Karl der Große im Geldbeutel
Bundesrepublik Deutschland ehrt frühmittelalterlichen Kaiser mit einer Zwei-Euro-Münze



Die 2023 geprägte Zwei-Euro-Münze verzichtet auf ein Porträt, und zeigt statt dessen das kaiserliche Monogramm und den achteckigen Grundriss (Oktogon) der karolingischen Pfalzkapelle in Aachen.



Abgebildet ist der Frankenkönig und römisch-deutsche Kaiser mit einem Lorbeerkranz auf dem Kopf auf dem seltenen Denar aus der Zeit nach 800. Das Exemplar ist der ganze Stolz des Berliner Münzkabinetts.



Der Frankenkönig und römisch-deutsche Kaiser Karl der Große unterhielt in Aachen einen Hof, der zum Zentrum der Künste und Wissenschaften in Europa wurde und große Ausstrahlung auf die damalige Christenheit hatte. Karls Grabstätte im Dom wurde ein beliebter Wallfahrtsort und verschaffte der Stadt Ansehen und wirtschaftliche Blüte. Der Dom zu Aachen wurde 1978 in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Karl der Große selbst wurde nicht in Aachen, sondern 768 in Noyon zum König und 800 in Rom zum Kaiser gekrönt.





Was aus Aachen geworden wäre, hätte Karl der Große hier nicht residiert und hätten im Dom nicht Krönungen stattgefunden, lässt sich schwer sagen. Fest steht aber, dass die Stadt zahlreiche Münzen wie diesen Taler von 1570 und der Halbtaler von 1571 mit dem Bildnis des Herrschers gewidmet hat.





Die von Erich Ott gestaltete Zehn-Mark-Münze von 2000 bildet in einem Oktogon eine Szene vom Karlsschrein ab, in dem die Gebeine des 814 verstorbenen Kaisers ruhen. Karl der Große übergibt hier der Muttergottes ein Modell der Pfalzkapelle. Der gleiche Künstler gestaltete die Goldmünze zu 100 Euro mit der Ansicht der Aachener Kirche, in der Karl der Große bestattet ist und die Schauplatz zahlreicher Krönungen wurde.





Dass ein Humorist wie Loriot, mit bürgerlichem Namen Vicco von Bülow, oder auch Feuerwehrleute je zu numismatischen Ehren kommen, wäre vor Jahrzehnten noch undenkbar gewesen. Anzuerkennen ist, dass das Bundesfinanzministerium und seine beratenden Gremien mit der Zeit gehen und sogar Insekten, Musikinstrumente und andere Münzthemen zur Ausführung bestimmen. Fotos/Repros: Caspar, BMF

Es kommt immer wieder vor, dass man im Supermarkt oder anderswo prägefrische Münzen aus dem In- und Ausland bekommt. So erging es mir, als ich unlängst die blitzblanke Zwei-Euro-Gedenkmünze „1275. Geburtstag Karls des Großen“ erhielt. Die Vorderseite der Ausgabe von 2023 ist nicht wie zu erwarten mit seinem Bildnis auf frühmittelalterlichen Denaren des Frankenkönigs und ab dem Jahr 800 römisch-deutschen Kaisers geschmückt, sondern mit einem Symbol, das sich einem erst nach genauem Hinschauen erschließt. Zu sehen ist auf der von dem Berliner Künstler Tobias Winnen gestalteten Münze das Monogramm von Carolus Magnus, wie man den 1156 heilig gesprochenen Kaiser nannte, sowie das Oktogon des Aachener Doms, in dem er bestattet ist. Auf der vom Preisgericht als überzeugend und klar gestaltet gelobten Münze sind die Lebensjahre 748-814 des Herrschers und oben der Schriftzug „Karl der Große“ vermerkt. Die winzigen Buchstaben TW in der Mitte und rechts DA sind als Monogramm des Künstlers und als Hinweis zu lesen, dass das Geldstück in Deutschland (Kennzeichen D) und in der Staatlichen Münze Berlin (A) geprägt wurde.

Zwölf Denare ergaben einen Schilling

Um dem Wirrwarr im Münz-, Maß- und Gewichtswesen im Frankenreich ein Ende zu setzen, veranlasste Karl eine Reform mit weitreichenden Folgen. Aus einem „Karlspfund“ von 408, 24 Gramm wurden 240 Denare geschlagen, wobei jeder dieser Silberpfennige durchschnittlich 1,7 Gramm wog. Zwölf Denare ergaben einen Schilling, und zwanzig Schillinge hatten den Wert eines Pfundes. 2,5 karolingische Pfennige oder Denare entsprachen einem arabischen Dinar. Diese hochwertige, nur mit Schriftzügen bedeckte Silbermünze kannte man, weil sie über Handelswege bis in den Ostseeraum gelangte und dort auch in Münzfunden ans Tageslicht vorkommt.

Durch Ausgabe einheitlicher Münzen, die wie in der Römerzeit im gesamten Reichsgebiet und darüber hinaus umlaufen sollten, wollte der Kaiser Handel und Verkehr fördern und auch sein Reich einen. Nach der Kaiserkrönung in Rom durch Papst Leo III. ließ er, noch ungewöhnlich für die damalige Zeit, Silberpfennige nach römischem Vorbild mit seinem recht realistisch aufgefassten Brustbild prägen, während auf der Rückseite ein antiker Tempel mit dem christlichen Kreuz darin zu erkennen ist. Von diesen Stücken haben sich nur wenige Dutzend erhalten, und sollten diese Raritäten im Handel angeboten werden, sind ihren hohe Preise sicher. Das Berliner Münzkabinett besitzt eine stattliche Anzahl dieser Pfennige oder, wie man auch sagt, Denare.

