Verbrieftes Münz- und Bergrecht
Goldene Bulle von 1357 regelte bis 1806 Kaiserwahlen und ist seit 2013 Teil des Weltkulturerbes



Nach dem aus Goldblech gefertigten Siegel wurde das Reichsgrundgesetz von 1356 Goldene Bulle genannt. Hier eine in München aufbewahrte Ausfertigung auf Pergament.



Das Bild aus der Zeit um 1500 zeigt den Kaiser im Kreise der geistlichen Kurfürsten von Trier, Köln und Mainz sowie der weltlichen Kurfürsten von Böhmen, Pfalz, Sachsen und Brandenburg mit ihren Insignien.



Der Holzschnitt vermittelt eine Vorstellung davon, wie die Kurfürsten den Kaiser einem zeremonialen Essen bedienen. Sie taten das allerdings nicht persönlich, sondern hatten dafür ihre Abgesandten. Das goldene Siegel zeigt den thronenden Kaiser und auf der Rückseite eine fiktiven Ansicht von Rom.



Unweit der Wenzelsbrücke in Prag steht das Denkmal Kaiser Karls IV.,der als Vater der bis 1806 gültigen Goldenen Bulle in die Geschichte einging. Die Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur der Vereinten Nationen UNESCO hat 2013 die Goldene Bulle in die Liste des UNESCO-Weltdokumentenerbes aufgenommen.





Auf vielen Münzen und Medaillen sind die von den Kurfürsten ausgeübten Zeremonialämter durch Symbole versinnbildlicht. So findet man auf kursächsischen Geldstücken die gekreuzten Schwerter, die für das Amt des Erzmarschalls stehen, und auf brandenburgischen Münzen zeigt das Zepter, dass der Kurfürst das Amt eines Erzkämmerers ausübt. Hier ein Taler von 1614 und ein Zweidritteltaler (Gulden) von 1683 aus Sachsen und Brandenburg.





Die Lebensgeschichte der Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, der in Böhmen als so genannter Winterkönig regierte, und des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern waren von Höhen und Tiefen und Sanktionen seiner fürstlichen Standesgenossen bestimmt.





Die Goldene Bulle erhob zwei Landesfürsten zu Reichsvikaren für den Fall des Todes des Reichsoberhauptes. Der Kurfürst von Sachsen sollte bis zur Wahl eines neuen Oberhaupts kaiserliche Aufgaben in Ländern sächsischen Rechts ausüben, der Pfalzgraf bei Rhein tat das gleiche in Franken, Schwaben und der Rheinregion. Wie in Sachsen so wurde auch in der Pfalz die Übernahme des Reichsvikariats auf Münzen und Medaillen gefeiert.



Auf dem undatierten Prämientaler erscheint Maximilian Joseph noch als Kurfürst von Pfalz Bayern, hier Baiern geschrieben. Der Titel änderte sich 1806 durch die Erhebung zum König.(Fotos/Repros: Caspar)

Die Goldene Bulle aus dem Jahr 1356 über die Regeln zur Wahl der römisch-deutschen Kaiser enthält auch für Münzsammler und Münzforscher wichtige Angaben über das Geld- und Münzwesen und den Bergbau in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation im Jahr 1806 war das zu Büchern gebundene Dokument dessen wichtigste Verfassungsurkunde. Das im Januar sowie im Dezember 1356 auf den Reichstagen in Nürnberg beziehungsweise Metz verabschiedete Reichsgrundgesetz legte in lateinischer Sprache die Modalitäten der Königs- und später der Kaiserwahl sowie der Krönung fest und schrieb vor, was die geistlichen und weltlichen Kurfürsten zu tun haben, welche Hoheitsrechte (Regalien) und Pflichten sie haben, dass weltliche Kurfürstentümer nicht geteilt werden dürfen, was aber nicht immer beachtet wurde, und dass im Reich der allgemeine Landfriede beachtet werden muss. Die Goldene Bulle leistete der Bildung von souveränen Landesfürstentümern und der Kleinstaaterei und letztlich dem heute in Deutschland herrschenden Föderalismus Vorschub.

