Vorhang zu, und viele Fragen offen
Hohenzollernprinz Georg Friedrich hat ein Einsehen und verzichtet auf Kunstwerke und Immobilien





Niemand macht den Hohenzollern den Besitz ihrer Stammburg bei.Hechingen in Baden-Württemberg streitig. Das von ihnen erhoffte Wohnrecht im Potsdamer Schloss Cecilienhof wird ihnen nicht zugestanden. Der wegen seiner Nähe zu den Nazis umstrittene Kronprinz Wilhelm hielt in dem um 1917 erbauten Schloss mit seiner Ehefrau, der aus Mecklenburg-Schwerin stammenden Cecilie, Hof. Im Sommer 1945 war es Schauplatz der Potsdamer Konferenz war.



Im Rückblick räumte Georg Friedrich von Preußen Fehler im Rückgabestreit ein. Die Jahre 1930 bis 1933 seien der Tiefpunkt seiner Familiengeschichte gewesen, man habe damals die Hoffnung auf eine Rückkehr der Monarchie gehabt. Die Fotos zeigen der Ex-Kronprinzen Wilhelm mit einigen Getreuen sowie im Gespräch mit Hitler am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, als dieser vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg mit großem Propagandagetöse in sein Amt als Reichskanzler (das er seit dem 30. Januar 1933 innehatte) einführte. Als „nützlicher Idiot“ spielte Wilhelm in Husarenuniform bei dem Spektakel in der Potsdamer Garnisonkirche eine dem Regime willkommene Rolle.



Der Preußenprinz August Wilhelm war das „braune Schaf“ in der Hohenzollernfamilie und einer, der Hitler mit Hilfe der Leuchtkraft seines Namens salonfähig machte. Als SA-Führer kollaborierte der Nazi-Prinz mit dem Hitlerregime, verlor allerdings die Gunst seines Führers in dem Maße, wie dieser seine Macht ausbaute und Adlige als Aushängeschilder und Steigbügelhalter nicht mehr benötigte.



Nie hat Ex-Kaiser Wilhelm II. die Hoffnung aufgegeben, „ein neues Deutsches Reich unter mir zu erobern“. Die Karikaturen zeigen ihn, wie er dem Hauptmann von Köpenick für seinen Coup gratuliert, sich als Mäzen von Kunst und Kultur erweist und wie der Tod ihm am Ende des Ersten Weltkrieg eine grausige Rechnung präsentiert.



Wie es mit den kostbaren Leihgaben der Hohenzollern weiter geht, wird sich zeigen, hier Teile des Kronschatzes in Charlottenburg.



Wilhelm trug den Titel Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen und ist auf der Hochzeitsmedaille von 1905 mit seiner Ehefrau Cecilie von Mecklenburg-Schwerin abgebildet.





Aus dem Schoss Rheinsberg und anderen Bauten und Sammlungen hätten die Hohenzollern nur allzu gern Gemälde und Möbel zurück gehabt. Nach dem Verzicht des Prinzen Georg Friedrich von Preußen ist diese Frage vom Tisch. (Fotos/Repros: Caspar)

Eine gute Nachricht kommt aus dem früheren Herrscherhaus derer von Hohenzollern. Prinz Georg Friedrich von Prfeußen, das Oberhaupt des Familienverbandes, hat ein Einsehen und verzichtet nach einem erbitterten Rechtsstreit auf Ansprüche auf Kunstwerke und Immobilien und Ausgleichsleistungen an den deutschen Staat. Konkret geht es um die Frage, ob der Urgroßvater des Prinzen, Kronprinz Wilhelm von Preußen, vor und nach 1933 in Worten und Taten den Nationalsozialisten Vorschub geleistet hat, ob er sich zu ihnen, bildlich gesprochen, ins Bett gelegt hat. Mit dem Ende des fast zehn Jahre andauernden Verfahrens wolle er den Weg für eine „unbelastete Debatte in der Geschichtswissenschaft zur Rolle meiner Familie im 20. Jahrhundert“ freimachen, sagte Georg Friedrich . Er habe „überhaupt kein Problem“ damit, sich mit der Geschichte seiner Familie kritisch auseinanderzusetzen. Im Fall seines Urgroßvaters, der der älteste Sohn von Kaiser Wilhelm II., genannt der Letzte, war und 1951 in Hechingen starb, sei es zwar „nicht eindeutig nachweisbar“, dass dieser den Nazis Vorteile verschafft habe, doch habe er „ganz klar die Nähe zum NS-Regime gesucht“. Als Person, die sich dem Rechtsextremismus angebiedert habe, könne er somit „nicht für unser Haus traditionsstiftend sein“, sagte, leicht verschwurbelt, das Oberhaupt der Hohenzollernfamilie, und definierte nicht näher, was er darunter versteht.

