Preußische Preziosen
Schlösserstiftung präsentiert in Charlottenburg Schatzkammer der Hohenzollern in neuem Gewand



Auf dem Weg zum Schloss Charlottenburg mit dem markanten Turm kommt man an dem heute als Museum genutzten Theater und der Neuen Orangerie vorbei, die aktuell außen und innen saniert und restauriert werden.



Der vergoldete Helm des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg wurde bei Trauerfeierlichkeiten zur Schau gestellt und dem Sarg des Landesherrn voran getragen.



Friedrich II. ließ die Edelsteine aus den für die Krönung 1701 in Königsberg gefertigten Kronen entfernen, weil er sie als Besatz für anderer Juwelen benötigte.



An der königlichen Tafel wurde zu besonderen Anlässen fürstlicher Prunk entfaltet. Spätere Einschmelzungen haben die vergoldete Terrine aus der Zeit von Friedrich Wilhelm I. und das Silbergeschirr aus der Zeit Friedrichs II. überstanden.



Als besonders kostbare Andenken an Friedrich II. hat man die reich mit Edelsteinen besetzten goldenen Tabaksdosen sie der hohenzollernschen Schatzkammer zugewiesen.



Aus dem Besitz der Königin Luise stammt der kostbare Ohrschmuck, gefertigt vermutlich aus dem Nachlass der Königin Elisabeth Christine. Foto: Daniel Lindner



Friedrich II. bestellte in Meißen und in der eigenen Königlichen Porzellanmanufaktur kostbare Services und Tafelaufsätze, von denen die Schatzkammerausstellung interessante Beispiele zeigt.



Am Ende des Rundganges findet das von namhaften Bildhauern und Goldschmieden geschaffene Kronprinzensilber aus dem frühen 20. Jahrhundert bewundernde Blicke. Fotos: Caspar

Im Unterschied zu den sächsischen Wettinern und anderen Herrscherhäusern waren die in Brandenburg und Preußen regierenden Hohenzollern eine alles andere als reiche Dynastie. Ihren Rang in der europäischen Fürstenfamilie erkämpften sie sich durch Kriege und Landraub, aber auch durch Leistungen auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet. Was sich in ihren Schatzkammern ansammelte, wurde meist entweder für luxuriöse Hofhaltung oder militärische Abenteuer ausgegeben, die Millionen Taler kosteten. Wenn Not am Manne war, dann ließen die Kurfürsten von Brandenburg und Könige von Preußen Teile ihres Tafelsilbers einschmelzen und Juwelen verkaufen. Das eine oder andere Stück wurde auch an befreundete Fürstenfamilien verschenkt oder Prinzen und Prinzessinnen als Aussteuer mitgegeben.

Trotz großer Verluste blieb noch viel von den preußischen Preziosen erhalten, und die schönsten Stücke aus Gold, Silber, Porzellan, Glas und anderem Material kann man in der Schatzkammer bewundern, die die preußische Schlösserstiftung im Berliner Schloss Charlottenburg neu gestaltet und unlängst eröffnet hat. Was in den Vitrinen ausgelegt hat, gehört zum Besten, was Goldschmiede und Porzellangestalter je geschaffen haben. Während ihre Untertanen oft nicht wussten, wie sie ihren Hunger stillen können, wurden vor allem unterm ersten König Friedrich I. bedeutende Summen ausgegeben, um vor anderen Höfen zu glänzen und die Hohenzollern als anderen Herscherhäusern als gleichrangig erscheinen zu lassen. Um seine historische Legitimität zu unterstreichen und die Welt in Erstaunen zu versetzen, ließ der König seine Krönungsinsignien aus den teuersten Materialien fertigen und stürzte sich damit in immense Schulden. Welche Künstler das taten, ist unbekannt.

