„Der Frieden ist das beste aller Dinge“
Medaillen feiern ein Vertragswerk, mit dem der Dreißigjährige Krieg vor 375 Jahren beendet wurde



Die Grafik zeigt den Moment, wo am 24. Oktober 1648 in Münster das Friedenswerk unterzeichnet wurde. Damals hat man den Friedensschluss mit großen Erwartungen und schönen Symbolen begleitet, wie der Kupferstich zeigt, der den Friedensschluss von 1648 und seine Folgeverträge von 1650 feiert.





Münzmeister Engelbert Ketteler war in Münster mit seinen Friedensmedaillen von 1648 überaus erfolgreich. Teilnehmer der Verhandlungen nahmen sie sich gern in die Heimat mit. Zu sehen ist die Ansicht der Stadt, die schon bald unter die Herrschaft des dort residierenden Bischofs kam. Den Triumph der guten Sache, also des Friedenswillens über die Kriegsfurie, symbolisiert die Medaille von 1648. Hier zermalmt die Friedensgöttin mit ihrem von Löwen gezogenen Wagen die Symbole des Krieges.





Die Kriegsparteien feierten ihre Siege wie hier die Belagerung und Eroberung der von kaiserlichen Truppen besetzten Reichsfestung von Breisach durch ein in französischem Sold stehendes Heer des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar. Zum Gedenken an den verheerenden Brand von Magdeburg 1630 gab die Weimarer Republik ein Drei-Mark-Stück heraus und betonte die Wiedergeburt der Stadt aus Zwietracht und Not.





Als 1648 in Münster und Osnabrück nach langen Verhandlungen der Westfälische Frieden unterzeichnet war, schwärmten Boten und Postreiter aus, um die freudige Botschaft vom Ende des gegenseitigen Abschlachtens und Plünderungen zu verkünden.



Wie die von Ludwig XIV. in die Pfalz entsandten Franzosen und nicht einmal vor den Gräbern der Pfalzgrafen in Heidelberg Halt machten, schildert die Medaille aus dem Jahr 1693.



Das Preisgericht zeigte sich von der Lebendigkeit des Fünf-Mark-Stücks von 1976 beeindruckt, die sich an den Titelkupferstich von Grimmelshausens Schelmenroman „Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch“ anlehnt. Friedenstaube, Schreibfeder, Tintenfass und in Freundschaft verbundene Hände symbolisieren auf der Zehn-Mark-Münze von 1998 den vor 350 Jahren geschlossenen Westfälischen Frieden. (Fotos/Repros: Caspar)

Kriege sind schneller begonnen als beendet, ihr Ziel ist die Eroberung und Ausbeutung von Ländern und Unterwerfung von Völkern, mögen sie ideologisch noch so wortreich als Befreiungstat und Wiederherstellung alter Besitzstände gerechtfertigt werden. In Kriegen gewinnen die einen und verlieren die anderen, manchmal aber sind alle Verlierer. Als vor 375 Jahren in Münster und Osnabrück der Westfälische Frieden geschlossen wurde, atmete Europa auf. Der Dreißigjährige Krieg, der 1618 mit dem „Prager Fenstersturz“ begann, wurde von den ausgebluteten und erschöpften Ländern in der Hoffnung beendet, dass die Waffen für immer schweigen. Wie groß war aber die Enttäuschung, dass schon bald die Kriegsfurie wieder durch Europa zog. Krieg und Frieden sind wichtige Themen auf Münzen und Medaillen. Was sich auf diesem auch „Pax in nummis“ genannten Gebiet getan hat, möchte mein dem Westfälischen Frieden gewidmeter Beitrag schildern.

Wunsch und Wirklichkeit

Wie die Geschichte zeigt, hatten solche Wünschen nur wenige Erfolg, denn schon bald lagen sich die Vertragspartner wieder in den Haaren. Durch den Westfälischen Frieden wurde eine neue, allerdings recht brüchige Friedensordnung in Europa geschaffen. Eine der wichtigsten Festlegungen war die Anerkennung fürstlicher Besitzstände, wie sie im Jahr 1624 herrschten. Schweden erhielt als Siegermacht weitreichende Besitzungen in Norddeutschland von der Elbe- und Wesermündung über Wismar bis nach Stralsund, Stettin, Vorpommern und der Odermündung zugesprochen, Königin Christina und ihre Nachfolger wurde Reichsfürsten. Frankreich bekam das Elsass und weitere zum Römisch-deutschen Reich gehörende Gebiete.

