Wasserspender mit kompliziertem Innenleben
Von den vielen Straßenpumpen blieben in Berlin nur wenige erhalten / Stadtmöbel unter Denkmalschutz

Ein Delphin spendete aus der heute still gelegten Pumpe in der Jungstraße im Stadtbezirk Friedrichshain Wasser. Das Schema zeigt das Innere eines so genannten Rohrbrunnens aus dem 19. Jahrhundert.

In der Stargarder Straße im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg und im Ortsteil Rosenthal haben aus der Kaiserzeit stammende Straßenpumpen stürmische Zeiten mehr oder weniger gut überstanden.

Wie Wasserpumpen gehören auch Pavillons, Wartehallen (hier auf dem Richardplatz in Neukölln), Toilettenhäuschen und ähnliche Bauten zu den Stadtmöbeln und genießen Denkmalschutz.

Im Nikolaiviertel zieht die Wasserpumpe aus der Kaiserzeit neugierige Blicke auf sich.

Auf natürlichen und künstlichen Hügeln hat man große Wasserbecken und -türme angelegt. Sie wurden mit Hilfe der Dampfkraft vollgepumpt, und so konnte das kostbare Nass in tiefer liegende Brunnen und Haushalte fließen.

Der Wasserturm an der Knaackstraße im Bezirk Prenzlauer Berg hat schon lange seinen Dienst quittiert, hier hat man Wohnungen mit ganz speziellem Grundriss eingerichtet. Eine Gedenktafel berichtet, dass die Nazis hier eine Folterstätte unterhielten.

Wenn schon Wasserwerk, dann sollte es auch gestaltet sein. Die Anlage an der Landsberger Allee ist mittelalterliche Ziegelbauten nachempfunden, wie man sie überall in Berlin und Brandenburg findet.
(Fotos/Repro: Caspar)
Eine gut funktionierende Wasserversorgung war und ist seit jeher ein großes Problem. Die alten Römer bauten kilometerlange Aquädukte, um ihre Hauptstadt Rom und andere Siedlungen mit frischem Wasser zu versorgen. Von diesen Wunderwerken antiker Bau- und Ingenieurkunst sind da und dort in Italien, Südfrankreich, Spanien und anderswo noch eindrucksvolle Reste erhalten. Eine Stadt wie Berlin ausreichend mit Wasser zu versorgen und es, wenn es gebraucht und verschmutzt war, wieder abzuleiten, war vor Jahrhunderten nicht einfach zu bewerkstelligen. Wer sein Trink- und Waschwasser aus der Spree oder aus Teichen und Tümpeln entnahm, weil keine Wasserleitung sowie Tiefbrunnen, Wassertürme und Straßenpumpen zur Verfügung standen, musste es mühsam in Eimern herbei schleppen und sparsam damit umgehen. Für Geld konnte man Wasserträger engagieren, so wie es auch Leute gab, die so genannte Plumpsklos entleerten und deren Inhalt auf Misthaufen oder gleich in die Spree warfen. Bei den vielen Bränden, die die Stadt heimsuchten und furchtbaren Schaden an Menschen und Gebäuden anrichteten, stand nur das Löschwasser zur Verfügung, das man in Eimern aus der Spree sowie aus Teichen und Tümpeln holte oder, als es Handpumpen gab, aus Schläuchen verspritzte.
Gesundheitliche Risiken
Diese urtümliche Art der Wasserversorgung barg gesundheitliche Risiken. Das ungefilterte Nass löste Seuchen aus, und von denen gab es in der preußischen Haupt- und Residenzstadt, und nicht nur dort, nicht wenige. Denn ungeachtet kurfürstlicher und königlicher Edikte und massiver Strafandrohung warfen die Leute all ihren Dreck, Unrat und Fäkalien in offene Gewässer, die verseucht und ungenießbar waren. Um sich vor Krankheiten zu schützen und seinen Durst zu stillen, trank man ein als unbedenklich geltendes Bier nach dem anderen und gab es auch kleinen Kindern ohne zu wissen, wie schädlich der Alkohol für sie ist.
Die wenigsten Häuser verfügten im 19. Jahrhundert über Wasserleitungen. Damals wurden auf Hügeln Wassertürme, hoch gelegene Becken, unterirdische Kanäle und auf den Straßen Wasserrinnen gebaut, um Haushalte und Betriebe zu versorgen und Abwasser in das Umland zu leiten. Außerdem entstanden am Stadtrand großartige, in der Tradition märkischer Backsteinbauten gestaltete Wasserwerke. Die unter Denkmalschutz stehenden Ensembles sind n der Nähe des Müggelsees in Friedrichshagen, an der Landsberger Allee und an anderen Orten erhalten und voll funktionstüchtig.
Stadtmöbel unter Denkmalschutz
Von tausenden gusseisernen Pumpen haben quer durch die Stadt einige hundert zwei Weltkriege und weitere Katastrophen überstanden. Wie Litfaßsäulen, Straßenlaternen, Wartehallen, Telefonzellen, so genannte Normaluhren, öffentliche Toiletten, Straßenpoller und andere Hinterlassenschaften aus alten Zeiten zählen die manchmal sehr aufwändig gestalteten Pumpen zu den so genannten Stadtmöbeln und stehen unter Denkmalschutz. Wenn man den Pumpenschwengel hin und her bewegte, konnten die sie sauberes Grundwasser aus Tiefen von 30 bis 40 Metern saugen und so die im Umkreis lebende Bevölkerung versorgen. „Bessere“ Haushalte verfügten schon vor 150 Jahren über „Wasser aus der Wand“ und waren nicht auf die schnöden, aber gut gestalteten Straßenpumpen angewiesen. Die wenigsten spenden heute noch Wasser, doch als wir jetzt Hitzewellen erlebten, ist die eine oder andere Pumpe angesprungen und hat kühlendes Nass gespendet.
Man sieht es den mit dem Berliner Bärenwappen, mit Fischen und Fröschen und anderem Getier geschmückten Pumpen nicht an, aber Konstruktionszeichnungen zeigen, dass ihr metertief bis ins Grundwasser rechendes Innenleben kompliziert konstruiert war. Wie alte Fotos zeigen waren die in der Eisengießerei Lauchhammer und anderen Betrieben hergestellten Pumpen aus Gusseisen beliebte Spielorte der Schulkinder, die sich gern mit Wasser vollspritzten. Sie brauchten viel Kraft, um den Schwengel auf und nieder zu drücken. Aber wenn es sprudelte, gab es einen großen Spaß.
Mit den Jahren erwies sich, dass diese Art der Wasserversorgung nicht mehr dem Bedarf entsprach, und so hat man in den frühen 1920er Jahren neue und bessere Pumpen und Hydranten aufgestellt, die auch von der Feuerwehr benutzt werden konnten. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als es in der zerstörten Stadt langsam wieder aufwärts ging und sich die Wasserversorgung stabilisierte, hat man viele Straßenpumpen verschrottet. Die übrig blieben, sind heute viel bestaunte Zeugnisse einer vergangenen Zeit. Ihnen ist zu wünschen, dass man mit ihnen respektvoll umgeht und das korrosionsanfällige Eisen durch grüne Anstriche schützt.
11. November 2024