Einheit von Lehre und Forschung
Münzen und Medaillen erinnern an die 1810 gegründete Humboldt-Universität zu Berlin





Im Palais des Prinzen Heinrich von Preußen 1810 als Friedrich-Wilhelms-Universität gegründet, erhielt die Humboldt-Universität 1949 den Namen der Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt, denen Marmordenkmäler vor dem Hauptgebäude.





Ungewöhnlich ist das technisch schwierig herzustellende Design des Drei-Mark-Stücks von 1910 zur Hundertjahrfeier der Berliner Universität. Nur in geringer Auflage wurde eine Motivprobe mit der Darstellung Prinz-Heinrich-Palais Unter den Linden in Berlin geprägt, das seit 1810 als Universitätshauptgebäude dient.





Friedrich Wilhelm III. und Wilhelm II. werden auf der Ausgabe von 1911 zum einhundertjährigen Jubiläum der Universität Breslau als Stifter beziehungsweise Förderer gewürdigt. Die Probe mit dem Breslauer Wappen unter dem Doppelporträt ist wie die Berliner Probe von 1910 selten und kommt ab und zu im Münzhandel vor.





Die 175-Jahrfeier der Humboldt-Universität war 1985 Anlass einer DDR-Münze zu zehn Mark, für sie wurde eine seltene und daher sehr teure Probe mit der Ansicht des Hauptgebäudes unter den Linden hergestellt.



Zum 200. Geburtstag von Wilhelm von Humboldt 1967 erschienen ein bundesdeutsche Fünf-Mark-Stück und ein Zwanzig-Mark-Stück der DDR. Zu ihrer 175-Jahrfeier gab die Humboldt-Universität 1985 eine Medaille mit den Köpfen der Humboldt-Brüder und einer Ansicht des Hauptgebäudes heraus.



Teilnehmer des vom Berliner Münzkabinett ausgerichteten XII. Internationalen Numismatischen Kongresses 1997 erhielten diese von Wilfried Fitzenreiter gestaltete Medaille mit einer antiken Prägeszene und der Ansicht des Tagungsortes Unter den Linden in Berlin. (Fotos/Repros: Caspar)

Im Unterschied zu der Zehn-Euro-Münze von 2009 anlässlich der Sechshundertjahrfeier der Leipziger Universität hatte die Zweihundertjahrfeier der Humboldt-Universität zu Berlin 2010 keine numismatischen Folgen. Eine solche Prägung hatte die Berliner Universität zwar geplant, doch konnte sie das Vorhaben nicht durchsetzen, womit sie auf wesentliche Werbeeffekte verzichten musste. Das ist bedauerlich, doch vielleicht tröstet es, dass 1910 in der Königlichen Münze zu Berlin ein ansehnliches Drei-Mark-Stück mit den Köpfen des Universitätsstifters, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen, und von Kaiser Wilhelm II. geprägt wurde. Ein Jahr später folgte ein weiteres Drei-Mark-Stück zur Hundertjahrfeier der Breslauer Universität.

Beide Silbermünzen aus dem Sammelgebiet „Academia in nummis“ unterstreichen das Interesse Wilhelms II. und der damaligen Eliten im Deutschen Reich an den Künsten und Wissenschaften, sofern sie staatstragend waren und dem Kaiser und seiner Kamarilla in den Kram passten. Dank vielfältiger Fördermaßnahmen glänzten das Deutsche Reich und speziell seine Hauptstadt Berlin in der Kaiserzeit als Hort der Wissenschaft. Dies war durch namhafte staatliche und private Zuwendungen für Forschung und Lehre möglich und drückte sich in einer Vielzahl von Nobelpreisen aus, die an deutsche und speziell Berliner Gelehrte gingen. Ihnen allen ist eine Fülle von bahnbrechenden Erkenntnissen sowie Erfindungen und Patenten und damit auch der Ruf von Berlin als Hort der Wissenschaften zu verdanken.

