Kaum noch Hoffnung auf das Generalshotel
Ostdeutscher Repräsentationsbau aus der Nachkriegszeit in Schönefeld soll ungeachtet vielfältiger Proteste abgerissen werden





Um das Gebäude für den Empfang von sowjetische und anderen Politikern sowie hohe Militärs gibt es seit Jahren Streit. Rechts empfängt Stasi-Minister Mielke sowjetische Geheimdienst-Genossen, im hellen Mantel sein für die Auslandsspionage zuständiger Stellvertreter Wolf.



Auf dem Gelände des Flughafens BER in Schönefeld soll in ein paar Tagen der Abriss, euphemistisch auch Rückbau genannt, des so genannten Generalshotels aus der Nachkriegszeit beginnen. Ungeachtet großer Proteste drückt Finanzminister Lindner als quasi Eigentümer der Bundesimmobilie seinen Plan durch. Eines der wichtigsten Zeugnisses der „Ostmoderne“ soll ein paar Flugzeugen Platz machen, wenn nicht noch ein Wunder geschieht.





Die Ruine des Berliner Schlosses hätte nach 1945 rekonstruiert werden können, doch hatten die SED-Oberen andere Pläne, weshalb das Bau- und Kunstdenkmal 1950 verschwinden musste. Da die an der Bernauer Straße stehende Versöhnungskirche das Schussfeld der DDR-Grenzer beeinträchtigte, wurde sie 1985 gesprengt.





Die Ruine der Potsdamer Garnisokirche fiel 1968 kommunistischem Bildersturm zum Opfer, der Wiederaufbau des Turms is in vollem gange. Die Tafel erinnrt an die Vernichtung der noch ganz intakten Universitätskirche in Leipzig. Auch sie erlebte in veränderter Foirmn ihre Wiedergeburt. (Fotos/Repros: Caspar)

Seit Jahren wird um das so genannte Generalshotel auf dem Gelände des Flughafens BER in Schönefeld bei Berlin gestritten. Nun soll es abgerissen werden, um Platz für abgestellte Flugzeuge zu machen. Als Termin für den beginn wird der 14. September 2023 angegeben. Dagegen regt sich heftiger Protest, denn das unter Denkmalschutz stehende Gebäude aus der Nachkriegszeit gilt als bedeutendes Zeugnis der Nachkriegsmoderne, wie man es nicht noch einmal auf dem Boden der früheren DDR findet. Die Repräsentationsbedürfnisse der sowjetischen Besatzungsmacht und ihrer ostdeutschen Genossen werden sowohl in der anspruchsvollen Fassadengestaltung mit Architekturdetails in Rochlitzer Porphyr als auch der qualitätvollen Innenausstattung deutlich.

Viel Authentisches blieb erhalten

Vom Gebäude außen und innen blieb vieles Authentisches erhalten. Neben hochwertigen Materialien, Oberflächen und Möbeln ist auch baugebundene Kunst wie Metallarbeiten von Fritz Kühn erhalten. Das Empfangsgebäude auf dem damaligen Zentralflughafen spielte in der Politik der Sowjetischen Besatzungsmacht eine wichtige, da es eine unabhängige, schnelle und sichere Verbindung nach Moskau und zurück ermöglichte. Entsprechend repräsentativ war die Sonderabfertigung für Politiker und hohe Militärs gestaltet. Bereits 1948 bis 1949 entstand der von Max Schmidt entworfene Bau als erster Neubau des zivilen Flughafens Schönefeld. Schmidt wurde Ende 1948 aus seinem Amt entlasse. Ob sein Entwurf vollständig umgesetzt wurde oder der später tätige Architekt Georg Hell noch Veränderungen veranlasste, müsste noch erforscht werden.

