„Der Mond ist aufgegangen...“
Schon 1974 ehrte die DDR den Vorkämpfer der Romantik Caspar David Friedrich mit einer Gedenkmünze



Dass Caspar David Friedrich 1829 einen schon knorrigen Eichbaum im Schnee gemalt hat, war zu seiner Zeit ganz neu. Das Bild ist in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel mit weiteren Werken aus dem 19. und frühen Jahrhundert ausgestellt.





König Ludwig I. von Bayern ehrte 1840 Albrecht Dürer mit einem Geschichtstaler, auf dem das Nürnberger Dürerdenkmal abgebildet ist. Einer Medaille von Hans Schwarz aus dem Jahr 1520 nachempfunden ist das Porträt des Malers und Grafikers auf dem Drei-Mark-Stück von 1928 zu dessen 400. Todestag.





Die Signatur AD und die geflügelte Schlange erscheinen auf Gedenkmünzen beider deutscher Staaten von 1971 und 1972 zum 500. Geburtstag der Maler Albrecht Dürer und Lucas Cranach.



Caspar David Friedrich und Adolph Menzel sind prägende Gestalten der deutschen Kunstszene des 19. Jahrhunderts. Ihnen hat die DDR 1974 und 1980 Gedenkmünzen zu zehn und fünf Mark gewidmet.



Das markante Porträt der Bildhauerin und Grafikerin Käthe Kollwitz schmückt Gedenkmünzen beider deutscher Staaten von 1967 und 1997.



Der Maler und Architekt Karl Friedrich Schinkel und der Bildhauer und Grafiker Johann Gottfried Schadow waren Zeitgenossen von Caspar David Friedrich. Ihre Werke ziehen in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel bewundernde Blicke auf sich.



Dass Wilhelm Busch nicht nur der Gestalter lustiger Bildergeschichten wie „Max und Moritz“, „Die fromme Helene“ oder „Struwwelpeter“ war, sondern ein begabter Maler, sollte beim Anblick der Gedenkmünze von 2007 zu zehn Euro mit seinem Porträt und Figuren aus seinem Werk nicht übersehen werden.



Die DDR hat Ernst Barlach, den die Nationalsozialisten wie auch Kollwitz und zahlreiche andere Künstler als „entartet“ verteufelt habe, 1988 durch eine Fünf-Mark-Münze geehrt. Hier stand die von Barlach geschaffene Figur des Flötenspielers als Motiv Pate. Fotos: Caspar

Mit einer Serie von Ausstellungen, Tagungen und Publikationen wird in diesem Jahr an den vor 250 Jahren, am 5. September 1774, in Greifswald geborenen Maler Caspar David Friedrich erinnert. Die wohl wichtigste Jubiläumsausstellung findet bis zum 1. April 2024 unter dem Titel „Caspar David Friedrich - Kunst für eine neue Zeit“ in der Hamburger Kunsthalle statt. Gezeigt werden mehr als 60 Gemälde des Begründers der Romantik in Deutschland sowie zahlreiche Zeichnungen und Arbeiten von Zeitgenossen.Sie zeigen, wie Friedrich und seine Mitstreiter auf neuartige Weise Menschen die Natur sahen und welche Faszination die ungewöhnlichen Landschaftsdarstellungen, die Ansichten von dunklen Wäldern und Blicke auf das Meer mit einsamen Menschen davor, aber auch verfallene Kirchen und Klöster auf Friedrichs Zeitgenossen und spätere Generationen ausübten. Bei der Betrachtung seiner Bilder mögen dem einen oder anderen ein Lied von Matthias Claudius einfallen, das mit diesen Worten beginnt: „Der Mond ist aufgegangen / Die goldnen Sternlein prangen / Am Himmel hell und klar: / Der Wald steht schwarz und schweiget, / Und aus den Wiesen steiget / Der weiße Nebel wunderbar.“

Ehre, wem Ehre gebührt

Dass Maler, Grafiker, Bildhauer und Architekten, die dies nicht selten in einer Person waren, in Deutschland auf Münzen abgebildet und durch sie geehrt wurden, ist noch nicht einmal hundert Jahre her. Würden wir die Kataloge systematisch nach deutschen und und ausländischen Münzen zu Ehren von Malern, Grafikern, Bildhauern und Designern durchforsten, kämen wir auf eine stattliche Zahl. Viele Länder betrachten es als eine Ehrensache, an sie auch mit Münzen und Medaillen zu erinnern. In Deutschland betrifft das – hier in alphabetischer Reihenfolge erwähnt - Ernst Barlach, Lucas Cranach, Otto Dix, Albrecht Dürer, Caspar David Friedrich, Käthe Kollwitz, Adolph Menzel, Tilman Riemenschneider, Johann Gottfried Schadow und Karl Friedrich Schinkel. Man könnte noch weitere Persönlichkeiten nennen, denen diese Ehre aus welchen Gründen auch immer nicht zuteil wurde. Ähnliches lässt sich auch über Musiker, Dichter und Gelehrte sagen. Jedem von uns fallen Namen ein, die auf der Liste stehen könnten.

