Königlicher Nazifreund
Die Münzen von Edward VIII. aus dem Jahr 1937 sind überaus selten und sehr teuer





Die mit der Jahreszahl 1937 geprägten Münzen König Edwards VIII. – hier fünf Pfund aus Gold und ein Penny aus Kupfer - sind selten und teuer.



In Deutschland gab es 1888 ein Drei-Kaiser-Jahr, in Großbritannien schaut man mit gemischten Gefühlen auf das Drei-Königs-Jahr 1937 zurück.



Den für Neuguinea geprägten Penny von 1936 mit dem Monogramm ERI (Edward Rex Imperator) bekommt man recht preiswert.



Fantasieprägungen mit dem nach rechts blickenden Edward VIII. können keinen Schaden anrichten, schließen aber in Sammlungen Lücken.





Die Könige Georg V. und Georg VI. blicken auf ihren Münzen, alter Tradition folgend, nach links. Nur Edward VIII. scherte aus und schaut wie sein Vater ebenfalls nach links. Nachdem Georg VI. 1948 den Titel eines Kaisers von Indien abgelegt hatte, fehlt dieser auf den danach geprägten Münzen.



König Edward VIII. wird vorgeworfen, er habe seine persönlichen Interessen über die seines Landes gestellt, die Nähe der deutschen Nationalsozialisten gesucht und Hitler bewundert.



Hitler wollte aus Edward VIII. einen Marionettenkönig machen, wäre England von der deutschev Wehrmacht unterworfen worden.



Wallis Simpson starb 1986 in Paris im Alter von 89 Jahren an Demenz. Bestattet ist das skandalumwitterte Paar unter schlichten Steinplatten auf dem Friedhof der königlichen Familie nahe Schloss Windsor in der Grafschaft Berkshire. (Fotos/Repros: Caspar)

Bei der Durchsicht von Aktionskatalogen fällt auf, dass Münzen des englischen Königs Edward VIII. kaum vorkommen. Das hat etwas mit der bewegten Biographie des Monarchen zu tun, der am 20. Januar 1936 seinem Vater Georg V. als König von Großbritannien und Kaiser von Indien folgte und am 11. Dezember 1936 in gewundenen Worten seinen Thronverzicht verkündete. Mit dem Bildnis des Elf-Monate-Königs geprägt wurden Werte zu einem Farthing (Viertelpenny), einem halben und einem Penny, drei und sechs Pence, einem und zwei Shillings, einer halben Crown und einer Crown sowie zu einem, zwei und fünf Pounds, also die ganze Palette. Alle diese Stücke aus Kupfer, Silber und Gold sind sehr teuer und so gut wie nirgends im Angebot. Wer also die Münzen aller britischen Monarchen beisammen haben möchte, wird in diesem Fall große Schwierigkeiten haben und bei ihrem Auftauchen tief in die Tasche greifen müssen. Edward VIII. brach mit der Tradition, dass das Bildnis eines Monarchen auf dessen neuen neuen Münzen nicht in dieselbe Richtung schaut wie das seines Vorgängers. So blickt der Elf-Monate-König nach links wie sein Vater Georg V., weil er sein linkes Profil besser fand als das rechte.

Thema für Geschäftemacher

Die Münzen Edwards VIII. sind mit Vögeln und Pflanzen, einem Schiff, der sitzenden Britannia, dem als Landespatron verehrten Heiligen Georg zu Pferde und weiteren Motiven geschmückt. Sie tragen allesamt die Jahreszahl 1937, als schon sein Bruder Georg VI. auf dem englischen Thron saß. Möglicherweise wurde die Serie 1936 auf Vorrat geprägt und kam nach der Abdankung Edwards VIII. nicht mehr zur Ausgabe. Das würde erklären, warum die Stücke so selten sind. Die Goldmünzen zu einem, zwei und fünf Pfund sollen nur zu Archivzwecken und für Museen geprägt worden sein, dürften also kaum in Sammlerhände gelangt sein. In den Katalogen sind sechsstellige Europreise vermerkt. Preiswerter zu haben sind lange nach dem Tod des Monarchen von Geschäftemachern in der Art von Münzen hergestellte Medaillen mit der Jahreszahl 1937. Geschmückt mit dem nach rechts (!) gewendeten Kopf besitzen sie natürlich nicht den Wert und die Aura der in der Londoner Münze hergestellten Originale, aber sie füllen zur Freude der Sammler Lücken.

