Der Osten wollte West-Berlin schlucken
Gleich nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Kalte Krieg, und die Welt stand mehrfach am Abgrund



Als sich Churchill, Truman und Stalin auf der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 freundschaftlich die Hände reichten, war der Kalte Krieg nicht weit. An seinem Beginn standen die amerikanischen Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, die noch während des Treffens von US-Präsident Truman befohlen worden waren.



Die Berlin-Blockade 1948/49, das Wettrüsten in Ost und West und die Drohung beider Seiten mit dem Einsatz von Atomwaffen löste im Westen heftige Gegenreaktionen durch das Anschwellen der Friedensbewegung aus, die heute wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine wieder zunimmt. Die UdSSR und die DDR hätten 1958 allzu gern den Westteil der Viermächtestadt okkupiert. Sie begründeten das damit, die in den Westsektoren befindlichen Spionagezentren beseitigen und die Hetze gegen den Osten beenden zu wollen.



Aus dem Osten kamen vor und nach 1950 nur Anschuldigungen an die Adresse der angeblich imperialistischen, ganz auf die Erlangung der Weltherrschaft gerichteten westlichen Staaten. Wer in der DDR mit gegen sie gerichteten Karikaturen angetroffen wurde, bekam es mit der Stasi und Justiz zu tun. Hier ließman kein Klieschee aus, um den „Klassenfeind“ in Bild und Schrift zu verunglimpfen und zu schaden.



Im Neuen Deutschland, dem Zentralorgan der SED, wurde der Plan, West-Berlin in eine so genannte Freie Stadt zu verwandeln, lebhaft begrüßt, und DDR-Bewohner mussten in den Jubelchor einstimmen. (Repros: Caspar)



Chruschtschow und Kennedy sitzen, mit Fingerhakeln beschäftigt, auf Wasserestoffbomben, die in jedem Moment auf Knopfdruck hoch gehen können.

Nur mühsam haben die Staaten der Anti-Hitler-Koalition während des Zweiten Weltkriegs ihre politischen Differenzen unter Kontrolle gehalten. Ihr oberstes Ziel war es, das NS-Regime zu vernichten und den Krieg in Europa und in Asien siegreich zu beenden und eine neue, gerechte und friedliche Weltordnung zu schaffen. Doch dem heißen Krieg folgte schon bald der Kalte Krieg. Atomar hochgerüstet standen sich hier die Westmächte unter Führung der USA den Staaten des Ostblocks gegenüber, die von der von Stalin, Chruschtschow und Breshnew geführten Sowjetunion dominiert wurden. Mit dem Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989, den Umbrüchen den Ostblockländern und der Sowjetunion war der Kalte Krieg, in dem die Welt mehr als einmal am Abgrund des nuklearen Infernos stand, vorerst beendet. Das war eine große Illusion, denn die Zwistigkeiten bestanden weiter, freilich anders und nicht so extrem wir vor dieser Zäsur. Heute ist wieder vom Kalten wegen des Großmachtstrebens der Russischen Föderation und ihres Präsidenten Wladimir Putin die Rede, der einen Aggressionskrieg gegen die Ukraine führt. Dieser begann 2014 mit der Okkupation der Halbinsel Krim, auf die die Ukraine und Russland aus unterschiedlichen Gründen Ansprüche erheben.

Weder Kosten noch Mühen gespart

Eine direkte militärische Auseinandersetzung zwischen den ehemaligen Verbündeten USA, Großbritannien, Frankreich und weiteren NATO-Staaten auf der einen Seite und der Sowjetunion und ihren im Warschauer Pakt zusammengeschlossenen Satellitenstaaten hat es nicht gegeben. Wohl aber haben beide Militärblöcke große Anstrengungen und Kosten darauf verwandt, der anderen Seite politische, wirtschaftliche und militärische Schwierigkeiten zu bereiten und ihr durch die Politik der Stärke zu imponieren. Diesem Zweck dienten Stellvertreterkriege in Asien und Afrika sowie im Nahen Osten und in Lateinamerika, die hohe Opfer an Blut und Gut forderten und eine nie dagewesene Fluchtbewegung in Gang setzten. Zu nennen sind vor allem der Koreakrieg (1950-1953) und der Vietnamkrieg (1954-1964), aus denen die USA und ihre Verbündeten als Verlierer hervor gingen. Bis heute wirken diese Kriege nach, ebenso die in Afghanistan, dem Irak, Iran und anderen Gegenden der Welt.

