Hochstapler als Finanzmanager
Der Schotte John Law versuchte vor 300 Jahren mit fragwürdigen Mitteln, Frankreich vor dem Staatsbankrott zu retten



In Frankreich drehte sich alles um Louis le Grand und seinen Urenkel Ludwig XV. (Foto links), die jegliche Macht in ihren Hämde hielten und niemand daran teilhaben wollten. Um gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen, hat John Law große Summen für karitative Zwecke ausgegeben und war, solange es gut ging, am königlichen Hof gern gesehen. Es dauerte aber nicht lange, bis das Kartenhaus des Finanzmanagers 1720 zusammenbrach und Herzog Philippe II. von Orléans ihm seine Freundschaft kündigte.



Die Legierung der Münzen zu verschlechtern, wie man es im Römisch-deutschen Reich zweimal zur Zeit der Kipper und Wipper am Beginn und Ende des 17. Jahrhunderts getan hatte, kam für John Law nicht in infrage. Dem Ansehen der Münzen, von denen viele als „Franzgeld“ im Ausland umliefen, sollte nicht geschadet werden. Das Sechs-Livres-Stück im Wert eines Talers von 1718 zeigt den minderjährigen Ludwig XV.



John Law wurde gefeiert, solange sein Stern strahlte und sein System funktionierte. Als es in sich zusammenbrach, schüttete man Spott und Hohn auf ihn und den Geldteufel, dem die Leute den Garaus machen wollen.



Die Karikatur verspottet Law als Don Quichotte, dessen Esel keine Dukaten scheißt, sondern nur wertloses Papiergeld, um das sich die verblendeten Leute heftig streiten.





Auf der Spottmedaille von 1720 betrachtet Law mit einer großen Lupe die unter seiner Regie gedruckten Banknoten und weist auf eine mit gutem Geld gefüllte Truhe. Auf der Rückseite hat sich ein Mann erhängt, den der Aktienkauf ruiniert hat. Die zweite Medaille zeigt ein vornehmes Paar, das bei Geschäften mit Law und seiner Bank alles verloren hat.



Geldscheine wurden bis ins 19. Jahrhundert hinein fast wie zu Gutenbergs Zeiten auf solchen Pressen hergestellt. Das einfache Design und das urtümliche Druckverfahren haben Fälschern die Arbeit leicht gemacht.



Die französischen Banknoten von 1719 versprachen den Umtausch in Silbergeld, der dann aber nicht erfolgte. Außerdem waren diese Scheine alles andere als fälschungssicher.



Die preußischen Kassenscheine aus Preußen zu zehn Taler waren eine Art Quittung für Silbergeld, welches in der Bank deponiert wurde. Theoretisch war der Tausch möglich, in der Praxis aber gab es damit Probleme. Zunehmend verweigerten nach 1806 sowohl preußische Behörden als auch die französischen Besatzer die Annahme der im Holzschnittverfahren hergestellten Tresorscheine ohne Ortsangabe und Datum. (Fotos/Repros: Caspar)

Als Frankreichs Sonnenkönig Ludwig XIV. am 1. September 1715 nach 72-jähriger Herrschaft in Versailles starb, hatte das Land seinen Höhepunkt überschritten. Krisen, Kriege und Katastrophen und ein durch Misswirtschaft und höfischen Luxus verursachter Staatsbankrott überschatteten die folgenden Jahrzehnte und führten nach der Revolution von 1789 zum gewaltsamen Ende der Monarchie. Das von Ludwig XIV. geschaffene Regime hatte für den eigenen Untergang gesorgt, denn es war zur Selbsterneuerung und durchgreifenden Reformen nicht fähig und brach nach untauglichen Versuchen in dieser Richtung kurz vor der Revolution wie ein Kartenhaus zusammen. König Ludwig XVI., seine Frau Marie Antoinette und viele ihrer Untertanen bezahlten ihr Verharren auf alten Gewohnheiten und Traditionen mit dem Leben. Die Folge der Revolution war eine tiefgreifende, mit blutigen Kriegen und neuer Unterdrückung der Völker verbundene Umgestaltung Frankreichs und Europas.

