Des Ministers dunkle Seite
Heinrich von Frauendorfer stellte um 1900 im Nebenberuf kostbare Renaissance-Medaillen her / Ausstellung im Berliner Bode-Museum


Das Münzkabinett im Berliner Bode-Museum behandelt die dunkle Seite der Numismatik in einer auch für Laien verständlichen Sonderausstellung. Besucher bekamen Jetons in der Größe eines Ein-Euro-Stücks und konnten an einem Münzprüfer sehen, wie er mit beiden Kategorien umgeht.

Das Berliner Münzkabinett besitzt eine umfangreiche Fälschungssammlung und zeigt in seiner Ständigen Ausstellung und der Sonderschau Guss- und Prägewerkzeuge, die Falschmünzer in der Zeit der Weimarer Republik benutzt haben.

Die unter König Friedrich II. von Preußen millionenfach hergestellten Ephraimiten mit dem Bildnis und Wappen des sächsischen Kurfürsten und polnischen Königs Friedrich August II./August II. richteten großen Schaden und und wurden nach dem Siebenjährigen Krieg, dessen Finanzierung sie dienten, eingezogen und eingeschmolzen.

Durch Umgravieren der Legende rund um den schreitenden Bären haben Betrüger aus einem gewöhnlichen Taler von Sankt Gallen aus dem Jahr 1622 einen Berliner Taler fabriziert, der aber nie geprägt wurde. Auch bei anderen Münzen haben Fälscher durch kleine Veränderungen bei Zahlen und Buchstaben große numismatische Raritäten gezaubert und tun dies auch heute.

Echtes und Falsches wird in der Sonderausstellung grün beziehungsweise rot eingekreist. Hier ein preußischer Doppeltaler von 1840 und ein „gefüttertes“ Falschstück,das durch einen Stempeleinschlag als solches gekennzeichnet wurde .

Die Medaille von Matthes Gebel auf Friedrich den Älteren von Brandenburg von 1528 als vergoldetes Original und daneben Abgüsse von Frauendorfer unbearbeitet und ziseliert. Die Fälschungen kamen 1933 aus dem Besitz des Goldschmieds Michael Höck, der die Ziselierung vorgenommen hatte, ins Berliner Münzkabinett.

Die silberne Plakette von 1537 ehrt Herzog Georg den Bärtigen von Sachsen, und auch die Medaille von Hans Schwartz aus dem Jahr 1518 auf Sebastian von Rotenhan stammen aus Frauendorfers Fälscherwerkstatt. Beide Stücke befinden sich in der Staatlichen Münzsammlung München (SMM).

Nicolaus Seeländer verlieh seinen Brakteatenfälschungen die Aura des Echten und Alten, indem er sie in seinen Publikationen beschrieb und als Kupferstiche abbildete. Der von ihm produzierte Mainzer Taler von 1438 ist eine plumpe Erfindung, denn dieses Nominal wurde 1486 als Guldengroschen in Tirol aus der Taufe gehoben.

Da der von Fürst Carl zu Isenburg zum Hofrat ernannte Becker keine aktuell kursierenden Münzen, sondern „nur“ historische Objekte gefälscht hat, blieb ihm das Schicksal „gemeiner“ Falschmünzer erspart, die an den Galgen kamen. Seine antiken Münzen – hier ein in tagelanger Arbeit hergestellter Stempel - und mittelalterlichen Münzen wurden nach seinem Tod als solche entlarvt.

Verwunderlich ist, dass Becker – hier eine dem ehemaligen General der napoleonischen Armee und Fürsten Carl zu Isenburg gewidmete Medaille von 1818 – sein Talent als Stempelschneider nicht besser genutzt hat. So bleibt er als Betrüger in trauriger Erinnerung.

