Cäsarenköpfe und Talerhumpen
Das Schloss Oranienburg bei Berlin zeigt in einer sehenswerten Ausstellung Kostbarkeiten aus der Zeit der Hohenzollern





Das bald nach dem Dreißigjährigen Krieg zwischen 1651 und 1704 errichtet und immer wieder ausgebaute Oranienburger Schloss war nach neuesten barocken "Geschmack" und kostbar ausgestattet. Im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts verloren die Hohenzollern das Interesse an dem Palast, der viel von seinem Glanz verlor. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Preußische Schlösserstiftung ihn aus dem Dornröschenschlaf geholt und eine sehenswerte Kunst- und Geschichtsausstellung eingerichtet.



Luise Henriette sowie der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm und der gemeinsame Sohn Friedrich III., der sich ab 1701 König Friedrich I. in Preußen nannte, grüßen neben und im Schloss die Besucher.



Auch Kurfürst Friedrich Wilhelm wertete sich und sein Haus durch Kaiserserien für seine Schlösser auf. Eine solche wird in den Inventaren des Schlosses Oranienburg in Ausführungen aus vergoldetem oder bronziertem Gips, aber auch aus Marmor für den Fassadenschmuck und den Garten erwähnt. Nach langer Irrfahrt kehrten die Büsten an ihren Ursprungsort zurück. Kopien schmücken die Hausfassade im Hof.



Ein von Pierre Mercier gewirkter Bildteppiche zeigt die Schlacht von Fehrbellin 1675, der dem Großen Kurfürsten einen triumphalen Sieg über die Schweden beschwerte. Er war ein Meilenstein in der Entwicklung des Kurfürstentums Brandenburg zu einer ernstzunehmenden europäischen Militärmacht. Dargestellt ist neben Friedrich Wilhelm sein Stallmeister Froben, der von einer Kugel getroffen ist und zu Boden fällt. Nach der Legende soll er aus Treue zu seinem Herrn sein Leben geopfert haben.





Im Porzellankabinett wird über die "Zerbrechliche Leidenschaft der Fürsten", so die Überschrift einer Informationstafel, berichtet. Seit dem späten Mittelalter gelangte chinesisches Porzellan nach Europa und avancierte zu einem fürstlichen Statussymbol und teuren Luxusgegenstand. Das prachtvoll mit farbigen Stuckaturen gerahmte Deckenbild, das einzige im ganzen Schloss, verherrlicht die Ankunft dieser Keramiken in Europa. Die am Computer erstellte Rekonstruktion zeigt, wie das Kabinett um 1700 ausgesehen haben könnte.



Prunksilber wie der Tischleuchter und die Kurfürstenkannen stellen große Raritäten dar. Die beiden mit brandenburgischen Münzen besetzten Gefäße für Bier kamen unter Friedrich II. in den Rittersaal des Berliner Schlosses.



Das auf der Pfaueininsel zwischen Berlin und Potsdam hergestellte Rubinglas war so kostbar, dass man es in vergoldetem Silber gefasst hat. Der Friedrich Wilhelm III. verehrte Goldbecher von 1827 wurde aus den auf chemischem Weg chemisch gewonnenen Rückständen eingeschmolzener Silbermünzen gewonnen. (Fotos/Repro: Caspar)

Im Jahre 1850 beschlossen die Bürger von Oranienburg, der Magistrat und die Stadtverordneten, die Kurfürstin Luise Henriette von Brandenburg, geborene Prinzessin von Oranien, durch ein Denkmal zu ehren. Anlass war die Zweihundertjahrfeier der Umbenennung des Ortes Bötzow in Oranienburg. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der die Herrschaft seiner Gemahlin Luise Henriette geschenkt hatte, wollte damit seine aus dem niederländischen Geschlecht der Oranier stammenden Gemahlin ehren, die sich die sich um die Kultivierung der Region verdient gemacht hatte und hier ein Schloss, die Oranienburg, errichten ließ. Nachdem der preußische König Friedrich Wilhelm IV. am 18. Juni 1850 den Grundstein für das Denkmal gelegt hatte, dauerte es noch acht Jahre, bis es unweit des Schlossparks enthüllt werden konnte. Der Bildhauer Wilhelm Wolff stellt die Landesmutter in prächtiger Hoftracht stehend und mit einer Schriftrolle in der Hand dar, auf der das Wort "Urkunde" steht. Der Hermelinmantel und das Diadem auf dem Kopf unterstreichen ihren fürstlichen Stand. Die Inschrift auf einer Tafel im Sockel lautet: "Der hohen Wiederbegründerin dieser Stadt: LUISE HENRIETTE Churfürstin von Brandenburg geb. Prinzessin v. Oranien zum dauernden Gedächtnis die dankbare Bürgerschaft Oranienburgs 1858."

