Seiner Zeit weit voraus
Alte Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel widmet dem Maler Caspar David Friedrich eine eindrucksvolle Ausstellung


In einer langen Schlange haben die Besucher vor der Alten Nationalgalerie auf den Einlass gewartet, aber dann versammeln sich die Besucher in ehrfürchtigem Staunen und versuchen, mir dem Maler Wälder sowie Schnee- und Seenlandschaften zu durchstreifen.

Am Beginn der Ausstellung blickt Caspar David Friedrich die Besucher an, die Gipsbüste im Vordergrund ist eine Arbeit von Gottlob Christian Kühn.

Friedrich hat sich ab und zu selbst und Zeitgenossen porträtiert. Das Gemälde rechts zeigt einen knorrigen Baum, zu dem die Ausstellung auch Vorstudien präsentiert.

Die Ausstellung zeigt auf einem Gemälde von Georg Friedrich Kersting den Künstler in seinem Dresdner Atelier sowie eine Frau am Fenster, die als Friedrichs Frau Caroline gedeutet wird.

Bei der Betrachtung der Bilder von Caspar David Friedrich mögen dem einen oder anderen ein Lied von Matthias Claudius einfallen, das mit diesen Worten beginnt: „Der Mond ist aufgegangen / Die goldnen Sternlein prangen / Am Himmel hell und klar: / Der Wald steht schwarz und schweiget, / Und aus den Wiesen steiget / Der weiße Nebel wunderbar.“

Die Ruine des Klosters Eldena bei Greifswald war Friedrich von seinen Ausflügen in die Umgebung der Hanse- und Universitätsstadt gut bekannt.

Die Lebensstufen von Jung bis Alt ist Thema eines Bildes mit Schiffen auf dem Meer mit der sinkenden Sonne am Horizont.

