Den Fälschern keine Chance
Vortrag im Berliner Münzkabinett über Methoden zur Erkenntnis und Prävention



Vereinsvorsitzender Lutz Fahron begrüßte in der ungewöhnlich gut besuchten Oktobersitzung der Numismatischen Gesellschaft im Berliner Münzkabinett den vereidigten Sachverständigen für Fälschungen von Münzen und Edelmetallbarren Peter Zgorzynski (Internet www.münzen-pz.de).





Das Berliner Münzkabinett besitzt eine bedeutende Fälschungssammlung und plant für 2024 eine Ausstellung zu diesem spannenden Thema. In der ständigen Ausstellung im Bode-Museum auf der Museumsinsel sind Stempel ausgelegt, mit denen im frühen 19. Jahrhundert der Meisterfälscher Karl Wilhelm Becker vor allem antike Münzen nachgeprägt hat. Zu sehen sind auch gefälschte Münzen der Weimarer Republik.



Fälschern gelingt es in der Regel nicht, Randschriften und -markierungen so nachzuahmen, dass sie keinen Verdacht erregen. Das badische Zwei-Mark-Stück 1902 ist schüsselförmig gebogen, die Randmarkierung oben ist etwas schief geraten. Fälschern gelingt es in der Regel nicht, Randschriften und -markierungen so nachzuahmen, dass sie keinen Verdacht erregen. Das falsche Zwei-Mark-Stück von 1902 aus Baden ist schüsselförmig gebogen, die Randmarkierung oben ist etwas schief geraten.



Bei dem gefälschten sächsischen Drei-Mark-Stück von 1907 hat Gerd-Volker Weege eine sehr flaue, glatte und abgerundete Oberfläche und verwaschene Konturen festgestellt.



Gerd-Volker Weege stellt hier ein echtes (links) und ein falsches das Drei-Mark-Stück von 1925 mit dem Rheinlandritter gegenüber. Die Unterschiede sind so auffällig, dass sie keines Kommentars bedürfen.



Das Fünf-Mark-Stück aus dem NS-Getto Litzmannstadt (Lódz, Polen) aus dem Jahr 1943 stuft er als einen hochwertigen Schleuderguss ein.



Der Nachguss einer Ein-Mark-Münze der DDR aus Aluminium ist so plump, dass er an einer Ladenkasse in Brandenburg an der angehalten wurde.



Wer mit falschen Euro-Münzen erwischt wird, bekommt es mit der Polizei und Justiz zu tun, denn Münzverbrechen sind keine Kavaliersdelikte. (Fotos: Caspar/Repros aus den hier erwähnten Büchern)

Das Thema Fälschungen, von dem man in letzter Zeit nur wenig gehört hat, ist weiter aktuell, ja sehr virulent ist, berichtete am 26. Oktober 2024 Peter Zgorzynski, ein vereidigten Sachverständigen für die Fälschung von Münzen und Edelmetallbarren, in der Sitzung der Numismatischen Gesellschaft Berlin, die stets am letzten Donnerstag eines Monats in den Räumen des Berliner Münzkabinetts im Bode-Museum auf der Museumsinsel zusammen kommt. Deutlich wurde, dass es auch auf diesem Gebiet kaum etwas gibt, was nicht gefälscht, manipuliert oder in seiner Qualität gemindert oder irregulär verbessert wird. Der Sachverständige, über dessen Tisch seit vielen Jahren schon unzählige echte und nachgemachte Gold- und Silbermünzen sowie ebensolche Barren gegangen sind, legte Wert auf die Feststellung, dass Sammler angesichts der auch heute massenhaft auftauchenden Fälschungen nicht in Panik verfallen sollten. Denn es gibt reichlich Expertise in den Münzkabinetten und im Münzhandel, die man nutzen sollte, um sich vor Ärger und Schaden zu bewahren.

Peter Zgorzynski zitierte Karl-Heinz Walz, dem wir ein grundlegendes Werk zu diesem Thema verdanken, mit den Worten, dass nur kurze Zeit nach der Ausgabe einer echten Münze schon die ersten Fälschungen auftauchen. In der Antike und im Mittelalter war das Falschgeld aus minderwertigem Metall zum Schaden des Staates, seit aber Münzen und Medaillen gesammelt werden, hat man alte und neue und vor allem teure Münzen nachgeahmt, um sie als echt und wertvoll den Sammlern unterzuschieben. Für das kommende Jahr bereitet das Berliner Münzkabinett, dies sei hier schon erwähnt, eine Ausstellung zu diesem Thema vor.