Begonnen hatte der Kalte Krieg mit der Berlin-Blockade 1948/49 (siehe S.....), mit der der sowjetische Diktator Josef Stalin versuchte, den Viermächtestatus der ehemaligen Reichshauptstadt zu seinen Gunsten zu verändern. Da der Plan nicht gelang wirkte das von den drei Siegermächte USA, Großbritannien und Frankreich besetzte West-Berlin weiterhin wie ein Pfahl im Fleisch der DDR, die einige Monate nach der Bundesrepublik Deutschland am 7. Oktober 1949 gegründet wurde und bis zu ihrem Ende 1989/90 treuester Vasall der Sowjetunion war. Die Errichtung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze am 13. August 1961 durch das Ulbricht-Regime mit Billigung und Unterstützung der Moskauer Führung wurde vom Westen zähneknirschend zur Kenntnis genommen. Wegen Berlin einen Krieg zu beginnen, kam für die USA, Großbritannien und Frankreich nicht infrage.

Chruschtschows vergiftetes Angebot

Wie nach dem Ende der DDR bekannt wurde, gab es dort Pläne, den freien Teil Berlins, wie man sagte, erst zu unterwandern und dann im Handstreich zu erobern. Da ein solcher Überfall unkalkulierbare militärische und politische Gegenreaktionen nach sich gezogen hätte, wurde in Moskau und Ost-Berlin das Projekt „Freie Stadt Berlin“ entwickelt. Am 27. November 1958, zehn Jahre nach der Berlin-Blockade, verlangte Nikita Chruschtschow, der dem 1953 verstorbenen Stalin gefolgt war, mit seinem vergifteten Angebot von den Westmächte, dass sie Westmächte innerhalb eines halben Jahres aus ihren Sektoren abziehen und sie in eine „freie“ entmilitarisierte Stadt umwandeln sollen. Chruschtschow drohte, mit der DDR einseitig einen Friedensvertrag abzuschließen und ihr die Kontrollrechte für ganz Berlin einschließlich der Zugangswege zu übertragen. Seine eigentlichen Ziele behielt Chruschtschow für sich, denn er wollte nicht nur die DDR und damit sich selber stärken, sondern auch die Glaubwürdigkeit der USA und das westliche Verteidigungsbündnis Nato erschüttern, was aber nicht gelang.

Obwohl es in den USA Befürworter einer Antwort auf den sowjetischen Vorstoß mit Atomwaffen gab, die verheerende Auswirkungen in Europa und speziell in Deutschland gehabt hätten, hat die Nato auf dieses allerletzte Mittel verzichtet. Schon bald war von der „Freien Stadt Berlin“ nicht mehr die Rede, doch war das Thema nicht vom Tisch. Denn am 13. August 1961 errichtete das SED-Regime mit Walter Ulbricht an der Spitze die Berliner Mauer und die innerdeutsche Grenze. Nach einigen Jahren halfen deutsch-deutsche Abkommen, dass Bundesbürger und West-Berliner nach Antragstellung und Kontrolle in die DDR und den Ostteil Berlins einreisen konnten. Der umgekehrte Weg war den meisten Ostdeutschen verwehrt, wurde aber an der Grenze versucht und mit vielen Todesopfern und Zuchthausstrafen teuer bezahlt.