Gordischer Knoten durchschlagen

Das Land Brandenburg hatte stets eine Entschädigung von 1,2 Millionen Euro für die Hohenzollern sie auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt, der Ausgleich für :Leute verneint, die dem NS-System „erheblichen Vorschub“ geleistet haben. Eine zweite Klage betraf Inventare aus den Schlössern Rheinsberg und Cecilienhof. Auch hier hatte Brandenburg eine Entschädigung aus demselben Grund abgelehnt. Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange begrüßte den öffentlichen Verzicht des Prinzen Georg Wilhelm. „Mit dieser Entscheidung ist nun gewissermaßen der Gordische Knoten im&xnbsp;Hohenzollern-Komplex durchschlagen worden. Es wird damit eine höchst verwickelte und im Einzelnen für Außenstehende kaum mehr nachvollziehbare Debatte um Entschädigungsansprüche verschiedener Art beendet, die es ohne das historische Glück der Deutschen Einheit gar nicht gegeben hätte und auf der auch immer weniger Segen lag für das Ansehen des Hauses Hohenzollern&xnbsp;und seinen Platz in der Geschichte." Kulturministerin Manja Schüle (SPD) zufolge habe sich die klare Linie des Landes zu der Auseinandersetzung mit den Hohenzollern ausgezahlt. „Ich danke auch allen in Wissenschaft und Öffentlichkeit, die mich in meiner Haltung gegen Geheimverhandlungen unterstützt haben. Ich hoffe, dass die noch offenen Fragen in dem Geist, den die heutige Ankündigung atmet, geklärt werden: Ohne Gerichte, ohne Drohungen, in großer Offenheit.“

Die Hohenzollern waren nach dem Zweiten Weltkrieg in der Sowjetischen Besatzungszone durch die Bodenreform von 1946, wie viele andere Familien, als angebliche Kriegsverbrecher und Militaristen entschädigungslos enteignet worden. Immobilien in Ostberlin, Potsdam und anderen Orten der späteren DDR sowie zahlreiche Gemälde, Möbel, kunsthandwerkliche Objekte, Dokumente und Bücher fielen dem Staat zu. Die DDR hat welche in ihren Museen ausgestellt, ohne die genaue Herkunft zu benennen. Die im deutschen Westen lebenden Hohenzollern zeigen kostbare Stücke aus dem ihnen verbliebenen Besitz als Leihgaben im Berliner Schloss Charlottenburg und auf ihrem Stammsitz, der bei Hechingen in Baden-Württemberg gelegenen Burg Hohenzollern. Nachdem es hinsichtlich der Leihgaben im Zusammenhang mit dem Rechtsstreit in der Stiftung Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg schon Überlegungen gab, wie Lücken zu füllen wären, wenn Georg Friedrich die Leihverträge kündigt und seine Preziosen zurückzieht, ist das Problem nach seinem jetzt verkündeten Rückzug vom Tisch. Allerdings sind andere Fragen zu klären, und so kann man frei nach Bertolt Brecht „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen // Den Vorhang zu und alle Fragen offen“ sagen. Zwar haben Historiker und Journalisten hinter die Kulissen geschaut, aber von der Hohenzollern-Familie kam wenig, um die Vorgänge rund um den NS-belasteten Kronprinzen Wilhelm und seine Brüder restlos aufzuklären, statt dessen liest und hört man verschwurbelte Aussagen über die peinlichen Vorfahren und Fehler, die man sich geleistet hat.

Rückforderungen waren ein Bärendienst

Mit ihren Rückforderungen hatten sich die Hohenzollern einen Bärendienst erwiesen, man kann als Berliner auch sagen, ein „dickes Ei“ gelegt. Denn es wurde sehr zu ihrem Ärger öffentlich, heftig und ungeniert darüber berichtet und diskutiert, wie sehr sich der damalige Kronprinz Wilhelm vor und nach 1933 als Steigbügelhalter von Hitler betätigt hat. So erklärte er unter anderem in der US-Presse, die Welt würde Hitler noch dankbar sein, den Bolschewismus bekämpft zu haben. Nicht ohne Stolz schrieb er dem britischen Zeitungsmagnaten Lord Rothermere, er habe sich bei der Reichspräsidentenwahl von 1932 öffentlich für Hitler und gegen Hindenburg ausgesprochen. „Ich glaube, ich habe dadurch aus dem Kreis meiner Stahlhelm-Kameraden und aus dem Bereich der deutschen Nationalisten rund zwei Millionen Stimmen für Hitler gewonnen.“