Nach dem Ende der DDR wurde es vom Bundesgrenzschutz genutzt, seit einem Jahr steht es leer und wird von NATO-Drahtrollen geschützt. Der Abbruch wurde bereits 2011 durch einen Planfeststellungsbeschluss ungeachtet der Proteste Denkmalbehörden sowie von Kunst- und Architekturhistorikern beschlossen, weil es einem neue Regierungsterminal im Weg stand. Seit 2022 ist bekannt, dass diese Gebäude nicht errichtet wird. Dennoch wird am Abbruch oder dem Rückbau, wie es weniger drastisch heißt, festgehalten, obwohl das Gebäude weiterhin Denkmalschutz genießt. Verwunderlich ist, dass man bis heute der DDR und SED-Chef Walter Ulbricht persönlich ankreidet, das Berliner Schloss, das Potsdamer Stadtschloss und die Garnisonkirche in Potsdam, die Leipziger Universitätskirche, die Versöhnungskirche an der Bernauer Straße in Berlin und viele andere bedeutend Bau- und Kunstdenkmäler aus politischen und/oder städtebaulichen Gründen abgerissen zu haben.

Gründe Abriss sind entfallen

Jetzt passiert das gleiche in umgekehrte Richtung. Bitten und Forderungen der Berliner und zuständigen brandenburgischen Landesregierung und des Denkmalschutzes werden von Lindner und seinen Leuten mit fadenscheinigen Begründungen zurück gewiesen. Der neoklassizistische Bau nach Plänen von Georg Hell wurde ausgesprochen edel ausgestattet. Was könnte man mit einem solchen Juwel der Nachkriegsmoderne nicht alles anstellen? Ob eine parteiübergreifende Initiative das Gebäude retten kann, ist kaum anzunehmen. Sie weist darauf hin, dass der Abbruch des Baudenkmals der unwiederbringliche Verlust eines heute in einmaliger Weise erhaltenen Vertreters der frühen Nachkriegsarchitektur wäre. Die für den Abbruch zuständigen Bundesministerien werden darauf hingewiesen, dass die Vernichtung des ehemaligen Generalshotels ein unwiederbringlicher Verlust eines noch in einmaliger Weise erhaltenen Vertreters der frühen Nachkriegsarchitektur bedeuten würde. Es wird darauf hingewiesen, dass das Planfeststellungsverfahren von vor zwölf Jahren heute nicht mehr in Kraft ist und eine Planung für diese Stelle mit dem Denkmal vereinbar sein muss. Einen Parkplatz für Flugzeuge auf seine Kosten zu schaffen, sei eine einzigartige Kulturschande und diesem Land unwürdig.Wir fordern ein Moratorium, um den unmittelbar bevorstehenden Abriss zu verhindern und über neue Konzepte für den Erhalt und die Nutzung ins Gespräch zu kommen. Die Bundesregierung und ihre Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sowie das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung werden in einem Offenen Brief aufgefordert, „den kurzfristig geplanten Abriss zu stoppen. Die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg sowie die Flughafengesellschaft sind aufgefordert, sich für den Erhalt einzusetzen.“

Bundesregierung als schlechtes Vorbild

Das ist inzwischen geschehen, doch ist der „Arm“ der Landesregierungen und ihrer Denkmalämter viel zu kurz, um den Wahnsinnsplänen des Bundes und speziell von Bundesfinanzminister Christian Lindner Einhalt zu gebieten. In der Berliner Zeitung vom 11. September 2023 nennt Ulrich Paul den Abriss als „fatales Signal in mehrfacher Hinsicht. Zum einen demonstriert die Bundesregierung damit ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem kulturellen Erbe im Osten Deutschlands. Zum anderen führt sie vor Augen, dass sich der Staat über den Denkmalschutz hinwegsetzen kann, wann immer er es für nötig hält, während ansonsten überall im Land von privaten Eigentümern einer denkmalgeschützten Immobilie verlangt wird, alle Vorschriften zum Erhalt ihrer Bauwerke penibel einzuhalten. Kurzum: Die Bundesregierung zeigt, dass sie selbst ein schlechtes Vorbild ist. Dass die Regierung weiter daran arbeitet, ihren Ruf zu beschädigen, wird für viele Bürger vielleicht zu verschmerzen sein, der Verlust eines einzigartigen Baudenkmals ist es jedoch nicht.“ Dieser Bewertung des neuen Falls eines Bildersturms kann man sich nur anschließen.