Monarchenköpfe in der Schüssel

Die Berliner Universitätsmünze von 1910 hebt sich im Design von den üblichen Kursmünzen der Kaiserzeit ab und ist ein Beweis dafür, dass Künstler damals nach neuen gestalterischen Lösungen suchten. Ungewöhnlich ist die Art, wie auf dem Drei-Mark-Stück von 1910 die Monarchenköpfe in eine Art „Schüssel“ gelegt wurden, was bei der Herstellung der Münze zu technischen Schwierigkeiten führte. Wohl deshalb verzichtete man 1911 bei dem Breslauer Silberstück auf diese Form der Darstellung. Wie andere Münzen aus der Kaiserzeit zeigen, war damit das Thema nicht vom Tisch, denn es wurde weiterhin mit der „Prägung in der Schüssel“ experimentiert, und als die DDR 1966 ihre Gedenkmünzenprägung aufnahm und 1967 Wilhelm von Humboldt ein Zwanzig-Mark-Stück widmete, wurde das lange nicht praktizierte Verfahren revitalisiert. Obwohl mit vielen technischen Schwierigkeiten verbunden, wurde es bis zum Ende der DDR bei vielen Gedenkmünzen und Auszeichnungsmedaillen angewandt und erhielt manches Lob. Da man bei der Universitätsmünze von 1910 beim Reichsadler ein neues Design wählte, passen die Vorder- und die Rückseite mit ihrem „jugendstiligen“ Duktus gut zusammen. Dass 1910 das Drei-Mark-Stück in Berlin hergestellt wurde, ist nicht zu erkennen. Aus Platzgründen hat man auf das seit 1750 für Berlin geltende Münzzeichen A verzichtet.

Nicht ausgegeben wurde eine mit der Jahreszahl 1910 versehene Probeprägung, die statt der Monarchenköpfe das Universitätsgebäude Unter den Linden in Berlin zeigt. Hätte man die Gedenkmünze mit der Gebäudedarstellung emittiert, wäre sie die erste dieser Art im deutschen Kaiserreich gewesen. Einen solchen Tabubruch wollte man offenbar nicht riskieren, weshalb von der Probe nur wenige, von Sammlern teuer bezahlte Abschläge angefertigt wurden. Eine Ausnahme von der Regel bildete 1913 das in der sächsischen Münzstätte Muldenhütten anlässlich der Einhundertjahrfeier der Völkerschlacht bei Leipzig geprägte Drei-Mark-Stück mit der Ansicht des am Rand der Messestadt auf geweihtem Boden errichteten Völkerschlachtdenkmals.

Probeprägung mit Prinz-Heinrich-Palais

Die DDR ließ 1985 zur 175-Jahrfeier der Humboldt-Universität ein Zehn-Mark-Stück mit der Ansicht des im Zweiten Weltkrieg zerbombten und danach wieder aufgebauten Palais des Prinzen Heinrich Unter den Linden prägen, das seit 1810 Hauptgebäude der Lehr- und Forschungsstätte ist. Die Gedenkmünze kommt in zwei Versionen vor. Die im VEB Münze der DDR Berlin hergestellte Normalausgabe erreichte einer Auflage von 39 000 in Stempelglanz und 4000 in Polierter Platte und zeigt im Vordergrund die 1883 enthüllten Denkmäler der Namensgeber der Universität, Wilhelm und Alexander von Humboldt, und im Hintergrund das aus der Zeit Friedrichs II., des Großen, stammende Universitätsgebäude. Von der Motivprobe mit dem das ganze Rund der Münze einnehmenden Palais, aber ohne die Marmordenkmäler wurden nur 112 Exemplare hergestellt, doch kommen auch Stücke ohne Nummerierung vor. Die Staatsbank der DDR schenkte das Gipsmodell der Normalausgabe 1985 der Humboldt-Universität, entnehmen wir dem Buch von Angelika Keune „Gelehrtenbildnisse der Humboldt-Universität zu Berlin – Denkmäler, Büsten, Reliefs, Gedenktafeln, Gemälde, Zeichnungen, Graphiken, Medaillen“, das 2006 von der von der Humboldt-Universität zu Berlin herausgegeben wurde.