Exklusiver Wahlmännerklub

Von der Goldenen Bulle sind sieben originale Ausfertigungen und 174 Abschriften erhalten. Alle Ausfertigungen bestehen aus zwei Teilen, und zwar aus den vom Nürnberger Reichstag beschlossenen Kapiteln 1 bis 23 und den Kapiteln 24 bis 31 der Metzer Gesetze. Die reich illustrierte, in Wien befindliche Prachtausgabe für König Wenzel IV. von Böhmen wurde kurz nach 1400 geschaffen. Aufgrund ihres Umfanges hat die Verfassungsurkunde nicht das Aussehen üblicher Pergamente, sondern wurde zu Büchern gebunden. Bemerkenswert ist, dass der sächsische und der brandenburgische Kurfürst wohl aus Geldmangel auf eine eigene Ausfertigung verzichtet haben.

Der exklusive Klub der Elektoren, wie die Wahlmänner auf ihren Münzen und Medaillen genannt werden, bestand anfangs aus drei geistlichen Kurfürsten, und zwar den Erzbischöfen von Mainz, Trier und Köln, und ihren vier weltlichen Kollegen, nämlich dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von Sachsen, dem Markgrafen von Brandenburg und dem König von Böhmen. Die lange Geschichte des Heiligen Römischen Reiches kennt Veränderungen und Erweiterungen innerhalb es Kurfürstenkollegiums, etwa wenn sich einer dieser Landesfürsten dem Kaiser gegenüber unbotmäßig verhielt und/oder den Zorn seiner fürstlichen Mitbrüder erregt hatte. Eine Erweiterung des Kurfürstenkollegiums fand im 17. Jahrhundert statt, als der braunschweigische Herzog Ernst August in diesen Stand erhoben wurde und das Amt des Erzbannerträgers erhielt. Kurfürsten und Könige von Hannover aus dem Haus der Welfen regierten bis 1837 als Könige in England.

Nach 1800 und damit kurz vor dem Ende des Römisch-deutschen Reichs erhielten die Kurfürsten von Sachsen und Bayern den Rang von Königen, und der Herzog von Württemberg und der Erzbischof von Salzburg wurden mit der Kurwürde belehnt. Auch sonst gab es in dieser Zeit manche Rangerhöhung als Dank für die jeweiligen Herrscher, dass sie die Politik des damals mächtigsten Mannes in Europa, Frankreichs Kaiser Napoleon I., unterstützten. Jedesmal hat man solche Veränderungen zur Freude der Sammler auf Münzen und Medaillen verkündet. Das Kurfürstentum von Hannover wurde 1814 Königreich.

Winterkönig regierte nicht lange

Bisweilen konnte einem Kurfürsten auch sein Titel und seine Befugnisse entzogen werden. So erging es unter anderem Friedrich V. von der Pfalz, der wegen seiner kurzen Regierungszeit als Herrscher in Böhmen vom August 1619 bis Ende 1620 abfällig auch Winterkönig genannt wird. Die Kräfte des im Clinch mit der katholischen Liga liegenden Protestanten und seiner Anhänger waren zu gering, um sich am Beginn des Dreißigjährigen Kriegs gegen die Übermacht der Habsburger mit Kaiser Ferdinand II. an der Spitze behaupten zu können. Friedrich musste Böhmen verlassen und starb 1632 im Mainzer Exil, die Kurwürde kam an das Haus Wittelsbach in Bayern. Ähnlich wie bei den Münzen des 1631 ermordeten kaiserlichen Feldherrn und zeitweiligen Herzogs in Mecklenburg Albrecht von Wallenstein hat man die Münzen und Medaillen des Winterkönigs eingesammelt, was erhalten gebliebene Stücke zu begehrten und teuren Raritäten gemacht hat.