Protest auch von ICOMOS

Mit größter Sorge verfolgt das Deutsche Nationalkomitee von ICOMOS die akuten Abrisspläne für das Generalshotel in Schönefeld. ICOMOS appelliert mit Nachdruck dafür, vom geplanten Abriss abzusehen und stattdessen die Erhaltungs- und Nutzungsmöglichkeiten des Generalshotels zu verfolgen. Der gesamte Vorstand des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS mit seinem Präsidenten Dr. Tino Mager sprechen sich klar gegen einen Abriss des Baudenkmals aus: „Beim Generalshotel handelt es sich nicht nur um ein denkmalgeschütztes Bauwerk in Brandenburg, das im Zusammenhang mit der regionalen Flughafengeschichte einen wichtigen Platz einnimmt. Das Generalshotel stellt darüber hinaus ein herausragendes und einzigartiges Zeugnis aus der frühen Zeit des Kalten Krieges dar, das die politische Macht der sowjetischen Militäradministration repräsentiert. Damit geht die Bedeutung des Generalshotels weit über die innerdeutschen Grenzen hinaus, sie ist vielmehr auf europäischer und internationaler Ebene einzuordnen. Ein Abriss widerspräche zudem gänzlich den Zielen eines nachhaltigen und verantwortungsvollen Vorgehens und wäre ein großer, unwiederbringlicher baukultureller Verlust.“

Abriss begann ungeachtet vielfältiger Proteste

Inzwischen haben die Abrissarbeiten am Generalshotel begonnen. Ungeachtet vielfältiger Proteste in der Bevölkerung und Politik und der Einwände von Denkmalschützern und Historikern hält die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben an ihrem Plan fest. Schadstoffuntersuchungen und die Sicherung von erhaltenswerten Ausstattungsstücken im Gebäude sind inzwischen abgeschlossen. Die am 14. September begonnenen „Rückbaumaßnahmen“ sollen Anfang 2024 abgeschlossen sein. Gegen alle Einwände beider Landesregierungen und -parlamente wird ein wichtiges Zeugnis der deutschen Nachkriegsgeschichte platt gemacht.

Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz (DSD) betont, mit dem Abriss des Generalshotels, zerstöre die Bundesregierung ohne Not ein Stück deutscher Geschichte. „Sie vernichtet Erinnerungskultur und nimmt weder die Expertise von Fachleuten noch die dringlichen Appelle vieler Bürger zur Kenntnis. Sie ignoriert den brandenburgischen Landtag, das sich gegen den Abriss erklärt hat. Das Vorgehen aller beteiligten Ministerien ist kein gutes Beispiel für die ansonsten von der Ampel beschworene moderne Politik der Partizipation, Dialogbereitschaft und Transparenz. Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz steht fassungslos vor der Empathielosigkeit von Politik und Verwaltung gegenüber dem weithin vernehmlichen Bürgerwillen. Im Umgang mit dem historischen Erbe kommt die Bundesregierung ihrer Vorbildfunktion nicht nach. Ein vorbildlicher und sensibler Umgang des Bundes mit den Denkmalen der jüngeren deutschen Geschichte wäre gerade derzeit ein wichtiges Signal, das in die Zukunft trägt. Warum verweigert man so hartleibig das Gespräch über mögliche Neuplanungen?“ Der Beginn der Vernichtung eines Kulturdenkmals heute in Berlin bedeute den Sieg unbeweglicher Bürokraten über den Partizipationswunsch der Bürger, den sich ein demokratisches Gemeinwesen ansonsten wünscht, heißt es in der nach dem Beginn der Abrissarbeiten herausgegeben Erklärung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

5. September 2023