König verschmähte Goldmedaillen
Akten im Berliner Hugenottenmuseum geben Auskunft über Beziehungen zwischen Friedrich II. und der Französischen Gemeinde



Nach mehrjähriger Sanierung empfängt der Französische Dom am Berliner Gendarmenmarkt mit dem neu gestalteten Hugenottenmuseum darin wieder die Besucher.



Die Ausstellung würdigt die Geschichte der unter dem Schutz der Hohenzollern stehenden Hugenotten. Das Gemälde zeigt, wie ein Juwelier Kurfürst Friedrich Wilhelm und seiner Gemahlin Dorothea Schmuckstücke zeigt.



Daniel Chodowiecki prägte mit seinen Grafiken das Bild, das wir von Brandenburg-Preußen unter Friedrich II., dem Großen, sowie seinen Vorfahren haben. Mitglied der Französischen Gemeinde widmete es sich mit Hingabe auch deren Aufnahme und Leben im Reich der Hohenzollern.



Die Hugenottenmedaille von 1772 ist ein Gemeinschaftswerk von Daniel Chodowiecki und Abraham Abramson, der für den Schnitt der Prägestempel hundert Reichstaler bekam. Der Verkauf dieser und der Medaille von 1785 kam armen Franzosen zugute.



Im Archiv des Berliner Hugenottenmuseums blieb neben anderen Dokumenten auch ein zwischen der Französischen Gemeinde sowie Chodowiecki und Abramson geschlossener Kontrakt über die Medaille von 1772 erhalten.



Die Jubiläumsmedaillen von 1772 un 1785 sind Gemeinschaftswerke von Chodowiecki und Abramson.







Was sich in der Französischen Gemeinde abspielte, wie man einander half und wie die Beziehungen zum brandenburgisch-preußischen Staat beschaffen waren, wird in der Ausstellung anhand von Archivalien und anderen Hinterlassenschaften dokumentiert. (Fotos/Repros: Caspar)

Im Turm der Französischen Kirche empfängt das Hugenottenmuseum wieder seine Gäste. Nach langer Schließzeit und umfassendem Umbau im November 2021 eröffnet, präsentiert die neue Dauerausstellung in hellen Räumen nicht nur Bilder, Manuskripte und gegenständliche Hinterlassenschaften der Hugenotten, die im späten 17. Jahrhundert aus dem vom "Sonnenkönig" Ludwig XIV. beherrschten Frankreich geflohen waren, sondern auch Medaillen, die die ihnen vom preußischen Herrscherhaus gewährten Hilfe feiern. Das Museum schildert, welcher Drangsalierungen die Reformierten ausgesetzt waren, weil sie nicht in den Schoß der katholischen Kirche zurück kehren wollten. Dargestellt wird, wie sie auf beschwerlichen Wegen nach Brandenburg-Preußen und in andere Länder gelangten und sich neue Existenzen aufbauten. Dargestellt wird darüber hinaus, was die Einheimischen den Réfugiés hinsichtlich der Sprache, Kunst und Lebensart und nicht zuletzt der Küche verdanken.

Kurfürst Friedrich Wilhelm und sein Sohn Friedrich III./I. hatten tausende französische Glaubensflüchtlinge nach Berlin und in andere Städte des Hohenzollernstaates geholt. Grundlage der Einladung war das am 29. Oktober 1685 von Friedrich Wilhelm erlassene Edikt von Potsdam, das ihnen Arbeit, Wohnung und vielfältige Vergünstigungen gewährte. Die Botschaft kam bei den Hugenotten gut an. Etwa 20 000 Glaubensflüchtlinge fanden in Berlin und anderswo eine neue Heimat und nutzten ihre Chancen. Den Franzosen folgten im frühen 18. Jahrhundert Glaubensflüchtlinge aus Böhmen, dem Erzbistum Salzburg und anderen Gebieten. Statt ihrem Glauben abzuschwören nahmen sie wie die Hugenotten lange Wege und große Gefahren, ja auch Krankheit und Tod in Kauf.

Verkauf zum Besten der Armen

Die Vertreibung der Protestanten aus Frankreich und im frühen 18. Jahrhundert aus Salzburg und ihre Aufnahme in Preußen waren Themen von Druckschriften, Bildern und Medaillen. 1772 und 1785 gab die Französische Gemeinde zu Berlin zwei Medaillen heraus, die mit anderen Hinterlassenschaften in der Ausstellung des Hugenottenmuseums gezeigt werden. Gestalter war der aus einer hugenottischen Familie stammende Maler und Grafiker Daniel Chodowiecki, der im Französischen Dom umfassend mit einer Sonderausstellung gewürdigt wird. Ungewöhnlich und zu begrüßen ist, dass in der Ausstellung neben der Medaille von 1772 mit der personifizierten Liebe und der Symbolfigur des Glaubens sowie einer neunzeiligen Inschrift auch die von Abraham Abramson gravierten Stempel ausgelegt sind. Zuzüglich sind Druckschriften zu sehen, die in Bild und Schrift die Medaille vorstellen und für den Kauf für zwei Reichstaler und 12 Groschen "zum Besten der Armen" werben. Dass Medaillen für wohltätige Zwecke verkauft werden, war nicht ungewöhnlich. So kam der Reinerlös einer Medaille von Henri-François Brandt geschaffenen Medaille von 1821 mit der Ansicht des Berliner Kreuzbergdenkmals Invaliden der Befreiungskriege von 1813 bis 1815 zugute.