Lange vor ihrer offiziellen Aufnahme des Lehrbetriebs im Herbst 1810 wurde über den Nutzen einer Universität in der preußischen Haupt- und Residenzstadt Berlin diskutiert. Es gab manche Widerstände, weil man befürchtete, das angeblich lockere Klima der preußischen Metropole täte den Studenten nicht gut, und sie könnten moralisch auf die „schiefe Bahn“ kommen. Doch dann zwangen die politischen Verhältnisse den König, schnell und entschlossen zu handeln. Nach dem verlorenen Krieg von 1806/7 gegen Frankreich war Preußen in Tilsit vom siegreichen Kaiser Napoleon I. ein Friedensvertrag mit katastrophalen Folgen aufgezwungen worden. Friedrich Wilhelm III. verlor die Hälfte seines Herrschaftsgebietes und seiner Untertanen. Halle an der Saale und seine Universität fielen an das von einem Bruder des französischen Kaisers gegründete Königreich Westfalen, die ebenfalls preußische Universität in Duisburg stand auch nicht mehr zur Verfügung. Blieb noch die altehrwürdige Universität in Frankfurt an der Oder, deren Kapazitäten jedoch nicht ausreichten. Also musste eine neue Alma mater her, weshalb das Berliner Universitätsprojekt auf die Tagesordnung gesetzt und von namhaften Reformpolitikern sowie Gelehrten voran getrieben wurde. Als sich Hallenser Professoren an den König wandten, er möge ihre Universität „über die Elbe nehmen, wo kein Ort dafür schicklicher scheine als Berlin“, antwortete dieser positiv. „Das ist recht, das ist brav! Der Staat muss durch geistige Kräfte ersetzen, was er an physischen verloren hat“, antwortete Friedrich Wilhelm III. und gab grünes Licht für die Gründung der Alma mater berolinensis.

Wilhelm von Humboldt trieb Planungen voran

Das Berliner Universitätsprojekt wurde von namhaften Wissenschaftlern wie Fichte, Hufeland und Schleiermacher unterstützt. Wichtigster Kopf in dieser Gruppe war Wilhelm von Humboldt, der sich als Direktor für Cultus und Unterricht im preußischen Innenministerium intensiv für die Verbesserung des Bildungswesens in der Hohenzollernmonarchie und insbesondere für die Einrichtung humanistischer Gymnasien einsetzte. Der Sprachforscher, Politiker und Diplomat trieb die Planungen voran, musste aber auch manche Widerstände überwinden, darunter Bedenken über den angeblich sittenverderblichen Einfluss von Großstädten auf die studierende Jugend. Als im Herbst 1810 der Lehrbetrieb an der Berliner Universität aufgenommen wurde, warnten besorgte Sittenwächter die Studenten davor, sich mit Huren am Rande des Akademie- und Universitätsviertels einzulassen und in Kneipen kostbare Zeit zu vertrödeln. Selbstverständlich ließen sich einschlägige Freizeitbeschäftigungen nicht verhindern, doch insgesamt scheinen sich die Berliner Studenten an die strengen Regeln des Universitätsbetriebs gehalten zu haben.

Wilhelm von Humboldt schwebte eine „Universitas litterarum“ vor, welche die Einheit von Lehre und Forschung verwirklicht und eine allseitige humanistische Bildung der Studierenden ermöglicht. Dieses Konzept erwies sich als erfolgreich, verbreitete sich weltweit und ließ in den folgenden anderthalb Jahrhunderten ähnlich ausgerichtete Universitäten entstehen. So wurde die Berliner Alma mater die „Mutter aller Universitäten“. Humboldt trug seine Vorstellungen dem König am 24. Juli 1809 in einer Denkschrift vor und bat ihn, die Errichtung einer Universität in Berlin und die Verbindung der dort schon existierenden wissenschaftlichen Institute und Sammlungen mit derselben förmlich beschließen zu wollen. Die neue Universität sollte nach Humboldts Vorstellungen so viele Domänen als nötig und ein sicheres Einkommen von 150 000 Reichstalern bekommen und ihren Sitz im Palais des Prinzen Heinrich von Preußen, eines jüngeren Bruders König Friedrichs II., des Großen, nehmen. Der König wurde gebeten, diese Güter und Gebäude „auf ewige Zeiten hinaus“ in das Eigentum der Universität zu geben.

