Puccini begeistert die Welt
Berliner Bertelsmann-Repräsentanz ehrt den vor 100 Jahren verstorbenen Komponisten, der wie ein Popstar vermarktet wurde



Die Bertelsmann-Repräsentanz Unter den Linden 1 in Berlin würdigt bis 16. Mai 2024 den italienischen Komponisten Giacomo Puccini, der am 22.Dezember 1858 in Lucca geboren wurde und am 29. November 1924 in Brüssel starb.





Puccinis von Vito Tongiani geschaffenes Denkmal auf der Piazza Cittadella verschweigt nicht, dass der berühmte Sohn der toskanischen Stadt ein starker Raucher war. Zu seinen Lebzeiten kamen zahlreiche Publikationen über den Maestro heraus.



Sogar Porzellanteller wurden mit mit Motiven aus Puccinis Opern, hier La Bohème, geschmückt, und wer auf sich hielt, schmückte seine Tafel mit solchen Motiven.



Das Grammophon und Schallplatten und später auch das Radio ließen Puccinis und andere Werke auch in bürgerlichen Haushalten erklingen.







Die Ausstellung „Opera Meets New Media“ schöpft aus dem umfangreichen Bestand des zu Bertelsmann gehörenden Archivio Storico Ricordi und zeigt dem damals aktuellen Jugendstil verpflichtete Plakate, Briefe und Notenhandschriften, aber auch Geschäftsunterlagen, Bücher, Zeitschriften und weitere Zeitdokument, die den Besuchern Puccini, seine Zeit und sein Nachleben nahe bringen. (Fotos: Caspar)

Die Bertelsmann-Repräsentanz Unter den Linden 1 zeigt bis zum 16. Mai 2024 die Ausstellung „Opera Meets Media – Puccini, Ricordi und der Aufstieg der modernen Unterhaltungsindustrie“ . Anlass dieser Schau in der vor einigen Jahren wieder aufgebauten ehemaligen Stadtkommandantur dem barocken Zeughaus gegenüber ist der einhundertste Todestag des nach Guiseppe Verdi berühmtesten Opernkomponisten Giacomo Puccini, der ein starker Raucher war und am 29. November 1924 mit 66 Jahren in Brüssel an Kehlkopfkrebs starb. Mit Manon Lescaut feierte der Maestro 1893 erste Erfolge, es folgten La Bohème, Tosca, Madama Butterfly, La fanciulla del West, La Rondine, Il trittico und Turandot. Diese letzte Oper um eine chinesische Prinzessin, die Bewerber um ihre Hand töten ließ, weil sie ihnen aufgegebene Rätsel nicht lösen konnten, blieb unvollendet und wurde am 25. April 1926 in der Mailänder Scala mit einem von Franco Alfano geschriebenen Schluss aufgeführt. Nicht alle Werke schlugen sogleich ein wie eine Bombe, aber sie wurden schnell populär und eroberten weltweit die Opernhäuser.

Porzellanteller mit Opernmotiven

Aus einer italienischen Musikerfamilie stammend, wurde Giacomo Puccini vor und nach 1900 wie ein heutiger Popstar national und international gefeiert und vermarktet. Der damalige Stummfilm sorgte dafür, dass man ihn, stets elegant gekleidet, in seiner Häuslichkeit sowie auf einem Boot, im Automobil fahrend und anderswo als erfolgreichen und wohlhabenden Künstler erleben konnte. Frühe Fotos und Filmaufnahmen überliefern dramatische Opernszenen. Die aufblühende Schallplattenindustrie nahm sich Puccinis an und verkündete seinen Ruhm und den seiner Opern in alle Welt. Der Komponist, der mit der Zurschaustellung seiner Erfolge und seines Reichtums kein Problem hatte, wurde von der Musik-und Andenkenindustrie profitabel vermarktet, und es wurden sogar Porzellanteller mit Motiven von seinen Opern produziert, von denen einige in der Ausstellung gezeigt werden.

Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann, sagt, die Ausstellung werfe ein neues Licht auf die „Ära Puccini“ und die Industrialisierung und Internationalisierung des Musiktheaters im frühen 20. Jahrhundert. Der in Mailand ansässige Verlag Casa Ricordi, der Verdi, Rossini, Puccini und andere Klassiker verlegte und dies auch heute tut, war am durchschlagenden Erfolg maßgeblich beteiligt. „Die Ausstellung will einen Beitrag zu den aktuellen Debatten um neue Medien und ihren disruptiven (das Bestehende zerstörenden, H. C.) Einfluss auf Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft leisten. Ich freue mich, dass wir einige der einzigartigen Bestände des zu Bertelsmann gehörenden Archivio Storico Ricordi auf diese Weise modern interpretiert zur Geltung bringen können.“ Zur Wahrung des Kulturguts, das in der zu den weltweit bedeutendsten Musiksammlungen versammelt ist, wird der bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück reichende Archivbestand nach modernsten Standards erschlossen der Berliner Ausstellung der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Effektive Methoden der Vermarktung

Die von Gabriele Dotto, Christy Thomas Adams und Ellen Lockhart zusammengestellte Ausstellung dokumentiert die damals noch ungewöhnliche Symbiose aus wirtschaftlichem Handeln und künstlerischem Schaffen, die Puccini und den Mailänder Verlag and Casa Ricordi zusammen brachte. In der Ausstellung kann man den rasanten Aufstieg des Grammophons und Films erleben, die zur Konkurrenz für Operntheater und Musikverlage wurden, aber auch Musik und bewegte Bilder überall hin bekannt machten. Die Casa Ricordi entwickelte moderne und effizienter Strategien zur Vermarktung des Opernrepertoires und machte aus Puccini eine „Marke“, die ihr und ihrem Starkomponisten viel Geld einbrachte. Dass es manche Probleme mit den neuen Medien hinsichtlich Urheberrecht und dessen Verwertung gab, wird ebenso gezeigt wie die Arbeit von Malern, Designer und Bühnenbilder, die zum Ruhm von Puccini und seiner Musik beitrugen.

Prächtige Trauerfeier im Mailänder Dom

Als Giacomo Puccini gestorben war, folgte in Brüssel, wie man auf einem Video in der Ausstellung sehen kann, eine riesige Menschenmenge seinem blumengeschmückten Sarg. Er wurde nach Mailand überführt, und dort wurde ihm im Dom am 3. Dezember 1924 eine prächtige, geradezu königliche Trauerfeier bereitet. Dabei versuchte der zwei Jahre zuvor an die Macht gelangte Faschistenführer Benito Mussolini, die Aura des berühmten Toten für seine Zwecke zu nutzen, als er behauptete, dieser habe einen Beitrittsantrag für die National-Faschistische Partei gestellt. Ob der Komponist tatsächlich Sympathien für die Mussolinis Schwarzhemden hegte, wird sich wohl niemals klären lassen. Beigesetzt wurde der Komponist in Torre del Lago, wo er ein Landgut besaß. Hier kann man im Museum Villa Puccini erleben, wie der Meister gelebt und gearbeitet hat. Das das Museum verfügt über ein historisches Archiv mit Briefen und Fotografien des Komponisten, aber auch Notendrucken und anderen Dokumenten.

Ein weiteres Puccini-Museum befindet sich im Geburtshaus des Meisters in Lucca. Hier begann Puccini schon in jungen Jahren mit dem Musikstudium und der Komposition seiner ersten Werke. Das Wohnhaus in Lucca musste wegen finanzieller Nöte verkauft werden, konnte aber nach dem Erfolg der Oper „Manon Lescaut“ von Puccini zurück gekauft werden. Heute gehört das Gebäude der Stiftung „Fondazione Cassa di Risparmio di Lucca“ und wird von der Stiftung „Fondazione Giacomo Puccini“ verwaltet. &xnbsp;

24. April 2024