Von Lauchhammer in die Welt
Seit langer Zeit wird im Brandenburger Süden Eisen gewonnen, gegossen und kunstvoll verarbeitet



In der Biedermeierzeit glich die Eisengießerei in Lauchhammer, wenn man der farbigen Grafik trauen möchte, einer Idylle, die schwere und gesundheitsschädliche Arbeit an den Schmelzöfen, dem Metallguss und der anschließenden Bearbeitung der Stücke muss man sich hinzu denken.



Benedicta Margareta Freifrau von Löwendal, die Gründerin des Lauchhammer-Werks, Detlev Graf von Einsiedel und weitere Persönlichkeiten sind in Lauchhammer durch Büsten aus Eisenkunstguss präsent. Das Grabmahl in der Kirche von Wolkenburg erinnert an Sidonie Albertine von Einsiedel, die erste Gemahlin von Detlev Carl Graf von Einsiedel. In der Nikolaikirche zu Lauchhammer ist die Freifrau von Löwendal mit ihrer Familie bestattet.



Um das korrosionsanfällige Material zu schützen, hat man es mit Farbe bestrichen und manchmal vergoldet. Die antike Herkulanerin von 1788 und die monumentale Vase zum Gedenken an den ersten Hohlguss einer antiken Bacchantin im Jahre 1784 in Lauchhammer aus Eisenkunstguss haben alle Zeiten und Gefahren überstanden. Das Foto aus dem Jahr 1993 zeigt Gipsmodelle im Depot, nach denen die Metallgüsse angefertigt wurden.



Die von Walter Reinhold und Rudolf Löhner geschaffene und in Lauchhammer aufgestellte Figur aus dem Jahr 1951 zeigt einen Gießer mit langer Schöpfkelle bei der Arbeit.







Das Fontanedenkmal in Neuruppin, das Berliner Thälmanndenkmal und das Buchenwalddenkmal wurden in Lauchhammer gegossen.





Sehenswert sind im ehemalige Hüttenwerk Peitz raffiniert konstruierte Schmelzöfen und Walzen, die wie durch ein Wunder alle Modernisierungsbestrebungen der letzten 150 Jahre überstanden haben. Ausgestellt sind auch Erzeugnisse der Peitzer Hütte wie Kanonen und Kanonenkugeln, Acker- und Küchengeräte sowie Gitterzäune und Grabkreuze. (Fotos/Repros: Caspar)

"Lauchhammer" ist seit über 200 Jahren ein internationales Markenzeichen. Neben Kochtöpfen und Pfannen produzierte die Eisengießerei im heutigen Südbrandenburg auch Abgüsse von antiken Figuren, aber auch eiserne Möbel und andere Gegenstände aus diesem Metall. Der Hohlguss, der ab 1784 in Lauchhammer durch das Wachsschmelzverfahren eingeläutet wurde, ebnete den Weg von Lauchhammers zu einer der führenden Gießereien für Denkmäler, die in die ganze Welt transportiert wurden. Die wegen der günstigen Zusammensetzung des Metalls besonders dünnwandigen Skulpturen waren billiger als solche aus Bronze oder Marmor. Beliebt waren sie als Dekorationsstücke sowohl in Schlössern und Gärten als auch in der gutbürgerlichen Wohnwelt. Um das empfindliche Eisen vor Korrosion zu schützen und gleichzeitig aufzuwerten, hat man die Bildnisbüsten, Gartenfiguren, Möbel und andere Erzeugnisse braun patiniert, schwarz angestrichen oder in besonderen Fällen auch vergoldet.