Geräte und Methoden

In dem Vortrag war einiges über Methoden der Fälschungserkennung und dabei eingesetzte Geräte zu erfahren. Der Referent behandelte die Prüfung von Gewicht, Durchmesser und Stärke, aber auch die Betrachtung fraglicher Objekte im Mikroskop, die elektrische Leitfähigkeit und und die Röntgenfluoreszenzanalyse, die bei der Klärung der Frage hilft, welche Spurenelemente im Metall einer Münze vorhanden sind und welche zu einer bestimmten Zeit gehören und welche nicht. Die Frage, ob eine Prägung oder ein Nachguss vorliegt, ob Zahlen und Buchstaben zum Zweck der Wertsteigerung verändert wurden ist ebenso zu klären wie auch Randmarkierungen und -schriften genau betrachtet werden müssen. Fälscher können sie in der Regel nur ungenügend nachahmen, und deshalb riet Peter Zgorzynski, bei der Prüfung neuzeitlicher und auch ganz aktueller Münzen als erstes mit der Prüfung des Randes zu beginnen.

Die Frage nach guter Fachliteratur beantwortete der Referent mit einem Hinweis auf das Buch von Gerd-Volker Weege „Münzfälschungen - Wie schütze ich mich vor Fälschungen!“ (Money trend Verlag Wien 2005). Es reicht von der Antike bis zur Gegenwart mit Schwerpunkt Kaiserzeit und Weimarer Republik und stellt über 300 Seiten mehr als tausend echte und falsche Münzen gegenüber. Eine umfangreiche Bibliographie listet die einschlägige Fachliteratur auf. Der Verfasser legt dar, was alles Undenkbare in diesem Bereich vorkommt und woran man auch als Laie die Frage „Echt oder falsch?“ klären kann. Er warnt vor so genannten Schnäppchen und rät, beim Kauf vor allem von Seltenheiten die Expertise des Münzhandels und der Münzkabinette einzuholen und sich vor Lockangeboten im Internet zu hüten. „Für die tausenden von Souvenirgeschäften auf der ganzen Welt, insbesondere in Italien, Griechenland sowie im gesamten Mittelmeerraum, aber auch für Großbritannien (Kelten) fertigen englische Fabriken recht gut gemachte Repliken an, die der Großhandel bereits ab 80 Cent anbietet. Auf den Katalogseiten sind sie samt Abbildungen zu finden, und ihre Auflage dürfte in Millionenhöhe gehen“, schreibt Weege und schildert, wie Produzenten sogar in Wartezimmern deutscher Ärzte für ihre gekennzeichneten Nachprägungen werben. Das Problem aber ist, dass diese Stücke mit entfernten Jahrespunzen auftauchen und teuer bezahlt werden. Da es in den Ländern eine unterschiedliche Gesetzgebung gibt beziehungsweise gesetzliche Regelungen ganz fehlen, stehen der Münzfälschung Türen und Tore offen. Großen Schaden würden eingeschleppte Touristenfälschungen anrichten. Am besten sei es, solchen Angeboten aus dem Weg zu gehen, man könne nur verlieren.

Entdeckung unterm Mikroskop

Mit dem Mikroskop oder einer guten Lupe lässt sich unschwer feststellen, ob jemand aus einer ganz normalen Münze eine numismatische Rarität „gezaubert“ hat, indem er hier eine Jahreszahl verändert und dort einen anderen Buchstaben fabriziert hat. Mit bloßem Auge lassen sich solche wertsteigernden Manipulationen nicht immer erkennen, da helfen technische Geräte, deren Einsatz sich v o r dem Kauf von Raritäten, aber auch von ganz normalen Stücken im unteren und mittleren Preissegment lohnt. Auch bei ihnen scheint sich das Geschäft zu lohnen, sonst strömten sie nicht in den Markt. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob sächsische Pfennige und Zwanzig-Pfennig-Stücke von 1887 E einen Punkt oder Stern besitzen oder nicht, denn die Auflage mit diesen Kennungen aus Dresden beziehungsweise Muldenhütten ist winzig, die ohne sie aber sehr groß. Dass sich das auf die Preise auswirkt oder nicht, liegt auf der Hand. Bei dem relativ seltenen Fünf-Mark-Stück von 1958 mit der Hamburger Kennung J ist darauf zu achten, dass sie echt und nicht aus einem anderen, leicht veränderten Buchstaben besteht. So kann man Münze für Münze studieren und bekommt mit einiger Übung auch Routine, um die Frage „Echt oder falsch?“ zu entscheiden. Ich empfehle, bei der Begutachtung immer einen Fachmann zu befragen, auch wenn dafür eine vergleichsweise kleine Gebühr genommen wird.

