"Das Vaterland dem Heer"
Berliner Siegessäule wurde vor 150 Jahren eingeweiht, und viele Kriegerdenkmäler folgten



Wer sich die Mühe macht und genug Puste hat, wie die Berliner sagen, die Siegessäule und auch andere Türme zu erklimmen, wird bei gutem Wetter mit einem wunderbaren Rundblick auf Berlin belohnt.



Das Datum der mit militärischem Gepränge vollzogene und zeittypischen Elogen begleitete Weihe der Siegessäule war gut gewählt, denn der 2. September 1873 war der dritte Jahrestag der Entscheidungsschlacht von Sedan gegen das Heer des französischen Kaisers Napoleon III., der in preußische Gefangenschaft geriet und 1873 im englischen Exil starb.



Mit Einschüssen bedeckt, erzählen die Sockelreliefs Episoden aus den Kriegen von 1865, 1866 und 1870/71 und schildern, dass es ganz und gar nicht heldenhaft auf den Schlachtfeldern zugegangen ist. Das ganze Grauen wurde ausgeblendet. Otto von Bismarck und prominente Zeitgenossen kommen auf stolzen Rossen daher. Die aus der Endzeit des Zweiten Weltkriegs stammenden Einschüsse und Fehlstellen hat man mit Absicht nicht geschlossen.





Vergleicht man die 1873 zur Weihe geprägte Medaille, alte Bilder 0oder das im Deutschen Dom am Berliner Gendarmenmarkt aufgestellte Modell mit dem heutigen Zustand des „Siegesspargels“am Großen Stern, so sieht man dass das Denkmal früher kürzer war.





Die vom Hofmaler Anton von Werner entworfenen Mosaiken im Eingangsbereich der Siegessäule sind reinste Propaganda, sie sind aber auch gegen den „französischen Erbfeind“ in Gestalt des bleichen Napoleon I.gerichtet, weshalb die Franzosen nach dem Zweiten Weltkrieg die Beseitigung der Siegessäule forderten, damit aber keinen Erfolg hatten.





Eine Ausstellung im Eingangsbereich dokumentiert mit Modellen einige im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Deutschland erbaute Kriegerdenkmäler und Ehrenhallen, wie die unter dem bayerischen König Ludwig I. erbaute Walhalla bei Regenstauf an der Donau und das 1913 eingeweihte Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig, und zeigen, welche Rolle diese Monumente im Leben und Denken der damaligen Zeit spielten. (Fotos/Repros: Caspar)

Die Siegessäule am Großen Stern im Berliner Tiergarten erinnert an die preußisch-deutschen Kriege von 1864 gegen Dänemark, 1866 gegen Österreich und seine Verbündeten und 1870/71 gegen Frankreich. Mit ihnen wurde „mit Blut und Eisen“, um einen Begriff von Otto von Bismarck zu benutzen, unter preußischer Führung der Weg zur deutschen Einheit geebnet, die am 18. Januar 1871 durch Proklamation König Wilhelms I. in Versailles zum deutschen Kaiser vollzogen wurde. Ursprünglich hatte der Monarch den Bau einer etwas bescheideneren Gedenksäule zur Erinnerung an den Krieg von 1864 angeordnet. Doch dann wurde die Siegessäule immer wuchtiger und höher. Sie sollte nach damaligem Verständnis zeigen, „dass Gott die Hohenzollern weit über deren Ziele hinausgeführt hat“, wie es in der Urkunde zur Grundsteinlegung am 26. Oktober 1869 heißt. Vor 150 Jahren, am 2. September 1873, wurde das Denkmal mit der 8,32 Meter großen vergoldeten Victoria, auch Goldelse genannt, auf dem Königsplatz, dem heutigen Platz der Republik, eingeweiht, an dem 20 Jahre später das Reichstagsgebäude errichtet wurde.