So lange Kaiser, Könige und andere Fürsten herrschten, hat man nur sie und ihre Taten, die oft Untaten waren, auf geprägten Geld verewigt. Anders war die Lage bei Medaillen, mit denen seit der Renaissance auch Dichter, Musiker und Gelehrte geehrt wurden und dies in wachsender Zahl bis heute tun. Numismatische Zeugnisse dieser Art aus dem In-und Ausland sind gut erforscht und regelmäßig in den Angeboten des Münzhandels zu finden. Sie bilden ein eigenständiges Sammelgebiet, das durch immer neue Belegstücke ausgebaut wird. Bei den „Malermünzen“ machte 1928 der Nürnberger Maler und Grafiker Albrecht Dürer den Anfang. Zwar gab es damals schon eine stattliche Anzahl geprägter und gegossener Dürer-Medaillen, doch ihn auch mit einer regulären Münze zu ehren war erst in jenem Jahr möglich. Hierzu sei erinnert, dass 1840 der bayerische König Ludwig I. einen seiner Geschichtstaler Albrecht Dürer gewidmet hat. Auf ihm ist nicht sein Porträt wie auf der Ausgabe von 1928 zu sehen, sondern das von dem Berliner Bildhauer Christian Daniel Rauch für Nürnberg geschaffene Dürerdenkmal, das 1840 enthüllt wurde.

Immanuel Kant und Erich Kästner

Warum für 2024 keine deutsche Gedenkmünzen zum 250. Geburtstag von Caspar David Friedrich vorgesehen ist, ist nicht erklärbar. Nichts ist einzuwenden, dass weitere Folgen in der Serie „Wunderwelt der Insekten“ sowie Ausgaben zur UEFA Fußball-Europameisterschaft 2024, zum 300. Geburtstag des Philosophen Immanuel Kant, zu 75 Jahren Grundgesetz und zum 125. Geburtstag des Schriftstellers Erich Kästner geplant sind. Doch dass man Friedrich diese Ehre nicht zuteil werden lässt in einer Zeit, da so viel von Ehrfurcht vor der Natur und den Werten der Heimat gesprochen wird, lässt sich kaum vermitteln. Das im Bundesministerium der Finanzen vorgetragene Argument, dass der Meister der romantischen Malerei bereits 1974 in der DDR durch eine Gedenkmünze geehrt wurde, zieht nicht, denn auch dem Philosophen Immanuel Kant haben beide deutsche Staaten 1974 zwei unterschiedlich gestalteten Gedenkmünzen gewidmet. Auch in anderen Fällen hatte man keine Bedenken, dass sich da etwas doppeln könnte.

Das Oeuvre von Caspar David Friedrich umfasst zahlreiche in öffentlichen und privaten Sammlungen befindliche Gemälde, Holzschnitte, Radierungen, Aquarelle und Zeichnungen. Die Zahl seiner Gemälde wird auf 300 geschätzt, doch gab es auch Kriegs- und andere Verluste sowie Arbeiten, die dem Maler zugeschrieben werden. Hin und wieder hat der Maler sich selbst porträtiert oder andere dies tun lassen. Für die DDR-Gedenkmünze von 1974 zum 200. Geburtstag von Caspar David Friedrich standen mehrere Motive zur Auswahl. Der bekannte Bildhauer Ludwig Engelhardt schuf ein etwas zu klein geratenes Porträt des Malers mit offenem Hemdkragen. Es zeigt, dass man damals Gedenkmünzen hauptsächlich mit Portraits schmückte und sich erst später auch für Motive aus dem Werk der zu ehrenden Künstler, Gelehrten und Politiker entschieden hat. Das hat das Spektrum der Münzdarstellungen erheblich erweitert.

Im Museum ehrfürchtiges Staunen

Caspar David Friedrich wurde 1774 in Greifswald als Sohn eines Seifensieders geboren. Seine künstlerische Ausbildung erhielt er in Kopenhagen und Dresden, wo er eine von Suizidgedanken überschattete Lebens- und Schaffenskrise durchmachte. Nach deren Überwindung ging es ab etwa 1805 mit ihm aufwärts. Kein Geringerer als Johann Wolfgang von Goethe, der in seiner Jugendzeit schwankte ob er Dichter oder Maler werden sollte, erkannte sein Talent und förderte ihn. Seine stimmungsvollen Landschaftsbilder erregten Aufmerksamkeit, sogar der preußische König Friedrich Wilhelm III. stattete seine Schlösser mit ihnen aus. Vertreten ist Caspar David Friedrich in reichen Maße in der Alten Nationalgalerie auf der Berliner Museumsinsel, den preußischen Schlössern und anderen Sammlungen. Vor ihnen versammeln sich die Besucher in ehrfürchtigem Staunen. Man versucht sich, in die gemalten Träume dieses Künstlers hineinversetzen und mit ihm Wälder und Seenlandschaften zu durchstreifen. Der Maler inspirierte zahlreiche Künstler zu weiteren Landschaftsdarstellungen, die uns eine gute Vorstellung verschaffen, was man unter der Parole „Zurück zur Natur“ verstand.



11. Januar 2024