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Warum in Brandenburg-Preußen vor und nach 1700 das Franzgeld im Umlauf war

Was die französischen Glaubensflüchtlinge, die die Hohenzollern seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert freundschaftlich aufnahmen, empfanden, wenn sie mit den Münzen ihrer früheren Bedrücker bezahlen mussten, ist nicht überliefert. Das in damaligen Berichten so genannte „Frantz geldt“ bestimmte wesentlich das Finanzwesen jener Zeit im Land der Hohenzollern und darüber hinaus.

Der Ecu aus dem Jahr 1694 zeigt Spuren einer Überprägung. Mit ihr machte man aus einer alten eine neue Münze, doch gelang das in diesem Fall nur unzureichend. Die Lorbeerkränze beiderseits des Linlienwappens verschafften den Münzen den Namen Laubtaler.

Im Archäologischen Landesmuseum zu Brandenburg an der Havel werden zahlreiche Münzfunde gezeigt. Meist hat man die auf einheimischen und fremden Geldstücken bestehenden Schätze in Tontöpfen versteckt, die dann aber nicht selten beim Pflügen oder Abriss eines Hauses zerschellten. In Kriegs- und Krisenzeiten versteckt, kam der Besitzer nicht mehr dazu, den Schatz zu bergen, als die Gefahr vorüber war.


Kurbrandenburgische und königlich-preußische Münzstätten stellten zum Leidwesen der Obrigkeit nicht genug eigenes Geld her, und so behalf man sich mit fremden Ausgaben. Denn nicht die Herkunft einer Münze war wichtig, sondern ob sie nach des Reiches Schrot und Korn geprägt wurden, also die richtige Legierung und das vorgeschriebene Gewicht besitzen. In der Ausstellung des Berliner Münzkabinetts werden solche für viele Sammler unerreichbare Raritäten aus der Zeit von König Friedrich I und des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. gezeigt.

Seinen eigenen Münzstätten hat Frankreich bereits in der Barockzeit mit Medaillen ein numismatisches Denkmal gesetzt. Die Ausgabe links stammt aus dem Jahr 1750. Dort dargestellte Spindelpressen mussten im 19. Jahrhundert den viel effektiveren Kniehebelpressen weichen, rechts zu sehen auf einer Medaille der Wiener Münze um 1900.

Das Münzmuseum am Quai de Conti in Paris zeigt nicht nur, welche Münzen und Medaillen in Frankreich geprägt wurden und werden. Zu sehen sind auch historische Spindelpressen und andere Geräte, die man zu ihrer Herstellung benötigte. Zum Besuchsprogramm gekrönter Häupter gehörte die Besichtigung der Geldfabrik auch deshalb, weil man hier numismatisches Know-how für den eigenen Münzbetrieb kennen lernen konnte.

