„Ruthe weise glücklich an...“
Bei der prunkvoll gefeierten Fürstenhochzeit 1719 in Dresden zeigten Bergleute und Münzpräger ihr Können



Auf dem „Fürstenzug“ am Dresdner Schloss sind August der Starke und hinter ihm sein Sohn zu sehen, der 1719 die Kaisertochter Maria Josepha geheiratet hat und 1733 seinem Vater auf dem Thron in Dresden und Warschau folgte.



August der Starke scheute keine Kosten und Mühen, um dieses Ereignis durch Beschreibungen und Kupferstiche der erstaunten Welt mitzuteilen.Eine Folge von Zeichnungen und Kupferstichen dokumentierte die Feierlichkeiten im Plauenschen Grund bei Dresden.





Die wenig gelungene Zeichnung und der Kupferstich zeigen, wie jene Medaillen per Hand geprägt werden, die man anschließend unters Volk warf.



Das Motiv mit den Putten an der Spindelpresse hat der Stempelschneider einer von Jean Duvivier geschaffenen Medaillen von 1719 abgeschaut, die den französischen Münzdirektor Nicolas de Launay ehrt.





Sieben Planetenmedaillen wurden in einer Auflage von je 200 Stück geprägt, was ihre Seltenheit erklärt. Auf ihnen sind Gebäude und Dekorationen der Festlichkeiten im Plauenschen Grund abgebildet, wie sie der Kupferstecher Carl Heinrich Fehling überliefert hat. Hingegen bildet die dem antiken Gottvater Jupiter gewidmete Medaille den damals noch nicht fertig gebauten Dresdner Zwinger ab, darunter schreibt Saturn, der römische Namensgeber der Festlichkeiten, auf eine Tafel.



Von der Hochzeit des Kurprinzen Friedrich August (II.) mit der Kaisertochter Maria Josepha 1719 in Dresden versprach sich August der Starke Chancen, dass er oder sein Sohn eines Tages römisch-deutscher Kaiser wird. Der Hochzeitstaler von 1719 zeigt, wie flammende Herzen durch das Band der Liebe zusammen gehalten werden. Die Ehe des Thronfolgers und ab 1733 neuen Kurfürsten und Königs Friedrich August II. (August III.) wird als vorbildlich geschildert.



Nachdem August der Starke 1706 die polnische Königskrone an den vom schwedischen König Karl XII. unterstützten polnischen Magnaten Stanislaus Leszczynski hatte abgeben müssen, verzichtete er auf das sächsisch-polnische Allianzwappen und nannte sich wie hier auf dem Taler von 1709 nur König und Kurfürst, verbunden mit dem gekrönten Monogramm AR für Augustus Rex.





August der Starke wurde 1697 zum König von Polen gewählt. Insignien seiner Herrschaft wie der von den sächsischen Kurfürsten getragene Kurhut mit Hermelinbesatz, ein goldbesticktes Prunkgewand sowie brillantbesetzte Ordenszeichen, die 2019 von Einbrechern aus dem Grünen Gewölbe gestohlen wurden, kann man im wieder aufgebauten Dresdner Schloss zusammen mit einem zerbrochenen Hufeisen als Zeugnis für die legendäre Körperkraft des Herrschers bewundern. Daneben eine bei fürstlichen Trauerfeiern mitgeführte Funeralkrone und der königliche Reichsapfel.



Die vielen Adler aus Sandstein, die den Zwinger schmücken, werden mit den Ambitionen Augusts des Starken auf die römisch-deutsche Kaiserkrone in Verbindung gebracht. (Fotos/Repros: Caspar)

Bei der prunkvoll gefeierten Hochzeit des sächsischen Kurprinzen Friedrich August (ab 1733 Friedrich August II./König August III. von Polen) im September 1719 gab es neben Bällen und Banketten, Turnieren, Feuerwerk und Treibjagden auch einen Festumzug, bei dem Münzarbeiter zu sehen waren. Die von ihnen unter den Augen der Festgäste hergestellten und wie bei Krönungsfeierlichkeiten unter die Zuschauer gestreuten Silbermedaillen mit dem Spruch RUTHE WEISE GLÜCKLICH AN DAS ICH AUSBEUT MÜNTZEN KAN. zeigen sowohl die Hammerprägung als auch, wie sich niedliche Putten an einer Spindelpresse zu schaffen machen. Das Gerät mit den langen Schwungarmen war damals das Modernste und Effektivste, was in Geldfabriken und Prägeanstalten bei der Herstellung von großen und Kleinen Münzen und Medaillen im Einsatz war. Zugleich erinnern die 25 und 29 mm großen Medaillen an die damals beliebte Rutengängerei, mit der man unbekannte Silberadern aufzuspüren hoffte. Die Medaillen sind frühe Beispiele dafür, wie sich die Produzenten von Münzen und Medaillen selber sahen und welche Geräte sie benutzten.

