„Auch du, mein Brutus“
Was es mit Dolchen auf einem um 43 vor Christus geprägten römischen Denar auf sich hat



Die aus grünem Basanit gefertigte Büste des Gaius Julius Caesar ist ein Prunkstück der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin und wird gemeinsam mit der Marmorbüste der ägyptischen Königin Kleopatra VII. im Alten Museum auf der Museumsinsel gezeigt. König Friedrich II. von Preußen hat die Caesar-Büste 1767 aus einer Pariser Sammlung erworben.



Julius Caesar brach mit der Tradition und ließ sich mit Genehmigung des Senats auf Münzen porträtieren, was spätere Herrscher auch taten. Die Denare mit Schleier und Lorbeerkranz sind in der Ausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Berliner Museumsinsel ausgestellt.



Ein Elefant zertritt auf dem Denar eine Schlange, Opfergeräte schmücken die Rückseite. Münzen wie diese werden gefälscht, weshalb sie vor dem Kauf geprüft werden müssen.





Der um das Jahr 43 vor Christus, das heißt ein Jahr nach Caesars Ermordung, geprägte Denar nennt Brutus und deutet durch Darstellung der Dolche das Geschehen an. Eine Axt, Schöpfkelle und Messer schmücken eine andere Brutus-Münze. Der auf ihr erwähnte Publius Cornelius Lentulus Spinther war Teilnehmer der Verschwörung gegen Caesar.



Der Maler Vincenzo Camuccini stellte sich die Ermordung des Julius Caesar auf seinem 1798 geschaffenen Gemälde als höchst dramatischen Akt mit vielen Zuschauern vor. Repro: Wikipedia



Aus dem 16. Jahrhundert stammt der von dem in Padua lebenden Künstler Antonio Cavino geschaffe „Paduaner“ mit dem hageren Porträt des Julius Caesar und seinem legendären Ausruf VENI VIDI VICI.



Lebenswahr zeigen Denare Caesar und seinen Großneffen Caius Octavius Augustus (der Erhabene), mit dem die römische Kaisergeschichte begann.



Auf dem Kupferstich (Ausschnitt) eines in Venedig gedruckten Buches von 1778 über den Gallischen Krieg ist der im Jahr 44 vor Christus ermordete Julius Cäsar als Geschichtsschreiber dargestellt.



Die monumentale Mark-Aurel-Säule in Rom wurde zu Ehren des römischen Kaisers Marc Aurel errichtet. Das Reliefband wurde nach dem Vorbild der etwa 80 Jahre älteren Trajanssäule geschaffen. Hier wie dort verherrlichen die Reliefs die Kriege gegen die Markomannen beziehungsweise die Daker im zweiten nachchristlichen Jahrhundert. Sie schildern, mit welcher Grausamkeit und Unerbittlichkeit Kriege damals geführt wurden und was die so genannten „Barbaren“ erdulden mussten. (Fotos/Repros: Caspar)

Mit historischen Zitaten ist es so eine Sache. Wo kein Mikrofon, kein Stenograph, kein seriöser Berichterstatter dabei war, wo es keine authentische Quelle, keinen glaubwürdigen Augenzeugen gibt, schießen die Spekulationen ins Kraut. Die zitierten Personen können sich nicht mehr gegen Unterstellungen und falsche Zitate wehren, sie sind schon längst zu Staub und Asche vergangen. Gelehrte haben sich den Kopf darüber zerbrochen, ob der 44 vor Christus schwer von Dolchen getroffene Julius Caesar noch in der Lage war, seinen einstigen Freund und Weggefährten Brutus wahrzunehmen und anzusprechen. Wahrscheinlicher ist es, dass Caesar wortlos ins Jenseits entschwand. Auf jeden Fall ranken sich Legenden um den jähen Tod des Mannes, aus dessen Namen der Herrschertitel Kaiser abgeleitet wurde, der den Julianischen Kalender einführte und nach dem der siebente Monat benannt ist, nämlich der Julius oder Juli.

Republik contra Monarchie

Marcus Junius Brutus hatte sich mit weiteren streng republikanisch gesonnenen Senatoren gegen den Staatsmann, Feldherrn und Diktator Caesar auf Lebenszeit verschworen hatte, weil sie fürchteten, er könne eine Monarchie errichten. Der Caesarmörder ließ sich auf einem berühmten und gelegentlich auch im Münzhandel angebotenen Silberdenar mit seinem Kopf darstellen. Zwei Dolche auf der Rückseite flankieren eine Freiheitsmütze als Hinweise auf die Bluttat. Die abgekürzte Inschrift EID MAR meint die Iden des März als Warnung vor Ungemach oder Tod. William Shakespeare hat die Metapher mit seinem Drama „Julius Caesar“ aus dem Jahr 1623 bekannt und populär gemacht. Der nach Julius Caesar benannte Julianische Kalender galt in den katholischen Ländern bis ins 16. Jahrhundert und wurde 1582 durch den nach Papst Gregor XIII. benannten Gregorianischen Kalender abgelöst. Die meisten protestantischen Staaten hielten am Julianischen Kalender noch bis zum frühen 18. Jahrhundert fest, das orthodoxe Russland sogar bis 1918.