Die Auseinandersetzungen mit dem Land Brandenburg eskalierten 2019, als Teile der Hohenzollernschen Forderungen sowie eine Stellungnahme der Stiftungen Preußische Schlösser und Gärten und Preußischer Kulturbesitz sowie des Deutschen Historischen Museums bekannt wurden und von den Hohenzollern als „weitgehend überzogen und inakzeptabel“ zurück gewiesen wurden. Nach dem Gesetz erhalten Berechtigte keine Leistungen, wenn sie dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet haben. Das Verhalten des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm und einiger seiner Brüder gegenüber dem Hitlerregime, da bisher nur Historiker interessiert hatte und der Öffentlichkeit kaum bekannt war, kam ins Gerede. Bilder und Beschreibungen zeigen, wie sich Wilhelm bei Hitler in der Hoffnung anbiederten, mit seiner Hilfe die Monarchie wieder errichten zu können. Sie zeigen aber nicht, dass der Diktator das „Prinzengeschmeiße“, wie er sagte, nur brauchte, um sein Ansehen in konservativen und kaiseraffinen Bevölkerungskreisen zu verbessern und die Deutschen „hitlerreif“ zu machen, wie der Schriftsteller Stefan Zweig einmal schrieb.

Beitrag zur Festigung der Naziherrschaft

Im Laufe der in Potsdam verhandelten und ungeachtet des Einlenkens des Prinzen noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen hatten Gutachter festgestellt, dass sich der Sohn von Kaiser Wilhelm II. und weitere Preußenprinzen den Nazis angebiedert hatten wohl in der Hoffnung, mit ihrer Hilfe die Monarchie wiederherstellen oder im Nazistaat eine gewichtige Rolle spielen zu können. Peter Brandt, Professor für Neue Geschichte (und Sohn des früheren Bundeskanzlers Willy Brand) zufolge sei es unstrittig, dass Wilhelm insbesondere in der Auflösungsphase der Weimarer Republik und in der Konsolidierungsphase des so genannten Dritten Reiches „stetig und in erheblichem Maß zum Übergang der Macht an die NSDAP und zu deren Festigung beigetragen hat. Das geschah in vollem Bewusstsein und im Einverständnis mit dem Weg in die Diktatur, verbunden mit der Hoffnung auf einen prominenteren Platz in den neuen Verhältnissen.” Im Gutachten seines in Edinburgh lehrenden Kollegen Dr. Stephan Malinowski heißt es: „Wilhelm Kronprinz von Preußen hat durch sein in großer Stetigkeit erfolgtes Handeln die Bedingungen für die Errichtung und Festigung des nationalsozialistischen Regimes verbessert. Sein Gesamtverhalten hat der Errichtung und Festigung des nationalsozialistischen Regimes erheblich Vorschub geleistet.”

In einem weiteren Gutachten zitiert der britische Historiker und Spezialist für preußische Geschichte Christopher Clark unter anderem aus dem Anfang Januar veröffentlichten Artikel des Ex-Kronprinzen „Ewiges Preußentum", in dem er die Fähigkeit des preußischen Staates betont, sich im Lauf der Geschichte durch ,,Revolutionen von oben“ immer wieder zu erneuern, woraus er wohl die Hoffnung schöpfte, dass dies auch mit Hilfe der Nazis geschieht. Nach einer Verbeugung vor Hitler, dessen ,,bisherige kluge Führung [...] die beste Gewähr" biete, dass ,,auch der weitere Auf- und Ausbau unseres Reiches sich in diesem zugleich kühnen und weisen Geiste ewig-preußischer Überlieferung vollziehen" werde, schließt der Artikel des Ex-Kronprinzen mit dem Neujahrswunsch, Hitlers Politik möge ,,auch auf diesem Gebiet [...] zum vollen Erfolg führen". Zusammengenommen ergeben diese Dokumente und Handlungen laut Clark „das Bild eines Mannes von im Wesentlichen reaktionärer politischer Gesinnung, der, wie so viele andere Figuren des ultrakonservativen Spektrums, zur Zusammenarbeit mit der NSDAP bereit war. Diese Bereitschaft hatte jedoch weniger mit einem uneingeschränkten ideologischen Bekenntnis zu den Zielen der nationalsozialistischen Bewegung (über das gemeinsame Interesse an der gewaltsamen Zerschlagung der Linken hinaus) zu tun, als mit dem unerschütterlichen Glauben, dass die Zusammenarbeit Früchte in Form einer Restauration der preußisch-deutschen Monarchie tragen werde. In dieser Frage legte der Kronprinz denselben erstaunlichen Mangel an Realismus an den Tag, der seit seinem weltfremden Ruf nach einem Staatsstreich 1913 charakteristisch für seine Politik war. Dieser Mangel an Realismus beruhte zum Teil auf der drastischen Überschätzung seines eigenen Einflusses. So war der Gedanke, der Kronprinz könnte eines Tages als Reichspräsident Hitler als seinen Kanzler ernennen, so weit hergeholt, dass er einen Hang zum Größenwahn nahelegt.“