Folgenreich war die im Friedensvertrag ausdrücklich bekräftigte Souveränität aller Reichsfürsten und Reichsstädte. Sie durften Bündnisse auch mit anderen Mächten, die Kaiser und Reich feindlich gegenüber standen, abschließen. In Glaubensfragen wurde der Status quo nach dem Grundsatz „Cuius regio – eius religio“ (etwa: Wessen Herrschaft, dessen Religion) anerkannt. Das Heilige römische Reich deutscher Nation war aufgeteilt in etwa 300 Fürstentümer. Offiziell endete seine Geschichte 1806, als der deutsche Kaiser Franz II. seine Krone niederlegte und sich fortan Franz I. Kaiser von Österreich nannte.

„Der Friede ist das beste aller Dinge“ verkündet eine talerförmige Medaille von 1648 mit der Ansicht der von Bastionen geschützten Stadt Münster auf der einen Seite und drei Tauben als Symbole für das Haus Habsburg, Frankreich und Schweden auf der anderen Seite. Sie halten Ölzweige über eine Krone und ein Zepter. Der münsterische Münzmeister Engelbert Ketteler hatte diese und andere Prägestücke auf eigene Rechnung angefertigt und an die in der Stadt zu den Friedensverhandlungen weilenden Gesandten verkauft. Weitere „Gedächtnusse“ verkünden „Der Friede und die Eintracht zwischen dem Kaiser und den Königen sind das Glück für alle Zeiten“.

Andere Medaillen ebenfalls von Ketteler auf den Vertrag zwischen Spanien und den Niederlanden zeigen die Friedensgöttin Pax auf einem Muschelwagen sitzend, der von zwei Löwen gezogen wird. Räder rollen über Waffen und Rüstungen, sie sollen nie mehr gebraucht werden müssen, lautet die Botschaft. „Und miteinander vereint lassen sich die Löwen vor den Wagen der Herrin spannen“, verkündet die übersetzte Umschrift und meint die bisherigen Kriegsgegner. Experten haben mehr als 300 Medaillen und Münzen gezählt, die bis in die Gegenwart dem Westfälischen Frieden und seinen Folgen gewidmet wurden.

Befestigung der Machtverhältnisse

Medaillen und Münzen unterstreichen ihre herausragende Rolle in der Kriegs- und Friedenspropaganda vor, während und nach dem Dreißigjährigen Krieg. Als er noch tobte, wurden schon die ersten Friedenswunsch-Medaillen geprägt. 1644 kamen Medaillen anlässlich des Beginns der Verhandlungen heraus, 1650 wurden weitere Stücke zur Erinnerung an die abschließende Übereinkunft in Nürnberg und Friedensfeiern geschlagen. Jede Macht sah den Friedensschluss mit anderen Augen. So wurde eine Medaillenserie mit dem Kopf des noch ganz jungen Ludwigs XIV. auf die von den deutschen Fürsten errungene „Liberalität“ geprägt, die fremden Mächten Einflussmöglichkeiten im Römisch-deutschen Reich sicherten. Auch der Erwerb fremder Gebiete fand auf Jubelmedaillen Niederschlag. Verschiedene Ausgaben feiern die Befestigung der bestehenden Grenzen,. Machtverhältnisse und das Ende eines elend langen Glaubenskrieges.

Mehr als 300 Medaillen und Münzen wurden bis ins 20. Jahrhundert auf den Westfälischen Frieden und seine Folgen geprägt. Sie wurden 1988 von Gerd Dethlefs und Karl Ordelheide im zweiten Band des Ausstellungskatalogs des Stadtmuseums Münster „Der Westfälische Friede“ publiziert. Die Stadt Münster sah keinen Anlass, sich freudigen Herzens des Ereignisses zu erinnern. Erst 1948 kamen hier unter dem Motto „Der Friede ist das beste aller Dinge“ Medaillen heraus. Zur Zeit des Westfälischen Friedens hatte die Stadt Münster den Höhepunkt seiner städtischen Unabhängigkeit erreicht und versuchte, beim Kaiser in Wien ihre Reichsunmittelbarkeit einschließlich des Münzrechts zu erlangen. Das aber wollte der fürstbischöfliche Landesherr Christoph Bernhard von Galen, den man auch „Kanonenbischof“ nennt, nicht dulden. Im Ergebnis von Belagerungen und militärischen Auseinandersetzungen gelang ihm 1661die Einnahme der Stadt. Sie musste sich verpflichten, keine Kontakte zu ausländischen Mächten mehr aufzunehmen und die zu den Niederlanden abzubrechen. Außerdem musste Münster 45.000 Reichstaler an den siegreichen und rachsüchtigen Fürstbischof entrichten. Im Oktober 1948 wurden im Friedenssaal des Rathauses der weitgehend kriegszerstörten Stadt nicht nur an den Ausgang des Dreißigjährigen Kriegs erinnert, sondern auch die großen Anstrengungen bei ihrem Wiederaufbau gewürdigt,

