab es nicht nur viel Zustimmung, sondern auch nörglerische Ablehnung. Die Ausgabe der auch als Geldanlage gut geeigneten Goldmünze und ihrer Nachfolgerinnen ist uns ein willkommener Anlass, in die Münz- und Geldgeschichte der Eidgenossenschaft zu blicken.

Helvetia sei viel zu jung, zu individuell und schwärmerisch, bemängelten Kritiker und verwiesen auf klassisch-strenge Münzbilder, die die Symbolfigur der Schweiz makellos im Profil oder auch sitzend vor einer Bergkulisse zeigen. Dem ungewöhnlichen Entwurf des Neuenburger Medailleurs Fritz Ulisse Landry wurde unterstellt, die kesse Stirnlocke gebe dem "Frauenzimmer ein frivoles Aussehen". Das aber sei auf keinem Fall mit der Würde einer Personifikation der Eidgenossenschaft zu vereinbaren. Im Übrigen hätte der legendäre Freiheitsheld Wilhelm Tell der Münze besser zu Gesicht gestanden. Die Nörgler waren mit ihrem Verdikt allein, denn die schöne Veronika oder wie man auch sagte Vreneli kam in der Bevölkerung gut an und avancierte zu einer der beliebtesten Münzen der Alpenrepublik. Sammler kennen einige Probeprägungen aus den frühen 1870er Jahren mit dem nach links gewendeten Kopf der Helvetia beziehungsweise solche, die sie sitzend und mit einem Schwert bewaffnet und dem Landeswappen an der Seite feiern. Wie bei solchen Versuchsprägungen üblich, kosten diese Ausgaben ein Mehrfaches dessen, was für normale Vreneli verlangt wird.

Erinnerung an die gute alte Zeit

In Bern von 1897 bis 1949 geprägt, war die 6,452 Gramm schwere Münze aus 900er Gold mit einem Durchmesser von 21 Millimetern lange im Umlauf und wird auch heute in und außerhalb der Schweiz und als Erinnerung an die wie, wie man sagt, gute alte Zeit aufgehoben. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs, aus dem sich die traditionell neutrale Eidgenossenschaft heraus hielt, wurden die Goldstücke durch Banknoten im Wert von 20 Franken ersetzt. Erhalten blieben in Sparstrümpfen und Sammlungen noch viele Exemplare, die vom Münzhandel regelmäßig angeboten werden. Heute ist es schwer, exzellent erhaltene Stücke aus Vrenelis frühen Jahren zu bekommen, weil die meisten Stücke durch den langen Umlauf die bei Sammlern unbeliebten Gebrauchsspuren aufweisen.

Münzen der Schweiz sind gut erforscht und katalogisiert. Was dort i Bern seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber auch in ausländischen Geldfabriken geprägt wurde, haben Günter Schön, Gerhard Schön und Markus Köhren in ihrem Buch "Kleiner deutscher Münzkatalog von 1871 bis heute" aufgelistet. Der deutsche, österreichische, schweizerische und liechensteinische Gepräge umfassende Katalog erschien 2021 als 51. Auflage im Gietl Verlag Regenstauf. Er nennt Preise zwischen wenigen Euro bis zu sechstelligen Beträgen und erwähnt überaus seltene Ausgaben, für die LP, also Liebhaberpreisen, bezahlt werden müssen. Beim Studium des Nachschlagewerks erfährt man auch, dass manche Münzen zwar geprägt, aber nicht oder nur in geringer Stückzahl ausgegeben wurde. Die Zahl der modernen Schweiz-Münzen ist erstaunlich. Sie zeigen Ereignisse und Gestalten der Landesgeschichte ebenso sowie Bauwerke und Naturschönheiten, würdigen aber auch Folklore und Brauchtum, vergleichbar etwa mit dem, was Österreich auf numismatischem Gebiet bisher geleistet hat. Wer sich für moderne Münzen interessiert, findet hier wie dort ein reiches Betätigungsfeld.

Da Vreneli nicht immer Vreneli ist und es stets auch auf die Erhaltung ankommt, schwanken die Preise, die die beliebten Münzen im Münzhandel erzielen und als Inbegriff für die Stabilität des Finanzplatzes Schweiz gelten. Denn auch bei ihnen gilt: je kleiner die Auflage, desto höher der Preis. Nach Angaben der Nationalbank schwanken die Zahlen und liegen bei den Zwanzig-Franken-Stücken zwischen 50.000 (1926), 100 00 (1904), 175.000 (1935) und zehn 10 Millionen (1949). 1911 wurde die erste Münze zu zehn Franken ebenfalls mit Vreneli als Motiv geprägt, es folgten die Jahrgänge 1916 und 1922. Ausgaben zu hundert Franken gehen wie die zu zehn und zwanzig Franken auf Entwürfe von Fritz Landry zurück. Dass der Bildhauer und Medailleur mit dem konventionellen, ganz dem Klassizismus des frühen 19. Jahrhunderts verpflichteten Stil der Schweizer Münzen brach und in Anlehnung an ähnliche Tendenzen in Frankreich und Österreich Neues schuf, trägt ihm bis heute Bewunderung ein.