Immer wieder fallen Auslandsreisende auf Touristenfälschungen herein. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl, um Münzfreunde für mögliche Fallen zu rüsten.
Es gibt nichts, was nicht gefälscht wird – Uhren, Taschen, Parfüms, natürlich auch Antiquitäten, archäologische Fundstücke, Gemälde, Skulpturen, Grafiken, Dokumente sowie Münzen und Medaillen. Die bis 21. September 2025 laufende Ausstellung „Lange Finger – falsche Münzen. Die dunkle Seite der Numismatik“ im Bode-Musuem auf der Berliner Museumsinsel erinnert daran, was Münzfälscher blühte, wenn man ihrer habhaft wurde. Mit der Ausstellung dokumentiert das Berliner Münzkabinett, das eine umfangreiche Fälschungssammlung besitzt, erstmals in dieser ausführlichen Form Aspekte der Geld- und Münzfälschung und zeigt die Unterschiede und Übergänge zwischen beiden Kategorien. Der Ausstellungstitel weist darauf hin, dass die Sammlung von Dieben mit den sprichwörtlich „langen Fingern“, aber auch im frühen 19. Jahrhundert und nach dem Zweiten Weltkrieg von uniformierten Kunsträubern und im März 2017 von Goldräubern heimgesucht wurde, was zu neuen Sicherheitsvorkehrungen führte.
Die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland hat das Jahr 2023/2024 zum Themenjahr „Fälschungen“ ausgerufen. Nicht nur Sammler und Forscher interessieren sich für Fragen von Falschmünzerei und Münzfälschung früher und heute, sondern auch Polizei, Justiz und Zollbehörden. In alten Zeiten hat man hat Münzfälschern flüssiges Metall eingeflößt oder in siedendem Öl und auf andere Weise vom Leben zum Tod befördert. Auf grausame Weise wurden 1720 die Berliner Schlossdiebe Runck und Stieff, die sich an des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. Goldmünzen und anderen Kostbarkeiten vergriffen hatten, vor den Toren der Stadt exekutiert. Zur allgemeinen Abschreckung wurde das Majestätsverbrechen durch Flugblätter weithin bekannt gemacht. Wer heute als Münz- und Geldscheinfälscher verurteilt wird, kommt mit vergleichsweise milden Strafen davon. Die Nachahmung und Verfälschung von Sammlermünzen und -medaillen wird nur als Vergehen, nicht aber als Verbrechen geahndet.
Die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland hat das Jahr 2023/2024 zum Themenjahr „Fälschungen“ ausgerufen. Nicht nur Sammler und Forscher interessieren sich für Fragen von Falschmünzerei und Münzfälschung früher und heute, sondern auch Polizei, Justiz und Zollbehörden. Im Battenberg-Gietl-Verlag Regenstauf erschien das Buch „Falschgeld und Münzfälschungen“, in dem sich 17 Autorinnen und Autoren mit der Falschmünzerei zum Schaden der Gesellschaft und des Geldumlaufs beziehungsweise mit der Münzfälschung befassen, mit denen Forscher und Sammler hinters Licht geführt wurden und werden. Das für die Deutsche Bundesbank und die Numismatische Kommission der Länder in der Bundesrepublik Deutschland von Christian Stoess, Bernhard Weisser und Burkhard Balz herausgegebene Buch aus der Reihe „Berliner Numismatische Forschungen Neue Folge “ hat 197 Seiten und zahlreiche farbige Abbildungen und kostet 39 Euro (ISBN 978-3-86646-251-9).
Ephraimiten zur Kriegsfinanzierung
Die Ausstellung befasst sich nicht nur mit Betrügern, die im Hinterzimmer tätig waren, angeblich um Sammlern bei der Beschaffung schwer erreichbarer Stücke zu helfen, sondern auch mit dem Preußenkönig Friedrich II., der Mitte des 18. Jahrhunderts in großem Stil minderwertige Münzen mit sächsischen Bildern und Wappen, die so genannten Ephraimiten, herstellen ließ, um mit ihnen den Siebenjährigen Krieg um Schlesien (1756-1763) finanzieren zu können. Da der Monarch über dem Gesetz stand, konnten er und seinesgleichen sich Münzverschlechterung in großem Stil leisten , und niemand fand sich, der sie wegen eines solchen Kapital- und Majestätsverbrechen angeklagt hätte.