Über den Kurfürsten Max Emanuel von Bayern wurde zeitweilig die Reichsacht verhängt, weil es sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit König Ludwig XIV. gegen Kaiser und Reich verbündet hatte. Der machtbewusste und als Feldherr erfolgreiche „Türkenbezwinger“ konnte seine Träume für Landgewinn und einen Königstitel wie in Kursachsen und Brandenburg-Preußen nicht verwirklichen und musste für einige Jahre ins Exil gehen. Nach seiner Rückkehr nach Bayern machte er sich einen Namen als Bauherr und hinterließ bei seinem Tod 1726 seinen Nachfolgern einen riesigen Schuldenberg, unter dem das Land noch viele Jahrzehnte zu leiden hatte.

Privileg zur Münzprägung

Neben Appellen zur Gottesfurcht und Friedfertigkeit und Strafandrohungen im Falle eines Aufruhrs gegen das Reichsoberhaupt enthält die Goldene Bulle auch Bestimmungen über die Gold-, Silber- und anderen Bergwerke sowie über das einträgliche und eifersüchtig gehütete Privileg zur Prägung von Münzen. Die Goldene Bulle bestätigt dem König von Böhmen, also Karl IV. und seinen Nachfolgern im Prager Hradschin, sowie den übrigen Kurfürsten den Besitz an „allen Bergwerken auf Gold, Silber, Zinn, Kupfer, Eisen, Blei und Metalle anderer Art sowie auch auf Salz, die bereits gefunden worden sind oder gefunden werden. [...] Ferner verfügen Wir, dass dem jeweiligen König von Böhmen, Unserem Nachfolger, erlaubt ist, Gold- und Silbermünzen an jedem Ort seines Königreichs und aller ihm untertanen und zugehörigen Länder zu schlagen und schlagen zu lassen, wo es der König befielt und es ihm gefällt, nach jeder Weise und Form, die hierbei im Königreich Böhmen bisher beachtet worden ist“.

Die Goldene Bulle regelte als erstes die Wahl des römischen Königs und späteren Kaisers, aber auch den Rang und die Sitzordnung der geistlichen und weltlichen Kurfürsten. Es folgten in weiteren Kapiteln die Rechte des Pfalzgrafen bei Rhein und des Herzogs von Sachsen bei Vakanz des Reichs, das heißt in der Zeit vom Tod des Reichsoberhaupts bis zur Wahl eines neuen. Behandelt werden ferner der Rang der Kurfürsten im Vergleich zu übrigen „gemeinen“ Fürsten, und legen fest, wie die Nachfolge in den Kurfürstentümern geregelt werden soll, und es werden auch die Freiheiten des Königs von Böhmen und seiner Leute sowie der Kurfürsten angesprochen. Der Abschnitt 10 der Goldenen Bulle verbriefte den Kurfürsten das Berg- und Münzregal, doch blieb dieses nicht nur auf das exklusive Wahlmännerkollegium beschränkt, sondern wurde auch von zahlreichen anderen Fürstlichkeiten und Herrschaften sowie von Städten wahrgenommen.

Exemplar in der Silberkassette

Als Herzog Friedrich von Württemberg anno 1803 zum Kurfürsten erhoben wurde, hat man bei diesem Staatsakt ausdrücklich Bezug auf die Goldene Bulle von 1356 genommen. Friedrich besaß ein solches Exemplar. Weihbischof Fürst von Hohenlohe hatte als Vertreter des durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 seiner Kurwürde verlustig gegangenen Trierer Erzbischofs Clemens Wenzeslaus von Sachsen und sein Geheimer Rat und Archivar Wallmenich hatten bei Verhandlungen in Stuttgart über die territoriale Entschädigungen erwähnt, das Kurtrierische Archiv besitze eine Fassung der Goldenen Bulle. Da das Archiv an den Fürsten von Nassau-Weilburg übergegangen war, bemühte sich der Württemberger um den Erwerb dieses für ihn so wichtigen Dokuments. Es gelang ihm, den ehemaligen Kurfürsten von Trier dazu zu bewegen, vom Fürsten von Nassau-Weilburg Archivalien, die seine persönliche Würde betrafen, zurückzuerbitten, was auch gelang. Clemens August reichte sie an Friedrich von Württemberg weiter. Für ihn war der Erwerb des Dokuments von hoher symbolischer Bedeutung, weshalb er es in eine massive Silberkassette legen ließ.

5. Oktober 2023