Einigkeit blieb frommer Wunsch

Anders als in Münster nahm man in zahlreichen Städten und Ländern auch nach langer Zeit den Westfälischen Frieden zum Anlass für Gedenkmünzen und Medaillen. Zwischen 1735 und 1740 brachte der Nürnberger Medailleur Georg Wilhelm Vestner eine Medaillensuite mit Bildnissen der wichtigsten Friedensgesandten heraus, deren auf Leinwand gemalte Bildnisse zu den Prunkstücken des „Friedenssaals“ des Rathauses zu Münster gehören. Mit Jubelmünzen taten sich 1748 verschiedene nord- und süddeutsche Städte von Hamburg über Augsburg und Nürnberg bis nach Isny, Memmingen und Schwäbisch-Hall hervor. Sie beweisen, dass der Dreißigjährige Krieg und sein Ende auch nach langer Zeit allgegenwärtig waren, zeigen aber allgemeine Ernüchterung darüber, dass trotz großspuriger Friedensbekundungen ein wirklicher Frieden nicht erreicht wurde und Einigkeit unter den Völkern nur ein frommer Wunsch blieb.

Die Sicht auf den Westfälischen Frieden und seine Folgen hat sich im laufe der Zeit verändert. Im Laufe des 19. Jahrhunderts sah man in ihm eine Schande und Erniedrigung für Deutschland, weil angeblich das Römisch-deutsche Reich sich in Abhängigkeit zum „Erbfeind“ Frankreich begab. In der Zeit des Nationalsozialismus haben ihn dessen Ideologen für ihre&xnbsp;antifranzösische Propaganda instrumentalisiert.Vor dem Zweiten Weltkrieg gemeinsam mit Goebbels’ Propagandaministerium geschmiedete Pläne, 1948 die Dreihundertjahrfeier des Westfälischen Friedens in Münster großartig zu feiern und damit auch das im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Wehrmacht überfallene Frankreich, dem früheren Kriegsgegner des römisch-deutschen Kaisers, zu demütigen zu verpassen, wurden im Verlauf des Zweiten Weltkriegs begraben.

Anders als in Münster nahm man in zahlreichen Städten und Ländern auch nach langer Zeit den Westfälischen Frieden zum Anlass für Gedenkmünzen und Medaillen. Zwischen 1735 und 1740 brachte der Nürnberger Medailleur Georg Wilhelm Vestner eine Medaillensuite mit Bildnissen der wichtigsten Friedensgesandten heraus, deren auf Leinwand gemalte Bildnisse den Friedenssaal des Rathauses zu Münster schmücken. Mit Jubelmünzen taten sich 1748 verschiedene nord- und süddeutsche Städte von Hamburg über Augsburg und Nürnberg bis nach Isny, Memmingen und Schwäbisch-Hall hervor.

Das von Reinhard Heinsdorff geschaffene Fünf-Mark-Münze von 1976 zum 300. Todestag des wohl bedeutendsten deutschen Dichters der Barockzeit, Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen, bedient sich einer bewährten Bildvorlage, nämlich eines aus Mensch, Vogel und Fisch bestehenden Fabelwesens, das den Betrachter grinsend anschaut und ihm ein aufgeschlagenes Buch zeigt. Andere Münzdesigner verwendeten damals die gehörnte Gestalt mit dem teuflischem Pferdefuß, aber auch einen sich über den Erdball erhebenden Pegasus sowie einige auf den Autor und sein Werk weisende Symbole wie Narrenkappe, Schwert, Dreschflegel, Rosenkranz sowie Tintenfass und Schreibfeder.