Dass Raritäten ersten Ranges im Internet für einen „schmalen Taler“ angeboten und Touristen auf extra für sie angefertigte Machwerke hereinfallen, kommt immer wieder vor. Zur Vorsicht fordert die wunderbar gestaltete Ausstellung mit ihren prägnanten Texten in deutscher und englischer Sprache auf. Man kann dem Berliner Münzkabinett und der Deutschen Bundesbank dazu nur gratulieren und ihr großen Zulauf, aber auch neue Erkenntnisse über ein Thema wünschen, das dank moderner Technik und immer besserer Kopiermethoden großen Schaden anrichtet. Es verseht sich, dass die Ausstellung bei der Darstellung der Arbeitsmethoden wie Prägen, Gießen und Galvanisieren und der verwendeten Werkzeuge nicht ins Detail geht, um nicht Betrügern Tipps zu geben, wie sie gestalterische und technisch Klippen umgehen können.
Umgravierte Raritäten
Ausstellung und Buch gehen auf prominente Fälscher des 18. bis frühen 20. Jahrhunderts ein, die es verstanden haben, Sammler von antiken Münzen, mittelalterlichen Brakteaten und Medaillen der Renaissance zu betrügen. Man erfährt auch, welche Gefahr heute von Falschgeld im Euroraum ausgeht und wie man sich vor Täuschung bewahren kann. Interesse verdient ein Beitrag über die Arbeit von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Münzen und woran man Fälschungen erkennt. Die Ausstellung zeigt, wie ganz normale Münzen oder Medaillen durch betrügerisches Umgravieren in Raritäten verwandelt werden. So hat man einen Taler aus Sankt Gallen mit dem nach links schreitenden Bären in einen Taler der Stadt Berlin von 1622 mit der Umschrift MONETA NOVA CIVITATIS BEROLINENSIS verwandelt, den es aber nie gab.
Das Thema Fälschungen zum Schaden des Staates und der Sammler ist aktuell wie nie zuvor, denn Betrüger stellen bandenmäßig oder allein Falsifikate her, die täuschend echt erscheinen und selbst ausgewiesene Kenner ins Grübeln bringen. Die Ausstellung zeigt, dass schon im 19. Jahrhundert das Interesse der Sammler an alten Talern und anderen Geldstücken durch nicht gekennzeichnete, auf „alt“ getrimmte Kopien befriedigt wurde. Heute ist das nicht anders, nur bedienen sich Fälscher ausgefeilter Methoden zur Stempelherstellung und Ausprägung von Münzen und Medaillen. Die Ausstellung geht aus guten Gründen nicht näher darauf ein, w i e sie das machen, nur erfährt man, dass durch Nach- und Neuprägung, Guss, Galvanos und andere Objekte großer Schaden angerichtet und Sammler und der Handel verunsichert sind. Mehr denn je gilt der Satz „Augen auf beim Münzenkauf“. Das trifft auch, für dubiose Hinweise und Angebote im Internet für angebliche Fehl- und Sonderprägungen bei Euro-Münzen zu, für die „Mondpreise“ verlangt werden.
Betrügerische Erwerbsgier
Nach einem mit technischen Geräten, Bildern und Dokumenten unterlegten Parcours durch die Geschichte der Falschmünzei und der Münzfälschung erinnert die Ausstellung an prominente Münzfälscher wie Nicolaus Seeländer (1682-1744), Carl Wilhelm Becker (1772-1744) und Heinrich von Frauendorfer (1855-1921). Den ersten beiden, mit der Fälschung von Brakteaten beziehungsweise antiken und mittelalterlichen Münzen befassten Betrügern kam man erst nach ihrem Tod auf die Schliche. Frauendorfer wurden nach dem Ersten Weltkrieg die von ihm angefertigten und fein ziselierten Nachgüsse von Renaissance-Medaillen zum Verhängnis. Seine fast 200 hergestellten Kopien richteten im Handel und unter Sammlern großen Schaden an und sind vermutlich auch heute mehr oder weniger als solche unerkannt noch im Umlauf.
