Direkter Zugang zur Spree
Von der geplanten Freitreppe am Humboldt Forum ist nichts zu sehen, derweil wird über ein Flussbad diskutiert







Die Ufersituation am Humboldt Forum lässt aktuell nicht erkennen, dass dort eine Treppe hinunter zur Spree gebaut werden soll, denn zunächst ist nur eine eiserne Spundwand und viel Unkraut zu sehen. Die Computeranimation zeigt, wie irgendwann der Zugang zu der hoffentlich dann gereinigten Spree aussehen soll.





Was auch immer mit dem alten Neptunbrunnen geschieht, der früher einmal in der Nähe des Hohenzollernschlosses stand - außer Frage ist seine dringende Restaurierung.





So bunt und lustig stellen sich Projektemacher den in ein Flussbad verwandelten Kupfergaben, links zu sehen die Fassade des Bode-Museums, gegenüber die neu gestaltete Uferpromenade. Die noch aus der Schinkelzeit stammende Ufergestaltung steht unter Denkmalschutz und verdient es, gegen populistische Berlin-Verbesserer verteidigt zu werden. (Fotos/Repros: Caspar)

Auf der Schlossfreiheit am Humboldt Forum soll in den kommenden Jahren eine 38 Meter breite Freitreppe hinunter zur Spree entstehen. Bisher war ja das der Nachbau des alten Hohenzollern- schlosses von Stein und Beton umzingelt. Einen Zugang zum Wasser gab es bisher nur auf der anderen Seite des Humboldt Forums in Richtung Fernsehturm. Der Bau einer Treppe, die vom Humboldt Forum und seinem Portal III sowie dem aktuell im Bau befindlichen Einheits- und Freiheitsdenkmal steht noch in den Sternen, wird aber allgemein begrüßt. Fest steht im Moment nur, dass der stark restaurierungsbedürftige, man kann auch sagen sträflich vernachlässigte Neptunbrunnen gegenüber dem Roten Rathaus dort bleibt, wo er seit Jahrzehnten steht. Würde man sie in Angriff nehmen, müsste das Werk aus Bronze des Bildhauers Reinhold Begas demontiert und in seine Einzelteile zerlegt und das ganze Wassermanagement modernisiert werden.Auf der alten Stelle zwischen Schloss und Marstall und am Eingang zur Brüderstraße soll ein neuer Brunnen als Erinnerung an den ehemaligen Standort gebaut werden.

Von einer Aufstellung des neuen Brunnens in Richtung Breite Straße verspricht sich das Humboldt Forum einen Gewinn an Aufenthaltsqualität vor allem in den heißen Sommermonaten, wo Schatten und Abkühlung in der Innenstadt mehr denn je gebraucht werden. Der Generaldirektor des Humboldt Forums, Hartmut Dorgerloh, sieht die Freitreppe zur Spree positiv. Sie sei für das einheimische und touristisches Publikum ein attraktiver Anziehungsort und ein Zugewinn für den Kulturstandort Humboldt Forum. Aktuell ist vor Ort nicht zu sehen, dass sich irgenetwas tut. Eine verrostete Spundwand und viel Unkraut deuten an, wo der Zugang zur Spree entstehen soll.

Gefahr für die Würde des Ortes

Nach wie vor umstritten ist der Plan, im Umkreis der Museumsinsel ein Flussbad einzurichten. Die Staatlichen Museen sehen eine Gefahr für die Würde des Ortes und befürchten einen Massenan-drang bei den Badegästen und Zuschauern mit allen denkbaren Risiken und Nebenwirkungen, die man bei normalen Freibädern und ganz allgemein bei Massenansammlungen antrifft. Die Folgen sind Jahr für Jahr im James-Simon-Park gegenüber der Museumsinsel zu sehen, wo sich bis spät in die Nacht tausende Menschen mit Bierflaschen und Döner in der Hand viel Dreck hinterlassen und immer wieder zahlreiche verrostete Fahrräder aus dem Wasser gezogen werden müssen, wie irgendwelche „Vollpfosten“, wie die Berliner sagen, in ihrem Übermut ins Wasser werfen.

Alles in allem spricht gegen das Projekt, dass die Spree an dieser Stelle und auch woanders schmutzig ist, was seine Befürworter aber vehement mit dem Argument bestreiten, es werde ja schon genug für Verbesserung der Wasserqualität getan. Kritiker bezeichnen die kleine, aber sehr aktive Gruppe, die sich für das Flussbad stark macht, als Ansammlung von ideologisch motivierten, populistisch geführten und bewusst irreführenden Leuten, die mit unbelegten Falschbehauptungen arbeiten. Einig sind sich Politiker und Fachleute darin, dass das stark verschmutzte Wasser der Spree unbedingt gereinigt werden muss, denn bei Starkregen ergießt sich ein Wasserschwall mit Straßenschmutz, Hundekot, Essensresten und was sonst noch an Abfall herum liegt ungeklärt in die Spree. Laut Koalitionsvertrag will Berlin Sanierungsmaßnahmen etwa im Landwehrkanal, in der Spree innerhalb des S-Bahn-Rings und in der Rummelsburger Bucht weiter voran treiben.