Nach dem Tod des Sonnenkönigs bestieg dessen Urenkel Ludwig XV. mit erst fünf Jahren den Thron, weil sein Vater und Großvater vor ihm verstorben waren. Bis der Knabe volljährig war, wurde das Land von einem Verwandten, dem Herzog Philipp II. von Orléans, verwaltet und fast zugrunde gerichtet. Als Ludwig XV. endlich regierte, überließ er, seinen erotischen Interessen und der Jagd nachgehend, die Staatsgeschäfte krupellosen Ministern und Mätressen, mit denen er zahlreiche illegitime Kinder hatte. Diese hatten bis auf einen Sohn am königlichen Hof keinen Zutritt, wurden aber gut versorgt und verheiratet. Der„Vielgeliebte“, wie man Ludwig XV. auch nannte, vergnügte sich in seinen Lustschlössern, wo ihm schöne Frauen und Mädchen zu Gebote standen. Unter ihnen waren auch solche, die eifrige Zuträger für ihn buchstäblich aus der Gosse geholt hatten.

Goldmacher landeten am Galgen

Vor und nach 1700 erschienen überall an europäischen Höfen Betrüger, die von sich behaupteten, aus unedler Materie Gold machen zu können. Manche dieser Adepten erlangte hohe und gut dotierte Positionen, lebten in Saus und Braus und warfen das ihnen zum Zweck der Goldmacherei anvertraute Geld zum Fenster hinaus. Doch Gold und Silber mit Hilfe des geheimnisvollen Steins der Weisen herbei zu zaubern, gelang ihnen nicht. Der eine oder andere Schwindler endete, nachdem die hochadligen Geldgeber die Geduld verloren hatten, schmachvoll am Galgen. Die Geschichte kennt zahlreiche Beispiele für solche Schicksale, denn natürlich war es niemand möglich, Blei und andere Metalle mittels des „Steins der Weisen“ in Gold und Silber zu verwandeln. Wo das behauptet wurde, waren immer nur Betrug und Täuschung im Spiel.

Verzweifelt suchte man in Frankreich nach der Lösung der Finanz- und Staatskrise. Als Retter aus der Not bot sich der aus Schottland stammende Abenteurer und Finanzmanager John Law an. Durch Glücksspiel in Paris reich geworden, besaß er das Vertrauen seines Freundes, des Regenten Herzog Philippe II. von Orléans, der ihn 1715 zum Chef der Pariser Banque Générale machte und ihn Anfang 1720 auf den Posten des obersten Finanzkontrolleurs des Landes setzte. Law begann, seine gewagten geldpolitischen Ideen zu verwirklichen. Das Projekt ging als Mississippi-Blase in die Geschichte ein. Als einer der Hauptaktionäre der Gesellschaft wurde Law nicht nur schwerreich und konnte in großem Stil Immobilien in Paris kaufen, sondern avancierte quasi für wenige Jahre zum umschmeichelten Herrscher über Frankreich, zumindest was die Finanzen betraf.

Mehr Schein als Sein

John Law war überzeugt, dass Geld nicht unbedingt aus Münzen, sondern auch aus bedrucktem Papier bestehen kann. Das war damals neu und gewöhnungsbedürftig. Dergleichen kannte man nur aus Schweden, wo solche Scheine anstelle der schwer zu transportierenden Talerplatten aus Kupfer ausgegeben wurden und Anklang fanden. In einer 1705 veröffentlichten Denkschrift schlug er die Gründung einer Bank, die Kredite bereitstellt und Papiergeld ausgibt und dieses durch Edelmetalle und Immobilien absichert. Laws Ideen fielen in Frankreich, dessen Kassen durch den Spanischen Erbfolgekrieg von 1701 bis 1714 leer waren, auf fruchtbaren Boden, doch war da mehr Schein als Sein im Spiel. Der Finanzjongleur gründete 1716 die Banque Générale als Privatunternehmen und vergab weitgehend wertlose Staatsanleihen als Kredite aus. Diese stießen bei den Franzosen auf großes Interesse. Man vertraute dem Wort des Regenten und der angeblichen Deckung der Papiere durch den Staatsschatz, der aber nicht existierte.

Es kam, wie es kommen musste, der ungehemmte Papiergeldumlauf führte das Land und viele seiner Bewohner ins Unglück. Diese reagierten verzweifelt und zornig, doch da Law im Namen des Königs und des Regenten agiert hatte, konnte man ihn nicht zur Rechenschaft ziehen. Selbst wenn man den Finanzjongleur angeklagt, verurteilt und hingerichtet hätte – das Geld war weg. Dabei hatte es Law mit seinen Ideen eigentlich gut gemeint. Er war überzeugt, dass viel Geld die Wirtschaft sowie Handel und Wandel ankurbelt. „Der Handel und die Zahl der Menschen, die den Reichtum und die Macht eines Staates ausmachen, hängen von der Menge und Ordnung der Münzen ab“, schrieb er und forderte, die Einkünfte des Königreichs zu erhöhen, mit welchen Mitteln auch immer. Da aber nicht genug Gold- und Silbermünzen vorhanden waren, weil diese für den Krieg und höfischen Luxus ausgegeben waren, sollte Papiergeld die Lücke schließen.