Warum es sich um einzigartige numismatische Raritäten handelt, erhellt ein Blick in die Lebensgeschichte des wegen seiner Skandale und Affären höchst umstrittenen Monarchen, der 1894 geboren wurde und 1972 starb. König Georg V. hatte von seinem ältesten Sohn und Nachfolger keine gute Meinung. Er befürchtete, er könne das Land binnen eines Jahres ruinieren, was dann aber abgewendet werden konnte. Zur Krönung des neuen Königs kam es nicht, weshalb er im November 1936, in eine Admiralsuniform gekleidet, gegen die Tradition das Parlament ohne Krone auf dem Kopf eröffnete. Sein Bruder und Nachfolger Georg VI., der Vater der 2022 verstorbenen Königin Elizabeth II., holte die Krönung später nach.

Ist der Ruf erst ruiniert...

Edward VIII. wurde in einer Zeit König, als es in Großbritannien nicht unbeträchtliche Sympathien für Nazideutschland gab. Die von Sir Oswald Mosley geführte Faschistenbewegung machte Stimmung für Hitler und Mussolini. Der mit allen möglichen Amouren beschäftigte und als Snob geschilderte Edward pflegte noch als Thronfolger eine gefährliche Nähe zu den Nazis, die sich geschmeichelt fühlten, von einem britischen Royal verstanden, ja angehimmelt zu werden. Damit aber kam Edward bei seinen Untertanen nicht gut an, und er musste Ende 1936 nach nur elfmonatiger Regentschaft und im Ergebnis einer Verfassungskrise abdanken. Er war wegen seiner vom Parlament, der Anglikanischen Kirche und dem Volk, aber auch im Ausland und insbesondere in den USA missbilligten Beziehung zu der zweimal geschiedenen US-Amerikanerin Wallis Simpson so sehr in die Kritik geraten, dass er sich nicht länger auf dem Thron halten konnte. Für die damalige Klatschpresse war die Affäre ein gefundenes Fressen, Filmemacher hatten später ein wunderbares Thema.

Georg VI. verlieh seinem Bruder den Titel eines Herzogs von Windsor und verwies ihn des Landes. Der Ex-König konnte endlich Wallis Simpson heiraten und lebte mit ihr meist in Frankreich herrlich und in Freuden. Besuche des Paars bei Adolf Hitler und Benito Mussolini wurden von den meisten Briten, die sehr wohl über den Terror im Deutschen Reich und Italien Bescheid wussten, missbilligt, ja als Landesverrat gewertet. Die britischen Royals waren nicht die einzigen, die mit den Nazis liebäugelten, auch im Deutschen Reich gab es Angehörige des Hochadels von den Hohenzollern abwärts, die sich um die Gunst von Hitler und seinen Paladinen bemühten - und bekamen, solange sie als „nützliche Idioten“ gebraucht wurden. Die Kritik ließ das herzogliche Paar nach dem Motto „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“ kalt. Edwards intern als Goldgräberin und gar als „Nazizicke“ charakterisierten Ehefrau hat man nachgesagt, sie habe neben der Affäre mit Edward auch solche mit deutschen Diplomaten gehabt, als sie noch in London lebte.