Ganzheit, Allheit, Einheit, Allgemeinheit

Friedrich Wilhelm III. ging auf Humboldts Vorschläge ein. In der Stiftungsurkunde verfügte der Monarch „die Einrichtung einer solchen allgemeinen Lehranstalt mit dem alten hergebrachten Namen einer Universität, und mit dem Rechte zur Erteilung akademischer Würden“. Die neue Universität, die Akademien der Wissenschaften und der Künste sowie sämtliche wissenschaftlichen Institute und Sammlungen sollten zwar ihre Selbstständigkeit behalten, alle wurde aufgetragen, gemeinschaftlich zum allgemeinen Zweck zusammenwirken. Der Universität wurden das seit 1802 leer stehende Palais des Prinzen Heinrich und Teile des benachbarten Akademiegebäudes übereignet. Der Dichter Clemens Brentano schrieb den Text einer Kantate zur Eröffnung der Alma mater berolinensis, die seit 1949 Humboldt-Universität heißt. Die Aufgaben der neuen Bildungs- und Forschungsstätte wurde von Brentano so umschrieben: „Der Ganzheit, Allheit, Einheit, / der Allgemeinheit / gelehrter Weisheit / des Wissens Freiheit / gehört dies Königliche Haus! So lege ich Euch die goldenen Worte aus: Universitati Litterariae“.

Die Geschichte der Berliner Universität hat ihre Licht- und Schattenseiten. Bei allem Lob sollte nicht übersehen werden, dass an ihr nach den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 und in späteren Perioden die freie Forschung und Lehre unterdrückt wurden und es nach dem kometenhaften Aufstiegs an ihr auch böse Entwicklungen und Rückschritt gegeben hat. Erinnert sei an nationalistische Hetze gegen andere Länder und antisemitische Ausfälle nach der Reichsgründung von 1871, die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 unter Beteiligung johlender Studenten und Dozenten in braunen SA-Uniformen und die Ausgrenzung und Verfolgung von jüdischen Professoren und Studierenden während der Zeit des Nationalsozialismus. Dass es an der Universität todesmutigen Widerstand gegen die Nazidiktatur gab, wird im Hof durch ein Denkmal mit Namen von Opfern von Hitlers Blutjustiz dokumentiert. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg waren Lehre und Forschung nicht frei, weshalb sich Professoren, Dozenten und Studenten der Knebelung durch das SED-Regime entzogen und 1948 die Freie Universität im Westteil der Viermächtestadt Berlin gründeten.

Drang nach Höherem, Streben nach Wissenschaft

Über die Berliner Universität haben sich unzählige Menschen aus eigener Anschauung geäußert. Der Philosoph Ludwig Feuerbach notierte 1844, an Trinkgelage, Duelle und Ausfahrten sei in Berlin nicht zu denken. „Hier herrscht so ein Drang nach Höherem, so ein Streben nach Wissenschaft. Dahingegen sind die anderen Universitäten die reinsten Kneipen, wohingegen Berlin ein wahres Arbeitshaus ist“. Heinrich Heine, der von 1821 bis 1823 in Berlin Jura studierte, fand einiges am Prinz-Heinrich-Palais auszusetzen, das ihm düster und unfreundlich erschien. Das Schlimmste sei, dass so viele Fenster nach der Straße Unter den Linden gehen, dem Opernhaus schräg gegenüber. Wie müsse ein Student auf glühenden Kohlen sitzen, wenn er das pittoreske Schauspiel der leuchtenden Equipagen, der vorüberziehenden Studenten, der dahinhüpfenden Nymphen und der bunten Menschenwoge, die sich nach dem Opernhause wälzt. „Wie müssen dem armen Burschen die 16 Groschen in der Tasche brennen, wenn er denkt: Diese glücklichen Menschen sehen gleich die Eunike als Seraphim oder die Milder als Iphigenie. ,Apollini et Musis’ steht auf dem Opernhause, und der Musensohn soll draußen bleiben?“ In einem Brief beschrieb Fanny Mendelssohn-Hensel, die Klavier spielende Schwester des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy, was sich bei den berühmten „Kosmos“-Vorlesungen in der Universität und der benachbarten Singakademie abspielte. „Es ist herrlich, dass in unseren Tagen uns die Mittel geboten werden, auch einmal ein gescheites Wort zu hören, wir genießen das Glück und müssen uns über das Spötteln zu trösten suchen“. Die Tochter aus wohlhabender Familie fühlte sich bemüßigt sich zu verteidigen, dass sie sich zu solchen Veranstaltungen hingezogen fühlt und ergänzte: „Um uns nun vollends Ihrem Spotte preiszugeben, muss ich Ihnen bekennen, dass wir noch eine zweite Vorlesung hören, und zwar eine von einem Ausländer gehaltene über Experimentalphysik. Auch dieser Kursus wird größtenteils von Damen besucht“.

19. Januar 2023

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