Was sich in der DDR agierende Fälscher einfallen ließen, um den von ihnen fabrizierten Geldscheinen und Münzen den Anschein des Echten zu geben, schildert der Berliner Wirtschaftshistoriker Peter Leisering in seinem Buch „Falschgeld in der DDR“ (Verlag Das Neue Berlin 2014). Bereits 2011 hatte der Autor das Buch „DDR-Geld - Geldgeschichten aus der DDR“ herausgebracht, in dem er auf der Grundlage intensiver Archivstudien und der Befragung von Zeitzeugen der Münz- und Geldgeschichte des zweiten deutschen Staates auf den Grund ging und die Schwierigkeiten bei der Geburt neuer Kurs- und Gedenkstücke sowie von Banknoten kompetent und unterhaltsam darlegte (Gietl Verlag Regenstauf 2011).

In derDDR undenkbar, aber wahr

Peter Leisering behandelt in seinem Buch ein Thema, das es in der DDR eigentlich gar nicht geben durfte und über das man in der Öffentlichkeit nicht sprach - die illegale Herstellung von Banknoten und Münzen zum Zwecke der persönlichen Bereicherung. Immer wieder wurden falsche Scheine an Ladenkassen und in Kneipen angeboten und auch abgesetzt, dazu kamen nachgemachte Münzen. Wie der Autor in seinem Buch schildert, kam es vor, dass die im Hinterzimmer mit bunten Farben nachgemalten, manchmal nur abfotografierten und kolorierten sowie nachgedruckten oder aus zerschnittenen Scheinen zusammen geklebten Blüten und die plump gefälschten Münzen von den Empfängern schnell weiter gegeben wurden. Man wusste, dass das als Anschlag auf den Staat gewertete Falschgeld ersatzlos eingezogen wird. Wer es besaß oder wem es untergejubelt wurde, geriet unweigerlich in den Blick der Volkspolizei und bekam die ganze Härte des Gesetzes zu spüren.

Die Hundert-, Fünfzig- oder Zwanzig-Mark-Scheine sowie die Münzen waren viel Geld in der DDR, und wenn sie in gefälschter Form erkannt wurden, waren die Falschgeldexperten der Notenbank und die Kripo zur Stelle und verhaftete die Täter, sofern man ihrer habhaft wurde. Obwohl Zuchthausstrafen bis zwölf Jahre drohten, ließen sich die Fälscher vor allem in den später 1940-er und den frühen 1950-er Jahren nicht abschrecken, denn sie glaubten, nicht erwischt zu werden. Sie konnten sich auch nicht vorstellen, dass eine Phalanx von Falschgeldjägern auf der Lauer lag, denn jede neu auftauchende Banknote oder Münze konnte der Beginn einer größeren Serie sein, die vielleicht sogar die sozialistische Planwirtschaft in der DDR zu untergraben imstande war. Deshalb gingen die Behörden einschließlich der Falschgeldstelle der Notenbank jedem Betrugsfall akribisch nach und ordnete ihn in verschiedene Klassen und Unterklassen ein. Manchen Betrügern kamen die offenen Grenzen in der Vier-Mächte-Stadt Berlin und zwischen beiden deutschen Staaten zugute. In den Akten der Notenbank konnten insgesamt 12 300 Falschnoten im Wert von rund 250 000 Mark (Ost) nachgewiesen werden. Dem gegenüber war die Zahl der falschen Münzen mit 366 nachgewiesenen Stücken im Wert von knapp 2500 Mark gering.

Gegenüberstellung sagt alles

Das Buch stellt echte und falsche Geldzeichen gegenüber und zeigt, woran man die Blüten aus Papier und Metall erkennen kann. Die meisten Machwerke tauchten in Ost-Berlin und Dresden auf, doch hat man welche auch in Leipzig, Magdeburg und Brandenburg angehalten. Im Berliner Stadtbezirk Prenzlauer Berg kam die Polizei einem Fälscherkönig auf die Schliche, doch die meisten Betrüger waren kleine Fische, die mit primitiven Kopien wenig Glück hatten. Nach der Machart zu urteilen, gingen die Falsifikate auf neun bis zwölf Fälscher beziehungsweise Fälschergruppen zurück. Da die Medien nicht oder nur sehr zurückhaltend über immer wieder auftauchende falsche Banknoten und Münzen berichteten, konnte es geschehen, dass unbescholtenen und unwissenden Bürgern das eine oder andere Stück untergeschoben wurde, so wie das heute mitunter auch mit dem Eurobargeld geschieht. Im letzten Teil seines Buches geht Leisering auf die Frage ein, wie die Zwanzig-, Zehn- und Fünf-Markstücke der DDR nachgeahmt wurden und wie leichtfertig die Fälscher mit ihnen Geldautomaten bestückten oder bezahlten. Vor allem durch Nachguss hat man schon in früheren Jahrhunderten Taler und Gulden nachgemacht. Dass der sich ab den 1960-er Jahren stark entwickelnden Gemeinde der Münzsammler in der DDR manche auf „alt“ gemachte Fälschung angedreht wurde, wird in dem Buch nicht näher behandelt. Das Thema wäre ein neues wert.

1. November 2023