Durch Zeitungsartikel und eine Publikation des Direktors des Berliner Münzkabinetts, Julius Menadier, in der Zeitschrift „Der Sammler“ (Heft 13 vom 26. März 1921) in die Enge getrieben und polizeilichen Ermittlungen ausgesetzt, erschoss sich der 1901 in den Adelsstand erhobene bayerischen Verkehrsminister, Numismatiker und Sammler am 23. Juli 1921. Zuvor hatte er einen Arzt vergeblich gebeten, ihm beim Suizid zu helfen. Frauendorfers Frau hatte erst kurz zuvor von den Ermittlungen gegen ihren Mann erfahren. In seinen Taschen fand man einen Abschiedsbrief und jenen – jetzt im erwähnten Fälschungsbuch noch einmal abgedruckten - Artikel von Menadier und einige nachgemachte Medaillen. In seiner Betrachtung über die „Sturmflut“ von falschen Renaissancemedaillen und „betrügerische Erwerbsgier“ ruft Menadier auf, beim Erwerb von Münzen und Medaillen auf der Hut zu sein und stets Fachleute heranzuziehen, um nicht auf die Machwerke wie die jenes „in die Irre gehenden Liebhabers“ hereinzufallen. Den Name Frauendorfer erwähnt Menadier nicht, aber jeder wusste, um welchen prominenten Münchner es sich handelt. Der Fall könnte einen historisch-numismatischen Kriminalfilm über die damalige Museums-, Sammler- und Händlerszene hergeben.
Der Fall Frauendorfer
Menadier unterzog die ihm vorliegenden Medaillen einer vernichtenden Kritik. Er warnte alle Sammler eindringlich davor, mehr als zuvor auf ihrer Hut zu sein und in jedem Falle eines Zweifels sich Rat zu holen. Man erwarte nicht von ihm, dass er sich des Längeren darüber auslasse, wie man eine Fälschung zu erkennen vermag. „Man muß durch lange Uebung sich ein Auge für die technischen und stilistischen Feinheiten erwerben; man muß, wie wir wohl zu sagen pflegen, einen sechsten Sinn besitzen. Aus jeder Anweisung aber würden vor den Sammlern die Fälscher selbst Nutzen gewinnen“, schreibt Menadier am Ende seiner Kritik an Frauendorfer und an Leuten, die mit dubiosen Objekten Geschäfte machen.
Welche Tragödie sich im „Krminalfall Frauendorfer“ abspielte und wie es gelang, ihn als Fälscher zu entlarven, hat Dietrich A. Klose in einem umfangreichen Beitrag für das eingangs erwähnte Buch dargelegt. Er schildert, welchen Wirbel die wie aus dem Nichts in München auftauchende Raritäten, ja sogar Unikate die Händler- und Sammlerszene aufwühlten und zu großer Verunsicherung führten. Als der Skandal aufflog, fragte man sich besorgt, was einen angesehener und wohlhabenden Politiker und Numismatiker zum Betrüger werden ließ. Manche Beobachter unterstellten ihm Profitstreben und ein aufwändigen Lebensstil, den er finanzieren musste. Doch beides stimmte Kloses Recherchen zufolge nicht. Dass er sich und seiner Familie durch die Fälschungen schadet und der Numismatik einen Bärendienst antut, scheint ihm nicht wirklich bewusst geworden zu sein. Erst als es zu spät war, kam der begeisterte Sammler und Vorsitzende der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft zu dieser ihn zutiefst erschreckenden Einsicht. Entlarvt wurde Frauendorfer durch die Direktoren Julius Menadier (Berliner Münzkabinett) und Georg Habich (Staatliche Münzsammlung München). Sie stritten um den Umgang mit dem kriminell gewordenen Medaillenfreund, auf den fachliche Vorwürfe und Mahnungen, Denunziation und Erpressungen prasselten.
Schwund beim Bronzeguss
Die Ausstellung zeigt, dass sich bei Gussformen, die man von den Originalen abgenommenen hat, ein Schwund von wenigen Prozent ergibt. Die Kopien geraten etwas kleiner als die Originale, und das macht sie verdächtig. Die in der Ausstellung präsentierten Frauendorferschen Fälschungen jedoch weisen diese Differenz nicht auf. Sie sind gleich groß wie die Originale, die der angesehene Minister, Vorsitzende der Bayerischen Numismatischen Gesellschaft und Sammler anfertigen ließ. Sein Bronzegießer bediente sich eines 1883 patentierten Verfahrens, das diesen Schwund vermied. Frauendorfer ließ die nachgegossenen Medaillen aufwändig und „schöner denn je“ ziselieren und patinierte sie vermutlich selbst. Am Rand erkennt man akkurate, parallele Feilspuren, die zusammen mit der stets gleichbleibenden Patina und vor allem aber mit der akkurat ausgeführten und bei den Originalen gar nicht möglichen Bearbeitung mit dem Stichel und anderen Werkzeugen „belastbare Erkennungszeichen der Frauendorferschen Fälschungen“ sind, wie es im Ausstellungstext heißt.
