„Was bleibt, ist die Kunst“
Schadow Gesellschaft Berlin e. V. feierte am 20. Mai 2023, dem 259. Geburtstag ihres Namensgebers, ihr 30jähriges Bestehen



Neue Erkenntnisse über die Quadriga auf dem Brandenburger Tor, ihr Raub 1806 und Wiederkehr 1814 sowie viele andere Beiträge sind in der Festschrift 2023 abgedruckt.



Festredner Wolfgang Thierse (Mitte) hat sich als Bundestagspräsident sehr für den Erhalt sowie die Sanierung und Restaurierung des Schadowhauses eingesetzt und ist dem Verein weiterhin freundschaftlich verbunden. Der Vereinsvorsitzende Bernd Lindemann zog eine positive Bilanz von dreißigjähriger Arbeit des Vereins, rechts Schatzmeister Wolf-Rainer Hermel, der einer der Gründungsväter vor 30 Jahren war.



Dass die Feierstunde am 20. Mai 2023 ein Erfolg wurde und die Festschrift gelungen ist, ist vor allem Dr. Christina Petersen – hier mit Ihrem Mann Knud Peter - zu verdanken. Das Wetter war gut, so dass auch das Wolf-Ferrari-Ensemble ungestört Werke von Schubert und Schumann über Borodin bis zu den Beatles spielen konnte.



Die Restaurierung des Schadow'schen Münzfrieses, der heute noch in einem Depot unterhalb des Kreuzbergdenkmals „schmort“, und seine Präsentation an einem öffentlich zugänglichen Ort in Berlin, hat sich die Schadow Gesellschaft zur Aufgabe. (Fotos: Caspar)

Mit einer Feierstunde im Hof des Schadowhauses Schadowstraße 10, nicht weit vom Brandenburger Tor in Berlin entfernt, beging die Schadow Gesellschaft Berlin e. V. am 20. Mai 2023 ihr 30-jähriges Gründungsjubiläum. Zahlreiche Vereinsmitglieder und ihre Angehörigen konnten den früheren Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse als Gastredner begrüßen. Er freue sich, dass sich das berühmte Künstlerhaus nach langer Zeit der Vernachlässigung auch mit Unterstützung durch die Schadow Gesellschaft wieder in gutem Zustand befindet, doch seien Schäden an und in ihm nicht zu übersehen. „Hier versammelte sich vor und nach 1800 das kulturelle Berlin, das klassizistische Künstlerhaus stellt heute einen schönen Kontrapunkt zu seiner nüchternen Umgebung dar. Rettung und Sanierung durch den Deutschen Bundestag wurden teurer als geplant, aber die Mühen und Aufwendungen um diesen einzigartigen Bau haben sich gelohnt“, sagte Thierse. Zur Zeit von Johann Gottfried Schadow sei das Haus eine wichtige kulturelle Adresse gewesen, hier hätten sich Künstler und Politiker die Klinke in die Hand gegeben, hier war das „andere Preußen“ zuhause, nicht das der Pickelhaube, sondern die heitere und fröhliche Gesellschaft, in der die Künste und Wissenschaften blühten und ein Mann wie Johann Gottfried Schadow großartige Entfaltungsmöglichkeiten hatte. Wolfgang Thierse dankte dem Verein für sein Engagement bei der Rettung des Schadow Hauses, aber auch von Skulpturen und ihrer Aufstellung im öffentlichen Raum und wünschte ihr für kommende Jahre weiterhin gutes Gelingen.

Aufstieg zum Hofbildhauer

Als Leiter der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages und Hausherr der Schadowhauses sprach Dr. Andreas Kernbach dem Verein große Anerkennung aus. Der aus „kleinen Verhältnissen“ stammende Bildhauer, Zeichner und Akademiedirektor habe ein bemerkenswertes, auch durch die Publikationen der Schadow Gesellschaft weithin bekannt gemachtes Werk hinterlassen. Mit dem an Friedrich Hölderlin angelehnten Zitat „Was bleibet aber stiftet die Kunst“ dankte auch Kernbach der Schadow Gesellschaft für die Erhaltung des Erbes dieses einzigartigen Künstlers und Menschenfreundes.