Lateinische Münzunion bestand bis 1927

Vreneli und ihre Vorläuferinnen und Nachfolgerinnen sind nach dem Standard der Lateinischen Münzunion geprägt. Frankreichs Kaiser Napoleon III., der 1852 auf den Thron gelangte Neffe Napoleons I., hatte den Ehrgeiz, aus dem Franc eine Art Weltmünze zu machen. Der von ihm 1865 gegründeten Lateinischen Münzunion gehörten außer Frankreich auch Belgien, Italien und die Schweiz an. Später schlossen sich Griechenland, Finnland, Spanien, Rumänien, Serbien, Bulgarien sowie verschiedene Staaten in Mittel- und Südamerika an. Einbezogen waren auch Kolonien, sofern deren "Mutterländer" Mitglied der Münzvereinigung waren. In Frankreich wurde das von Napoleon III. begründete Münzsystem als Mittel zur Schaffung einer europäischen Union angesehen. Der Kaiser hoffte, mit seiner Hilfe Kontinentaleuropa beherrschen zu können, was sich dann aber als Illusion erwies. Aufgrund des Verfalls des Silberpreises und starker Schwankungen im Verhältnis zwischen Gold und Silber, des Aufkommens von Papiergeld, inflationärer Strömungen sowie des Verlaufs und der Folgen des Ersten Weltkriegs hatte sich die Lateinische Münzunion in den zwanziger Jahren überlebt und wurde mit Wirksamkeit vom 1. Januar 1927 aufgelöst.

Kantone hatten ihr eigenes Geld

Auf dem Wiener Kongress 1814/15 wurde die Eidgenossenschaft, die über Jahrhunderte Teil des 1806 "in Rauch" aufgegangenen Römisch-deutschen Reichs war, wie man damals sagte, und auf eine ausgesprochen vielseitige Münz- und Geldgeschichte blickt, als souveräner Staat anerkannt. Abgeordnete von 22 Kantonen beschworen am 7. August 1815 in Zürich den Bundesvertrag. Nachdem die napoleonische Ära im Orkus der Geschichte verschwunden war, wurde in Zürich der Neue Bund ausgerufen. Die Kantonsregierungen waren streng auf ihre Autonomie bedacht. Sie traten mit eigenen Münzen, Maßen, Gewichten und Zöllen hervor und behinderten sich durch den engstirnigen "Kantönligeist" gegenseitig. Das konnte auf lange Zeit nicht gut gehen.

Den großen Bedarf an geprägtem Geld versuchte die Eidgenossenschaft um 1850 durch Vergabe von Prägeaufträgen nach Paris und Straßburg zu befriedigen. Doch war die Regierung von den Ergebnissen nicht überzeugt und beschloss daher, selber eine leistungsfähige Münzstätte einzurichten. Zunächst wurde 1853 die alte Münzstätte in Bern für die Herstellung des neuen Gelde genutzt. Da auch dort nicht gut und ausreichend genug produziert wurde, hat man die Anstalt umgebaut und technisch auf den neuesten Stand gebracht. Denn Ziel der Schweiz war es, auch im Geldwesen vom Ausland unabhängig zu sein. Als die 1855 eröffnete Geldfabrik den Anforderungen nicht mehr nachkam, wurde 1902 bis 1906 am Kirchenfeld in Bern eine neue Münze errichtet. Da sie nicht ganz ausgelastet war, übernahm sie Aufträge für Medaillen sowie den Druck von Postwertzeichen und arbeitete auch für ausländische Staaten.

