„Würdiges dem Würdigen“
Die Berliner Akademie der Wissenschaften und ihre frühen Medaillen / Academia in nummis Teil 2





Die von Friedrich Marl geschaffene Medaille ohne Jahreszahl auf die Gründung der Berliner Sozietät der Wissenschaften ist mit dem von Gottfried Wilhelm Leibniz kreierten Akademieadler geschmückt.



Herkules verschenkt auf der undatierten Medaille von Raimund Faltz mit dem Bildnis Königs Friedrichs I. die goldenen Äpfel der Hesperiden.



König Friedrich II., der Große, hauchte als Academiae Protector der Berliner Akademie neues Leben ein. Die Medaille von Nils Georgi kommt mit der Jahreszahl 1750 und ohne diese vor.



Die aus der Zeit um 1766 stammenden Präsenzjetons wurden von Abraham Abramson gestaltet. Diese Art der Vergütung bekamen in großen Städten auch Ratsherren und andere Leute in Amt und Würden.





König Friedrich Wilhelm III. verlieh solche von Daniel Friedrich Loos gestalteten Preismedaillen an verdienstvolle Gelehrte und andere Persönlichkeiten.



Die Plakette von 1900 nennt berühmte Akademiemitglieder von Friedrich II. über Leibniz, die Brüder Humboldt bis Helmholtz, Virchow und Mommsen.





Dem Akademiegründer Gottfried Wilhelm von Leibniz wurde 1843 zu seinem 200. Geburtstag eine von Carl Fischer geschaffene Medaille gewidmet, die lange danach auch zu Auszeichnungszwecken verliehen wurde. Die 1906 gestiftete und von Constantin Starck geschaffene Leibniz-Medaille wird auch heute an verdiente Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verliehen, hier die nach 1971 in der DDR verliehene Version. (Fotos/Repros: Caspar)

Wer sich mit Medaillen zur Geschichte von Universitäten, Akademien und anderen Lehr- und Forschungseinrichtungen beschäftigt, stößt auch auf Prägungen der am 11. Juli 1700 in Berlin vom damaligen brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III., ab 18. Januar 1701 König Friedrich I. in Preußen, unter dem Einfluss des Polyhistors und Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) gegründeten Akademie der Wissenschaften (AdW). Die seltenen numismatischen Belegstücke der Gelehrtensozietät aus dem 18. und 19. Jahrhundert wurden von Carl Laverrenz in dem 1885 bis 1887 in Berlin veröffentlichten Werk „Die Medaillen und Gedächtniszeichen der deutschen Universitäten. Ein Beitrag zur Geschichte aller seit dem XIV. Jahrhundert in Deutschland errichteten Universitäten“ erfasst. Seither kamen weitere Medaillen und Plaketten heraus, die man der aufgrund des Einigungsvertrags von 1990 unter dem Namen „Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg (vormals Preußische Akademie der Wissenschaften) - BBAW“ firmierenden Institution zuordnen kann.

Edelstein für die Königskrone

Das Berliner Akademie-Archiv besitzt eine große Zahl dieser Prägungen und Gussstücke, dazu kommen etliche in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts angefertigte galvanoplastische Nachbildungen jener besonders raren Medaillen aus der Frühzeit der Akademie, die sich nur noch in großen Münzkabinetten und privaten Sammlungen erhalten haben. Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften vor 300 Jahren muss im Zusammenhang mit Bestrebungen des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich III. gesehen werden, sich königliche Ehren zuzulegen und sein als „Streusandbüchse des Heiligen römischen Reichs deutscher Nation“ verlachtes Herrschaftsgebiet zu kultureller Blüte zu verhelfen und damit auch seiner Krone einen weiteren Edelstein hinzuzufügen.

Dem diente 1694 auch die Gründung einer nach Frankfurt an der Oder zweiten Landesuniversität in Halle an der Saale sowie in Berlin die Schaffung der Akademie der Künste zwei Jahre später. Nicht zuletzt verfolgte der repräsentative Ausbau der Haupt- und Residenzstadt Berlin und insbesondere die Umgestaltung des königlichen Schlosses dem Ziel, ausreichend viele Gelehrte und Künstler in den Staatsdienst zu stellen. In aufwändigen Druckwerken mit Kupferstichen sowie durch Medaillen hat Kurfürst Friedrich III., ab 1701 König Friedrich I. in Preu0en, seine Stiftungen gefeiert. Die Medaillen waren als „Histoire métallique“ bestens geeignet, den darauf dargestellten Herrscher als Vater des Vaterlandes, Kriegshelden und Friedensfürsten sowie als Förder der Wissenschaften und Künste in haltbarem Material zu verherrlichen.

Leibniz und das Sternbild des Aquila

Die noch mit kurfürstlichem Titel versehene Gründungsmedaille mit der Angabe 11. Juli 1700, dem 44. Geburtstag des Kurfürsten, als Gründungstag der Akademie zeigt bereits alle Merkmale weiterer Prägungen dieser Art – das Bildnis des Herrschers als Protektor der Sozietät und den zu den Sternen aufstrebenden Adler, den die Hohenzollern zu ihrem Symbol erkoren hatten. Dieses auch bei Siegeln der Akademie und ihren Publikationen verwendete Motiv wird Gottfried Wilhelm Leibniz zugeschrieben. Allerdings ist im Gegensatz zum ähnlich gestalteten kurbrandenburgischen beziehungsweise königlich-preußischen Adler der zum Sternbild des Aquila aufsteigende „Akademie-Adler“ ein bürgerlicher Vogel, denn er trägt keine Krone, kein Zepter oder andere Insignien und nicht einmal ein Herrschermonogramm auf der Brust. Leibniz, der sich als Universalgelehrter auch in der Numismatik und Heraldik auskannte, legte großen Wert darauf, dass die auf der Medaille erkennbaren Sterne „einigermaßen das Sternbild des Adlers vorstellen“. In einem lateinischen Gedicht beschrieb der Gelehrte die Gründungsmedaille und erläuterte auch das an den römischen Dichter Ovid angelehnte Devise „Cognata ad sidera tendit“, die sich etwa als „Das Wissen strebt zu den Sternen“ übersetzen lässt. Die immer zum Spott aufgelegten Berliner machten daraus „Cognac siedet im Tender“