Vereinsvorsitzender Bernd Lindemann verwies in seiner Laudatio auf die Festschrift, die zum 30-jährigen Jubiläum des Vereins erschienen, dankte allen Helfern bei der Vorbereitung der Feierstunde, insbesondere aber der stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Christina Petersen, sowie den Musikern, der Wiener Konditorei für die große Marzipantorte und Herrn Tintelnot, dem Stifter der Schadow-Marzipantorten von der Firma Niederegger aus Lübeck. Große Dinge seien in den vergangenen 30 Jahren vollbracht worden, erklärte Lindemann. Ohne Zutun des Vereins und die unermüdliche Sammlung von Spendengeldern vor allem durch den Geschäftsführer Klaus Gehrmann könnten die Denkmäler der Generale Friedrichs des Großen heute nicht einen schönen Stadtraum, den Zietenplatz, schmücken. Schadow habe in einer Zeit gelebt, in der die Bildhauerei höchste Wertschätzung genoss. Er schuf einzigartige Raumausstattungen sowie Standbilder Portraitbüsten für den Berliner Hof, war aber auch für das zunehmend selbstbewusster werdende Bürgertum tätig. „Der Bildhauer, Zeichner, Lehrer und Kunstmanager hatte ein erfülltes Leben, sein Ruhm ging nicht in Rauch auf, wie er einmal sarkastisch mit Blick auf Christian Daniel Rauch, sagte. Sich für sein Werk einzusetzen und es weiter publik zu machen, ist Aufgabe der Schadow Gesellschaft. Vieles ist bereits gelungen, vieles aber bleibt noch zu tun.“

Münzfries braucht Hilfe

Bernd Lindemann sprach insbesondere den von Schadow geschaffenen Münzfries an, der zurzeit ein unwürdiges Dasein in den Katakomben des Kreuzbergdenkmals fristet, aber wieder ans Licht der Welt gebracht und auf einem öffentlich zugänglichen Ort aufgestellt werden soll. Für dieses gewaltige Unternehmen würden Unterstützer und Ideen gesucht werden. Der Vereinsvorsitzende zeichnete die Kunsthistorikerin Dr. Jutta von Simson mit einer Ehrenurkunde und einer Medaille anlässlich ihrer Ehrenmitgliedschaft aus und erinnerte dabei an die von ihr und ihrem Kollegen Prof. Dr. Peter Bloch in den frühen 1990er Jahren im Hamburger Bahnhof veranstaltete Ausstellung „Ethos und Pathos“. Sie präsentierte markante Zeugnisse der Berliner Bildhauerei im 19. Jahrhundert und war der Ausgangspunkt für ihre systematische Erforschung. Nach wie vor gebe es auf diesem Gebiet noch vieles zu entdecken, und dass man dabei gut voran gekommen ist, sei auch der Schadow Gesellschaft zu verdanken.

Die Veranstaltung im Hof des Schadowhauses fand bei gutem Wetter und Bewirtung mit Sekt und einer großen Marzipantorte statt. Außerdem gab es einen Büchertisch mit zahlreichen Broschüren, die die Gesellschaft seit 2000 herausgegeben hat. Die neue Festschrift würdigt die Geschichte des Vereins und ihre Mühen um das Erbe seines Namensgebers. Mit einem grünen Lorbeerkranz auf dem Umschlag geschmückt, berichtet die Festschrift aus der Geschichte der Schadow Gesellschaft Berlin und ihren Aktivitäten in den vergangenen Jahren. Im früheren Wohn- und Atelierhaus ihres Namensgebers untergebracht, hat sie aktuell 104 Mitglieder und ist bemüht, weitere für den Verein zu interessieren. 16 Mitglieder aus Ost und West hatten am 7. März 1993 den Verein im Gips-Atelier des ziemlich herunter gekommenen, in DDR-Zeiten für Wohnzwecke, aber auch als „Ausguck“ des Ministeriums für Staatssicherheit genutzten Hauses mit dem Ziel gegründet, es zu erhalten, zu sanieren und der Öffentlichkeit zu erschließen. Die anspruchsvolle Aufgabe war 2013 erfüllt, als das Gebäude vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung dem Deutschen Bundestag übergeben wurde, das beträchtliche Mittel für seine Wiedergeburt bereit gestellt hatte.

Festschrift mit gewichtigem Inhalt

In den folgenden Jahren setzte sich der Verein weitere, in der Jubiläumsschrift näher erläuterte Ziele, allen voran ganz aktuell die Mühen um den Münzfries, der es nicht verdient hat, ein würdeloses Mauerblümchendasein zu führen. In ihrer Blauen Schriftenreihe und den 36 bisher erschienenen Monatsbriefen wird das Oeuvre des Meisters und seine Zeit sachkundig und gut verständlich erläutert. Interessenten an der Festschrift mit gewichtigem Inhalt und lesenswerten Beiträgen über Johann Gottfried Schadow, sein Leben und Nachleben und sein Werk wenden sich an die Geschäftsstelle der Schadow Gesellschaft Berlin e. V. Platz der Republik 1, 11011 Berlin. Das querformatige Heft hat 96 Seiten, zahlreiche meist farbige Abbildungen und kostet 10 Euro (ISBN 978-3-9819115-0-3).

Das Hoffest war eine gute Gelegenheit zum Austausch über den Namensgeber des Vereins sowie sein Leben und sein Werk, das in verschiedenen Berliner Museen und – groß zu sehen in Gestalt der Quadriga auf dem Brandenburger Tor - präsent ist. Schadows Bildwerke und Zeichnungen wurden und werden sind allen Seiten erforscht und interpretiert worden, woran auch die Mitglieder der Schadow Gesellschaft großen Anteil haben.

21. Mai 2023