Das Consistorium der Französisch-reformierten Gemeinde zu Berlin hatte Daniel Chodowiecki bei der Vorbereitung ihres hundertjährigen Gründungsjubiläums um einen Entwurf für die Jubiläumsmedaille gebeten. Der Künstler stimmte zu und legte eine Zeichnung mit der Darstellung der Caritas (Liebe) mit zwei Kindern und der Umschrift ASYLE OUVERT À LA FOI PAR LA CHARITÉ (Dem Glauben wird Schutz durch Nächstenliebe gewährt) auf der Vorderseite vor. Die zehnzeilige Inschrift auf der Rückseite lautet in der Übersetzung "Die Französische Kirche, durch den Großen Kurfürsten gegründet, feiert ihr Jubiläum unter der Regentschaft Friedrichs des Großen 10. Juni 1772." Chodowiecki nahm für einen Entwurf kein Honorar. In einer Auflage von 1500 Exemplaren wurde ferner die von Pastor Jean-Pierre Erman in französischer Sprache verfasste, später ins Deutsche übertragene Jubiläumsschrift mit dem Titel "Historische Denkwürdigkeiten, die Stiftung der französischen Gemeinde in Berlin betreffend, bey Gelegenheit des am10ten Junius 1772 gefeyerten Jubelfestes" gedruckt. Dort sind beide Seiten der Medaille abgebildet.

Graveur erhielt 100 Reichstaler

Die im Archiv der Französischen Gemeinde befindlichen, in französischer und deutscher Sprache abgefassten Unterlagen mit der Signatur "344 Rep 04-1101 Vol. 1" zum Jubiläum von 1772 enthalten unter anderem den Kontrakt vom 20. Februar 1772, nach dem Jacob Abraham für die Gravur der beiden Prägestempel hundert Reichstaler bekommen sollte. Würde sich zeigen, "daß die Stempel beym prägen einen Riß bekämen oder beschädiget würden", müssten neue Stempel geliefert werden. In diesem Fall sollte der Stempelschneider 70 Reichstaler erhalten. Nach der Ausprägung seien die Stempel dem Consistorium abzuliefern, das sich verpflichtete, "das Recht zu den Stempeln wie auch die Kosten des Prägens zu bezahlen." Abraham klärte sich bereit, der Gemeinde bei der Anschaffung des Silbers behilflich zu sein und über dessen Verbrauch zu berichten.

Das mit zwei Siegeln beurkundete Dokument trägt die Unterschriften von der Prediger Jean-Piere Erman und Pierre-Chrétien Reclam sowie der Künstler Chodowiecki und Abraham. In den Unterlagen befinden sich ferner ein französisch abgefasstes Dankschreiben von Friedrich II. vom 12. Juli 1772 sowie die deutsche Übersetzung für einen goldenen Abschlag der Medaille und die dazu gehörige Festschrift. Er sei sehr angetan, schrieb der König, "über die Danksagungen, welche die Pastoren und Ältesten der Französischen Gemeinde im Namen der Kolonie des gern verschafften Asyls, das sie in seinen Staaten vor einen Jahrhundert gefunden hat, und nicht weniger die Aufmerksamkeit mit Wohlwollen anerkennend, indem sie ihm die Medaille überreichten." Er wisse diese Medaille aber besser zu verwenden, indem er sie mit der Maßgabe zurückschickt, sie zugunsten der Armen zu verkaufen. Das soll auch mit der ihm dedizierten Goldmedaille von 1785 geschehen sein, die ebenfalls eine Arbeit von Daniel Chodowiecki (Entwurf) und Jacob Abramson (Stempelschnitt) ist. Mitglieder der Hohenzollernfamilie und weitere Persönlichkeiten erhielten Ausgaben von 1772 aus Silber und bedankten sich herzlich, wie aus den zu den Akten gelegten Schreiben hervorgeht.

Einzelheiten über die Beziehungen zwischen dem König und der Gemeinde lassen sich nicht mehr klären, denn viele Unterlagen gingen im Zweiten Weltkrieg, als auch der Französische Dom mit dem 1935 gegründeten Hugenottenmuseum darin zerstört wurden, wie Robert Violet, der Archivart der Französischen Gemeinde, erklärt. Nur so viel sei bekannt, dass der Monarch der Französischen Kolonie in Berlin ein Legat von 10.000 Talern aussetzte, deren Zinsen der Gemeindearbeit und also auch der Sorge Arme und Hilfsbedürftige zugute kam. Zum Vergleich sei erwähnt. dass dieser enorme Betrag das war, was sich Friedrich II. aus eigener Machtvollkommenheit Monat für Monat selber zukommen ließ.

Siehe auch Einträge über das Hugenottenmuseum und die dort ausgestellten Medaillen auf dieser Internetseite vom 5. November 2011 (Ausstellung) und 17. November 2021 (Münzen und Medaillen)

20. Januar 2022

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