Eher Tod als Knechtschaft

Die Schweiz hatte allen Grund, sich um ihre Freiheit zu sorgen, weshalb die Bewohner zur Wachsamkeit und Verteidigungsbereitschaft aufgerufen wurden. Die seit 1855 geprägten so genannten Schützentaler beschwören die Wehrhaftigkeit der Bevölkerung und ihren Willen, keine Einmischungsversuche von außen zuzulassen. Dargestellt sind bewaffnete Männer und Frauen oft in mittelalterlichen Kostümen, umgeben von patriotischen Sprüchen wie DEM LAND ZUM SCHUTZ DEM FEIND ZUM TRUTZ, EHRE IST MEIN HÖCHSTES ZIEL oder FÜR FREIHEIT UND VATERLAND. Innerhalb der Lateinischen Münzunion gab es Probleme wegen der Ausgabe der Sondermünzen. Weil sie das Geldvolumen unmäßig anschwellen ließen, wurde die Emission 1885 abgebrochen. Zwischen 1934 und 1939 hast man die Tradition mit neuen Werten zu 100 und fünf Franken wiederbelebt, und ab 1984 kommen Schützentaler als private Prägungen heraus.

Auf alten Münzen der Schweiz kommen Wappenschilder mit und ohne Krone vor, aber auch Monogramme und Kreuze, aus denen sich das Schweizer Kreuzwappen entwickelte. In den Wappenschildern ist zudem mancherlei Getier vertreten - Bären, Schafe und Ziegen, aber auch Drachen und Reichsadler mal mit einem, mal mit zwei Köpfen. Den Reichsadler auf Münzen darzustellen, war üblich, denn man sah im kaiserlichen Oberhaupt denjenigen, der die Städte und Herrschaften im Falle eines Falles vor Invasoren schützt.

Erwähnt sei der legendäre Rütlischwur als beliebtes Motiv. Der Gründungslegende der Schweiz zufolge schlossen sich Vertreter von Uri, Schwyz und Unterwalden auf dem Rütli, einem Ort am Vierwaldstättersee, gegen die Habsburgerherrschaft in Gestalt eines bösen Vogts zusammen. Friedrich Schiller fasste die Szene im Schauspiel "Wilhelm Tell" (2. Aufzug, 2. Szene) mit diesen Worten zusammen: "Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern, / in keiner Not uns trennen und Gefahr. / Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, / Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben / Wir wollen trauen auf den höchsten Gott / Und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen."

Prächtige Stadtansichten

Viele bedeutende, aber auch weniger bekannte Städte haben sich auf Münzen und Medaillen mit Ansichten verewigt, die sie manchmal von Festungskränzen umgeben zeigen. Diese auch durch sehenswerte Beispiele aus der Schweiz bereicherte Gattung gehört in die Kategorie "Architectura in nummis". Die Panoramen geben Einsicht in das wirtschaftliche und soziale Leben der Kommunen und zeigen, wie das Umland beschaffen war und sich im Laufe der Zeit verändert hat. Den Stempelschneidern standen außer dem eigenen Augenschein auch Stiche, Holzschnitte und Gemälde zur Verfügung. Sofern es sich um Städte mit einem Hafen oder solche an einem Fluss handelte, war es nur natürlich, dass man diese gute Lage auch durch Schiffe verdeutlichte, die sanft im Wasser schaukeln. Basel, Zürich und andere Städte glänzen mit Panoramen, die effektvoll Gebäude am Fluss mit Schiffen darauf kombinieren. Solche Motive deuten weitreichende Handelsbeziehungen an, die vor allem auf dem Wasserweg kostengünstig und schnell vonstatten gingen. Da die Münzen zum Teil weite Verbreitung außerhalb ihres eigentlichen Geltungsbereichs fanden, erhofften die Städte von ihnen Werbeeffekte. Um den Ansichten Tiefe und Bedeutung zu geben, hat man die Panoramen mit allegorischen Figuren garniert und auch die Bereiche vor der Stadt ins Bild einbezogen.

Das Bedürfnis, Städte mit ihren Panoramen ins enge Rund der Münze und Medaille zu bringen, hängt mit der bürgerlichen Emanzipation und dem Interesse der Städter zusammen, sich gegenüber der Feudalherrschaft und den Begehrlichkeiten der Fürsten in ihrem Umland zu behaupten. Viele ehemalige Leibeigene siedelten sich in den wie Pilze aus dem Boden schießenden Städten an. Hinzu kamen Menschen, die ihren Grundherren entflohen waren. In den Städten waren die ehemaligen Leibeigenen unauffindbar, und auf sie trifft der Spruch "Stadtluft macht frei" durchaus zu. Das Motto geht auf den Brauch zurück, nach dem in eine Stadt entflohene Leibeigene ihre Freiheit erhielten, wenn sie dort längere Zeit gelebt hatten. Die Städter gewährten ihnen dies nicht aus reiner Menschenliebe, sondern weil sie die Zuzügler als billige und rechtlose Arbeitskräfte brauchten.

17. Januar 2022

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