Die DDR widmete 1978 dem aus Greifswald stammenden und in Dresden gestorbenen Künstlers, der zu den Vätern der romantischen Malerei gezählt wird. (Fotos: Caspar)
Mit einer Serie von Ausstellungen, Tagungen und Publikationen wird in diesem Jahr an den vor 250 Jahren, am 5. September 1774, in Greifswald geborenen Maler Caspar David Friedrich erinnert. Die erste Jubiläumsausstellung fand bis zum 1. April 2024 in der Hamburger Kunsthalle statt. Die Gemälde des Vorkämpfers der Romantik in Deutschland sowie zahlreiche Zeichnungen und Arbeiten von Zeitgenossen zeigten, wie Friedrich und Zeitgenossen auf neuartige Weise die Natur sahen und welche Faszination die ungewöhnlichen Landschaftsdarstellungen, die Ansichten von dunklen Wäldern und Blicke auf das Meer mit einsamen Menschen davor, aber auch verfallene Kirchen und Klöster auf der Maler und spätere Generationen ausübten. Mit seinen Sonnenaufgang- und Sonnenuntergangbildern und dunklen Landschaften bei Mondschein betrat der Künstler Neuland. Auf der anderen Seite hat er weder die in seiner Zeit beliebten mythologischen Bilder gemalt und auch auf Christus-, Marien- und Heiligenbilder verzichtet. Nur da und dort sieht man Kreuze und kann ein christliches Motiv vermuten.
Am Besuch der Ausstellung und einer einfühlsamen Führung nahmen am 11. Juni 2024 Mitglieder der Schadow Gesellschaft Berlin e. V. teil. Sie erfuhren, dass Friedrichs stimmungsvollen Landschaftsbilder Staunen und Aufmerksamkeit erregten. Sogar der preußische König Friedrich Wilhelm III. kaufte, von seinem Sohn, dem späteren Friedrich Wilhelm IV., ermuntert, einige Bilder. Das gleiche tat der Zarenhof in Sankt Petersburg. Sehr gut vertreten ist der Künstler in der Alten Nationalgalerie und dem Berliner Kupferstichkabinett. Der Maler inspirierte zahlreiche Künstler zu weiteren Landschaftsdarstellungen, die uns eine gute Vorstellung verschaffen, was man zu seiner Zeit unter der Parole „Zurück zur Natur“ verstand.
Unendliche Landschaften
Der am 5. September 1774, vor 250 Jahren, als Sohn eines Seifensieders und Kerzendrehers in der damals schwedisch verwalteten Hafen- und Universitätsstadt Greifswald geborene Künstler war seiner Zeit weit voraus. Die bis 4. August 2024 Ausstellung „Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften“ in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel zeigt mehr als 60 Gemälde und über 50 Zeichnungen des Meisters aus eigenen Beständen beziehungsweise Leihgaben aus anderen Museen. Darunter befinden sich weltberühmte Ikonen wie „Das Eismeer“ (1823/24) aus der Hamburger Kunsthalle, „Kreidefelsen auf Rügen“ (1818/1819) aus dem Kunst Museum Winterthur, „Hünengrab im Schnee“ (1807) aus den Staatliche Kunstsammlungen Dresden und die „Lebensstufen“ (1834) aus dem Museum der bildenden Künste Leipzig.
Zu sehen sind in der Alten Nationalgalerie knorrige Bäume, weite Horizonte, Mondlandschaften, auf dem Meer schaukelnde Schiffe, gewaltig aufgetürmte Eisschollen und kaum sichtbare Wolken, aber auch Kreidefelsen sowie Täler und Berge sowie Selbstporträts des Ausnahmekünstlers, der am 7. Mai 1840 in Dresden starb. Die ihm gewidmete Schau ist Teil einer Reihe von thematisch eigenständigen Ausstellungen unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Hamburger Kunsthalle sowie im Albertinum und im Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Das Pommersche Landesmuseum Greifswald lädt zu der Sonderausstellung „Lebenslinien“ ein und präsentiert erstmals nahezu geschlossen seine umfangreichen Bestände zum Leben und Werk des in Greifswald geborenen Künstler.
Vergessen und wieder entdeckt
Die Ausstellung gewährt Einblicke in Friedrichs künstlerische Ausbildung, Werdegang und Arbeitsweise, und sie zeigt dank moderner Röntgentechnik, wo er im Laufe des Malprozesses an seinen Bilder Veränderungen und Verbesserungen vorgenommen hat. In dem kleinen Kabinett wird überdies gezeigt, wie verdunkelte Gemälde durch Restauratorenhand ihre ursprüngliche Frische und Farbigkeit zurück bekamen. Das Oeuvre des Künstlers umfasst zahlreiche in öffentlichen und privaten Sammlungen befindliche Gemälde, Holzschnitte, Radierungen, Aquarelle und Zeichnungen. Die Zahl seiner Gemälde wird auf 300 geschätzt, doch gab es auch Kriegs- und andere Verluste. Auch darüber berichtet die Ausstellung, zu der auch ein umfangreicher Katalog erschienen ist. Hin und wieder hat sich Friedrich sich selbst porträtiert oder andere dies tun lassen. Die Ausstellung widerlegt an markanten Beispielen eine die Behauptung, der Künstler sei kein guter Porträtist gewesen.
Die Nationalgalerie dokumentiert die Wiederentdeckung des Malers zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nachdem Friedrich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Vergessenheit geraten war, weil andere Künstler anders malten und in der Gunst des Publikums standen, würdigte ihn die Nationalgalerie mit der legendären „Deutschen Jahrhundertausstellung“ von 1906 mit 93 Gemälden und Zeichnungen so umfassend wie nie zuvor. Beim Hinausgehen kann man in alte Kataloge und Kunstbücher schauen, die Friedrichs Leben und Werk würdigen. Fast die Hälfte seiner damals gezeigten Meisterwerke sind jetzt in Berlin zu sehen und werden auf den erklärenden Schildern extra markiert.
Von der Kunstkritik immer weniger beachtet
Seine künstlerische Ausbildung erhielt Friedrich in Kopenhagen und Dresden, wo er eine von Suizidgedanken überschattete Lebens- und Schaffenskrise durchmachte. Nach deren Überwindung ging es ab etwa 1805 mit ihm aufwärts. Kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe, der in seiner Jugendzeit schwankte, ob er Dichter oder Maler werden soll, erkannte Friedrichs Talent und förderte ihn. Friedrichs späten Werke standen außerhalb der aktuellen Kunstentwicklung und wurden vom Publikum und der Kunstkritik immer weniger beachtet.
Da der vom Verkauf seiner Bilder lebende Künstler immer weniger Erfolg hatte, gerieten er und seine Familie in finanzielle Not. Am 26. Juni 1835 erlitt er einen Schlaganfall mit Lähmungserscheinungen. Seine Kur in Teplitz war erst nur nach dem Verkauf einiger Bilder an den russischen Zarenhof möglich. Nach der Kur fing Friedrich unter gesundheitlichen Schwierigkeiten wieder an zu malen. 1835/36 entstand noch das Bild „Meeresufer bei Mondschein“. Er schuf Sepiazeichnungen und Aquarelle, aber kaum noch Landschaften. Caspar David Friedrich starb am 7. Mai 1840 mit 65 Jahren in Dresden und wurde auf dem Trinitatisfriedhof beigesetzt.
14. Juni 2024