Landesmutter war „Herr“ im Haus
Wie Mitglieder der portugiesischen Dynastie Braganza Könige und Kaiser von Brasilien wurden





Portugal konnte sich dank der reichen Edelmetallfunde in seinen Kolonien leisten, große und schwere Goldmünzen auszugeben, hier eine undatierte Goldmünze von König João (Johann) II., der von 1521 bis 1557 regierte. Außerhalb von Portugal waren die großen und schweren Goldmünzen beliebt und wurden als „Portugaleser“ nachgeahmt, hier eine undatierte Ausgabe aus Hamburg aus den 1570er Jahren.



Die Goldmünze zu 4000 Reis von 1777 bildet das Königspaar Maria I. und Pedro III. in trauter Verbundenheit ab, in Wirklichkeit hatte aber nur die machtbewusste Maria in Portugal und seinen Kolonien das Sagen.



Königin Maria I. von Portugal war eine machtbewusste Herrscherin, die noch kurz vor ihrem Tod noch Königin von Brasilien wurde, dies aber wohl nicht mehr wahrgenommen hat.





Auf der Silbermünze zu 960 Reis von 1824 wird Pedro I. Kaiser von Brasilien genannt. Die Goldmünze zu 5000 Reis bildet Kaiser Pedro II. ab. Der Wert, den die Münze A abgebildet.repräsentiert, ist nicht extra vermerkt.



Auf der Ausgabe von 1897 zu 2000 Reis und vielen anderen Geldstücken ist auf der Rückseite mit dem in einem aus Sternen gebildeten Kreis mit dem markante Sternbild „Kreuz des Südens“ geschmückt.



Die Silbermünze von 1900 zu 4000 Reis feiert anlässlich des 400. Jahrestags des Entdeckung des Landes den Seefahrer und Eroberer Pedro Àlvarez Cabral. Er war auf seiner Seereise nach Indien im April 1500 auf Brasilien gestoßen und nahm es für König Manuel I. in Besitz. (Fotos/Repros: Caspar)

Das Brasilianische Nationalmuseum in Rio de Janeiro wurde 2018 Opfer eines furchtbaren Brandes. Unzählige Kunstwerke und Dokumente zur Geschichte des Landes und des Kontinents sowie archäologische Fundstücke und andere Hinterlassenschaften wurden im Museu Nacional da Universidade Federal do Rio de Janeiro (MN) Opfer der Flammen. Zerstört wurden auch Belege für die wechselvollen Beziehungen Brasiliens zu seinem „Mutterland“ Portugal sowie für das Leid und die Ausbeutung seiner Bewohner durch diese Kolonialmacht und die einheimischen Oligarchen. Das Prachtgebäude, das mit Museen in Sankt Petersburg, Paris, London und Berlin verglichen wird, wurde 1808 Residenz des aus Portugal im Zusammenhang mit den Napoleonischen Kriegen nach Rio geflohenen Königs Joao IV. Obwohl von den Kuratoren immer wieder gefordert, wurde dem Museum moderner Brandschutz versagt, und auch sonst zeigte das Gebäude außen und innen unübersehbare Spuren von Vernachlässigung.

Nach dem Ende der portugiesischen Kolonialzeit wurde Brasilien 1815 ein Königreich, 1822 ein Kaiserreich und 1888 eine Republik, wovon auch Münzen und Medaillen berichten, die portugiesischen Monarchen auch als Oberhäupter eines riesigen Kolonialreichs zeigen. Besonderes Interesse verdienen die seltenen Münzen mit Doppelbildnissen aus dem späten 18. Jahrhundert. Wenn schon fürstliche Personen gemeinsam dargestellt wurden, etwa um eine Hochzeit oder die Geburt eines Thronfolgers zu feiern, dann wurde in der Regel der amtierende Herrscher vorn und dahinter etwas unscheinbarer seine Gattin abgebildet. Auf portugiesischen Münzen dieser Zeit ist die Reihenfolge umgekehrt. Hier ist Königin Maria I. „Herr“ im Haus. Die aus der Dynastie Braganza stammende First Lady wird auf ihnen mit hochgetürmter Frisur und einem Lorbeerkranz darin dargestellt. Ihrem an Politik wenig interessierten Gatten Pedro III. hat man hinter der selbstbewussten Landesmutter den zweiten Platz zugewiesen. Er starb 1786, ohne im Geschichtsbuch des Landes bemerkenswerte Spuren hinterlassen zu haben.