Auf das Konto des in der Barockzeit tätigen Nicolaus Seeländer gehen etwa 300 gefälschte „Blech- und Hohlmünzen“, wie man zu den im 12. und 13. Jahrhundert einseitig geprägten Geldstücken aus hauchdünnem Silberblech sagte, und weitere Münzen. Rund 200 liegen in der Fälschungssammlung des Berliner Münzkabinetts, das jetzt einige Stücke zeigt. Das Bestreben, durch Herstellung der damals als Geschichtsdokumente und Kunstwerke in Mode gekommenen Brakteaten Ansehen zu gewinnen und Sammler und Gönner und beeindrucken, machten aus dem in Hannover tätigen Kupferstecher und Buchautor einen Münzfälscher, der der Brakteatenforschung einen Stoß versetzte, von dem sie sich erst im frühen 19. Jahrhundert erholte. Heute richten die viel zu gut nachgeahmten und absichtlich leicht beschädigten Brakteaten keinen Schaden mehr an. Ab und zu kommen „echte Seeländer“ im Handel vor und erzielen gute Preise.
Merkmale lange bekannt
Dem in Hannover tätigen Kupferstecher und Münzfälscher Nicolaus Seeländer und seinem Kollegen Carl Wilhelm Becker blieben Strafen an Leib und Leben und eine Tragödie in der Art von Heinrich von Frauendorfer erspart. Seeländer unterhielt sogar eine Schule, in der er seine Zöglinge in der Anfertigung von falschen Brakteaten unterwies. Sie richteten zu seiner Zeit großen Schaden an, tun es aber seit langem nicht mehr, weil ihre Merkmale wie künstliche Beschädigung und gleichartige Farbe schon lange bekannt sind (siehe Money trend Heft 6/2024, S.....). Um seine Machwerke echt und alt erscheinen zu lassen, hat er sie publiziert, und manch ein Sammler der Barockzeit wird sich auch deshalb um sie bemüht haben, weil sie so schön und seriös in der damaligen Literatur präsentiert wurden.
Der vom Fürsten Carl von Isenburg, einem passionierten Münzensammler, zum Hofrat ernannte Becker unterhielt einen schwunghaften Handel mit seinen Machwerken. Sein Versuch, seine Stempel dem österreichischen Kaiser Franz I. für viel Geld anzudrehen, wie man in Berlin sagt,dienen, scheiterte. Sie gelangten ins Berliner Münzkabinett, das eine Auswahl in seiner Ständigen und der neuen Sonderausstellung zeigt. In Beckers Nachlass fanden sich rund 300 nach historischen Vorlagen beziehungsweise eigenen Entwürfen sorgfältig geschnittene Stempel für Münzen der alten Griechen und Römer bis zu solchen aus mittelalterlicher Zeit. Da Becker über seine Tätigkeit genau Buch führte, wissen wir, dass er für die Gravur eines einzigen Stempel mehrere Tage benötigte.
Kriminelle Energie
Es wird berichtet, dass Becker seine Machwerke über Mittelsmänner serienweise oder einzeln unter die Sammler brachte. Obwohl der Hofrat Betrugsabsichten abstritt und wie andere in seiner Zunft behauptete, Münzsammlern nur einen Gefallen tun zu wollen, damit sie ihre Kollektionen vervollständigen können, lässt sich die an den Tag gelegte kriminelle Energie unschwer nachweisen. Wenn der Fälscher durch die Lande fuhr, scheuerten seine „alten Herren“ in einem Kasten unter der Kutsche. So bekamen die Gold- und Silbermünzen auf holprigen Wegen mit Hilfe einer Paste aus Fett und Metallspänen das Aussehen abgegriffener uralter Geldstücke. Becker setzte die Stempel absichtlich nachlässig auf das Metall, und er soll seine Falsifikate auch im Dunghaufen vergraben haben, um ihnen quasi im Schnellverfahren ein ehrwürdiges Aussehen zu verpassen. Lange nach seinem Tod wurde bekannt, dass er sich beispielsweise im Gothaer Münzkabinett Originale antiker Seltenheiten erschlichen hatte, um nach ihnen seine Stempel zu schneiden.
Der neuen Sonderausstellung ist reger Besuch nicht nur von Münzfreunden und solchen, die es werden wollen, sondern auch von Laien zu wünschen, die einen Blick aus ungewöhnlicher Perspektive in ein spannendes Stück Kriminal- und Kulturgeschichte werfen wollen. Dem Berliner Münzkabinett sei für seine Mühen herzlich gedankt.
Siehe Beitrag über Seeländer und Ankündigung der Fälschungsausstellung auf dieser Seite vom 19. April 2024
28. Mai 2024