Edelmetall besser als Zettel

Die Staatsfinanzen durch Ausgabe der schlecht gedruckten und gut zu fälschenden Papiernoten zu retten, schien dem Regenten und seiner Entourage zu verlockend, als dass sie auch die Risiken beachteten. So brach das „System Law“ nach kurzer Scheinblüte im wahrsten Sinne des Wortes in zusammen. Die Folgen des John-Law-Experiments waren verheerend, das Vertrauen der Franzosen auf den Staat und seine Spitzen war dahin. Bis zur Einführung allgemein akzeptierter Banknoten sollten noch über hundert Jahre vergehen. Der mit Spott und Hohn überschüttete Finanzjongleur floh über Brüssel nach Venedig, wo er 1729 an einer Lungenentzündung starb.

Der Unfug, der mit dem Papiergeld in Frankreich und dann auch in einigen anderen Ländern betrieben wurde, blieb lange in Erinnerung. Als der stets nach neuen Geldquellen suchende König Friedrich II., der Große, in Preußen nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) zur Entlastung der maroden Staatsfinanzen Banknoten einführen wollte, stieß er auf Misstrauen und Ablehnung. Silber und Gold in der Tasche war den Leuten lieber als irgendein bedruckter Zettel, auch wenn er versprach, jederzeit in reguläres Geld eingetauscht zu werden. Als Friedrich Wilhelm III. um 1804 einen neuen Vorstoß in Richtung Banknoten unternahm, bedurfte es großer Überzeugungskraft und königlicher Befehle, ihnen in der Bevölkerung Achtung und Anerkennung zu verschaffen. Inzwischen hatte Frankreich eine alles umstürzende Revolution erlebt, in der auch große Mengen an Papiergeld, die so genannten Assignaten, ohne wirkliche Deckung ausgegeben wurden.

Goethe wusste, worum es geht

Die durch eine Verordnung vom 4. Februar 1806 eingeführten Tresorscheine waren in Preußen noch gewöhnungsbedürftig. König Friedrich Wilhelm III. und seine Minister Friedrich Wilhelm Graf von der Schulenburg-Kehnert und Karl vom und zum Stein taten alles, um das allgemeine Misstrauen gegen Papiergeld zu zerstreuen. Man war Metallgeld gewohnt und begegnete den bedruckten, zudem nicht fälschungssicheren Scheinen mit Misstrauen. Dies um so mehr, als man wusste, welches Unheil die im revolutionären Frankreich ausgegebenen Assignaten angerichtet haben. Besitzern der mit faksimilierten Unterschriften der Minister versehenen Banknoten wurde zugesichert, dass sie diese bei staatlichen Kassen in Berlin, Breslau, Elbing, Königsberg in Preußen, Stettin, Münster, Fürth und Warschau gegen Metallgeld eintauschen können. Mit der Niederlage der preußischen Armeen bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 ging der rapide Verfall des Papiergeldes einher, da der Staat über keinen Kredit mehr verfügte. Das in Berlin ansässige Haupt-Realisations-Comptoir wurde beim Einmarsch der französischen Truppen am 25. Oktober 1806 geschlossen, und auch die anderen Kassen stellten ihre Arbeit ein.

Im 18. und frühen 19. Jahrhundert wurde intensiv über das Für und Wider von Papiergeld gestritten, denn man war sich nicht sicher, ob es ein Segen oder ein Fluch ist. Johann Wolfgang von Goethe verstand viel von Geld, und das nicht nur als Weimarer Minister und als Sammler alter Münzen, sondern auch was seine Wirkung auf Menschen, auf ihre Verführbarkeit durch Geld und Gold betrifft. „Wie feuchten Ton will ich das Gold behandeln, / Denn dies Metall lässt sich in alles wandeln“, sagt der Geiz im zweiten Teil des „Faust“. Der Dichter kannte die römischen Kaiser und Kaiserlinge, die keineswegs als „Musterbilder der Menschheit“ anzusehen sind und frech ihr fratzenhaftes Gesicht auf Geldstücken verewigen. Mit Blick auf neuere Zeiten schrieb der Dichter in den Venezianischen Epigrammen: „Fürsten prägten so oft auf kaum versilbertes Kupfer / Ihr bedeutendes Bild; lange betrügt sich das Volk. / Schwärmer prägen den Stempel des Geists auf Lügen und Unsinn; / Wem der Probierstein fehlt hält sie für redliches Gold“ und gab damit den Rat, zweifelhafte Dinge und vollmundige Versprechungen stets kritisch zu hinterfragen.