Sieben Türme im Landeswappen

Warum diese Reihenfolge gewählt wurde, zeigt ein Blick in die portugiesische Geschichte. Im Jahre 1777 hatte Maria I. als Tochter von König Joseph I. den Thron in Lissabon bestiegen und damit auch die Herrschaft über das riesige Kolonialreich angetreten. Ihren Onkel Pedro, mit dem sie seit 1760 verheiratet war, ernannte sie zum Mitregenten. Dass er den königlichen Titel, trug, kann man auf Goldmünzen lesen, die das Paar MARIA ET PETRUS III D • G • PORT • ET• AL• REGES nennen, also „Maria und Peter III. von Gottes Gnaden Könige von Portugal und Algarve“. Die Buchstaben AL beziehen sich auf den Landesteil Algarve, denn die portugiesischen Herrscher führten bis zum Einmarsch französischer Truppen 1807 den Titel König von Portugal und Algarve, vergleichbar mit Frankreich, dessen Münzen bis zur Revolution von 1789 auch das kleine Königreich Navarra nennen. Auf der Rückseite ist das gekrönte portugiesische Wappen zu sehen, kenntlich an den sieben Burgtürmen, die um fünf in der Mitte angebrachte Schilde gruppiert sind. Diese heraldischen Elemente kommen auf zahllosen portugiesischen Geldstücken vor und sind auch auf heutigen Euro-Münzen zu sehen.

Pedro III. hatte als vierter Sohn von König Joao V. (Johann V.) von Portugal kaum Aussicht auf die Thronfolge. 1750 bestieg sein älterer Bruder Joseph I. den Thron, der aber keinen männlichen Erben hatte, sondern „nur“ die auf Münzen abgebildete Tochter Maria. Um ihr die Krone zu sichern und Rangeleien in der Familie zu vermeiden, verheiratete er sie mit dem 26 Jahre älteren Prinzen Peter. Bedenken, dass eine Heirat unter nahen Blutsverwandten zu Komplikationen kommen könnte, hatte man damals nicht. Auch in anderen Fürstenhäusern waren solche engen Verbindungen gang und gäbe. Dass Erbkrankheiten durch zu enge Verwandtschaft weiter gegeben werden, nahm man im Interesse des Erhalts der Dynastie in Kauf.

Dem Wahnsinn verfallen und entmündigt

König Pedro III. überließ die Regierungsgeschäfte weitgehend seiner machtbewussten Frau Maria. Sie ging unrühmlich in die Geschichte ein, weil sie gegen die Übermacht der Kirche gerichtete Gesetze aus der Zeit ihres reformfreudigen Vaters zurücknahm. Klerikaler Eifer verschaffte ihr den Beinamen „Maria die Fromme“. Gleich nach ihrer Thronbesteigung entließ die neue Königin den auf Begrenzung kirchlicher Kompetenzen dringenden Ersten Minister ihres Vaters, Sebastião Marquis de Pombal. Klugerweise aber hielt Maria an dessen Außen- und Wirtschaftspolitik fest und mühte um die Verbesserung der Infrastruktur ihres Landes. Nach dem Tod Karls III. verfiel die Königin zunehmend in übersteigerte Frömmelei und wurde wahnsinnig, weshalb sie 1792 entmündigt wurde. Die Staatsgeschäfte übernahm als Prinzregent ihr Sohn Johann, der nach ihrem Tod im Jahre 1816 als Joao VI. (Johann VI.) den Thron bestieg. Mutter und Sohn mussten vor den Truppen des französischen Kaisers Napoleons I. nach Brasilien fliehen. Die riesige Kolonie wurde 1815 in ein eigenständiges Königreich umgewandelt, das mit Portugal in Personalunion verbunden war. So kommt es, dass die geistig umnachtete Maria von Portugal 1815, ein Jahr vor ihrem Tod, in Rio de Janeiro noch Königin von Brasilien wurde.