Viktoria mit Flügeln und Schuhgröße 92

Die geflügelte Viktoria mit der Schuhgröße 92 wurde von dem Bildhauer Friedrich Drake geschaffen. Ihr mit Adlerflügeln geschmückter Helm charakterisiert sie als Borussia, die Personifikation Preußens. Der Stab in der linken Hand hat einen Kranz mit dem Eisernen Kreuz darin ähnlich dem Attribut, das die Lenkerin der Quadriga auf dem Brandenburger Tor mit sich führt. Die Siegessäule steht auf einer offenen runden Halle, die aus 16 toskanischen Säulen gebildet wird. Im Inneren dieser Rotunde sind farbige Mosaiken zu erkennen, auf denen der am kaiserlichen Hof sehr angesehene Hofmaler Anton von Werner den „Kampf des freien Germanentums gegen das welsche Romanentum“ symbolisiert, wie es in einer älteren Beschreibung heißt. Die reich bewegten Darstellungen betreiben mit Fürstenbildnissen, Kampfszenen, Fahnen, Pauken und Trompeten einen üppigen Monarchen- und Soldatenkult. Damit nicht genug, fügte Oberhofbaurat Heinrich Strack auf Wunsch Wilhelms I. eroberte vergoldete Kanonen als militärische Trophäen in den Säulenschaft ein.Der adlergeschmückte Helm charakterisiert die Siegesgöttin als Borussia, die Personifikation Preußens. Der Stab in der linken Hand hat einen Kranz mit dem Eisernen Kreuz darin ähnlich dem Attribut, das die Lenkerin der Quadriga vom Brandenburger Tor in einer Stange in die Höhe hält. Das viereckige Fundament wird durch vier große Reliefplatten geschmückt.

Die Siegessäule steht auf einer offenen runden Halle, die aus 16 toskanischen Säulen gebildet wird. Im Inneren kann man ein riesiges farbiges Mosaik erkennen, auf dem Hofmaler Anton von Werner den „Kampf des freien Germanentums gegen das welsche Romanentum“ symbolisiert, wie es in einer älteren Beschreibung heißt. Die reich bewegte Darstellung zeigt üppige Kampfszenen, Fürstenbildnisse, Pauken, Fahnen und Trompeten. Germanische Helden ringen den, wie es heißt, bösen Erbfeind von jenseits des Rheins, nieder. Er erscheint in der Gestalt des bleichen und düster dreinblickenden Kaisers Napoleon I., was den Franzosen bis heute missfällt.

Verlagerung und Verlängerung

Vergleicht man alte Bilder mit dem heutigen Anblick, sieht man, dass der „Siegesspargel“, wie die Berliner die Säule nennen, früher kleiner war und auch woanders gestanden hat. Die riesige Viktoria obenauf gab Beobachtern, die etwas von Proportionen verstanden, Anlass zur Kritik. „Frau Drake“ sei die einzige Frau in Berlin, die kein Verhältnis hat, spottete man. Im Jahr 1938 wurde die Siegessäule im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Reichshauptstadt Berlin in die „Welthauptstadt Germania“ abgebaut und an den Großen Stern versetzt. Hitler und sein Generalbauinspektor Albert Speer planten den Bau einer über sechs Kilometer langen und 120 Meter breiten Prachtstraße, die auf einen 300 Meter hohen Kuppelbau mit einem Fassungsvermögen von 180 000 Menschen zulaufen sollte. Zu diesem Zweck wurden im Wege stehende Häuser und Denkmäler wie die Siegessäule, die Siegesallee sowie die Monumente für Bismarck und die preußischen Militärs Roon und Moltke an den Großen Stern verlegt. Wegen der neuen räumlichen Verhältnisse hat man die Siegessäule um eine Trommel verlängert und auf einen höheren Unterbau gestellt.

Fürsten und Heerführer, Tote und Verwundete

Geschaffen von Alexander Calandrelli, Karl Keil, Moritz Schultz und Albert Wolff, erinnern sie an die Schlachten von Düppel, Königgrätz und Sedan sowie den Einzug der Fürsten und Heerführer durch das Brandenburger Tor in die deutsche Haupt- und preußische Residenzstadt Berlin im Jahr 1871. Zu erkennen sind Wilhelm I., Otto von Bismarck, Kronprinz Friedrich Wilhelm (der spätere Kaiser Friedrich III.) und Fürstlichkeiten und Heerführer. Die aus dem Metall eroberter Geschütze in der Königlichen Eisengießerei in Berlin und anderen Gießereien gefertigten Reliefs schildern den Auszug der Soldaten und Schlachtenszenen wie die legendäre Erstürmung der Düppeler Schanzen und andere Begebenheiten. Schaut man genau hin, dann sieht man schmerzverzerrte Gesichter und schreckliches Gemetzel, aber insgesamt werden der Krieg und das Sterben auf dem „Feld der Ehre“, wie man sagte, glorifiziert. Die Schlachtenlenker erscheinen hoch zu Ross in der Pose großer Helden, denen sich der niedergerungene Feind in gebeugter Haltung nähert. Die Architekten und Baubeamten Strack, Knerck und Herrmann, die maßgeblich am der Errichtung der Siegessäule mitgewirkt haben, gehören zu den wenigen Zivilisten, die auf dem Denkmal erscheinen. Erwähnt sei, dass weder die Existenz einer Reichsverfassung und noch die Tätigkeit des Reichstages als oberste Vertretung der Deutschen in irgend einer Weise berücksichtigt werden. Frauen treten nur als Abschied nehmende und zu Pflegediensten eingeteilte Mütter, Ehefrauen, Bräute oder Schwerstern der Soldaten in Erscheinung in Erscheinung, sozusagen als Hilfstruppen zur Verwirklichung borussischen Machtstrebens.