Holland im Kleinen mit landesfürstlicher Gunst

Das kurfürstliche Paar ist mit seinen Kindern überall im Schloss präsent. Mit einer langen lateinischen Inschrift an der zur Stadt ausgerichteten Fassade würdigte der Nachfolger des Großen Kurfürsten und ab 1701 erste preußische König Friedrich III./I. sich und seine Eltern in einer Weise, die man ungefähr so übersetzen kann: "Diese von Louise, der Prinzessin von Oranien, der besten Mutter, erbaute und durch den Namen ihres Geschlechts ausgezeichnete Schloss hat Kurfürst Friedrich III. zum Gedächtnis der sehr frommen Mutter erweitert, geschmückt und ausgebaut." Die als klug, umsichtig, mildtätig und fromm geschilderte Landesmutter machte aus Oranienburg eine Art Holland im Kleinen. Ihr Mann siedelte unter ihrem Einfluss niederländische Bauern und Handwerker an und stattete sie mit Privilegien aus. Ähnlich verhielt er sich bei den nach Kurbrandenburg aus dem katholischen Frankreich geflohenen Hugenotten, denen er vielfältige Vergünstigungen gewährte. Niederländische Spezialisten legten Sümpfe trocken, und auch heute kann man in der Nähe von Oranienburg schnurgerade Kanäle aus jener Zeit sehen.

Das von einem Graben umgebene Schloss in Oranienburg war der erste Bau dieser Art in der Mark Brandenburg nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Friedrich Wilhelm demonstrierte mit ihm, dass sein durch den Krieg schwer geschädigtes Land nicht ganz am Boden liegt und einen Neuanfang wagt. Der Prunkbau wurde von Blumen und Bäumen eingefasst, zu ihrer Versorgung haben der Kurfürst und seine Frau den Gemüse-, Hopfen- und Obstanbau gepflegt und überdies den Schlossgarten mit Figuren, Brunnen und Grotten ausgestattet, wovon in den folgenden Jahrhunderten das Meiste verloren ging.

Neustart nach Vernachlässigung und Missnutzung

In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten wurde das lange Zeit durch Missnutzung und Vernachlässigung lädierte Schloss Oranienburg saniert und restauriert. Wer es heute besucht und seine Eindrücke mit früheren vergleicht, wird angenehm überrascht sein, denn es hat sich vieles außen und innen und auch im Schlossgarten verändert. Oranienburgs Ruf ist zwiespältig. An seinem Rand befindet sich das ehemalige Konzentrationslager Sachsenhausen, in dem mit Dauer- und Gedenkausstellungen der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird. Auf dem Schlossplatz berichtet eine Open-Air-Ausstellung über dieses schreckliche Kapitel der Stadt- und Landesgeschichte, aber auch über Oranienburg als Industrie-, Rüstungs-, Wissenschafts- und Kulturstandort.

Die Bundesgartenschau von 2009 war wichtig, denn mit Hilfe bedeutender finanzieller Zuwendungen erwachte auch das Schloss aus dem Dornröschenschlaf. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg zeigt in dem weiß gestrichenen Barockpalast eine aus Hinterlassenschaften der Hohenzollern bestehende Kunstsammlung mit Gemälden, Möbeln, Porzellanen, Gläsern, Skulpturen und Silberarbeiten. Das überlebensgroße Marmordenkmal des Sohns der Oranienburger Namenspatronin, Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, im Schloss ist ein Werk des Bildhauers Gabriel Grupello und war ursprünglich für die zu Kurbrandenburg gehörenden Stadt Kleve vorgesehen. Der wie ein römischer Imperator kostümierte Hohenzoller ist ein treffliches Beispiel dafür, wie man in der Barockzeit fürstliche Personen öffentlich präsentierte. Der Herrscher blickt in eine imaginäre Ferne, die rechte Hand hält einen - nicht mehr vorhandenen - Feldherrnstab, die linke Hand ist stolz in die Hüfte gestemmt. Kleine Bohrungen im Haupthaar weisen darauf hin, dass hier ursprünglich ein vermutlich vergoldeter Lorbeerkranz befestigt war.