Hitlers adlige Helfer

In ihrem Buch „Hitlers heimliche Helfer. Der Adel im Dienst der Macht“ (Theiss Verlag Darmstadt 2016) holt Karina Urbach Vertreter des deutschen und englischen Hochadels aus der Versenkung, die sich mit dem Naziregime bis fast zum bitteren Ende gemein gemacht hatten. Eine wichtige Triebkraft für dieses anrüchige Zusammengehen mit dem deutschen Diktator war die Angst vor dem Bolschewismus, wie man sagte, also vor der Sowjetunion und einer Sowjetisierung des Deutschen Reichs und weiterer Länder. Vor allem die Novemberrevolution von 1918 und ihre Folgen führten dazu, dass autoritäre Regimes und nationalistische Strömungen für viele Vertreter des Adels attraktiv wurden. Hitler bot ihnen attraktive Posten an. Urbach beschreibt unter anderem, wie weit sich Herzog Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha als Präsident des Deutschen Roten Kreuzes und Obergruppenführer der SA und der mit ihm verwandte englische König Edward VIII. und weitere Personen in die Politik der Nationalsozialisten einbinden ließen.

Der Historiker Lothar Machtan hat dem „Nazi-Prinzen“ August Wilhelm von Preußen ein umfangreiches Buch mit dem Titel „Der Kaisersohn bei Hitler“ gewidmet (Hoffmann und Campe, Hamburg 2006),. Er geschildert darin, wie Vertreter der heute „Royals“ genannten hochadligen Familien Beachtliches zum Zerfall der Weimarer Republik beitrugen und dank ihrer internationalen Vernetzung das Hitlerregime salonfähig und respektierlich machten. Wenn ein Prinz von Kaiser Wilhelm II. oder ein ehemals regierender Landesfürst bei Hitler vorgelassen wird, kann es mit seinem Regime doch nicht so schlimm sein und der Führer werde Manieren annehmen und sich zügeln lassen, mögen naive Kritiker im In- und Ausland gedacht haben. Machtan geht anhand neu entdeckter Quellen der bizarren Lebensgeschichte des mit „Zügen des Edlen Don Quixote von la Mancha“ ausgestatteten Prinzen nach und beantwortet die Frage, wie der Kaisersohn zu einem Propagandisten der Naziideologie wurde, die Geschichte über ihn hinweg gingt und am Ende seine krude Ideenwelt zusammen brach. Nach dem Ende des Naziregimes und des Zweiten Weltkriegs sah August Wilhelm keine Veranlassung, in sich zu gehen und Fehler und Mitschuld einzugestehen. Seine Tätigkeit in der Partei, also der NSDAP, sei eine „rein menschliche“ gewesen, er habe als deren Mitglied anderen helfen wollen, und der SA habe er nur ehrenhalber angehört. Die Rechtfertigungsversuche ähneln denen anderer prominenter und unbekannter Nazis nach dem Motto „Mein Kampf verbrannt, Hitler nicht bekannt“.

„Internationales Prinzengeschmeiße“

Als preußische und andere Prinzen als Offiziere im Zweiten Weltkrieg kämpfen wollten, erteilte ihnen Hitler eine Abfuhr und verbat sich ihre Anträge zur Eingliederung in die Wehrmacht. Was Hitler über den Hochadel dachte, gab dessen Intimus Martin Bormann, seines Zeichens Leiter der Parteikanzlei, am 10. Oktober 1942 in einem Aktenvermerk anlässlich von Erbschaftsangelegenheiten in diesen Kreisen so wieder: Es gebe deutsche Prinzen, österreichische Prinzen und französische Prinzen, „während es für uns Nationalsozialisten nur ein ganz internationales Prinzengeschmeiße“ gibt. Den Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Wilhelm Keitel, ließ Hitler wissen, er verbiete grundsätzlich die Einberufung dieser Personen, gleichgültig, ob es gegen sie politische Einwände gibt oder nicht. Von der Einberufung des Anton Günter Herzog von Oldenburg werde daher Abstand genommen. Der Hintergrund dieses Befehls war, dass das Regime im Falle, dass einer aus diesen Kreisen fallen sollte, ein Staatsbegräbnis mit monarchischem Anstrich vermeiden wollte.