Gefärhrliche Kuba-Krise von 1962

Bedrohlichen Charakter nahm die Kuba-Krise im Oktober 1962 an, als die USA die Sowjetunion unter Androhung eines atomaren Gegenschlags zwang, auf die Stationierung sowjetische Mittelstreckenraketen auf der Insel Kuba unmittelbar vor der Haustür der USA zu verzichten. Die Sowjetunion sah sich bei ihrer Maßnahme im Recht, weil amerikanischer Mittelstreckenraketen im Natomitglied Türkei stationiert worden waren, die als Bedrohung angesehen wurden. Mit der Kubakrise erreichte der Kalte Krieg einen neuen Höhepunkt. Zu unser aller Glück erkannten beide Militärblöcke in allerletzter Minute, dass ein Atomkrieg das Ende der Welt bedeuten würde. Das sehen heute Putins Kriegshetzer anders, denn sie fordern „atomare Medizin“ für die Bewohner des angeblich faschistischen Nachbarlandes und sehen, wie im Jahr 1945, schon die Fahne nicht mehr der Sowjetunion, sondern die mit dem Zarenadler auf dem Berliner Reichstag wehen.

Die nächste Konfrontation dauerte von 1979 bis 1983, als in der Bundesrepublik und der DDR atomare Mittelstreckenraketen gegeneinander aufgerichtet wurden. Zwischen diesen Phasen einer mit allen Mitteln der Propaganda und Untergrundarbeit geführten Politik der Konfrontation gab es Zeiten relativer Entspannung und friedlichen Koexistenz, die durch internationale Abkommen untermauert wurden. Die feierlich am 1. August 1975 durch Staats- und Regierungschefs von 35 Ländern unterzeichnete Schlussakte von Helsinki enthielt Vereinbarungen über die Beachtung der Menschenrechte, die Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, wissenschaftlichem, technischem, militärischem und humanitärem Gebiet sowie bei der Bewahrung der Umwelt. Ziel war es, den hoch gerüsteten Blöcken in Europa zu einem geregelten, friedlichen Miteinander zu verhelfen.

Berufung auf Helsinki nicht geduldet

Die Festlegungen betrafen die Unverletzlichkeit der Grenzen, die territoriale Integrität der Staaten, die friedliche Regelung von Streitfällen und die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten. Die Unterzeichnerstaaten und mit ihnen Erich Honecker als DDR-Staats- und SED-Chef bekannten sich zur Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten wie Gedanken-, Gewissens-, Religions- oder Überzeugungsfreiheit, und sie bekundeten ihren Willen, auf Androhung und Anwendung von Gewalt gegenüber anderen Staaten zu verzichten. Das Echo auf den Abschluss jahrelanger Verhandlungen war je nach Standort und politischer Ausrichtung enthusiastisch bis pessimistisch. In westlichen Ländern wurde eine Untergrabung und Aufweichung der eigenen Herrschaftsverhältnisse befürchtet, sozusagen die feindliche Übernahme durch östliche Diktaturen. Hingegen setzten die Bürger in den kommunistisch beherrschten Ländern einschließlich der DDR große Hoffnungen in die Beschlüsse der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa und beriefen sich auf sie, ohne dass es ein Einlenken in Richtung Freizügigkeit und Menschenrechte gegeben hätte. Denn wie sich zeigte, haben sich die jeweiligen Regierungen einen Dreck um die Beschlüsse gekümmert, sofern es um die Beachtung der Menschenrechte und Bewegungsfreiheit ging. Nach außen aber konnten Honecker und Genossen mit ihren Unterschriften damit prahlen, nun endlich in der Weltgemeinschaft angekommen zu sein. Die Folge waren Einladungen zu Staatsbesuchen in aller Welt und1988 in die Bundesrepublik, die die DDR-Presse wie eine Krönungsmesse feierte. Ein Jahr später war er dank massenhafter Bürgerproteste „weg vom Fenster“, und es dauerte nur wenige Wochen, bis sich die DDR selbst abgeschafft hat.

2. März 2023

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