Aus den Annalen ist bekannt, dass die Statue erst im Zusammenhang mit den Krönungsfeierlichkeiten von 1701 in Oranienburg enthüllt wurde. Nach der Krönung am 18. Januar 1701 machte das Königspaar im Oranienburger Schloss Station, bevor es weiter nach Berlin und Potsdam zog. Die "Marmel-Säule" war am Ende einer Straße mit drei Ehrenpforten aufgerichtet worden. "Das Bildniß stand im Königlichen Ornat, mit einem Lorbeer-Crantz auf dem Haupt (und ist am) 19. Mertz 1701 unter Läutung der Glocken, Lösung der Geschütze und dreimaliger Salve der Soldateque und Bürgerschafft so in Gewehr paradierten, aufgerichtet worden", heißt es in einer Chronik.

Kurfürsten stehend und aus Marmor

Bis 1718 stand das Denkmal vor dem Oranienburger Schloss, dann wurde es nach Charlottenburg gebracht und im Garten als Pendant einer Marmorstatue des Großen Kurfürsten von François Dieussart auf der Gartenterrasse aufgestellt. Zum Glück für den empfindlichen Marmor hat man die Figur später ins Berliner Schloss gebracht. Nach dessen Zerstörung kam sie mit dem Großen Kurfürsten in die Gruft des Berliner Doms und 1968 ins Untere Vestibül des Neuen Palais im Park von Sanssouci. Die Rückführung nach Oranienburg stellte den historischen Zustand wieder her. Ein von Andreas Schlüter für den Innenhof des Berliner Zeughauses geschaffenes Denkmal des prachtliebenden und baufreudigen Friedrich III./Friedrich I. steht im Charlottenburger Schlossgarten neben Friedrich dem Großen, dessen Standbild von Johann Gottfried Schadow geschaffen wurde. Beide Statuen sind Bronzenachgüsse der verloren gegangenen Originale.

Das Marmorstandbild des Großen Kurfürsten von Dieussart stammt aus dem Jahr 1652 und ist damit 40 Jahre älter als das seines Sohns Friedrich III. Es schmückte ursprünglich ein Wasserbecken im Berliner Lustgarten. Auftraggeberin war die Kurfürstin Luise Henriette. Dargestellt ist der noch junge Herrscher im vollständigen Harnisch mit einer über die rechte Schulter zur linken Hüfte gelegten Feldbinde. Der Kurhut und der Helm weisen ihn als Mitglied des zur Kaiserwahl berechtigten Kurfürstenkollegiums und als brandenburgischen Landesherrn aus.

Barocke Gobelins und chinesisches Porzellan

Im Schloss sind zahlreiche Kunstwerke zu sehen, so auch Gobelins, die in der Barockzeit wichtige Dienste für die fürstliche Selbstdarstellung leisteten. Kurfürst Friedrich Wilhelm nutzte die Tapisserien für den Kult um seine Person und um seine politischen und militärischen Ziele zu vermitteln. Die kostbaren Stoffe in einem der Säle schildern seine Feldzüge der Jahre 1675 bis 1679 gegen die Schweden. Die von ihm eroberten Gebiete Vorpommerns wurden im Frieden von St. Germain 1679 im Interesse des europäischen Gleichgewichts den Schweden wieder zugesprochen. Die Wandteppiche verherrlichen den Kurfürsten als großen Schlachtenlenker, sie dokumentieren aber auch den Fortschritt der Künste während seiner Herrschaft. Neben Brüssel und Paris entwickelte sich auch Berlin zu einem Zentrum der Bildwirkerei. Möglich wurde das, wie die Ausstellung unterstreicht, durch den Zuzug von Hugenotten, denen der Kurfürst mit dem Edikt von Potsdam Freundschaft und Hilfe in Kurbrandenburg zusicherte.

Chinesisches Porzellan war so kostbar und teuer, dass man es in Raritäten- und Wunderkabinetten und Schatzkammern aufbewahrte. Mit dem Aufblühen des Fernhandels Ende des 16. Jahrhunderts und ganz besonders nach Gründung der niederländischen Vereinigten Ostindischen Handelskompanie 1602 nahm der Import der blau bemalten Keramiken an Fahrt auf. Kurfürst Friedrich III, ab 1701 König Friedrich I. in Preußen, war einer der großen Porzellansammler seiner Zeit. Er hatte die Sammlung in Oranienburg angelegte Sammlung seiner Mutter fortgeführt und sie in vergoldeten und verspiegelten Etagèren aufstellen lassen. Mit diesen seinen Schätzen konnte er es mit anderen Potentaten einschließlich August dem Starken von Sachsen aufnehmen. Von dem Bestand ist nichts mehr erhalten, in dem Kabinett gezeigte Stücke stammen aus anderen Quellen. Wie das Porzellanspiegelkabinett ausgesehen haben könnte, wird am Computer gezeigt. Die virtuelle Rekonstruktion zeigt auf der Grundlage jahrelanger Forschungsarbeit in Zusammenarbeit mit der Dresdner Firma arte4D ein maßstabsgetreues 3-D-Modell des Raumes, wie er um 1700 ausgesehen haben könnte. Da die Hohenzollern im Laufe des 18. Jahrhunderts ihr Interesse am Schloss Oranienburg verloren, ging die Porzellansammlung ins Schloss Charlottenburg, wo ein ähnliches Kabinett gezeigt wird.