Schlossdiebe landeten beim Henker

Wenn man durch die nach der Kriegszerstörung anhand historischer Vorlagen originalgetreu rekonstruierten Prunk- und Prachträume der königlichen Familie im Schloss Charlottenburg passiert hat, kann man sehen, welch ungeheurer Luxus entfaltet wurde, wenn die Hohenzollern und ihr Hof speisten. Indem sie ihr tonnennschweres Tafelsilber zur Schau stellten, unterstrichen sie ihren hohen Rang in der Riege der Kaiser, Könige und Fürsten des Römisch-deutschen Reichs und darüber hinaus. Die figurenreichen Aufsätze und Geschirre aus Silber oder vergoldetem Silber, die geschliffenen Gläser sowie die seit dem frühen 18. Jahrhundert erst in Meißen, dann auch in Berlin gefertigten Porzellane waren sündhaft teuer, weshalb sie der besonders gesicherten Schatzkammer im Berliner Schloss überwiesen wurden.

Hofbeamte und Lakaien wachten darüber, dass nichts beschädigt wird und alles beisammen bleibt. Das gelang auch bis auf eine Ausnahme, als nämlich 1718 die in Schränken und Truhen aufbewahrten Kostbarkeiten von dreisten Schlossdieben geraubt wurden. Das Verbrechen wider des Königs Majestät, wie man sagte, wurde schnell aufgeklärt, und so beförderte der Henker auf Weisung des überaus erbosten Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. die Täter Runck und Stieff auf besonders grausame Weise unter den Augen zahlloser Schaulustiger vom Leben zum Tod.

Unter den vom ehemaligen preußischen Herrscherhaus an die Schlösserstiftung entliehenen Exponaten stechen zwei goldene Kronen heraus, die das erste preußische Königspaar Friedrich I. und Sophie Charlotte am 1. Januar 1701 bei der Krönung in Königsberg trug. Den gemeinsam mit dem Reichsapfel, dem brillantbesetzten Zepter und dem Reichssiegel ausgestellten Kronen fehlt der Edelsteinbesatz, denn dieser wurde unter Friedrich II., dem Großen, entfernt, weil er sie zur Fertigung anderer Juwelen benötigte. Gezeigt werden an anderer Stelle die Insignien des von Friedrich I. am Vorabend seiner Königskrönung gestifteten Hohen Ordens vom Schwarzen Adler sowie mit brandenburgisch-preußischen, sächsischen, braunschweigischen und anderen Talern besetzte Silberhumpen aus der Barockzeit.

Weißes Gold in ungewöhnlichen Farben

Viele von den brandenburgischen Kurfürsten und Königen von Preußen für teures Geld angeschaffte Gegenstände aus Gold und Silber hat Friedrich II. während der Schlesischen Kriege Mitte des 18. Jahrhunderts einschmelzen lassen, um diese bezahlen zu können. Gleichzeitig aber bestellte er silberne, mit Weinlaub geschmückte Gedecke im Stil des Rokoko für seine Tafel. Wenige erhalten gebliebene Stücke werden in der Ausstellung gezeigt. Da der König kostbares Porzellan liebte, bestellte er in Meißen beziehungsweise in der 1763 von ihm in Berlin gegründeten die Königliche Porzellanmanufaktur (KPM) für seine Schlösser spezielle, aus vielen hundert Teilen bestehende Tafelservices. Die Schatzkammerausstellung zeigt imposante Beispiele dafür, wie Kunsthandwerker das "weiße Gold" in herrlich mit Pflanzen und Tieren bemalte Luxusartikel verwandelt haben und sie aus ihm Prunkvasen und Figuren formten.