Frevel naseweiser Heißsporne

Seit Bekanntwerden des Projekts äußern Denkmalpfleger schwere Bedenken gegen das Flussbad. In einer Leserzuschrift vom 29./30. November 2014 (!) in der Berliner Zeitung warnte der bekannte Denkmalpfleger Dr. Peter Goralczyk vor der Zerstörung des ältesten und völlig intakten Teils der Spreeuferbegrenzung am Lustgarten zwischen Schlossbrücke und Bodestraße zugunsten der Flussbadeanstalt. Ihn zu opfern wäre ein nicht wieder gut zu machender Frevel am baulichen Erbe Berlins. „Die Ufermauern bilden seit jeher die Begrenzung des Lustgartens. Sie sind Teil des historischen Berliner Forums mit dem Schloss, dem Dom, dem Alten Museum und der Schlossbrücke. Sie bilden seit über 300 Jahren den östlichen Abschluss der Linden. Mit den Ufermauern müsste auch der so einzigartige Regenwasserüberlauf vom Lustgarten in der östlichen Kaimauer fallen. Entworfen von Schinkel, angeregt durch römische Wandbrunnen, sollte sich unter einem Kranz exakt geschnittener Sandsteinblöcke aus einer Brunnenschale, flankiert von zwei springenden Delphinen, das Regenwasser aus dem Lustgarten in einem Wasserschwall in die Spree ergießen.“ Der Brunnen sei noch erhalten, ein notwendiger Wasserablauf sei zum Kunstwerk gestaltet worden. „Wo gibt es nur noch so etwas in Berlin und in Deutschland“, fragt der Denkmalpfleger und fordert, diesen Frevel naseweiser Heißsporne zu verhindern.

Berlins Mitte als Badeanstalt?

Die Arbeitsgemeinschaft der Historischen Bürgervereine Berlin hat 2019 das Projekt an dieser Stelle für deplatziert bezeichnet. „Ein 1000 Meter langes Flussbad im Spreekanal braucht Berlin nicht. Es gibt viele schöne Badestellen innerhalb und außerhalb von Berlin. Die Mitte ist kein Ort, um eine Badeanstalt einzurichten. Wir sehen in einem Flussbad eine Gefahr für das Umfeld. Das Flussufer ist im Wesentlichen im Krieg nicht zerstört worden. Wenn man das Projekt wirklich an der vorgesehenen Stelle realisieren will, werden in weiten Bereichen die Ufermauern des Kupfergrabens zerstört. Auch hat das Konsequenzen für das ganze Umfeld. Man braucht Umkleidekabinen, Toiletten, Liegewiesen und Wasserzugänge. Dadurch würde der Charakter des Ortes verändert.“ Die Errichtung eines Flussbades führe zur „Eventisierung“ der historischen Mitte, heißt es in der Stellungnahme, die Fördermittel in Höhe von 4,6 Millionen Euro aus Steuergeldern seien verloren. Um die Wasserqualität des Flusses und des Seitenkanals nachhaltig zu verbessern, sei dringend ein Umbau der vorhandenen, veralteten Mischwasserkanalisation erforderlich. „Nur wenn durch bauliche Maßnahmen die Einleitung von verschmutztem Regenwasser verhindert wird, ist eine Reinhaltung des Spreewassers möglich. Die Geldgeber des Flussbad-Projekts sollten endlich dem Steuerzahler darüber Auskunft geben, wie eine solche Idee eine Förderung von über 10 Mio. Euro aus öffentlichen Mitteln erhalten kann, ohne dass eine Prüfung seiner Verträglichkeit mit dem Welterbestatus der Museumsinsel durch die UNESCO veranlasst wurde, wie sie nach Art. 172 der Durchführungsbestimmungen zur Welterbekonvention erforderlich ist. Eine Prüfung ist umgehend nachzuholen und das Flussbadprojekt bis dahin auszusetzen, um weiteren möglichen Schaden von der öffentlichen Hand abzuwenden.“

Wir werden nun sehen, wie sich die Geschichte entwickelt. Berlin hat übrigens ganz andere Sorgen und Probleme, als sich an einer prominenten, aber ungeeigneten Stelle ein Flussbad zuzulegen. Mit der Sanierung von Straßen und Brücken, dem Wohnungsbau und der Digitalisierung hat die Stadt mehr als genug zu tun.

18. April 2023