Abenteuerlicher Simplicissimus

Die Randschrift der in München geprägten Silbermünze lautet schlicht DER ABENTEUERLICHE SIMPLICISSMUS und weist damit auf den berühmtesten deutschen Schelmenroman des 17. Jahrhunderts hin. 1669 veröffentlicht, ist der „Simplicissimus“ zugleich der erste deutsche Prosaroman von Weltgeltung. Mit ihm schuf der Autor aus eigenem Erleben ein faszinierend-abenteuerliches, derb-drastisches und von hintergründigem Humor gekennzeichnetes Zeitgemälde. Die urwüchsige Sprache hob sich damit von dem galant-gekünstelten und mit vielen fremden Begriffen gemischten Wortgeklingel mancher Zeitgenossen ab. Die drastische Allegorie auf dem Titelblatt von Grimmelshausens Meisterwerk und auch auf der Silbermünze von 1976 deutet an, worum es dem Autor ging – Dummheit, Schwächen und Eitelkeiten und ihre Ursachen zu entlarven und so zur Verbesserung und Läuterung des Menschengeschlechts beizutragen. Der Text unter jenem Titelkupfer von 1669 beschreibt das Anliegen des Romans so: „Ich wurde durchs Fewr wie Phoenix geborn. Ich flog durch die Lüffte! wurd nit verlorn. Ich wandert durchs Wasser, Ich raißt über Landt, in solchem Umbschwermen macht ich mir bekandt. Was mich offt betrübet und selten ergetzt, was war das? Ich habs in diß Buche gesetzt, damit sich der Leser gleich, wie ich itzt thue, entferne der Thorheit und lebe in Ruhe.“

Grimmelshausen wurde um 1622 in Gelnhausen als Sohn eines protestantischen Gastwirts und Bäckers geboren. Während des Dreißigjährigen Kriegs von hessischen Soldaten nach Kassel verschleppt, geriet er wider Willen in die kaiserliche Armee und erlebte als Soldat am eigenen Leib die Schrecken und die Sinnlosigkeit des Krieges. Seine Erlebnisse und Abenteuer verarbeitete er im „Simplicissimus“ und in anderen Schriften, die er unter seinem Namen oder auch verschiedenen Pseudonymen veröffentlichte. Als endlich Frieden war, konvertierte Grimmelshausen zur katholischen Kirche und heiratete 1649 in Offenburg Katharina Henninger, mit der er eine große Familie gründete. Offenbar hatte er sich im Krieg seine Bildung autodidaktisch in den Bibliotheken der Vorgesetzten angeeignet. Über sich lässt er, drastisch übertrieben und dadurch auch nicht glaubwürdig, einen Widersacher sagen: „Man weiß ja wohl daß Er selbst nichts studirt, gelernt noch erfahren: sondern so bald er kaum das ABC begriffen hatt / in Krieg kommen / im zehnjährigen Alter ein rotziger Musquetier worden / auch allwo in demselben liderlichen Leben ohne gute disciplin und Unterweisungen wie ein anderer grober Schlingel / unwissender Esel / Ignorant und Idioth uffgewachsen”. Nach dem Krieg verdiente Grimmelshausen an verschiedenen Orten als Gutsverwalter und Gastwirt seinen Lebensunterhalt und fand 1667 als Schultheiß (Bürgermeister) im badischen Renchen sein Auskommen, wo er 1676 starb.

Scharfzüngiges Satireblatt

Erwähnt sei, dass das 1896 gegründete Münchner Satireblatt „Simplicissimus“ unter seinen Mitarbeitern bedeutende Zeichner und Autoren wie Thomas Theodor Heine, Bruno Paul, Ludwig Thoma und Rainer Maria Rilke hatte. Indem die scharfzüngige und provozierende Zeitschrift wie schon ihr Namensgeber Grimmelshausens in der Kaiserzeit als „jugendgefährdend“ eingestufter Schelmenroman von 1667 politische Fehlleistungen und moralische Gebrechen an den Pranger stellte, brachte sie die damals Mächtigen gegen sich auf. Es wurde mehrfach verboten, und besonders vorlaute Mitarbeiter wurden wegen angeblicher Majestätsbeleidigung und Staatsgefährdung ins Gefängnis geschickt, was der Popularität des Blattes nicht schadete, sondern seiner Popularität gut tat.

19. November 2023