Portugal und Spanien hatten 1494 unter Vermittlung von Papst Alexander VI. die Aufteilung Südamerikas beschlossen. Die damals bekannte Westküste geriet unter spanische Herrschaft, das heutige Brasiliens wurde portugiesische Kolonie. Furchtbare Verbrechen ereigneten sich bei der Christianisierung und Kolonisierung des Subkontinents. Um ihre Herrschaft zu festigen, schickten die portugiesischen Könige europäische Siedler nach Brasilien und gründeten 1549 die Hauptstadt Salvador da Bahia (San Salvador). Die gnadenlose Ausbeutung der Kolonie und weiterer Länder machte Portugal und seine Eliten reich. Rio de Janeiro stieg zur Hauptstadt von Brasilien auf und wurde neben Lissabon Zentrum des portugiesischen Weltreichs.

Kriege, Krisen, Katastrophen

Der 1821 in seine Heimat zurück gekehrte König Joao VI. überließ das Königreich Brasilien seinem Sohn Pedro, der sich als Pedro I. am 22. September 1822 zum Kaiser proklamierte. Nach nur drei Jahren trat er seine Krone angesichts innerer Unruhen und kriegerischer Auseinandersetzungen mit Argentinien an seinen erst fünf Jahre alten Sohn Pedro II. ab und bestieg in Portugal den Thron seiner Vorfahren. Als Kronprinzessin Isabella, eine Tochter von Kaiser Pedro II., 1888 die Sklaverei offiziell abschafft, bekamen sie und ihre Familie es mit Großgrundbesitzern und der Armee zu tun. Nach einem Militärputsch verließ Pedro II. am 15. November 1889 das Land und ging nach Paris ins Exil. In Brasilien wurden die Republik ausgerufen und eine neue Seite im Buch der wechselvollen Landesgeschichte aufgeschlagen.

Zahlreiche brasilianische Münzen und Medaillen feiern das Land und seine Geschichte und Kultur, aber auch seine Reichtümer in Gestalt von Tieren und Pflanzen. Sie würdigen berühmte Politiker, Eroberer und Militärs sowie Künstler und Gelehrte und natürlich Sportereignisse mit dem heiß geliebten Fußball an der Spitze. Hinzu kommen Symbolfiguren der Freiheit und andere Motive. Das Land gibt heute zu besonderen Anlässen nach alter Tradition Gedenkmünzen aus Gold für Sammler und Anleger aus. Sucht man bei uns im Münzhandel und auf Messen nach älteren brasilianischen und portugiesischen Münzen und Medaillen, wird man kaum fündig, denn das Angebot ist relativ dürftig. Moderne Münzen, die das Land in großen Mengen heraus gibt, sind leichter und preiswerter zu haben. Was überliefert ist, ob alt oder neu, lässt nicht erkennen, dass Brasilien immer wieder in Kriege mit Nachbarstaaten verwickelt war und von Revolutionen, Militärputschen, Krisen und Katastrophen erschüttert wurde und auch heute wird. Aber das ist keine brasilianische Besonderheit, sondern auch bei den Ausgaben vieler anderer Länder festzustellen.

Brasilien hat 2022 durch eine Wahl die Diktatur des Präsidenten Jair Bolsonaro überwunden. Durch seine frauenfeindlichen, homophoben, rassistischen und wissenschaftsfeindlichen Aktivitäten bis hin zur Leugnung des Klimawandels und der gezielten Vernichtung des Regenwaldes sowie Verteidigung der brasilianischen Militärdiktatur zwischen 1964 und 1985 zog der Rechtspopulist ebenso viel Zuspruch wie Hass auf sich. Kurz nach der Wahl seines Herausforderers Luiz Inácio Lula da Silva Ende 2022 ging Bolsonaro ins Exil und führt heute in den USA ein Leben herrlich und in Freuden. Brasilien kehrt mühsam den Scherbenhaufen zusammen, den der „Amazonas-Trump“, wie man ihn mit Blick auf den früheren US-Präsidenten auch nennt.

26. November 2023