Julius Caesar war der erste Römer, dem der Senat das Recht zu billigte, Silber- und Goldmünzen mit seinem Porträt zu schmücken. Dieses Privileg gestattete ihm und seinen Nachfolgern, für sich und ihre Familien Propaganda zu betreiben und ihre Gottähnlichkeit zu betonen. Daher wirken diese Geldstücke wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch, das den Kosmos antiker Herrschaftsverhältnisse und die ganze Weite von Kunst und Religiosität offenbart. Bereits in der Renaissance waren die Gepräge begehrte Sammelstücke und wurden vielfach nachgeahmt. Aufgrund der massenhaften Ausprägung und ihres häufigen Auftretens in Schatzfunden sind auch heute noch recht viele Exemplare erhalten, und manche Stücke kosten wenige Euro. Hingegen erzielen Gold- und bessere Silbermünzen sowie solche aus Bronze, Messing und Kupfer mit ihren abwechslungsreichen Kaiserbildnissen und Darstellungen aus der Mythologie, dem Leben der Herrscherfamilie und dem Alltag hohe Preise vor allem dann, wenn sie ungewöhnlich gut erhalten und/oder in nur wenigen Stücken überliefert sind. Manche Herrscher des christlichen Abendlandes und ihre Ideologen behaupteten von sich, sie würden von Julius Caesar abstammen und unterstrichen das durch Münzen und Medaillen sowie Denkmäler und Gemälde. Ihr angebliches Gottesgnadentum bekundeten sie auf Geprägen und amtlichen Verlautbarungen mit der lateinischen Formulierung DEI GRATIA oder VON GOTTES GNADEN.

Meister der Selbstdarstellung

Als Meister der Selbstdarstellung verstanden es die römischen Kaiser und spätere Potentaten glänzend, die Münzprägung in ihren Dienst zu stellen. Viele Münzen beschreiben Herrschertugenden und behaupten, dass sich die Kaiser persönlich um die Sicherheit des Reiches und ihrer Untertanen kümmern, ein Füllhorn des Wohlstandes über das Land gießen und Inbegriff von Hoffnung und Siegeszuversicht sind. Die Münzen gingen von Hand zu Hand und machten die Bildnisse der Caesaren und in vielen Fällen auch die ihrer Frauen, Mitregenten und Kinder bis in entfernte Gegenden der damaligen Welt bekannt. Selbstverständlich kehrten die Geldstücke nur die positiven Eigenschaften des jeweiligen Kaisers heraus – Frömmigkeit und Treue, Weisheit und Weitsicht, Familiensinn, Liebe zu den Künsten, aber auch militärische Erfolge sowie die Niederwerfung fremder Völker und die Kultivierung eroberter Provinzen. Wie ein Blick in die Geschichte zeigt, waren viele Kaiser und Kaiserlinge, wie Goethe bei der Betrachtung seiner Münzsammlung schrieb, alles andere als Vorbilder für das Menschengeschlecht, sondern finstere Despoten mit blutbefleckten Händen.

Der aus einer altrömischen Adelsfamilie der Julier stammende Julius Caesar hatte eine steile Karriere in der römischen Hierarchie hinter sich. Er war Senator und Konsul, Verwalter von Provinzen und ein erfolgreicher Befehlshaber. Er ist bis heute durch seine in klarer Sprache verfassten „Kommentare über den Gallischen Krieg“ bekannt, in denen er die von ihm geführten Schlachten gegen die gallischen Stämme beschrieb und auch die Lebensverhältnissen, Sitten und Gebräuche der Gallier, Germanen und Britannier kommentierte. Lange prägten diese seit der Renaissance gedruckten Darlegungen das Bild der Völker außerhalb des Römischen Reichs, die aber schon seit Langem durch die Geschichtsforschung und Archäologie zu großen Teilen in das Reich der Legende verwiesen wurden. Aus Caesars mehrfach in Schauspielen und Filmen kolportierten Liebesverhältnis mit der ägyptischen Königin Kleopatra ging der gemeinsame Sohn Caesarion (kleiner Caesar) hervor.

„Ich kam, ich sah, ich siegte“

Nahezu vollständig erhalten sind Caesars autobiographisch-historische Abhandlungen. Berühmt wurde die „Commentarii de bello Gallico". Sie dienten vor allem der Rechtfertigung seiner Feldzüge gegen die Gallier. Da Caesar in eigenem Interesse schrieb, ist sein Werk als objektive historische Quelle umstritten, wird aber wegen seiner klaren Sprache im Lateinunterricht gern verwendet. Von den Germanen behauptete Caesar, sie würden ohne Kultur in dürftigen, ärmlichen und entbehrungsreichen Verhältnissen leben, während es die Galliern wegen ihrer Nähe zu den römischen Provinzen und ihrer Kenntnis überseeischer Verhältnisse zu Reichtum und Verfeinerung der Lebensweise gebracht hätten. In römischer Zeit galten alle Menschen außerhalb des griechisch-römischen Kulturkreises als Barbaren. Das Bild, das Caesar und anderen antiken Autoren von ihnen gemalt hat, bestimmte die Kunst und Literatur in späteren Epochen. Der barocke Kupferstich zeigt, wie die Römer den mit Fellen bekleideten Germanen Kultur und Sitte überbringen.