Hitler hat die Absetzung des Königs mit Bedauern zur Kenntnis genommen, denn er hielt viel von ihm. Am 13. Mai 1942 erklärte er in seinem Hauptquartier Wolfsschanze, der einzige Engländer, der die politischen Gegebenheiten von heute wirklich erkannt hat habe, sei der Herzog von Windsor gewesen, „der unseren kolonialen Forderungen in der Weise habe entgegenkommen wollen, dass wir den Norden Australiens erhalten und besiedeln und so ein idealer Schild Englands gegen Japan werden sollten.“ So wenigstens hat der bei den abendlichen „Tischgesprächen“ im Führerhauptquartier anwesende Henry Picker notiert. Er musste mitschreiben, was der „Chef“ dabei von sich gab. Aus den Aufzeichnungen machte Picker nach dem Krieg ein in vielen Auflagen verbreitetes Buch, das von Historikern als Quelle kritisch beurteilt, aber auch immer wieder zitiert wird. „Aber diesen Mann habe man in England fortgeschickt und statt dieses Ausgleichs mit Deutschland die Bruderschaft mit den USA gesucht, einem Lande, das gar nicht über die nötige Moral verfüge, um den Kampf um die neue Weltordnung zu gewinnen.“ Er, Hitler, habe nicht verstanden, dass ein so kenntnisreicher und fortschrittlicher Monarch seinen Thron für die Ehe mit einer zweimal geschiedenen Amerikanerin, Mrs. Wallis Simpson, opfern und wie die - ihn begleitende - ebenso charmante wie intelligente Frau ein derart hochpolitisches Opfer annehmen konnte. Der Rücktritt König Edward VIII. sei für die Entwicklung des deutsch-britischen Verhältnisses eine Katastrophe gewesen.

Unternehmen Willi und Seelöwe

Im Rahmen des „Unternehmens Willi“ sollen die Deutschen geplant haben, den Herzog von Windsor zu entführen, um ihn zur Zusammenarbeit mit Hitler zu bewegen. Im Zweiten Weltkrieg soll ihm in Aussicht gestellt worden sein, bei einer Friedensregelung zwischen dem Deutschen Reich und dem von diesem überfallenen und unterworfenen Großbritannien wieder als eine Art Marionettenkönig in London einziehen zu können. Dazu und zu weiteren pikanten Details aus dem Leben von Edward VIII. und Wallis Simpson wurden im Deutschen Fernsehen Enthüllungen gesendet, die auf internen Dokumenten wie der „Windsor-Akte“ und US-Geheimdienstberichten beruhen.

Die am 16. Juli 1940 von Hitler erteilte „Weisung Nr. 16“ begründete die Vorbereitung einer Landungsoperation gegen England so: „Da England, trotz seiner militärisch aussichtslosen Lage, noch keine Anzeichen einer Verständigungsbereitschaft zu erkennen gibt, habe ich mich entschlossen, eine Landungsoperation gegen England vorzubereiten und, wenn nötig, durchzuführen.“ Die Invasion durch die Luftwaffe, Heer und Kriegsmarine kam nicht zustande, den Engländern blieb die Besetzung, Unterdrückung und Ausbeutung ihres Landes erspart. Der auf London, Coventry und andere Städte prasselnde Bombenhagel richtete immense Schäden an und forderte viele Menschenleben, konnte aber das Land und seine Bewohner nicht in die Knie zwingen. Da die Luftschlacht gegen England nicht den Erfolg hatte, den sich Hitler und seine Generale erhofft hatten, wurde die „Operation Seelöwe“ auf unbestimmte Zeit verschoben.

Im Zweiten Weltkrieg konnte der Herzog von Windsor als Gouverneur der Bahamas keinen Schaden anrichten. Angeblich soll er zu einem Vertrauten gesagt haben, wenn der Krieg vorbei ist und Hitler die Amerikaner zerquetscht hat, werde er als „Führer“ nach England zurück kommen. Das blieb dem Land zum Glück erspart. Der Ex-König starb am 28. Mai 1972 in Paris. Die Trauerfeier fand am 5. Juni 1972 in Windsor Castle im Beisein seiner Nichte Königin Elizabeth II. und ihrer Familie und einer großen Menschenmenge statt. Offenbar hatten viele Briten die Extravaganzen ihres früheren Elf-Monate-Monarchen und seine landesverräterische Nähe zu den Nazis verziehen.

3. Mai 2024