Was Goethe von Geldscheinen und Scheingeldern hielt, ist im zweiten Teil des „Faust“ zu lesen. Höflinge erklären dort dem Kaiser, was man mit Banknoten anstellen und wie man mit ihnen auf wundersame Weise Rechnung für Rechnung begleichen kann, dass man mit ihrer Hilfe aller Höllenpein ledig wird, den Sold bezahlen und ein ganzes Heer neu verpflichten kann. Schließlich kurbeln die Noten das Leben an und machen die Leute froh und glücklich. „Der Landsknecht fühlt sich frisches Blut, / Und Wirt und Dirnen haben’s gut“, heißt es im „Faust“ (Teil II). Ungläubig fragt der Kaiser nach den Ursachen dieses Wunders, worauf sein Kanzler sagt: „So hört und schaut das schicksalsschwere Blatt, / Das alles Weh in Wohl verwandelt hat. / Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt: / Der Zettel ist hier tausend Kronen wert. / Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand, / Unzahl vergrabnen Guts in Kaiserland. / Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz, / Sogleich gehoben, diene als Ersatz.‘“ Die Zauberblätter können alles, sie öffnen jede Tür und machen Unmögliches möglich. Papiergeld lässt Menschen üppig schmausen, essen und trinken, es verschafft festliche Kleider, und man kann mit ihm Liebe kaufen, Soldaten anwerben, sich dem Würfelspiel hingeben, Schulden bezahlen und Grundbesitz erwerben. Doch wie sich zeigt, so lautet Goethes Lehre, sind das alles Trugbilder, weil keine realen Werte hinter den von „Tausendkünstlern“ schnell vertausendfachten Ersatzgeldern stehen.

Bis zum Ersten Weltkrieg konnte man Geldscheine im Deutschen Reich gegen Silber- und Goldmünzen umtauschen. Deren Herstellung wurde nach dem 1. August 1914 nach und nach reduziert. Jetzt bezahlte man mit neuartigen Reichskassenscheinen. Fotos/Repros: Caspar

Fälschungssicheres Design

Die Regierung bewegte sich bei den ungewohnten Banknoten auf dünnem Eis. Alles musste getan werden, um die Bevölkerung nicht zu verunsichern. Daher schlug Freiherr vom Stein vor, die Scheine nur ganz allmählich in den Geldumlauf zu geben. Die am 4. Februar 1806, gut ein halbes Jahr vor der preußischen Niederlage von Jena und Auerstedt, veröffentlichte Einführungsverordnung für die Tresorscheine begründet die Emission sehr vorsichtig. Es sei dem König gelungen, die vorgefundenen Staatsschulden zu „berichtigen“. Beträchtliche Summen Bargeld seien im Schatz niedergelegt worden. Dem König seien die nachteiligen Folgen des Papiergeldes in anderen Staaten nicht entgangen. „Wir haben vielmehr die Ursachen dieser nachtheiligen Ereignisse gründlich erforschen lassen, und Uns überzeugt, dass der Nachtheil nicht die Einführung des Papiergeldes selbst, sondern dem, durch Finanzzerrüttung veranlassten unmäßigen Gebrauch dieses Mittels, zuzuschreiben ist, welcher dadurch, dass das Papiergeld nicht realisierbar war, möglich wurde“.

Der Bevölkerung wurde versprochen, die Tresorscheine gegen Silbercourant zu einzuwechseln. Das hat man tatsächlich nach den Befreiungskriegen getan, und wer damals solche scheinbar wertlosen Scheine noch besaß, konnte sich über einen schönen Profit freuen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts gelangten überall auf der Welt Banknoten zu großem Ansehen. Dass sich Fälscher und Betrüger ihrer bemächtigten, spricht für ihre Beliebtheit und rief Designer und Drucker auf den Plan, die immer bessere Schutzmerkmale entwickelten. Im deutschen Kaiserreich konnte man sie jederzeit in Gold und Silber eintauschen. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs war damit allerdings Schluss.

6. Dezember 2023