Ende des Zweiten Weltkrieg wurde das Denkmal durch Artilleriebeschuss beschädigt. Wie ein Menetekel ragte die Säule aus der Mondlandschaft des Tiergartens heraus. Die alliierten Besatzungsmächte verlangten den Abbruch des Monuments als ein besonders verwerfliches Zeugnis des preußisch-deutschen Militarismus. Vor allem die Franzosen sahen in der Siegessäule, auf der neben anderen Szenen auch die schmachvolle Kapitulation der Truppen Kaiser Napoleons III. dargestellt ist, eine unerträgliche Provokation und verlangten die Sprengung. So stand das Schicksal der Siegessäule auf der Kippe. Im Magistrat fand sich keine Mehrheit, die den Abriss durchgesetzt hätte, lediglich wurden die Sockelreliefs abmontiert. Im Zeichen der deutsch-französischen Versöhnung gab Paris 1984 die als Kriegstrophäen im französischen Kriegsmuseum zwischengelagerten, zum Teil nur als Torso erhaltenen Bronzeplatten dem damaligen Regierenden Bürgermeister von Westberlin, Richard von Weizsäcker, zurück. In einer Metallwerkstatt restauriert, wurden die mit Inschriften wie „Das dankbare Vaterland dem siegreichen Heere“ versehenen Reliefs wieder in den Sockel eingefügt. Dabei beschränkte man sich lediglich auf eine Ausbesserung der Einschüsse, verzichtete aber auf die Rekonstruktion fehlender Teile.

Große und kleine Kriegerdenkmäler

Wenn in Deutschland Kriege tobten, wurden zur Erinnerung an Schlachten und ihre Tote zahlreiche Kriegerdenkmäler errichtet. Das ganze Land ist von ihnen übersät, und ihre Formen und Materialien sind vielfältig. Für Städte, Dörfer und patriotische Vereine war es im 19. und frühen 20. Jahrhundert eine Ehrensache, Geld für Gedenksteine und Erinnerungssäulen zu sammeln, denn die Hinterbliebenen wollten auf ihnen die Namen derer lesen, die für Gott, König und Vaterland auf dem „Feld der Ehre“ geblieben sind, wie man die Schlachtfelder früher beschrieb. Nachdem der Zweite Weltkrieg in sein Ausgangsland, das Hitlerreich, zurückgekehrt war, hat man auf den Friedhöfen gesonderte Felder für die Opfer der Bombenangriffe angelegt. Dazu kamen Gedenkstätten und Friedhöfe für Opfer des Faschismus und die gefallenen Soldaten der Anti-Hitler-Koalition.

Deutsche Kriegerdenkmäler sind kaum zu übersehen. Da sind zunächst Erinnerungsmale aus dem frühen 19. Jahrhundert für die Gefallenen Befreiungskriege von 1813 bis 1815. Hinter den Ehrungen stand der preußische König Friedrich Wilhelm III., der zu den Gewinnern dieser verlustreichen Auseinandersetzungen mit dem napoleonischen Frankreich gehörte. Er ließ an verschiedenen Orten Ehrensäulen aufstellen und bediente sich dabei als Gestalter seines obersten Baumeisters Karl Friedrich Schinkel. Dessen Plan, in Berlin einen Dom der Befreiung und andere großartige Denkmäler zu errichten, wurde nicht ausgeführt. Hingegen steht, um das prominenteste Beispiel aus dieser Zeit zu nennen, seit 1821 auf dem Berliner Kreuzberg das neogotische Kreuzbergdenkmal. Die in Nischen aufgestellten Symbolfiguren der siegreich bestandenen Schlachten tragen Gesichtszüge von Angehörigen des Hauses Hohenzollern und von bedeutenden Feldherren.

11. Februar 2023

Zurück zur Themenübersicht "Ausstellungen, Museen, Denkmalpflege"