August der Starke zeigte sich gern in der Pose eines Herkules saxonicus und ließ sich wie der berühmte Held der griechischen Sage mit Löwenfell und Keule auch auf Münzen und Medaillen feiern. Das trug ihm ehrfürchtige Bewunderung ein. Auf der anderen Seite war „Sachsens Sonnenkönig“, wie man auch sagt, als treusorgender Landesvater und vor allem als Feldherr ein ziemlicher Versager. Ehrgeizig und ruhmsüchtig, wie er war, mühte er sich mit Erfolg 1697 um die polnische Königskrone, stürzte sich und sein Land aber für sie in immense Schulden. Durch Landverkauf und drückende Steuern, ja auch durch Münzverschlechterung versuchte er, die durch das „polnische Abenteuer“, wie man sagte, aber auch durch Teilnahme am Nordischen Krieg, ferner wegen des Luxuslebens am Hof zu Dresden und Warschau und nicht zuletzt durch seine ehrgeizigen Bauprojekte entleerte Staatskasse zu füllen.

August der Starke siegte bei Königswahl

Neben dem Kurfürsten von Sachsen bemühten sich 1697 auch der französische Prinz François Louis de Conti, der Sohn des verstorbenen polnischen Königs, Jakub , sowie Markgraf Ludwig von Baden, der wegen seiner Erfolge als Feldherr „Türkenlouis“ genannt wurde, um die polnische Krone. Der Sachse verfügte als Herr über ein wirtschaftlich potentes Land über viel Geld und ließ die polnischen Wahlmänner wissen, dass er sie gut bezahlen würde, sollten sie für ihn votieren. Doch nicht nur Dukaten halfen, dass sich die Conti-Anhänger auf die sächsische Seite schlugen, denn es gab dafür weitere Gründe. Am Vorabend des spanischen Erbfolgekrieges, bei dem die Rivalität zwischen Frankreich und England auf kontinentalem Boden ausgetragen wurde, war es für Polen problematisch, einen Franzosen auf den Thron zu hieven und damit einen Krieg mit Russland zu riskieren. Zar Peter I., der Große, ließ seine Nachbarn wissen, dass im Falle der Wahl von Conti der Kriegsfall eintreten würde. Angesichts möglicher außenpolitischer Verwicklungen wurde in Warschau die Parole ausgegeben: „Wählt den Kurfürsten von Sachsen, wählt den Teufel, nur nicht Conti“.

Im Katalog der berühmten Sachsen-Sammlung des Hofrats und Juristen August Moritz Engelhardt, der von den Brüdern Julius und Albert Erbstein bearbeitet wurde, 1888 in Dresden erschien und 1976 als Reprint des Zentralantiquariats der DDR herausgegeben wurde, werden auch die Medaillen von 1719 auf das Bergmannsfest und alles was, mit der Hochzeit des Kurprinzen Friedrich August mit der Kaisertochter Erzherzogin Maria Josepha zu tun hatte, aufgelistet und bewertet. Die Verbindung nach Wien war für den prestigesüchtigen August so wichtig, dass er bei den Feierlichkeiten einen nicht für möglich gehaltenen Prunk entfaltete und eine ganze Reihe großer und kleiner Münzen und Medaillen in Auftrag gab, um sich und das Hochzeitsfest zu verherrlichen.

Berghäuerfest im Plauenschen Grund

Das Berghäuerfest im Plauenschen Grund bei Dresden im September 1719 bildete den glanzvollen Höhepunkt in der an politischen und militärischen Misserfolgen nicht gerade armen Regierungszeit August des Starken, schreiben Paul Arnold und Werner Quellmalz in ihrem Buch „Sächsisch thüringische Bergbaugepräge - Gewinnung und Verhüttung von Gold, Silber und Kupfer im Spiegel der Münzen und Medaillen“, das 1978 im Deutschen Verlag für Grundstoffindustrie Leipzig erschien. Die militärischen Niederlagen gegen Karl XII. von Schweden im Nordischen Krieg, die schwedische Besetzung von Sachsen und der zeitweilige Verzicht auf die polnische Krone im Ergebnis des Friedens von Altranstädt 1706 waren dreizehn Jahre später vergessen, als August der Starke die ehelich Verbindung seines Hauses mit der seit Jahrhunderten die römisch deutsche Kaiserkrone tragende Dynastie der Habsburger mit Erfolg betrieb. Für August den Starken war es wichtig, sich als „großer Herr und starker König“ darzustellen, wie es in Johann Sebastian Bachs „Weihnachtsoratorium“ mit Blick auf den neu geborenen Jesus heißt. Es gab Opern, Schauspiele, Treibjagden, Turniere und andere Lustbarkeiten. An einigen Veranstaltungen durfte das Volk teilnehmen, das für die enormen Kosten dieses Spektakels und den höfischen Pomp aufkommen musste.