Erfolgreich mit kunstvollen Figuren

Der Aufstieg der Eisengießerei im heutigen Landkreis Oberspreewald-Lausitz ist eng mit der Verarbeitung von Raseneisenstein und der Gründung des Hüttenwerkes im frühen 18. Jahrhundert durch Freifrau Benedicta Margaretha von Löwendal (1683-1776) auf ihrem Gut Mückenberg, einem Ortsteil des heutigen Lauchhammer, verbunden. Praktisch denkend, wie sie war, hatte sie die Idee, das nutzlos verfaulende Holz ihrer Wälder, wie ein Chronist schrieb, durch Kohlenbrennerei zu verwerten. Sie befasste sich, ungewöhnlich für eine Dame ihres Standes und von ihrem Landesherrn, dem Kurfürsten von Sachsen und König von Polen August dem Starken privilegiert, mit der Verhüttung des vor Ort gefundenen Raseneisensteins. Als Geburtsstunde der Gießerei gilt das Anblasen des ersten noch sehr einfach gebauten Hochofens am 25. August 1725. Nach einem Besitzerwechsel wurde die Produktionspalette erheblich erweitert. Der innovative und experimentierfreudige Detlev Graf Carl von Einsiedel (1783-1810), seines Zeichens kurfürstlich sächsischer Obersteuerdirektor und Konferenzminister, ließ in Lauchhammer Eisenkunstgusserzeugnisse herstellen und hatte damit großen Erfolg.

Vorlagen für die Nachgüsse antiker Figuren fand Einsiedel in der Dresdner Skulpturensammlung, denn Lauchhammer war damals sächsisch, sowie in anderen Museen. Mit den Skulpturen traf er den Geschmack seiner Zeit, als man die "edle Einfalt und stille Größe", wie Johann Joachim Winckelmann schrieb, der Kunst der Griechen und Römer dem bisherigen barocken Bombast vorzog und dem Klassizismus huldigte. Der Graf rief Bildhauer zu sich, die Modelle für Figuren, Vasen und andere Objekte aus Gusseisen schufen. Einige sorgsam restaurierte und konservierte Skulpturen sind im Freien aufgestellt, weitere können im örtlichen Kunstgussmuseum betrachtet werden.

Preiswertes und patriotisches Metall

Die Nutzung von Eisen für den Kunstguss kam zugute, dass es während und nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 zu einem "patriotischen Metall" avancierte. Zahlreiche Denkmäler, allen voran das von Karl Friedrich Schinkel entworfene und von namhaften Bildhauern ausgeführte Denkmal auf dem Kreuzberg in Berlin, wurden nicht in Bronze, sondern in preiswertem Eisen gegossen. Überdies bekam, wer sich damals auf militärischem Gebiet oder im zivilen Bereich hervor getan hatte, vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. das Eiserne Kreuz verliehen, das ebenfalls von Schinkel entworfen worden war. Da die Kapazitäten der 1804 gegründeten Königlichen Eisengießerei zu Berlin oft nicht ausreichten, wurden Aufträge auch nach Lauchhammer und in andere Werke gegeben. Viele Denkmäler, Glocken, Tafel- und Wandschmuck, aber auch die so genannten Schinkel-Möbel sowie Kandelaber, Leuchter, Brunnen, Pumpen und Medaillen gingen aus Lauchhammer in die Welt. Hinzu kommen Grabkreuze, Kaminaufsätze, Uhrengehäuse, Gitter und anderen Objekte, aber auch eiserne Konstruktionselemente für Brücken, Bahnhöfe und andere Bauten. Im Laufe der Zeit bereicherten Aluminium, Zinn, Zink und Messing die Materialpalette.

Die herausragende Arbeit der Kunsthandwerker trug Lauchhammer hohe Anerkennung unter den Künstlern und weitere Aufträge ein. Die Gießerei war führend auf dem Gebiet des Bronzegusses und der Großplastik weltweit und erhielt auf den Weltausstellungen Anerkennungen und Goldmedaillen. Der Ruf der Gießerei war so gut, dass Bestellungen für Denkmäler aus den USA und Südamerika, aus der Schweiz, Italien, Ungarn, Russland, Frankreich und Ägypten und anderen Ländern sowie aus vielen deutschen Städten eintrafen. Über sie wird im Museum ausführlich berichtet. Die Referenzliste des Traditionsbetriebs ist lang und enthält bedeutende Namen und berühmte Bildwerke. So war es der Berliner Bildhauer Christian Daniel Rauch, der 1838 sein erstes Doppelstandbild der christlichen Polenkönige Mieczyslaw I. und Boloslaw I. in Lauchhammer gießen ließ. Noch heute kann dieses Werk im Posener Dom besichtigt werden. Das in Bronze ausgeführte, zum Teil vergoldete und versilberte Werk, wurde zudem mit wertvollen Steinen besetzt. Erwähnt seien auch das Luther-Monument in Worms, das Fontanedenkmal in Neuruppin, das Denkmal von Felix Mendelssohn Bartholdy in Leipzig, das Gertraudendenkmal auf der gleichnamigen Brücke sowie Skulpturen im Tiergarten und im Tierpark in Berlin, das Buchenwalddenkmal, das Thälmanndenkmal in Berlin und Kandelaber für die Dresdner Semperoper, um einige Beispiele nur in Deutschland zu nennen.