Als Caesar im August 47 vor Christus bei Zela den König von Bosporus schlug, soll er diesen Triumph im Telegrammstil einem Freund „Veni, vidi, vici – Ich kam, ich sah, ich siegte“ gemeldet haben. Der berühmte Ausspruch wurde zum geflügelten Wort, zum Inbegriff für einen schnell errungenen Sieg. Antike Autoren haben sich verbürgt, dass Caesars von Selbstbewusstsein strotzende Nachricht echt ist. Der umjubelte Feldherr war nun unumschränkter Alleinherrscher, der Widersacher entweder aus dem Weg räumen ließ oder durch Ämter und großzügige Gaben an sich band, sozusagen „Zuckerbrot und Peitsche“ benutzte beziehungsweise das Prinzip von „Teile und herrsche“ anwandte, um seine Ziele durchzusetzen.

Natürlich wusste der zum Gott erhobene Caesar, dass nichts ewig ist und der eben errungene Siegeslorbeer schon morgen welken kann. Caesars Mörder, allen voran sein ehemaliger Freund Brutus, glaubten, durch die Beseitigung des Machtmenschen die römische Republik retten zu können, beschworen aber nur neues Elend hervor. Durch Caesars jähen Tod wurde die von ihm begonnene Erneuerung des Staates unterbrochen, ebenso die rege Bautätigkeit, durch die Rom auf das Prächtigste ausgestaltet werden sollte. Liegen blieb auch der Plan eines Rachefeldzugs gegen die Partner, mit dem Caesar seine Macht weiter festigen wollte. Brutus überlebte das Messerattentat auf seinen früheren Freund nur um zwei Jahre. Als er in der Doppelschlacht bei Philippi in Makedonien von Octavian und Antonius, die sich zur Aufgabe gemacht hatten, Caesars Tod zu rächen, gestellt wurde, beging er Selbstmord. William Shakespeare hat in seinem Drama über Julius Caesar dafür die ebenfalls zum geflügelten Wort gewordene Formulierung gefunden „Bei Philippi sehen wir uns wieder“, womit gemeint war, dass nicht aller Tage Abend ist und jeder für seine Taten einen Preis zahlen muss.

Charakterbild schwankt in der Geschichte

Julius Caesar ging mit weiteren berühmten Aussprüchen in die Geschichte ein. Dazu gehört der von antiken Schriftstellern überlieferte Satz „Die Würfel sind gefallen“. Caesar soll, als er am 10. Januar 49 vor Christus den legendären Grenzfluss Rubikon zwischen Italien und Gallien überschritt, aber gesagt haben: „Dorthin führt der Weg, wohin die Zeichen der Götter und die Schandtaten der Feinde rufen. Geworfen ist der Würfel.“ Der Satz wurde für eine Entscheidung sprichwörtlich, bei der es nur noch ein Vorwärts und kein Zurück mehr gibt, komme was da wolle. Caesar schwang sich zum Diktator zunächst für zehn Jahre und dann, 44 vor Christus auf Lebenszeit auf. Zwar überhäufte man ihn mit Ehrenbezeugungen. Caesars Herrschaft trug monarchische Züge. Als Pontifex maximus, das heißt als oberster Brückenbauer, besaß Caesar höchste Entscheidungsgewalt in religiösen Fragen. Doch dann wurde seine Karriere durch die Verschwörung des Brutus jäh gestoppt, und schon bald war das Römische Reich keine Republik mehr, sondern ein mehrere Jahrhunderte andauerndes Kaisertum.

Die Urteile über Caesar gingen und gehen weit auseinander. Friedrich Schillers Ausspruch über den von seinen eigenen Leuten ermordeten kaiserlichen Feldherrn Albrecht von Wallenstein „Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte“ lässt sich auch auf den tragisch geendeten römischen Politiker und andere Figuren der Weltgeschichte anwenden. Manche sehen in ihm einen skrupellosen Emporkömmling und Tyrannen von unersättlicher Machtgier und lasten ihm den Untergang der Römischen Republik an. Andere geben zu bedenken, dass zu Caesars Zeiten die republikanische Herrschaft ausgedient hatte und es höchste Zeit war, eine neue Regierungsform zu installieren, die dem Römischen Reich, Größe und Macht, Stabilität und Zukunftschancen für mehrere Jahrhunderte sicherte.



18. Januar 2024