„...dass man nette sehen kann“
Unweit des S-Bahnhofs Tiergarten lädt ein Freilichtmuseum zum Gang durch die Geschichte der Straßenbeleuchtung ein

"Leipzig steckt Laternen an, dass man nette sehen kann" jubelt die Medaille von 1702 auf ihrer Randschrift
und zeigt einen Studenten, der unter einer Leuchte ein Buch liest; daneben steht ein Lampenwächter
mit Lanze und Schnarre (Lärminstrument).

Aufwändig gestaltet, aber sehr pflegebedürftig sind die gusseisernen Gaslaternen, die in einem Freilichtmuseum unweit des S-Bahnhofs Berlin-Tiergarten versammelt sind.

Der Kandelaber auf der Moabiter Brücke erinnert an Zeiten, da man auch auf die repräsentative Gestalt von Straßenlaternen großen Wert legte.

Auf dem Gendarmenmarkt spenden Kandelaber aus der Kaiserzeit angenehmes, zur Umgebung passendes Licht.

Ganz pfiffige Leute hatten vor 200 Jahren beim Heimweg ihre eigene Laterne dabei. Straßenlaternen mussten ständig kontrolliert und von Ruß befreit werden.

Schon im frühen 19. Jahrhundert wurde nachts die Prachtstraße Unter den Linden in wohliges Licht getaucht.

An den österreichischen Chemiker, Erfinder und Unternehmer Carl Auer von Welsbach wird im Berliner U-Bahnhof Weberwiese (U5) auf einem Wandbild geehrt. Auf ihn geht unter anderem der Glühstrumpf im Gaslicht, das so genannte Auerlicht, die Metallfadenlampe und der Zündstein im Feuerzeug zurück. Der Gründer der Auer-Gesellschaft war auch Schöpfer der Marke Osram.

Neuartige Lampen tauchten um 1890 die Schlossbrücke in gleißendes Licht. An weniger prominenten Stellen der Reichshauptstadt ging es weiterhin ziemlich finster zu.
(Fotos/Repro: Caspar)
In Berlin gehören Gaslaternen zu den Auslaufmodellen der Straßenbeleuchtung. Nach und nach werden diese Stadtmöbel, wie es im Fachjargon heißt, abgebaut. Was auf diesem Gebiet früher überall in der Stadt und darüber hinaus leuchtete, kann man in einem Freilichtmuseum unweit des S-Bahnhofs Tiergarten bewundern. Manch einer mag beim Anblick der Kandelaber das alte Kinderlied „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“ summen und an Zeiten denken, als der Himmel noch „schwarz wie die Nacht“ war und man überall Sterne sehen konnte. Um Geld zu sparen, hat man die Stadt bei Vollmond ganz ohne künstliche Beleuchtung gelassen.
Ob die Besucher und die Jogger wissen, die hier vorbei kommen, dass die „Erleuchtung“ dunkler Straßen und Gassen vor über 200 Jahren noch ein teures Vergnügen war? Ausgediente und speziell vereidigte Soldaten waren abkommandiert, die Lampen mit Öl zu befüllen und die ständig verrußten Glasscheiben zu putzen, damit sie das Licht nach draußen lassen und Fußgängern und Fahrzeugen heimleuchten. Dazu passt ein alter Gassenhauer mit diesen Anfangsversen: „Lampenputzer is meen Vater /Im Berliner Stadttheater. / Meene Mutter wäscht Manschetten / Für Soldaten und Kadetten. / Meene Schwester, die Gertrude / Steht in eener Selterbude...“
Klassizistisch schön à la Schinkel
Das Freilichtmuseum zeigt, dass die ältesten, nach dem Architekten und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel benannten Straßenlaternen aus dem frühen 19. Jahrhundert klassizistisch schön und preußisch einfach gestaltet waren. Hingegen trumpfen mehrarmige Kandelaber aus der Kaiserzeit nach 1871 mit neobarocken Prunk und ausladenden Armen auf. Ihr Gaslicht sollte Prachtstraßen und Plätze der preußischen, ab 1871 deutschen Hauptstadt ausleuchten und auch unterstreichen, dass Berlin, vergleichbar mit London, Paris, Wien, Rom und Sankt Petersburg, eine aufstrebende Metropole von Weltrang ist. In der Kaiserzeit hat man Leuchtgas verwendete, doch ging man um 1900 zu elektrischem Licht über.
Großer Galgen und Schwanenhals
Auf einer Tafel ist zu erfahren, dass das Freilichtmuseum 1978 eingerichtet wurde und neben Berliner Laternen und Kandelabern auch solche aus 24 anderen deutschen Städten und elf weiteren aus dem Ausland vereint und damit die umfangreichste Sammlung dieser Art in Europa ist. Man erfährt auch, dass manche Straßenlaternen skurrile Namen wie Bischofsstab, Großer Galgen, Pilzleuchte, Bündelpfeiler, Wiener Mast oder Schwanenhals tragen. Schaut man genau hin, dann sieht man, dass die Bezeichnungen sehr gut die Gestalt der eisernen Lichtspender umschreiben. Nachdem hässliche Peitschenlampen auf der Straße Unter den Linden und an anderer Stelle ausgedient hatten, wurden sie durch aufwändig gestaltete Kandelaber aus der Kaiserzeit ersetzt. Allerdings handelt es sich nicht um die altersschwache Originale, sondern um gut gemachte Nachgüsse.
16. November 2024