Die Freundschaft zwischen den Wettinern und Habsburgern wurde 1719 mit barocker Allegorienpracht auf den Medaillen mithilfe antiker Götter gepriesen. Zu sehen ist, wie sich kleine Engel und der antike Liebesgott Cupido um das junge Paar mühen und ihm allerbeste Wünsche übermitteln. Die Brautleute reichen hier über einem flammendem Altar die Hände, und auf anderen Medaillen kann man sehen, wie Liebesgötter zwei Herzen zusammen schmieden. Die speziell während eines Umzugs beim Bergmannsfest im Plauenschen Grund bei Dresden geprägten Medaillen zeigen, wie der als Bergmann verkleidete Cupido mit der Wünschelrute nach Silber sucht, während auf der Rückseite zwei andere Cupidi an der Spindelpresse arbeiten. Eine zweite, nicht so kunstvoll gestaltete Medaille zeigt Cupido mit der Wünschelrute und einen Amor bei der Hammerprägung.

Jupiter thront auf der Wolke

Bei den Festlichkeiten spielten die damals bekannten Planeten ohne die Erde und ihr Wirken auf die Menschen eine große Rolle. Der Glaube an die Macht der Gestirne und astrologische Spekulationen waren damals groß im Schwange, und so ließ August der Starke die Planeten als antike Gottheiten auftreten. Dass der Kult um „heidnische Götter“ von der christlichen Kirche nicht gut geheißen wurde, scheint den Herrscher über Sachsen und Polen nicht gestört zu haben, denn überall waren sie in der Bildenden Kunst und auch als Allegorien mit ihren Zeichen, Eigenschaften und Zuständigkeiten vertreten.

Bei der Festvorführung begaben sich Bergleute und Münzpräger in Festkleidung mit ihren leuchtenden Grubenlampen zum Tempel des Saturn und führten den Gästen ihre Tätigkeiten vor und zeigten, wie aus Erz Münzen gefertigt werden. Hilfreich waren Modelle eines Bergwerks, eines Schmelzofens und einer Münzmaschine. Auf der so genannten Münzmaschine, die in Wahrheit nur aus Ober- und Unterstempeln und einem Prägestock und nicht aus einer wohl schlecht zu transportierenden Spindelpresse mit langen Schwungarmen bestand, wurden die erwähnten Auswurfsjetons geprägt.

Den Anfang der Medaillenserie macht eine Arbeit von Heinrich Paul Großkomtur mit dem gekrönten Namenszug Augusts des Starken im runden Schild mit den damals bekannten sieben Planeten darum. Zu sehen sind auf den anderen von Oluf Wif geschaffenen Medaillen der gekrönten Jupiter auf der Wolke thronend mit dem auf der Rückseite abgebildeten und als Festplatz genutzten Dresdner Zwinger, ferner Apollo als Gott der Künste und Herr über die Musen, Diana mit Lanze als Göttin der Jagd, der Kriegsgott Mars, der schwebender Merkur mit einem Juwelenkästchen in der Hand, der sitzende Saturn an einem Felsen, in dessen Innerem Bergleute arbeiten, und schließlich die in einem Muschelwagen sitzende Venus und rückseitig die Ansicht des Großen Gartens in Dresden, in dem Wettrennen abgehalten wurden. Die speziell auf das Saturnalienfest im im Plauenschen Grund geprägten Medaillen wurden im Katalog Erbstein geschlossen für die damals enorme Summe von 400 Mark angeboten.

Adlerschmuck im Dresdner Zwinger

August der Starke nutzte nicht nur den Plauenschen Grund als Festwiese, sondern auch den noch nicht ganz fertig gestellten Dresdner Zwinger. Seine Pracht und der Skulpturenschmuck unterstreichen den Macht- und Führungsanspruch des Sachsen in der Fürstenriege seiner Zeit. Hofarchitekt Matthäus Daniel Pöppelmann entwarf zunächst eine Orangerie. Doch der Herrscher beließ es nicht bei einer bloßen Verwahrstätte für seine aus südlichen Gegenden stammenden Pflanzen, sondern verband mit ihr neben de praktischen auch eine ideelle Aufgabe.

Um Raum für den Platz rauschender Feste und Empfänge zu schaffen, ließ August ältere Bauten wie das Reithaus, Schießhaus und Komödienhaus abreißen. Pöppelmanns entwarf großartige Lage- und Baupläne für die Pavillons und Galerien, die den Zwingerhof umschließen und auch Teile der kurfürstlichen Kunstsammlungen beherbergen sollten. Vergleicht man die ersten wohl noch recht bescheiden wirkenden Entwürfe mit dem, was tatsächlich errichtet wurde, dann sieht man, dass an den Plänen bis zur Vollendung des barocken Ensembles noch viel gearbeitet wurde. Dass der Skulpturenschmuck in der sächsischen Heraldik eigentlich ungebräuchliche Adler zeigt, wird mit dem Wunsch Augusts des Starken in Verbindung gebracht, seiner Dynastie die römisch-deutsche Kaiserkrone zu sichern. Die Zwinger-Adler allerdings haben nur einen Kopf, während die Habsburger als Inhaber der Kaiserwürde den doppelköpfigen Vogel als ihr Zeichen verwandten.

23. Februar 2024