Bronziert, weiß angestrichen, vergoldet

Die Herstellung lebensgroßer Figuren aus Eisen in einem Stück gelang in Lauchhammer ab 1784, erst 1838 kam der Bronzekunstguss dazu. An die Begründer und Besitzer des Eisenwerks, Frau von Löwendahl und die Grafen von Einsiedel wird im Kunstgussmuseum und seinen Publikationen ehrenvoll erinnert. Detlev Carl von Einsiedel veranlasste den Bau der ersten Dampfmaschine Deutschlands, die ab 1804/05 das Wasser des Nauendorfer Sees für die Industrie nutzbar machte. Um das empfindliche Eisen vor Korrosion zu schützen und es optisch aufzuwerten, hat man es bronziert und manchmal vergoldet. Überdies wurde durch helle Bemalung weißer Marmor oder Sandstein vorgetäuscht. Solche Farbfassungen waren auch bei den im 19. Jahrhundert modisch gewordenen Figuren und Architekturelementen aus Zink sowie bei Objekten aus Pappmaché beliebt, die in Mecklenburg als Alternative zu teuren Ausfertigungen aus Metall oder Stein hergestellt wurden und in alle Welt geliefert wurden.

Das Kunstgussmuseum in einer ehemaligen Schule aus dem Jahr 1890 an der Freifrau-von-Löwendahlstraße besitzt neben vielen anderen Hinterlassenschaften eine bedeutende Sammlung von Menschen- und Tierfiguren, die wegen ihrer Beliebtheit zum Teil in hohen Auflagen gegossen und per Katalog vertrieben wurden und werden. Hinzu kommen Eisen- und Bronzegüsse von Porträtbüsten, aber auch Medaillen und Plaketten und andere Objekte sowie die dazu gehörenden Modelle und Formen, die wie durch ein Wunder alle Zeiten und Gefahren überstanden haben. Die etwa 2800 Objekte umfassende Sammlung sucht in Deutschland ihresgleichen. Mit den vollplastischen Objekten und Reliefs vermittelt das Museum Einsichten in die Geschichte dieses traditionsreichen Handwerks- und Industriezweiges. Im Museum ist zu erfahren, dass nicht nur das Eisen das Gesicht der Region prägte, sondern auch die Gewinnung und Verarbeitung der in umliegenden Tagebauen gewonnenen Braunkohle.

Technisches Denkmal mit historischem Inventar in Peitz

Erwähnt sei, dass das als technisches Denkmal anerkannte Eisenhütten- und Hammerwerk in der ehemaligen Festungsstadt Peitz (Landkreis Spree-Neiße) mit wichtigen Teilen seines historischen Inventars unbeschadet auf uns gekommen ist. Das technisches Denkmal und Museum lädt es zu einem Streifzug durch die Geschichte der auf der Verhüttung von Raseneisenstein basierenden Eisenindustrie ein. Zu sehen sind unter anderem eine still gelegte mechanische Werkstatt und eine Ausstellung, in der Geräte und Maschinen aus Zeiten gezeigt werden, als man in Peitz Kanonen, Kanonenkugeln, Kochtöpfe, Grabkreuze und Gitterzäune, Ackergerät und Teile von Textilmaschinen hergestellt hat. Zwei vom Rost zerfressene Kanonen und weitere Exponate im Hüttenwerk und im alten Festungsturm erzählen aus diesen längst vergangenen, vor Ort jedoch noch sehr präsenten Zeiten.

9. April 2022

Zurück zur Themenübersicht "Ausstellungen, Museen, Denkmalpflege"