Da das herzogliche Haus Sachsen-Coburg und Gotha mit vielen anderen Fürstenhäusern verwandt war und die Regenten von vier Königshäusern in Belgien, Bulgarien, Großbritannien und Portugal stellte, waren Carl Eduards internationale Verbindungen willkommen, um international Stimmung für den auf sein Renommee bedachten Hitlerstaat zu machen. In den Gesprächen und Verhandlungen wurde die Unterdrückung und Verfolgung von Menschen im „Dritten Reich“ ausgeblendet, die nicht in das rassistische und politische Weltbild der braunen Machthaber passten. Als Carl Eduard nach dem Ende der NS-Herrschaft nach Kriegs- und weiteren Verbrechen gefragt wurde, gab er sich als verfolgte Unschuld und als „kleines Licht“ aus. Bei der Entnazifizierung als „minderbelastet“ eingestuft, konnte er sich in der jungen Bundesrepublik als Mann mit nahezu Weste aufspielen. Abrechnung mit perfidem Albion

Als der nach dem deutschen Überfall auf die Niederlande praktisch unter Hausarrest stehende Exkaiser 82-jährig am 4. Juni 1941 in Huis Doorn bei Utrecht starb, schickte Hitler eine Ehrenwache und einen Kranz. Dass frühere deutsche Kaiser 1940 gönnerhaft ihm für den „von Gott geschenkten gewaltigen Sieg“ der deutschen Wehrmacht über Frankreich gratuliert hatte und dabei hintersinnig die militärischen Erfolge Kaiser Wilhelms I. und Friedrichs des Großen lobte, hatte nach 1945 unangenehme Folgen für die Hohenzollern. Denn die Niederlande beschuldigten den toten Monarchen der Kollaboration mit den Deutschen und konfiszierten seinen Besitz als Feindvermögen. So wurden die nach der Novemberrevolution 1918 mit der Eisenbahn in 59 Wagons herbeigeschafften rund 15 000 Gegenstände aus den kaiserlichen Schlössern in Berlin, Potsdam und anderen Orten niederländisches Staatseigentum. Sie können in dem zum Museum umgewandelten Haus Doorn besichtigt werden.

Ähnlich wie sein Vater gratulierte Kronprinz Wilhelm Hitler am 26. Juni 1940 in Erinnerung an die quälend langen und verlustreichen Kämpfe im Ersten Weltkrieg für seine Blitzsiege: „Mein Führer! Ihrer genialen Führung, der unvergleichlichen Tapferkeit unserer Truppen […] ist es gelungen, in der unvorstellbar kurzen Zeit von knapp 5 Wochen Holland und Belgien zur Kapitulation zu zwingen, die Trümmer des englischen Expeditionscorps in das Meer zu treiben. […] Mit dem heutigen Tage ruhen die Waffen im Westen, und der Weg ist frei für eine endgültige Abrechnung mit dem perfiden Albion [womit England gemeint war, H. C]. In dieser Stunde von größter historischer Bedeutung möchte ich Ihnen als alter Soldat und Deutscher voller Bewunderung die Hand drücken. Gott schütze Sie und unser deutsches Vaterland.“

Man kann davon ausgehen, dass Prinz Georg Friedrich seine Familiengeschichte gut kennt und weiß, wie heikel sich manche Kapitel lesen, so der Einfluss des Kaisers auf den deutschen Militarismus und Imperialismus, auf die blutige Kolonialpolitik, ganz zu schweigen von der blutigen Niederschlagung von Streiks im Inneren und der Nähe von Preußenprinzen zum Naziregime. Eigentlich müsste er zufrieden mit dem sein, was er und seine Familie hat, denn am Hungertuch muss der Geschäftsmann mit Wohnsitz in Potsdam nicht nagen. Man darf nun gespannt sein, wie sich die Dinge weiter entwickeln, kann aber sagen, dass eine wichtige Hürde im Streit um das Preußenerbe genommen ist.

13. März 2023



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