Römische Kaiserbüsten und prunkvolles Tafelsilber

Sehens- und bemerkenswert sind in einer langen Galerie Marmorbüsten der ersten zwölf römischen Kaiser. Solche Skulpturen gehörten seit der italienischen Renaissance zum beliebten Ausstattungen von Schlössern und Gärten. Mit ihnen schmückten sich Fürsten als großmächtige Männer und unterstrichen den Bezug ihrer Dynastien zum Römischen Reich. Die Marmorbüsten der zwölf Kaisern und ebenso vielen Kaiserinnen wurden vermutlich, ebenso wie das Standbild Friedrichs III./I., von Gabriel Grupello im frühen 18. Jahrhundert nach Charlottenburg gebracht. Friedrich II. ließ sie und das von Dieussart geschaffene Standbild von Friedrich Wilhelm vor der Gartenfassade des Schlosses aufstellen. Sie gelangten später nach Potsdam, von wo sie 1999 nach Oranienburg zurück gebracht wurden.

Einer der Höhepunkte beim Rundgang durch das Schloss ist die Silberkammer, in der kostbare Tischleuchter, Tafelgeschirr und Münzhumpen sowie Gläser aus rotem und durchsichtigem Material in raffiniert beleuchteten Vitrinen gezeigt werden. Die Ausstellung unterstreicht, dass Silber schon immer als Schauobjekt und Wertanlage zugleich geschätzt wurde. In Friedenszeiten hat man große Silberschätze nicht als Barren angehäuft, sondern in Form von Möbeln, Geschirren und Skulpturen, um sie, wenn es nötig ist, in Kriegszeiten einzuschmelzen und das gewonnene Metall für Silbermünzen zu verwenden. Selbst der berühmte Silberschatz Ludwigs XIV. von Frankreich wurde noch während seiner Regentschaft bis auf Reste wieder zerstört, um Kriege und das teure Leben am Hof von Versailles finanzieren zu können. Gleiches wird von Silbergefäßen aus dem Grünen Gewölbe in Dresden berichtet, die nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zur Begleichung sächsischer Schulden eingeschmolzen wurden.

Numismatische Ahnengalerie und ein Goldbecher

Ausgestellt sind in der Silberkammer verschiedene Prunkgefäße wie die Kleine Hohenzollernkanne, die zwischen 1720 und 1733 vom Berliner Silberschmied Christian Lieberkühn dem Älteren geschaffen wurde. Mit 193 Münzen und Medaillen brandenburgischer Herrscher zwischen 1538 und 1719 stellt sie eine numismatische Ahnengalerie des Hauses Hohenzollern dar. Die beiden Großen Kurfürstenkannen aus der gleichen Werkstatt mit zahlreichen Münzen und Medaillen aus der Zeit des Großen Kurfürsten kamen 1742 kamen sie in den Rittersaal des Berliner Schlosses. Ein besonderes Highlight ist in der Silberkammer ein kleiner Becher aus Gold, welches aus der Affinierung von 5000 Scheidenmünzen in der chemischen Fabrik gewonnen wurde, die im späten 18. Jahrhundert in dem von den Hohenzollern aufgegebenen Schloss Oranienburg gewonnen wurde. Das kleine Gefäß ist ein Geschenk des Fabrikanten Hempel von 1827 an König Friedrich Wilhelm III. mit der Widmung "Dem gütigen Landesvater der dankbare Chemiker". Sie dürfte sich auf das vom König drei Jahre zuvor erteilte Patent für ein Scheideverfahren beziehen, durch das winzige Goldpartikel in Silbermünzen gewonnen wurde.

Das Oranienburger Silbergewölbe ist das einzig noch erhaltene Beispiel für die Aufbewahrung dieser Preziosen in den preußischen Schlössern. Die Schatzkammer enthielt um 1700 über 500 Objekte aus Silber, man hat hier aber auch kostbare Gläser aufbewahrt, um sie zu festlichen Anlässen in den Prunkräumen aufzutischen. Den Einschmelzungen entgangene Arbeiten Augsburger und Berliner Silberschmiede begegnet man auch im Berliner Schloss Charlottenburg und im Kunstgewerbemuseum Schloss Köpenick.

16. Juni 2022

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