Da der König ungewöhnliche, pastellartige Farbtöne liebte, war es für seine Manufaktur eine besondere Herausforderung, diese auch in der Seidenweberei verwendete Kolorierung zu treffen. Noch heute werden Teller und Terrinen nach alten Rezepten mit dem "Bleu mourant" (Sterbendes Blau) bemalt. Als Besitzer die besten Kunden der KPM haben die Hohenzollern auch im 19. und frühen 20. Jahrhundert keine Kosten und Mühen gescheut, um bei ihren Banketten mit dieser edlen und bis heute sehr teuren Ware Aufsehen zu erregen. Das gilt auch für zahlreiche in der Ausstellung gezeigte Schalen, Teller, Gefäße und Aufsätze aus gediegenem Silber. Die Hofgoldschmiede hatten alle Hände voll zu tun, um die Bedürfnisse de Hohenzollern nach Prunk und Protz zu befriedigen.

Friedrichs Tabaksdosen und Luises Ohrschmuck

Beim Rundgang kommen wir Friedrich II. und seinem Faible für kostbare, mit Brillanten besetzten Tabaksdosen aus Gold und Silber und seiner Liebe zu reich bemalten Porzellangeschirren und Tafelaufsätzen nahe. Wie der König von Preußen waren auch andere Potentaten seiner Zeit begeisterte Sammler solcher Behälter und gaben viel Geld für sie aus. Tabaksdosen wurden Bestandteil der höfischen und großbürgerlichen Kultur, und es gab auch gedruckte Ratgeber, was der Mann oder die Dame von Welt bei der Nutzung von parfümiertem Schnupftabak zu beachten hat, um sich nicht der Lächerlichkeit preiszugeben. Von den auch als Geschenke für besonders verdiente Männer seiner Umgebung sowie ausländische Potentaten für Friedrich II. gefertigten, manchmal mit Golddukaten gefüllten Dosen blieben nur wenige erhalten. In einem abgedunkelten Raum kann man sie betrachten.

Ein paar Schritte weiter blitzt in einer weiteren Vitrine auf, womit die 1810 viel zu früh verstorbene, aus Mecklenburg-Strelitz stammende Königin Luise zu festlichen Anlässen ihre Ohren schmückte. Die von kleinen Diamanten eingefassten blauen Edelsteine, mit denen sich die Königin Luise schmückte, stammen vermutlich aus dem Nachlass der Königin Elisabeth Christine, der nach Schönhausen abgeschobenen Gemahlin Friedrichs II.

Unbenutztes Kronprinzensilber

Am Ende des Rundganges sticht das so genannte Kronprinzensilber ins Auge, das 50 Gedecke und insgesamt 2694 Teil umfasst. Zu sehen sind auf einer festlich bereiteten Tafel Teller, Bestecke, Terrinen, Platten, Kannen und Schüsseln sowie figurenreiche Aufsätze und Kerzenleuchter. Die Namen der 414 Städte, die dem Sohn Kaiser Wilhelms II. und seiner aus Schwerin stammenden Gemahlin Cecilie das Prunkservice gewidmet hatten, sind auf zwei von Elefanten getragenen Obelisken vermerkt. Mit dem ungewöhnlichen Ensemble beschritten Bildhauer wie August Gaul, Fritz Klimsch, Hugo Lederer und Ignatius Taschner zu Beginn des 20. Jahrhunderts neue Wege, indem sie mit neoklassizistischen Formen und Elementen des Jugendstils den bis dahin gepflegten, als unmodern empfundenen Historismus überwanden.

Als 1914 der Tafelschmuck vollendet war, konnte er nicht mehr aufgestellt werden. Mit ihm zu Beginn des Ersten Weltkriegs zu prunken, trauten sich in dieser "eisernen Zeit", wie man sagte, nicht einmal die Hohenzollern. 1928 erwarb der Berliner Magistrat das silberne Ensemble und präsentierte es ab 1932 den Besuchern des Berliner Schlosses auf einem festlich gedeckten Tisch. Seit 1995 wird das Kunstwerk, das unbeschädigt den Zweiten Weltkrieg überstanden hatte, als Leihgabe des Landes Berlin im Schloss Charlottenburg gezeigt und vermittelt so einen anschaulichen Eindruck fürstlicher Tafelkultur zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Das Schloss Charlottenburg ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17.30 Uhr geöffnet.

7. April 2022

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