Zusammenschluss in Münzvereinen

In der Politik, Verwaltung, Rechtsprechung und Kultur, bei der Gründung von Städten und Klöstern und in anderen Bereichen griff Karl der Große auf die Errungenschaften der Antike zurück und verschmolz sie mit dem Christentum und germanischen Traditionen. Obwohl er bestimmte, dass nur in königlichen Pfalzen Münzen geprägt werden sollen, gab es schon bald an unterschiedlichsten Orten in seinem Reich Nachahmungen der karolingischen Pfennige. Da unter Karls Nachfolgern zahlreiche geistliche und weltliche Herrschaften das Münzrecht erhielten, kam es zu einer starken Zersplitterung im mittelalterlichen Geldwesen. Geistliche und weltliche Feudalherren und später auch zahlreiche Städte schlossen sich in Münzvereinen zusammen, die sich auf bestimmte Normen einigten und die Annahme des Geldes der jeweils anderen Vertragspartner garantierten. Außerdem einigte man sich auf die Nutzung gemeinsamer Münzstätten, um die Geldproduktion zu erleichtern und Kosten zu sparen.

Aachen wurde anno 1166 von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zur Stadt erhoben, doch existierte hier zunächst bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts eine königliche und kaiserliche Münzstätte. Erst 1357 erhielt die Stadt vom Jülicher Herzog das Recht, eigene Münzen zu prägen. Davon hat sie bis zum Verlust der Reichsfreiheit 1798 im Zusammenhang mit den französischen Revolutionskriegen lebhaften Gebrauch gemacht. Aachener Münzen und Medaillen sind gut erforscht und kommen regelmäßig in den Angeboten des Münzhandels vor. Wie in anderen Reichsstädten hat auch Aachen auf seinen Münzen den Namen und Titel der jeweils amtierenden römisch-deutschen Kaiser vermerkt und verband diese Reverenz an das Reichsoberhaupt mit dem Bildnis des thronenden oder das Stadtwappen mit dem einköpfigen Adler darin beschützenden Kaisers Karls des Großen.

Frühe Datierung von Münzen

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ging Aachen zur Prägung von Talern mit dem thronenden Kaiser Karl und dem doppelköpfigen Reichsadler über, gefolgt von Halb- und Vierteltalern sowie Goldgulden, deren Prägung 1572 aufgenommen wurde. Später kam Zwei-Mark-Stücke, Sechs-Heller-Münzen und andere Prägungen hinzu. Sie bilden ein reizvolles Sammelgebiet, in das die neue Zwei-Euro-Münze zu Ehren von Karl dem Großen sehr gut passt. Anerkennend zu vermerken ist, dass Aachener Turnosegroschen bereits im frühen 15. Jahrhundert mit römischen Zahlenbuchstaben datiert wurden, die 1402 und weitere Jahre ergeben und die Silberstücke als Münzen der Stadt Aachen ausweisen. Es dauerte noch einige Jahrzehnte, bis man sich auch in anderen Gegenden entschloss, Münzen mit römischen oder arabischen Zahlen zu datieren.

Karl der Große wird heute in Aachen als großer Europäer verehrt, weshalb der an Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens verliehene Internationale Karlspreis seinen Namen trägt. Er besteht aus einer Urkunde und einer Medaille, die auf der Vorderseite mit dem Bildnis Karls des Großen auf dem Thron in Anlehnung an Aachens ältestes Stadtsiegel aus dem frühen 12. Jahrhundert geschmückt ist. Dass der Namensgeber des seit 1950 verliehenen Karlspreises zu seiner Zeit einen schlechten Ruf als „Sachsenschlächter“ hatte und seine Politik mit Feuer und Schwert durchzusetzen pflegte, trug dem nach ihm benannten Preis manche Kritik ein. Bei der durchaus umstrittenen Namenswahl bezogen sich die Gründer des Karlspreises auf die kulturelle Bedeutung des Frankenkönigs und römisch-deutschen Kaisers, unter dessen Ägide dem kulturellen Niedergang während der Wirren der Völkerwanderung ein Ende gesetzt und unter Berufung auf die besten Werte der Antike ein Neuanfang gewagt wurde. Wie sehr Kaiser Karl von antiker Kunst und Architektur fasziniert war, zeigt sich unter anderem darin, dass er Säulen und andere Spolien aus jener Epoche in seine Aachener Kirche einfügen ließ. Noch heute kann man die eindrucksvollen Relikte dort bestaunen.

Loriot und Feuerwehrleute Bliebe noch zu sagen, dass für 2023 eine Zehn-Euro-Münze zum Thema Feuerwehr aus der Serie „Im Dienst der Gesellschaft“ sowie ein Zwanzig-Euro-Stück zum 100. Geburtstag des Humoristen und Grafikers Vicco von Bülow , genannt Loriot, geplant ist. Am Ende des Jahres wird der Wert zu 25 Euro Erzgebirgischer Schwibbogen erwartet. Eine Ausgabe aus Gold zu 50 Euro befasst sich mit den Themen Ernährung und Deutsches Handwerk. Schließlich ist eröffnet die Hundert-Euro-Münze aus Gold „Faust“ eine „Meisterwerken der deutschen Literatur“ gewidmete Serie.

23. August 2023