Das mit dem Motto und dem Adlerbild angedeutete Streben zu höheren Zielen hat im Großen und Ganzen bis heute die Arbeit der Akademie bestimmt, denn es ging und geht nicht um „pure“ Gelehrsamkeit, sondern um die Anwendung des erworbenen Wissens. „Solche Churfürstliche Sozietät müste nicht auf bloße Curiosität oder Wissens-Begierde und unfruchtbare Experimenta gerichtet seyn, oder bey der bloßen Erfindung nützlicher Dinge, ohne Application oder Anbringung beruhen...; sondern man müste gleich anfangs das Werck samt der Wissenschaft auf den Nutzen richten...Wäre demnach der Zweck Theoriam cum praxi zu vereinen. Und nicht allein die Künste und die Wissenschaften, sondern auch Land und Leute, Feld-Bau, Manufacturen und Commercien, und mit einem Wort die Nahrungs-Mittel zu verbessern“, forderte Leibniz.

Belohnung für Tüchtigkeit

Eine von Friedrich Marl geschaffene Medaille ohne Jahreszahl zeigt ebenfalls das nunmehr königliche Brustbild und den Akademieadler. Eine undatierte Medaille von Raimund Faltz mit der Darstellung des Herkules muss zwischen 1701 und 1703 entstanden sein. Nach französischem Vorbild diente die mit der (übersetzten) Rückseiteninschrift „Er setzt Belohnung für Tüchtigkeit aus“ und „Fürstliche Freigiebigkeit“ versehene Medaille als Auszeichnung für bedeutende Gelehrte. Abschläge in Gold mit einem Gewicht von 100 Dukaten waren ein wahrhaft fürstliches Geschenk. Die Darstellung des mit einer Keule bewaffneten Helden soll sagen, wie Herkules so ruht sich Preußens König nach kriegerischen Auseinandersetzungen aus und verteilt die dem Drachen entrissenen goldenen Äpfel der Hesperiden an Künstler und Gelehrte.

Nachdem unter dem kultur- und wissenschaftsfeindlichen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., der von 1713 bis 1740 regierte, auch in der Akademie die Lichter ausgegangen waren, erlebte sie ihr Comeback unter Friedrich II., dem Großen. Er reformierte das Institut und verschaffte französischen Gelehrten zum Ärger ihrer deutschen Kollegen großen Einfluss. Nach Pariser Vorbild wurden Preismedaillen und Präsenzjetons mit dem Bildnis des Königs Protector Academiae geprägt. Mit Silberjetons im Gewicht von etwa einem halben Taler wurde die Anwesenheit von Akademiemitgliedern bei ihren Sitzungen belohnt. Da nur so viel Exemplare hergestellt wurden, wie es Akademiemitglieder gab, galten die Prägungen schon Mitte des 18. Jahrhunderts als „ungemein selten“, so wenigstens vermeldet es Johann Friedrich Joachim in seinem Buch „Das neu eröfnete Münzcabinet“ (Nürnberg 1761, Seite 109).

Preismedaillen für Gelehrte und Künstler

Dass Friedrich II. große und kleine Preismedaillen zur Auszeichnung herausragender Gelehrter und Gewinner von Preisaufgaben prägen ließ, lag im Trend, denn auch andere Herrscher ehrten auf diese Weise Gelehrte und Künstler oder förderten wie im Falle der Preismedaillen mit dem Bildnis der Kaiserin Maria Theresia Bergbau, Münzprägung und anderes. Zu nennen sind hier auch die bei Sammlern heiß begehrten Preismedaillen der Hohen Karlsschule mit dem Bildnis Herzog Karl Eugens von Württemberg und der Académie des Arts. Aus dem Einerlei des Schemas Brustbild beziehungsweise Kopf/Inschrift SCIENTIARUM ET LITERARUM INCREMENTO ragt eine undatierte Preismedaille mit dem Bildnis Friedrich Wilhelms III. von Daniel Friedrich Loos heraus, auf deren Rückseite sich der Akademie-Adler über der Straße Unter den Linden erhebt, an der auch das Akademiegebäude stand. Heute erhebt sich hier die Staatsbibliothek der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Erwähnt sei, dass der Akademiename um das Leibniz-Porträt nach einem Gemälde des frühen 18. Jahrhunderts mehrfach verändert wurde. Bis 1990 stand da „Akademie der Wissenschaften der DDR“, beibehalten wurden der Akademieadler mit jetzt fünf statt sechs Sternen über dem Stadtpanorama. Darauf ist die Schlosskuppel zu erkennen, obwohl der Palast der Hohenzollern bereits 1950 abgerissen worden war. In der DDR war das Thema tabu. Die DDR-Version in zwei Größen zu 45 und 30 mm („für Kollektive“) verzichtete auf die vertiefte Inschrift DIGNA DIGNIS beiderseits des Brustbildes, ungefähr zu übersetzen mit „Würdiges dem Würdigen“.

10. Februar 2024