Die Franzosen waren in der Barockzeit bei der Herstellung und dem Gebrauch effektiver Prägegeräte führend und wussten sie gut zu vermarkten. Sogar die „Enzyclopédie“ von 1750 widmete diesem Thema ein umfangreiches Kapitel und bildete auch eine Münzwerkstatt (rechts oben) ab. Zwischen diesem Bild und dem darunter liegen etwa einhundert Jahre. Da waren neuartige und ohne menschliche Muskelkraft arbeitende Maschinen im Einsatz. (Fotos/Repros: Caspar)
Da man vor und nach 1700 in Brandenburg-Preußen auf geprägtes Geld nicht verzichten konnte, eigenes aber nur in geringer Zahl zur Verfügung stand, behalfen sich die Untertanen der Kurfürsten und Könige aus dem Haus Hohenzollern und ihre Behörden mit fremden Münzen. Das war üblich, wie die „bunte“ Zusammensetzung von Münzfunden aus dieser Zeit und davor zeigt. Ungehindert strömten talerförmigen Silbermünzen (Ecus) aus Frankreich sowie kleinere Werte mit dem Bildnis und Wappen des Sonnenkönigs Ludwig XIV. und seiner Nachfolger ins Land. Dieses „Franzgeld“ avancierte zur einer heimlichen Hauptwährung, mit der Lebensmittel und Dienstleistungen sowie die preußische Armee und die Hofhaltung bezahlt wurde.
Natürlich war es nicht gerade angenehm für König Friedrich I. und seinen Sohn, den 1713 auf den Thron gelangten Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., zuzuschauen, wie das eigene Bildnis und Wappen auf geprägtem Metall durch fremde Währung verdrängt wurden. Doch scheiterte der Versuch, die massenhaft einströmenden Münzen aus Frankreich und anderen Ländern zu verbieten oder auch nur umzuprägen, denn die Kosten dafür waren zu hoch. So sah sich die Regierung genötigt, die Dominanz der fremden Münze zähneknirschend anzuerkennen.
Verzicht auf schändliche Münzen gefordert
Unbekümmert ging man dazu über, Rechnungen und Lohnquittungen nicht nur auf Reichstaler, sondern auch auf „Franzgeld“ auszustellen. Vergeblich baten Minister und hohe Beamte den Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., auf die „schändlichen“ Münzen zu verzichten, weil dadurch „das commercium (Wirtschaft), welches doch Ew. Königliche Majestät gerne wieder in Flor (Blüte) wollen gebracht sehen, noch mehr destruiret (zerstört)“ werde, heißt es in einem Bittbrief von 1727.
Zum schlechten Stand der Münzproduktion in Preußen gehörte, dass auch die Stempelschneider offenbar nicht die Fleißigsten waren. Nach dem Tod des talentierten und produktiven Hofmedailleurs Reinhold Faltz im Jahr 1703 stachen Christian Friedrich Lüders und Friedrich Marl die Stempel für preußische Münzen und Medaillen. Durch Gehaltskürzung und sogar Androhung von Haft in der Hausvogtei, dem städtischen Gefängnis in Berlin, mussten die Graveure zu emsiger Arbeit angehalten werden. Den Akten kann man entnehmen, dass Friedrich Wilhelm I. darauf achtete, wie er auf seinen Münzen gut dargestellt ist, und auch in Erwägung zog, Stempel in England herstellen zu lassen, weil angeblich in Berlin die gewünschte Qualität nicht erreicht wird. Dann aber hat der sparsame Monarch auf die Auftragsvergabe ans Ausland aus Kostengründen verzichtet.
Blicken wir nach Frankreich und auf sein Münzwesen. Es war in Zeiten von „Franzgeld“ straff organisiert und sehr effektiv. Längst überwunden waren Perioden, als zahlreiche minderwertige, an den Rändern beschnittene Geldstücke und solche von schlechtem Metall im Land der Bourbonen umliefen. Eine durchgreifende Münzreform wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Angriff genommen. Sie war mit der Vereinheitlichung des Designs, der Verbesserung der technischen Fertigung und der Einführung von Münzzeichen verbunden. Mit ihnen konnte man Gold- und Silberstücke einer bestimmten Geldfabrik zuordnen und deren Produzenten zur Verantwortung ziehen, wenn sie nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen gearbeitet hatten. Die numismatische Literatur beschreibt, welche Münzstätte durch welche Buchstaben oder Punkte unterhalb von Inschriften gemeint ist.
Neuartige Prägegeräte
Um Handel und Wandel zu verbessern und die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen, veranlasste Ludwig XIII., der Vater des Sonnenkönigs, 1641 die Prägung neuer Gold- und Silbermünzen und die technische Aufrüstung der Prägeanstalten. Nach und nach setzten sich in Frankreich neue Fertigungsmethoden durch, so die Ablösung der manuellen Herstellung von Münzen am Amboss durch die Walzenprägung und/oder den Einsatz von Spindelpressen. Die mit diesen Geräten erzeugten Geldstücke sehen nicht nur gefälliger aus, sondern waren auch besser gegen Beschneidung und Nachahmung gewappnet. Das machte sie auch fürs Ausland attraktiv, weshalb die talerförmigen Écus massenhaft ins Ausland abwanderten.
Frankreich entwickelte sich zum führenden Land, was die technische Fertigung von Münzen und Medaillen betrifft. Andere Länder zogen im 17. und 18. Jahrhundert nach und mühten sich ebenfalls um jene Neuerungen, die in Frankreich Standard waren. So übernahm König Friedrich II. von Preußen 1750 im Rahmen einer Münzreform das System der französischen Kennbuchstaben und bestimmte, dass Berlin mit dem A und weitere Prägeanstalten mit anderen Buchstaben zeichnen sollen. So kommt es, dass in Berlin geprägte Münzen am A und solche am D (Münzen), F (Stuttgart), G (Karlsruhe) und J (Hamburg) zu erkennen sind.
4. Juli 2024
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